Protocol of the Session on October 8, 2020

(Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hauptleidtragende sind unsere Bürgerinnen und Bürger, die in ihrer Lebensqualität beschnitten werden, sowie unsere Bürgermeister, Landräte und Ratsmitglieder, die immer wieder vor der Abwägung stehen, welche Einrichtung sie in ihrer Gemeinde noch mit den wenigen vorhandenen Finanzmitteln unterstützen können.

(Beifall der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, schauen wir uns im Einzelnen an, was Sie, Frau Ministerin, uns gestern vorgestellt haben. Gute Bildung für alle, das ist der Slogan der Landesregierung. Eine hohle Phrase. Sie erklären, dass Sie für eine gute Unterrichtsversorgung sorgen. Die Wahrheit ist: Im Schnitt fallen an rheinland-pfälzischen Schulen 7,2 % der Unterrichtsstunden aus. Je nach Schulform liegt der Wert sogar bei über 10 %.

(Abg. Martin Brandl, CDU: So ist es! – Zuruf der Abg. Hedi Thelen, CDU)

Bei mehr als der Hälfte des ausgefallenen Unterrichts schönen Sie dann auch noch die Statistik. Klassen werden kurzerhand zusammengelegt und zu große Lerngruppen gebildet. Eine andere Methode ist: Schülerinnen und Schüler bleiben ohne eigene Lehrkraft im Klassenzimmer. Hin und wieder wirft ein Lehrer aus einem benachbarten Unterrichtsraum einen Blick auf die Klasse. Das heißt dann selbstbestimmtes Lernen.

(Abg. Hedi Thelen, CDU: Das nennt sich dann Unterricht!)

Wir sagen, was es wirklich ist: Unterrichtsausfall, meine sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Bereits in der Grundschule verpasst ein hoher Anteil der Kinder den Anschluss. Mehr als ein Drittel aller Viertklässler kann nicht ausreichend lesen und schreiben. Damit können wir uns doch nicht zufriedengeben. Genau hier setzt der Entwurf des Landeshaushalts überhaupt nicht an. Das ist ein massiver, ein ganz großer Fehler, der sich wie ein roter Faden durch diesen Haushalt zieht.

(Beifall bei der CDU)

Wer als Kind kein gutes Deutsch kann, verliert den Anschluss; denn Sprache ist der Schlüssel zur schulischen und gesellschaftlichen Teilhabe. Sie ist auch Schlüssel für eine gelingende Integration. Wer nicht richtig lesen kann und Texte nicht versteht, der wird sich auch in späteren

Lern- und Lebensphasen, in der Schule, in der Ausbildung, im Studium oder am Arbeitsplatz, schwertun.

Wir als CDU fordern wirkliche soziale Gerechtigkeit und setzen da an, wo echte Chancengleichheit beginnt. Wir brauchen endlich ein ganzheitliches Sprachförderkonzept für unsere Schülerinnen und Schüler, von der Kita bis zur weiterführenden Schule.

(Beifall der CDU)

Deutlicher denn je tritt durch Corona die angespannte Personalsituation an den rheinland-pfälzischen Schulen zutage. Schon vor Corona war klar: Es fehlen Lehrer. Es fehlt deshalb auch an notwendigen individuellen Fördermaßnahmen, an Sprachförderung.

Für die kommenden Monate ist absehbar, dass mit steigenden Infektionszahlen wieder Präsenzunterricht und Homeschooling in vielen Orten parallel erteilt werden müssen. Wir bräuchten dafür mehr Personal. Doch stattdessen laufen immer mehr Hilferufe von Lehrerinnen und Lehrern mit befristeten Verträgen ein, die ein Weiterbeschäftigungsverbot befürchten. Statt junge Kräfte zu halten, wandern gut ausgebildete junge Lehrerinnen und Lehrer in andere Bundesländer, weil sie dort Planstellen und bessere Gehälter erwarten.

(Ministerpräsidentin Malu Dreyer: Das ist ja wohl ein Witz, ehrlich gesagt!)

Die CDU-Fraktion fordert: Wandeln Sie endlich befristete Stellen für junge Lehrkräfte in Planstellen um.

(Beifall der CDU)

Wenn Sie wirklich mehr Lehrer wollen, müssen Sie dauerhafte Stellen schaffen. Das tun Sie seit Jahren nicht. Wir werden das ändern, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der CDU – Zurufe der Abg. Kathrin Anklam-Trapp, Dr. Tanja Machalet, Hans Jürgen Noss, SPD, und weitere Zurufe von der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, seit Wochen bin ich im Land unterwegs und erlebe in den Schulen immer wieder die gleichen Probleme bei der digitalen Ausstattung.

(Zurufe der Abg. Martin Haller und Alexander Schweitzer, SPD, und weitere Zurufe von der SPD – Abg. Hedi Thelen, CDU: Die Realität tut schon mal weh!)

Wenn der Minister auch zuhört, kann ich weitermachen.

Das gilt für die digitale Ausstattung, die Breitbandanbindung, die Schülerbeförderung und die Schultoiletten. Wer Abhilfe schaffen will, landet schnell in der Sackgasse.

(Zuruf der Abg. Dr. Tanja Machalet, SPD)

Es gibt Verweise auf unterschiedliche Verantwortlichkeiten, Streit um Kompetenzen, ein Hin-und-her-Geschiebe bei Zuständigkeitsfragen.

(Zurufe der Abg. Dr. Tanja Machalet, Martin Haller, Bettina Brück, SPD, und weitere Zurufe von der SPD)

Uns als CDU und mir persönlich geht es nicht zuvorderst um Zuständigkeitsfragen. Mir geht es darum, Probleme zu lösen, sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der CDU – Zuruf der Abg. Dr. Tanja Machalet, SPD, Zurufe von der SPD: Oh!)

Mir ist schon klar, dass Sie das nicht gerne hören. Das bekommen Sie vor Ort auch erzählt.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Das tut halt weh! – Unruhe im Hause – Glocke des Präsidenten)

Da ist schon gut Dampf drin morgens um 9.30 Uhr. Das ist so.

Ich mache gerne weiter.

Wie und ob diese Probleme vor Ort in den Griff zu bekommen sind, entscheidet sich einzig und allein an einem Faktor, dem Geld. Haben Städte und Landkreise eine gute finanzielle Ausstattung, gelingt auch digitale Bildung, dann stimmt die Bausubstanz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es muss egal sein, ob ein Kind im Westerwald, in Koblenz, in der Westpfalz oder in Mainz-Bingen zur Schule geht. Nicht die kommunalen Finanzen dürfen darüber entscheiden, welche Startund Bildungschancen unsere Kinder haben.

(Beifall der CDU)

Im Übrigen darf es auch nicht am Wohnort hängen, ob Schulen mit schnellem Internet, WLAN und Smartboards und Schüler mit digitalen Endgeräten ausgestattet sind.

Natürlich ist es richtig, dass die Trägerschaft der Schulen bei den Kommunen bleibt.

(Zurufe von der SPD: Aha!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, aber ich habe es satt, dass fortwährend Zuständigkeitsfragen die Bildung unserer Kinder beeinträchtigen.

(Beifall der CDU – Abg. Martin Haller, SPD: Wer stellt denn die Zuständigkeitsfrage? Das sind doch Sie! Das ist der Hammer!)

Das ist eine wunderbare Steilvorlage. Vielen Dank für die

Zwischenrufer. Ich habe wohl getroffen.

(Heiterkeit bei der SPD – Zurufe der Abg. Jochen Hartloff und Sven Teuber, SPD, und weitere Zurufe von der SPD – Glocke des Präsidenten)

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Sie haben nachher auch noch Redezeit. Jetzt hören Sie bitte erst bei mir fertig zu.

Ich habe es aber satt, dass fortwährend Zuständigkeitsfragen die Bildung unserer Kinder beeinträchtigen, wenn es um die Digitalisierung, Flächen und Mindeststandards, um große Beschaffungen und den Ausgleich unterschiedlicher regionaler Voraussetzungen geht, also um gleichwertige Bildungsverhältnisse; denn in diesem Land ist die Zukunft viel stärker im Fokus. Wir haben die Pflicht, dass wir alle gleich behandeln, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb gilt für uns: Die SPD kann gerne Zuständigkeitsverweiser bleiben, wir werden ab dem kommenden Jahr Problemlöser sein.