Nach nun über zehn Jahren mit zwei Evaluationen haben wir weiteren Steuerungs- und Unterstützungsbedarf beim Kindeswohl identifiziert. Aus diesem Grund wurden im letzten Doppelhaushalt zusätzlich 750.000 Euro zweckgebunden dafür eingestellt.
Mit der Novellierung des Landeskinderschutzgesetzes wollen wir nun diesen Betrag verstetigen und damit zielgerichtet in dieser Legislaturperiode Kinder von psychisch kranken oder suchtkranken Eltern unterstützen.
In Rheinland-Pfalz – auch das hat die Ministerin gesagt – trifft dies auf bis zu 220.000 Kinder zu. Wir wollen verhindern, dass diese Kinder in ihrer Situation alleine bleiben. Sie sind teilweise Gewalt und oft auch Vernachlässigung ausgesetzt.
Es gilt, den Teufelskreis zu durchbrechen; denn häufig setzt sich das in ihrem eigenen Leben fort. Daher ist die Novellierung ein wichtiger Schritt zu mehr Kindeswohl.
Wir gehen diesen Schritt gemeinsam mit den Kommunen und Wohlfahrtsverbänden. In der Anhörung gab es eine breite Zustimmung ihrerseits. Es werden mit den kommunalen Spitzen Kriterien vereinbart, wie das Geld an die Jugendämter verteilt werden soll. Die lokalen Netzwerke haben sich bewährt und werden hier weiter eine wichtige Rolle übernehmen.
Letztendlich wurde das Landeskinderschutzgesetz zweimal evaluiert und für gut befunden. Daher wird in der Novellierung geregelt, dass es in den Bericht über die Hilfen zur
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der nun vorgelegte Ergänzungsentwurf zum Landeskinderschutzgesetz stellt zwar eine geringe, aber zweifellos richtige und sinnvolle Weiterentwicklung dar.
Rufen wir uns noch einmal in Erinnerung: Ende der Nullerjahre schockierte eine ganze Anzahl gravierender, bundesweit bekannt gewordener Fälle von Kindesmisshandlung und Kindesmissbrauch die Öffentlichkeit. In der Folge beschlossen Bund und Länder – so auch Rheinland-Pfalz – die ersten Kinderschutzgesetze.
Ziel war es dabei, das Netz der staatlichen und gesellschaftlichen Aufmerksamkeiten enger zu knüpfen, um im besten Fall solch traurige Vorfälle zu vermeiden, zumindest aber frühzeitig zu erkennen und gegensteuern zu können.
Zwölf Jahre danach stellen wir fest, dass dies durchaus Wirkung gezeigt hat. Kitas, Schulen und Öffentlichkeit sind erhöht sensibilisiert. Das Einladungs- und Erinnerungswesen funktioniert, Betreuungs- und Unterstützungsmaßnahmen greifen. Trotzdem blieben weiter Lücken vorhanden.
Bedenklich ist dabei, dass diese Lücken insbesondere verstärkt bei prekären Familienverhältnissen auftreten, bei jungen Eltern, Eltern mit drohender Suchtbelastung, Alleinerziehenden und insbesondere Familien mit psychisch kranken Eltern.
Es ist daher richtig, diese Zielgruppe nun verstärkt in den Fokus zu nehmen und Hilfsstrukturen aufzubauen. Es ist richtig, dafür 750.000 Euro bereitzustellen und die Verteilung der Gelder mit den Spitzenverbänden zu regeln.
Kritisch zu hinterfragen wäre nur: Warum erst jetzt, und warum nur 750.000 Euro? Das sind letztendlich 18.000 Euro pro Jugendamt.
sen Wein gießen; dies fällt mir als Weinpfälzer besonders schwer. Wie beim Land schon üblich, ist auch hier die lieb gewordene Unsitte festzustellen, Finanzzuwendungen im Gesetz zu fixieren, ohne sie zu dynamisieren. Das heißt, diese 750.000 Euro sind im Gesetz,
und jedes Jahr nehmen sie – bei den momentanen Brotpreis- und Lohnsteigerungen – um 2,5 % ab. Das wäre in zehn Jahren eine Reduzierung um 25 % zulasten der Kommunen.
Gravierender und auch kausal mit dieser Thematik zusammenhängend ist diese Unsitte noch auf einem anderen Feld zu erkennen. Ziel des Kinderschutzgesetzes wie auch dieses Änderungsgesetzes ist es, vermehrt Fälle aus dem Dunkelfeld in den Fokus von Beratungsstellen und Jugendämtern zu bringen. Ich denke, dies wollen wir alle. Die logische Folge ist dann aber auch, dass immer mehr Hilfen zur Erziehung und damit mehr Kosten bei der Kinderund Jugendhilfe entstehen. Ich denke, dass wir auch da d’accord gehen.
Äußerst unfair, ja ein Stück verwerflich wird es in der Sache aber, wenn das Land zwar mithilft, diese Fälle ans Licht zu bringen, sich bei der finanziellen Bewältigung aber immer mehr zurückzieht.
Konkret deckelt das Land seit 15 Jahren – der Deckel oder die Verstetigung, wie die Kollegin sagt, scheint das Lieblingsinstrument zu sein – seine Beteiligung bei den Hilfen zur Erziehung auf ca. 40 Millionen Euro. Seit 15 Jahren! Der Anteil, der Landesanteil, ist in dieser Zeit von 25 % auf ca. 10 % zurückgegangen. Das ist eine Lücke von 50 Millionen Euro jedes Jahr, wodurch die Kommunen, sprich die kreisfreien Städte und Landkreise, mehr bezahlen. Das Land deckelt seine Zuwendungen, was ihm jährlich entsprechende Gelder einspart.
Frau Ministerin Spiegel, beenden Sie diese Ungerechtigkeit. Stehen Sie zu Ihrer Mitverantwortung, zur Mitverantwortung des Landes bei allen Hilfen zur Erziehung und nicht nur bei jetzt 750.000 Euro. Wenn Sie dieses Thema aufgreifen und ausgleichen, dann werden Ihre Worte von Mitverantwortung und Vorreiter sein erst glaubwürdig, und dann können Sie dazu stehen. Greifen Sie diese Problematik, die seit 15 Jahren schwelt, auf. Der Haushalt, der jetzt verabschiedet wird, würde Ihnen diese Gelegenheit bieten.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Seit vielen Jahren beobachten wir einen besorgniserregenden Trend in unserer Gesellschaft. Immer mehr Kinder wachsen heute in problematischen Familienverhältnissen auf.
Ursachen hierfür können sehr unterschiedlich sein. So haben materielle Armut, schwierige Wohnsituationen oder persönliche Schicksalsschläge oft schwerwiegende Folgen für den ganzen Familienverbund. Besonders tragisch ist es, wenn Eltern aufgrund solcher Umstände psychisch erkranken oder in Drogenabhängigkeit geraten.
Unmittelbar davon betroffen sind vor allem die Kinder. Sie können nichts für die Situation ihrer Familie oder die Probleme ihrer Eltern. Dennoch müssen sie die Folgen genauso tragen. Viele leiden unter Vernachlässigung und Überforderung. Manche erleben sogar körperliche oder sexuelle Gewalt im Elternhaus.
Um diesen Kindern in ihrer Not zu helfen und ihnen ein Aufwachsen in Würde und Chancengerechtigkeit zu ermöglichen, ist es wichtig, passgenaue Unterstützungsangebote zu schaffen. 750.000 Euro für gezielte Hilfe vor Ort in den Kommunen sind daher aus unserer Sicht eine sinnvolle Investition in einen besseren Kinderschutz.
Ein Grund zur Freude kann dies allerdings nicht sein. Im Gegenteil, es ist alarmierend, dass der Bedarf an staatlichen Hilfen für Familien auch in Rheinland-Pfalz stetig wächst. Trotz eines weltweit gesehen überdurchschnittlichen Wohlstands, trotz einer zuvor nie da gewesenen sozialen Absicherung, trotz eines massiven Ausbaus der Jugendhilfe und der Sozialarbeit und trotz unzähliger öffentlicher Aufklärungskampagnen geraten unsere Familien zunehmend in prekäre Lebenslagen, aus denen belastende Verhältnisse für alle Beteiligten erwachsen können.
Was die Landesregierung in ihrem Gesetzesentwurf eher beiläufig als „gesellschaftlichen Wandel und strukturelle Veränderungen“ bezeichnet, ist in Wahrheit eine dramatische Problementwicklung, der wir als Gesellschaft und als Staat nicht tatenlos zusehen dürfen. Wir müssen endlich damit aufhören, sich ausschließlich an Symptomen abzuarbeiten; denn damit lösen wir die Probleme nicht, sondern schieben sie vor uns her.
Wir werden irgendwann an die Grenzen unseres Sozialstaats stoßen. Politik muss deshalb endlich damit beginnen, die Situation unserer Familien so zu verbessern, dass diese gar nicht erst in unlösbare Schwierigkeiten geraten. Dazu brauchen wir gute Rahmenbedingungen, und wir brauchen auch eine größere Wertschätzung familiärer Leistungen. Starke und selbstbestimmte Familien sind der mit Abstand beste und zudem günstigste Kinderschutz, den es gibt.
Dafür haben wir in der Vergangenheit zu wenig getan. Stattdessen haben wir Familien immer mehr vom Staat abhängig gemacht und dadurch geschwächt. Hier brauchen wir dringend einen Paradigmenwechsel, wenn wir die Probleme, deren Folgen dieser Gesetzesentwurf zu bekämpfen versucht, an der Wurzel packen wollen. Darauf hinzuweisen, ist uns wichtig. Aber das langfristig Richtige zu tun heißt nicht, das kurzfristig Notwendige zu unterlassen. Deshalb stimmen wir dem Gesetzesentwurf grundsätzlich zu.
Wir fragen uns allerdings, warum die Ministerin in der letzten Woche pressewirksam angekündigt hat, das Land wolle zusätzlich 750.000 Euro für den Kinderschutz bereitstellen, Geld also, das bisher nicht im Landeshaushalt eingeplant sei; denn bei einem näheren Blick in den entsprechenden Titel fällt auf, dass dieser Ansatz bereits 2019 entsprechend erhöht wurde. Eine Äußerung von Staatssekretärin Rohleder im Familienausschuss am 21. März 2019 bestätigt das ausdrücklich.
Ich zitiere: Es ist mir besonders wichtig, darauf hinzuweisen, dass unser Haus die ab diesem Jahr – gemeint ist das Haushaltsjahr 2019 – zusätzlich für das Landeskinderschutzgesetz zur Verfügung gestellten Mittel in Höhe von 750.000 Euro insbesondere für Maßnahmen und Projekte zur Unterstützung von Kindern psychisch und/oder suchterkrankter Eltern in den Kommunen einsetzen wird. –
Jetzt haben wir eine Pressemitteilung der Ministerin, die dieser vor anderthalb Jahren im Ausschuss getroffenen Aussage ziemlich exakt entspricht. Kann das Zufall sein? Fakt ist jedenfalls, dass der Ansatz für die besagten Leistungen nach dem Landesgesetz zum Schutz von Kindeswohl und Kindergesundheit von 2018 nach 2019 um genau 750.000 Euro gestiegen ist, seitdem aber unverändert blieb und auch im neuen Haushalt gleich bleiben soll.
Welchen Zweck verfolgt also dieser Gesetzesentwurf, wenn das besagte Geld ohnehin bereitsteht? Lässt sich damit vielleicht bessere PR-Arbeit machen, die wenige Monate vor der Landtagswahl sicherlich wie gerufen kommt?
Bemerkenswert ist zudem, dass der seinerzeit aufgestockte Betrag im Jahr 2019 überhaupt nicht in Anspruch genommen wurde, wie die Ist-Ausgaben des entsprechenden Haushaltsjahres belegen. Fraglich bleibt daher auch, ob der vom Familienministerium angezeigte finanzielle Mehrbedarf bei den Jugendhilfeträgern überhaupt existiert.
All dies wird aus unserer Sicht in den kommenden Gesetzesberatungen zu klären sein. Sollte sich dabei herausstellen, dass Ministerin Spiegel uns alten Wein in neuen Schläuchen zu verkaufen versucht, um sich in Vorwahlkampfzeiten profilieren zu können, dann zeugt das zumindest von schlechtem Stil; denn ein so sensibles Thema wie der Kinderschutz eignet sich nun wirklich nicht, um parteipolitisches oder persönliches Kapital daraus zu schlagen.