Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute diskutieren wir über einen Antrag der Landesregierung,
der in meinen Augen absolut überfällig ist. Die Diskriminierung von Homosexuellen, Bisexuellen und auch Transsexuellen bei der Blutspende ist im 21. Jahrhundert nicht nur unzeitgemäß, sie ist veraltet und ein Zeichen eines reaktionären Denkmusters, welches leider noch immer nicht abgelegt scheint, auch hier im Hause nicht.
Fakt ist, dass wir hier eine einseitige Diskriminierung erleben. Während man bei jungen heterosexuellen Männern die Anzahl der Sexualpartner in einem gewissen Zeitrahmen abfragt, müssen sich Schwule in einem Fragebogen dazu verpflichten, in den letzten zwölf Monaten sexuell enthaltsam gelebt zu haben. Das schafft vielerorts nicht einmal ein katholischer Priester. Wollen wir diese Menschen vor der Spende mit Privatdetektiven beschatten lassen?
Hier stelle ich mir die Frage, was mit einem homo- oder bisexuellen Spender passiert, der sich noch nicht geoutet hat. Warum weisen wir im 21. Jahrhundert in dieser Gesetzeslage noch immer derart abfällig auf Menschen, die sich im falschen Geschlecht geboren fühlen?
Wie geht man ferner bei diesem Gesetz eigentlich mit Menschen des dritten Geschlechts um? Hier ist gesetzlich bisher auch noch keine eindeutige Regelung festzustellen.
Festzustellen dagegen ist, dass sich die Landesregierung und auch das Präsidium zwar gegen die Diskriminierung von Homo-, Bi-, Inter- und Transsexuellen aussprechen, aber mir ist bis heute beispielsweise nicht bekannt, auf welche Toilette jemand mit dem Geschlecht divers gehen soll. Weder hier noch im Abgeordnetenhaus oder in den Verwaltungsgebäuden sind mir diskriminierungsfreie Regelungen für diese Menschen bekannt.
Auch dass sich die Landesregierung systematisch weigert, bei der Landesverfassung den Bezug auf die Sittengesetze zu streichen, zeigt, welchen Stellenwert die Menschen bei Ihnen außerhalb der regelmäßigen Lippenbekenntnisse haben.
Dieser Antrag ist ein absolut richtiger Schritt in die richtige Richtung, nicht mehr und nicht weniger. Bis zur vollen Gleichberechtigung von homo-, bi- und transsexuellen Menschen gegenüber uns zumeist Heterosexuellen ist noch sehr viel Arbeit zu tun. Ich bin gern bereit, Sie zu unterstützen. Ich stimme daher auch Ihrem Antrag zu.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Landesregierung und auch mir ganz persönlich ist es ein Herzensanliegen, dass die Versorgung mit Blutpräparaten sichergestellt ist, und mir selbst war es in den letzten Monaten gerade auch vor dem Hintergrund der CoronaPandemie immer wichtig, an die Bürgerinnen und Bürger zu appellieren: Gehen Sie zur Blutspende; denn es kommt auf jede einzelne Spende an.
In Rheinland-Pfalz ist die Versorgung mit Blutpräparaten aktuell sichergestellt. Aber auch wir stehen vor der Herausforderung, den Bedarf für die Zukunft, insbesondere auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung, zu sichern. Dabei kommt es darauf an, möglichst zwei Dinge in Einklang zu bringen: die Sicherheit der Blutpräparate als oberstes Ziel einerseits, aber eben auch den diskriminierungsfreien Zugang zur Blutspende andererseits.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Landtag hat sich in dieser und auch in der vergangenen Legislaturperiode mit der Blutspende und auch mit diesem Spannungsfeld beschäftigt, unter anderem in einer sehr intensiven Expertenanhörung im Jahr 2012. Die Expertinnen und Experten haben damals den Konsens vertreten, dass die Sicherheit der Empfängerinnen und Empfänger der Blutprodukte oberste Priorität hat. So sieht das Transfusionsgesetz auch vor, dass die Spendentauglichkeit der potenziellen Spenderinnen oder Spender durch eine ärztliche Person festgestellt wurde.
In der Richtlinie Hämotherapie ist daher festgeschrieben, dass bestimmte Personen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe von der Blutspende zurückgestellt bzw. ausgeschlossen werden. Hierzu zählen – wir haben es schon gehört – unter anderem heterosexuelle Personen mit sexuellem Risikoverhalten, aber auch Männer, die Sexualverkehr mit Männern haben, ohne weitere Differenzierung ihres Risikoverhaltens, also alle.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die rheinland-pfälzische Landesregierung ist der Auffassung, dass sämtliche Regelungen im Blutspendebereich so gestaltet werden müssen, dass sie nicht diskriminierend gegenüber bestimmten Personengruppen sind. Es war deshalb ein notwendiger Schritt in die richtige Richtung, dass im Rahmen der Gesamtnovelle der Richtlinie Hämotherapie im Jahr 2017 der bis dato gültige Dauerausschluss für Personen, deren Sexualverhalten ein gegenüber der Allgemeinbevölkerung deutlich erhöhtes Übertragungsrisiko für durch Blut übertragbare schwere Infektionskrankheiten birgt, aufgehoben und in eine zeitlich befristete Rückstellung von zwölf Monaten umgewandelt wurde.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das reicht aber nicht; denn tatsächlich ist es immer noch ein verklausulierter Dauerausschluss, und er entspricht in der Tat weder der Lebenswirklichkeit noch wird er, wie gesagt, dem Risikoverhalten gerecht. Von daher begrüße ich es, dass sich die Gesundheitsministerinnen und Gesundheitsminister der Länder auf der 93. Gesundheitsministerkonferenz (GMK), die am
30. September und 1. Oktober in Berlin stattfinden wird, erneut mit diesem Thema der Blutspende und dem Spannungsfeld befassen werden.
Unter anderem sollen die Regelungen der bestehenden Richtlinie nochmals überprüft werden. Ziel dieser erneuten Prüfung muss sein – darin sind wir uns als Ländergesundheitsminister einig –, die geltenden Anforderungen diskriminierungsfrei zu formulieren und hinsichtlich des Risikoverhaltens – darauf kommt es an – der potenziellen Spenderinnen und Spender weiter zu differenzieren, vor allem im Hinblick auf die zeitliche Rückstellung von zwölf Monaten für Männer, die Sexualverkehr mit Männern haben, und andere Personengruppen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden in RheinlandPfalz die weitere Entwicklung im Rahmen der Erfolgskontrolle der GMK aktiv begleiten. Wir sind schon sehr gespannt auf die Stellungnahme des Bundesgesundheitsministers, und wir bekräftigen unsere Position, dass sämtliche Regelungen so gestaltet werden müssen, dass alle Menschen in Rheinland-Pfalz selbstbestimmt und diskriminierungsfrei leben können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir zu diesem Tagesordnungspunkt nicht mehr vor. Wir können damit zur Abstimmung über den Antrag schreiten. Ich stelle also den Antrag – Drucksache 17/12974 – in der Sache zur Abstimmung. Wer ihm seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön. Gegenstimmen? – Vielen Dank. Für Enthaltungen ist kein Raum. Damit stelle ich fest, dass der Antrag mit den Stimmen der SPD, der CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der AfD angenommen wurde.
Stärkung des Deutschunterrichts in der Grundschule Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/13001 –
dazu: Individuell fördern – Grundkompetenzen in Deutsch und Mathematik weiterentwickeln Antrag (Alternativantrag) der Fraktionen der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/13050 –
Ich darf zunächst der antragstellenden Fraktion das Wort zur Begründung erteilen. Frau Abgeordnete Beilstein, bitte
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In den vergangenen Wochen galt es, viele Herausforderungen infolge von Corona an den rheinland-pfälzischen Schulen zu meistern; dass dabei große Defizite vor allen Dingen im Bereich der Digitalisierung offengelegt wurden, ist das eine.
Heute wollen wir den Blick aber noch einmal auf ein viel tiefer liegendes Defizit lenken, nicht zum ersten Mal und – so darf ich Ihnen an dieser Stelle versprechen, weil es uns sehr wichtig ist – auch nicht zum letzten Mal;
denn es hat mit einem grundlegenden Anspruch in der Bildungspolitik zu tun, und es hat auch etwas mit sozialer Gerechtigkeit zu tun. Mit sozialer Gerechtigkeit, von der die SPD-geführte Landesregierung immer so gerne redet, der sie aber mit den Rahmenbedingungen für die schulische Praxis einfach nicht gerecht wird.
Ein grundlegender Anspruch in der Bildungspolitik und sozial gerecht wäre es, wenn alle Kinder, und zwar egal welcher Herkunft und egal mit welchem familiären Hintergrund, am Ende der Grundschulzeit richtig lesen und schreiben könnten und dabei den Regelstandard erreichen. Dieses Ziel wird Jahr für Jahr verfehlt.
Die Realität ist, dass 36,2 % aller Schülerinnen und Schüler am Ende der Grundschulzeit nicht den Regelstandard im Lesen erreichen, und beim Schreiben sogar 48,8 % der Kinder nicht.
(Abg. Joachim Paul, AfD: Wahnsinn! – Abg. Hedi Thelen, CDU: Das ist erschütternd! – Abg. Joachim Paul, AfD: Brasilien 1960!)
Das sind Zahlen, die man vielleicht bei einem Entwicklungsland vermuten würde, aber es sind die offiziellen Zahlen der IQB-Bildungsstudie zum Bundesland Rheinland-Pfalz. Das ist nicht nur ein trauriger, es ist ein alarmierender Zustand;
denn all diesen Kindern werden Chancen für ihre weitere Schulzeit und folglich Chancen für ihr weiteres Leben genommen. Dieser Zustand kam nicht plötzlich, er ist nicht einfach so vom Himmel gefallen, sondern er ist das Ergebnis multipler Ursachen. Zum einen nenne ich hier natürlich die unzureichende Unterrichtsversorgung, die, sage ich mal, als Umetikettierung der Ausfallstunden in den offiziellen Statistiken häufig nicht auftaucht.
Es sind unzureichende Planstellen, die nur deshalb nicht erhöht werden, weil man entweder nicht die finanziellen Mittel, die dafür erforderlich wären, in die Hand nehmen möchte, oder weil man sich schlicht und ergreifend nicht
eingestehen will, dass man dann diese Planstellen wegen einer verfehlten Personalpolitik nicht besetzen könnte, eben deshalb, weil nicht genügend Nachwuchslehrer da sind, und die, die da wären – so ist die Realität in RheinlandPfalz –, über befristete Verträge, über befristete Stellen regelrecht in die Nachbarbundesländer getrieben werden, wo sie dann schneller verbeamtet und besser bezahlt werden.