Protocol of the Session on September 16, 2020

Tatsächlich hat auch meine Fraktion Verständnis für die Forderung, Bodycams in Wohnungen einzusetzen. Wir wissen von dem Einsatz von Bodycams, dass sie wirklich eine deeskalierende Wirkung haben. Nichtsdestotrotz haben wir eine Abwägung vorzunehmen. Die Unverletzlichkeit der Wohnung ist ein solch entgegenstehender Grund, der bei uns dazu führt, dass wir, solange wir keine verfassungsrechtlich dahin gehende Rechtsprechung haben, die sagt, es ist in dieser Abwägung zulässig unter bestimmten Voraussetzungen, diesem Wunsch, der aus der polizeilichen Praxis kommt, nicht nachkommen können. Wir werden auch deswegen den Antrag der CDU ablehnen.

Der Änderungsantrag der CDU hat mich sehr verwundert. Nach der Debatte, die wir im letzten Plenum erlebt haben, habe ich eigentlich damit gerechnet, dass die ganze Klaviatur von biometrischer Gesichtserkennung und intelligenten Kamerasystemen vorliegt. Aber vielleicht haben Sie unsere Argumente aus der Debatte im letzten Plenum überzeugt, dass Sie diese massive Überwachungsorgie nicht vorschlagen. Vielleicht helfen auch manchmal Argumente in dieser Hinsicht.

Die Argumente der Anhörung haben auf jeden Fall geholfen. Wir haben an vier Punkten noch einmal Änderungen vorgenommen. Zum einen haben wir eine Änderung an den Bestandsdaten vorgenommen. Mitten in den Verhandlungen zum Gesetz kam eine Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die uns zu den Anforderungen der Bestandsdatenauskunft Hinweise gegeben hat. Es geht zwar um den Bund, aber es hat Auswirkungen, weil wir eine ähnliche Regelung hier haben. Wir haben deswegen eine Änderung vorgenommen, die die Dokumentationspflichten bei der Deanonymisierung von IP-Adressen beinhaltet und die Aufsichtskontrolle bei der Bestandsdatenauskunft anhand von IP-Adressen vorsieht.

Zweitens haben wir – das war ein Begriff, der intensiv diskutiert wurde, nämlich der der drohenden Gefahr – diese Formulierung ersetzt durch die Formulierung, durch Tatsachen begründete Anhaltspunkte, die die Annahme rechtfertigen. Wir haben diesen wirklich umstrittenen Rechtsbegriff also nicht im POG stehen. Deswegen sage ich Dankeschön für die Anhörung und die Anregung. Damit sind die verfassungsrechtlichen Bedenken, die in der Anhörung angesprochen worden sind, aus dem Gesetz verschwunden.

Wir haben ganz intensiv auf die polizeiliche Praxis gehört. Uns wurde nämlich gesagt, dass bestimmte Protokollierungserfordernisse, die das Gesetz vorsieht, nicht praktikabel sind. Hier haben wir Erleichterungen vorgesehen. Nichtsdestotrotz haben wir einen sehr hohen Datenschutzstandard in diesem Gesetz.

Wir haben dem Datenschutz weitere Zugeständnisse gemacht. Wir haben bei der Beschränkung der Verarbeitung von Daten zur Identitätsfeststellung genau aufgezählt, welche Grunddaten das sind. Wir haben die Pflicht zur Anhö

rung des Landesdatenschutzbeauftragten für öffentliche Veranstaltungen festgelegt. Es geht um die Sicherheit von öffentlichen Veranstaltungen in dem Gesetz.

Insgesamt können wir sagen, dass der bereits sehr runde Polizeigesetzentwurf durch die Anhörung zu einer noch runderen Sache wurde. Wir haben nach aktuellem Stand wirklich ein sehr gutes Polizeigesetz. Der Gesetzentwurf macht es noch stärker, und zwar insbesondere im Datenschutzbereich. Das ist ein i-Tüpfelchen auf eine wirklich gute polizeigesetzliche Grundlage.

(Glocke der Präsidentin)

Dem wird natürlich meine Fraktion vollumfänglich zustimmen. Mit diesem Gesetz geben wir den Polizistinnen und Polizisten Rechtssicherheit an die Hand, damit sie tagtäglich ihren wichtigen und guten Dienst für unser aller Sicherheit tun können.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Für die Landesregierung spricht Staatsminister Roger Lewentz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist heute ein guter Tag. Wir schließen die nächste Runde der Erfolgsstory, Innere Sicherheit in Rheinland-Pfalz, gut ab.

(Beifall der SPD und vereinzelt bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Innere Sicherheit in Rheinland-Pfalz bedeutet, wir sind stets rechtssicher und äußerst aktuell aufgestellt. Wir haben in kurzer Zeit das Verfassungsschutzgesetz, das Rettungsdienstgesetz, das Landesbrand- und Katastrophenschutzgesetz und heute das Polizei- und Ordnungsbehördengesetz angepackt. Ich will mich bei der Koalition bedanken. Das ist eine enorm starke Leistung unserer Koalition der drei Fraktionen. Vielen herzlichen Dank dafür.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, das POG wurde zuletzt im Jahr 2017 novelliert. Bereits damals wurden auch mit Blick auf die Gefahren des internationalen Terrorismus die Befugnisse der Polizei Rheinland-Pfalz gestärkt, und zwar deutlich.

So wurden beispielsweise Rechtsgrundlagen für die anlassbezogene Kennzeichenfahndung und die Bestandsdatenauskunft geschaffen. Rheinland-Pfalz verfügt daher bereits heute über ein sehr modernes Polizei- und Ordnungsbehördengesetz. Damit gewährleisten wir die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger. Dazu gehört aber noch viel, viel

mehr.

Sie erinnern sich an die Jahre 2015, 2016 und 2017, in denen wir diese schrecklichen islamistisch motivierten Terroranschläge in Europa hatten. Als erstes Bundesland haben wir damals mit dem ersten Sicherheitspaket schnell reagiert. Das war für die Republik wegweisend. Wegweisend war auch unsere Aufstellung: lebensbedrohliche Einsatzlagen, eine fünftägige Zusatzausbildung für alle Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten im Wechselschichtdienst.

(Vizepräsident Hans-Josef Bracht übernimmt den Vorsitz)

Die Entscheidung, einen weiteren Standort für unsere Spezialkräfte in Rheinland-Pfalz einzurichten – grenznah in Richtung Belgien –, war eine wichtige und gute Entscheidung. An dieser Stelle darf man noch einmal in Erinnerung rufen: Wir waren mit Hessen die Ersten, die die Bodycam eingeführt haben. Wir sind das erste Bundesland, das flächendeckend Taser, also Distanz-Elektroimpulsgeräte, eingeführt hat. Wir führen gerade eine neue Mitteldistanzwaffe ein. Wir haben die neuen Streifenwagen Audi A 6 und – das ist die Grundlage für die Innere Sicherheit – mit 580 Polizeikommissaranwärterinnen und -anwärtern Rekordeinstellungen.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ihr müsst Euch die Energie für den Applaus noch ein kleines bisschen aufsparen;

(Zuruf des Abg. Alexander Schweitzer, SPD)

denn der Halbsatz, der jetzt kommt, ist sehr wichtig: Liebe Kolleginnen und Kollegen, das führt dazu, dass wir im nächsten Jahr 9.500 – da wir davon ausgehen dürfen, dass der Haushalt für das Jahr 2021 Zustimmung erfahren wird – und im Jahr 2024 erstmals in der Geschichte des Landes Rheinland-Pfalz über 10.000 ausgebildete Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte haben werden.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut! – Abg. Martin Haller, SPD: Hört, hört! – Zuruf des Abg. Uwe Junge, AfD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, das Ergebnis ist bereits heute sichtbar: höchste Aufklärungsquoten, geringste Kriminalitätsbelastung seit 25 Jahren. Damit kann man sich dem Urteil der Bürgerinnen und Bürger stellen.

Ich bin sehr froh, dass die Anhörung ergeben hat: Dieses POG ist systematisch, transparent und normenklar im Sicherheitsrecht des Landes Rheinland-Pfalz. Es ist ein POG, das sehr genau im Blick hat, dass wir einen Rechtsstaat mit Bürgerfreiheiten haben, die wir natürlich auch in unserer polizeilichen Rahmengesetzgebung widerspiegeln wollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben die

Dinge, die wir aus europäischem Recht, Bundesrecht und Urteilen vorgegeben bekommen haben, sehr erfolgreich umgesetzt. Ich möchte mich an der Stelle noch einmal herzlich bei der Koalition bedanken, die neue Hinweise auf Veränderungsnotwendigkeiten sehr zeitnah aufgegriffen hat.

Erinnern Sie sich daran: In Rheinland-Pfalz gab es Großveranstaltungen wie Rockkonzerte. Bei einer mussten wir reagieren, weil dort die Sicherheitslage – Stichwort „Terrorismusgefahr“ – nicht eindeutig war. Das ist uns gelungen.

Wir verfügen jetzt über neue Regelungen für mehr Rechtsund Handlungssicherheit in der Frage, wie wir im Vorfeld mit Menschen umgehen, die bei Großveranstaltungen auf dem Veranstaltungsgelände beruflich tätig sind. Auch das ist eine Normierung, die wir jetzt aus einem Anlass, den wir in Rheinland-Pfalz leider zur Kenntnis nehmen mussten, auf den Weg bringen. Sie wissen, diese Großveranstaltung in der Eifel musste damals unterbrochen werden, was zu sehr großen Diskussionen geführt hat. Für uns war an der Stelle – nicht nur bei Naturkatastrophen – die Sicherheit der Besucherinnen und Besucher oberstes Maß aller Dinge.

Ich freue mich sehr, dass wir diese Neuaufnahme – Stichwort „Zuverlässigkeitsüberprüfungen“ – vornehmen konnten. Es ist sicherlich gut und rundet die Einsatzfähigkeit unserer Sicherheitsorgane im Land ab, dass den Vollzugskräften der Zollverwaltung eine Eilzuständigkeit gegeben werden konnte.

Zum kommunalen Vollzugsdienst kann ich so viel sagen: Das sind fleißige und engagierte Kolleginnen und Kollegen, die im Reigen der Inneren Sicherheit entlang ihrer Größenverhältnisse eine wichtige Rolle spielen. Es ist aber mehrfach gesagt worden, die Bachelorausbildung bei unserer Polizei ist ein dreijähriges Hochschulstudium. Die Damen und Herren des Vollzugsdienstes absolvieren eine zehnwöchige Ausbildung. Dem haben wir also im Interesse der Rechtssicherheit und den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber absolut Rechnung zu tragen.

Wenn die kommunalen Spitzenverbände auf uns zukommen und die Ausbildung gerne erweitern wollen, sodass man am Ende einer wirklich deutlich erweiterten Ausbildung sagen kann, es gibt mehr mögliche Einsatzinstrumente als bisher, stehe ich dem sehr offen gegenüber. Wir würden selbstverständlich auch einen Teil dieser Ausbildung gerne über die Hochschule der Polizei durchführen, weil sie ein Teil der Inneren Sicherheit in Rheinland-Pfalz ist. Da es aber diese deutliche Unterscheidung gibt, können wir nicht auf alle Wünsche reagieren. Das haben wir mehrfach ausgeführt.

Gerade in der Corona-Pandemie gilt den Damen und Herren bei den kommunalen Vollzugsdiensten ein Dank.

Die Bodycam ist als Schwerpunkt behandelt worden. Ich habe bewusst noch ein paar andere Punkte genannt. Innere Sicherheit wird nicht nur über tragbare Kameras dargestellt. Sie haben eine wichtige Rolle. Deswegen waren wir

Vorreiter.

(Abg. Uwe Junge, AfD: Die Polizei auch!)

Ich kann mir vorstellen, dass dann auch die Menschen Rechtssicherheit erhalten, in deren Wohnung die Polizei aus guten Gründen eindringen musste; denn die Daten von Menschen, die sagen, ihre Wohnung ist verletzt worden, sind von Anwältinnen und Anwälten nutzbar. Darüber können wir diskutieren, wenn die Urteile aus anderen Bundesländern vorliegen, in denen die Verfassungsmäßigkeit momentan überprüft wird.

Ich möchte noch einmal sagen: Wir haben in RheinlandPfalz ein sehr, sehr hohes Datenschutzniveau, das wir mit diesem POG noch einmal fortschreiben. Das ist sehr wichtig und sehr gut. Auch ich habe mich sehr gefreut, dass es in dieser Anhörung so unglaublich viel Zustimmung zu unseren Vorstellungen und Überlegungen gegeben hat, sodass ich mit gutem Gewissen sagen kann: Ich freue mich, wenn das POG heute in der Form verabschiedet wird.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach den Ausführungen des Ministers stünde den Fraktionen noch Redezeit zu. Ich sehe aber keine Wortmeldungen mehr. Deshalb sind wir am Ende der Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt, den wir in zweiter Beratung erörtert haben. Wir kommen zur Abstimmung.

Ich stelle zunächst den Änderungsantrag der Fraktionen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/12986 – zur Abstimmung. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU bei Stimmenthaltung der AfD angenommen worden.

Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/13058 –. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU bei Stimmenthaltung der AfD abgelehnt worden.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf – Drucksache 17/12072 – in zweiter Beratung unter Berücksichtigung der mit dem Änderungsantrag der Fraktionen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschlossenen Änderungen. Wer diesem Gesetzentwurf unter dieser Bedingung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen der SPD, der

AfD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU angenommen worden.

Wir kommen zur Schlussabstimmung über den Gesetzentwurf. Wer dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben! – Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen der SPD, der AfD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU angenommen worden.

Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf: