Meine sehr verehrten Kollegen! Herr Dr. Martin, am ersten Sonntag im September findet in meiner Heimatstadt Kusel traditionell die Herbstmesse statt.
Warum erzähle ich Ihnen das? Weil dann immer traditionell ein verkaufsoffener Sonntag stattfindet. Der läuft gut, und die Innenstadt macht gute Umsätze.
Das Volksfest fällt aus wegen Corona. Was überlegen wir gemeinsam? Wir denken darüber nach, am Samstag einige Ereignisse zu machen und den Verkauf bis abends um 22 Uhr zuzulassen – das ist jederzeit möglich –, um ein anderes Ereignis zu haben und das Ziel zu erreichen, Herr Kollege Martin, welches Sie soeben genannt haben und wir auch unterstreichen.
Auch wir sehen in Zeiten von COVID-19, dass Innenstädte geschwächt sind, dass Standorte Schwierigkeiten haben und dass deshalb, genauso wie bei der Mehrwertsteuerabsenkung, versucht werden muss zu helfen. Ich wollte Ihnen nur auch einen anderen möglichen Weg aufzeigen.
Herr Baldauf, das hat mit Gewerkschaft überhaupt nichts zu tun, sondern es ist absprachegemäß im Rahmen der Tarifverträge zulässig und machbar und auch im Rahmen des Ladenöffnungsgesetzes.
Aber lassen Sie mich doch zu Ihrem Thema kommen. Warum die Aufgeregtheiten? Lassen Sie mich doch zu Ihrem Thema kommen.
Herr Dr. Martin, Sie haben in Ihrer Rede gesagt: Die Umsetzung von Gesetzen abhängig machen von außenstehenden Stellen. – Damit meinen Sie ver.di und den Konflikt mit den Arbeitgebern, der vorhanden ist und zur Rechtsprechung und – geklagt haben damals die Kirchen – zu der grundsätzlichen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2009 geführt hat und zu den Folgeentscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, des Oberverwaltungsgerichts in Rheinland-Pfalz, die die Rechtslage präzisiert haben. Ja, auf dieser Grundlage ergehen die Folgeentscheidungen.
Ob wir das so wünschen oder nicht wünschen, ist eine zweite Frage. Aber ich glaube, in Rheinland-Pfalz hat es gute Tradition, auch und gerade in Zeiten von COVID-19, dass man versucht, so gewichtige Partner wie die Beschäftigten und die Arbeitgeber konsensual zusammenzubekommen.
Ja, die Einzelhändler fürchten um ihre Existenz. Sie haben das Beispiel Galeria Karstadt Kaufhof genannt, ein großer Konzern, bei dem sicher auch andere Probleme eine Rolle spielen. Es fürchten sich aber genauso die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer um ihre Existenzen, um ihre Arbeit. Deshalb müssen sich beide Partner ernst nehmen. Der Austausch von Parolen hilft da wenig weiter.
Und ja, wir verschließen uns gar nicht den Überlegungen, die hinter Ihrem Gesetzentwurf stehen. Wie kann man Regelungen schaffen, die ein Stück rechtssicherer sind und es den Kommunalen erlauben, unter solchen Rahmenbedingungen vernünftig eine Verordnung auszufüllen, und die das Ziel erreichen, dass wir überlegen, wie ein Sonntagsverkauf auch in schwierigen Zeiten möglich sein kann? Deshalb lehnen wir Ihr Gesetz nicht in Bausch und Bogen ab, sondern wir sagen, wir wollen die Partner im nächsten Ausschuss anhören. In der Sommerpause finden derlei verkaufsoffene Sonntage ohnehin nicht statt, sondern erst danach.
Wir sagen, lasst uns einmal schauen, welche Regelung wir dabei vernünftigerweise erreichen können, bei Betrachtung der Gesetzeslage und auch unserer Landesverfassung, in der der Sonntagsschutz ganz ausdrücklich verankert ist, weil er sich entwickelt hat aus einem Schutz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer heraus, aber auch aus einem Schutz für kirchliche Feiertage und Ähnliches.
aber ich glaube, dass wir in rheinland-pfälzischer Manier miteinander solche Schwierigkeiten lösen können oder eine bessere Lösung finden als die vielleicht nicht ganz rechtssichere in Ihrem Gesetzesvorschlag.
Verzeihung. – Geehrte Präsidentin, liebe Kollegen! Die CDU unterstellt, dass Sonntagsöffnung eine grundsätzlich höhere Priorität als der Schutz der Sonntagsruhe hat. Eine nicht durch hinreichende Sachkunde gerechtfertigte, also anlasslose Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen ist jedoch verfassungsrechtlich von vornherein nicht zulässig.
Insbesondere hat das Oberverwaltungsgericht Koblenz festgestellt, dass das bloße wirtschaftliche Umsatzinteresse und im Gegenzug das entsprechende Erwerbsinteresse potenzieller Kunden kein ausreichender Sachgrund sind. Jedoch können Veranstaltungen, die – so heißt es – das öffentliche Bild des Sonntags prägen, ein ausreichender Grund für Ladenöffnungen sein. Leider sind seit März alle großen Veranstaltungen aufgrund der Corona-Pandemie verboten. Damit entfallen auch die Anlässe für einen Sonntagsverkauf.
Nach heutiger Sachlage ist das allgemeine Verbot von Freiluftveranstaltungen aber nicht mehr zu rechtfertigen. Diese Sachlage ist nicht etwa neu, sie gilt bereits seit dem Abebben der Pandemiezahlen seit Anfang/Mitte Mai. Spätestens nachdem Anfang Juni in Berlin und in anderen Städten bis
zu 15.000 Menschen dicht gedrängt gegen angeblichen Rassismus demonstriert haben, sind die Verantwortlichen auch in Rheinland-Pfalz in Erklärungsnot geraten.
Der Verstoß gegen die geltenden Corona-Vorschriften wurde bei den Demonstrationen toleriert, wenn auch aus falschem Grund; denn Hass, Hetze, die Verunglimpfung und die Verächtlichmachung der Polizei sind für uns gerade kein ausreichender Sachgrund. Für die Hauptstadt-SPD heiligt der Zweck jedoch anscheinend die Mittel.
Trotzdem ist eine zweite Corona-Welle, zumindest bis jetzt, ausgeblieben. Gerade andersherum wird ein Schuh daraus. Die Volksfeste im Land sind Ausdruck für Heimat, Kultur und Tradition. Dies jedoch schert die CDU nicht. Sie begnügt sich mit einem Gesetzentwurf, der die negativen Folgen des Verbots zumindest für den Einzelhandel abmildern soll. Ob dieser Gesetzentwurf vor dem Hintergrund der vorhin dargestellten Rechtsprechung überhaupt funktioniert, ist völlig unklar.
In Hessen, das Sonntagsöffnungen teilweise erlaubt hatte, rudert man inzwischen zurück. Hessens Sozialminister Klose hält anlasslose Sonntagsöffnungen für ebenfalls unzulässig. Angesichts des Widerstands der Gewerkschaften und der Kirchen gegen die Öffnung wird es in jedem Fall Klagen geben.
Völlig unabhängig von der juristischen Kernproblematik hat die CDU einen wesentlichen Punkt weder bedacht noch wirklich adressiert; denn lohnt sich eine anlasslose Sonntagsöffnung für die Händler und Anbieter überhaupt? Dies ist die Frage, um die es im Kern geht.
Können verkaufsoffene Sonntage ohne speziellen Anlass und ohne Magnetwirkung auf das Publikum überhaupt ein wirtschaftlicher Erfolg sein? Nun, dies ist in der Breite mehr als fraglich. Der hiesige DGB-Chef Muscheid bezweifelt, dass durch verkaufsoffene Sonntage überhaupt die Umsatzausfälle ausgeglichen werden können. Vor allem aber verweist er darauf, dass die Beschäftigten im Einzelhandel schon sehr stark belastet wären und sie ihre freien Sonntage deswegen verdient hätten.
Als AfD-Fraktion schließen wir uns diesen Bedenken ausdrücklich an und sehen in den arbeitsfreien Sonntagen eine soziale und familienpolitische Errungenschaft sowie den Kernbestand unserer christlich-abendländischen Kultur.
Weiterhin müssen wir bedenken, dass häufige Sonntagsöffnungen oftmals auch gerade umsatzschwächere Anbieter faktisch dazu zwingen, ihre Geschäfte zu öffnen. Ohne einen stark überproportionalen Umsatz führen die Öffnungen in Teilen sogar zum gegenteiligen Effekt. Die Schwierigkeiten bestehen doch nicht auf der Angebotsseite, sondern auf der Nachfrageseite, bei dem Käuferverhalten.
Schon in der Analysephase an sich haben Sie mit diesem Antrag das Ziel verfehlt, ein reiner Nebenkriegsschauplatz.
Was wäre wichtig? – Wichtig wäre zum Beispiel ein funktionierendes Gestetz über lokale Entwicklungs- und Aufwertungsprojekte (LEAP-Gesetz), um die Einzelhandelsviertel entsprechend aufwerten zu können. Noch wichtiger wäre die Zustimmung zu unserem Antrag „Wirtschaft stärken, Bürger entlasten, Shutdown-Krise bewältigen“ im MaiPlenum gewesen; denn was Einzelhändler und Verkäufer wirklich brauchen, hatten wir damals detailliert aufgeschrieben, nämlich Soforthilfen orientiert am bereinigten Umsatzausfall, ferner die Aufhebung der strengen Hygieneregeln bei niedrigbleibenden Infektionszahlen und vor allem weitere Entlastungen, Steuer- und Abgabensenkungen.
Angesichts der zahlreichen nicht zuletzt verfassungsrechtlichen Probleme des Gesetzentwurfs müssen wir das von der CDU angedachte Schnellverfahren leider ablehnen. Ganz im Gegenteil, wir halten es für notwendig, dass – da folge ich meinem SPD-Vorredner – Experten und Vertreter von Einzelhandel und Gewerkschaften im Gesetzgebungsprozess zu Wort kommen. Darum werden wir eine Anhörung im federführenden Ausschuss beantragen.