Protocol of the Session on May 28, 2020

Wer die Projekte der Atomkraft in den letzten 15 bis 20 Jahren verfolgt hat, weiß, dass viele in der Projektierung doppelt so teuer geworden sind, als anfangs gedacht, und viele erst gar nicht zu Ende geführt worden sind, weil sie finanziell nicht mehr dargestellt werden konnten.

Ein dritter Punkt, bei dem die Privilegierung auch sehr wichtig war: Wir haben einen Arbeitsplatzmotor über die erneuerbaren Energien in einer Größenordnung, die wir uns vor 20 Jahren noch nicht hätten vorstellen können. Wir reden inzwischen über deutlich 300.000 Arbeitsplätze in der Branche der erneuerbaren Energien, davon alleine 130.000 Arbeitsplätze in der Windbranche. Das ist ein gesellschaftlicher Mehrwert, den wir erreichen wollten. Es funktioniert nur mit einer dezentralen Energieerzeugung, dass die Wertschöpfung bzw. der Mehrwert tatsächlich an den Bürgerinnen und Bürgern hängen bleibt. Sie wollen mit Ihrer rückwärts gewandten Energiepolitik nach wie vor drei bis vier großen Großkonzernen den Markt überlasen – ein Monopolmarkt, der in Deutschland über Jahrzehnte gemütlich aufgeteilt worden ist.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Und für den Steuerzahler die Energiepreise verdreifacht!)

Wir – das Hohe Haus jenseits der AfD – möchten, dass die Energieversorgung in die eigenen Hände genommen wird. Das ist sehr erfolgreich praktiziert worden.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Das hat die Strompreise aufgebläht!)

Dazu zum Schluss eine letzte Zahl aus Rheinland-Pfalz, die noch einmal verdeutlicht, wie weit wir schon mit dem Wertschöpfungspotenzial gekommen sind: In den 90er-Jahren hat das Land Rheinland-Pfalz eine Eigenproduktion in einer Größenordnung von unter 30 % realisieren können. Jetzt, also 20 bis 25 Jahre später, liegen wir bei einer Eigenstromproduktion in Rheinland-Pfalz von über 70 %. Anhand dieser Zahl sehen Sie, wie weit es uns inzwischen gelungen ist, Wertschöpfung aus dem Nahen Osten, Russland und Skandinavien wegzunehmen. Wir realisieren diese Wertschöpfung inzwischen hier.

Für Sie bedeutet Energiewende aber: Wir stehen zum Diesel in Deutschland,

(Abg. Dr. Jan Bollinger: Wir stehen zum Diesel! Das stimmt!)

wir stehen zu Braunkohle, wir stehen zu Atom, wir wollen keine Veränderung.

(Glocke des Präsidenten)

Das ist Ihre Botschaft und die Politik der AfD zum Thema „Energie“.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und FDP – Zurufe der Abg. Dr. Jan Bollinger und Joachim Paul, AfD)

Für die Landesregierung spricht nun Herr Staatssekretär Dr. Griese.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der AfD enthält zwei Punkte. Im ersten Punkt wird gefordert, die Privilegierung für Windkraft aufzuheben. Da reibt man sich schon die Augen, weil es nach dem Baugesetzbuch so ist, dass alle Anlagen, die der öffentlichen Stromerzeugung dienen, privilegiert sind. Sie wollen offenbar die Privilegierung für die Windkraft aufheben, aber natürlich die Privilegierung für die umweltschädliche und klimaschädliche Atom- oder Kohlestromproduktion aufrechterhalten.

Das kann man natürlich fordern. Da kann man auch sagen, typisch AfD, aber in der Sache ist das unsinnig und auch völlig konträr zu dem, was notwendig ist. Eben ist zu Recht gesagt worden, die Zukunft steht auf erneuerbaren Energien. Ich möchte auch noch einmal deutlich für die Landesregierung unterstreichen, dass eine sichere, kostengünstige und umweltverträgliche Energieversorgung Voraussetzung für unseren Standort ist und wir dabei auf erneuerbare Energien entscheidend angewiesen sind.

Unter dem vorherigen Tagesordnungspunkt war vom Thema „Wasserstoff“ die Rede. Der Antrag, der vorhin eine Mehrheit gefunden hat, bringt das sehr klar zum Ausdruck. Es wird eine Produktion von CO2-freiem Wasserstoff gefordert. Ja. Es heißt wörtlich in diesem Antrag: „Eine Produktion von CO2-freiem Wasserstoff in wirtschaftlich relevantem Maßstab ist nur bei einem zeitgleichen massiven Zuwachs bei der regenerativen Energieerzeugung möglich. Wasserstoff als breit einsetzbaren Energieträger wird es ohne einen entschlossenen Ausbau der Wind- und Solarenergie nicht geben (...).“

Ich möchte das noch ergänzen. Wir haben in unserem Ministerium mit dem Verband der Industriellen Energie- und Kraftwerkswirtschaft, dem VIK, schon vor einem Jahr einen runden Tisch zum Thema „Wasserstoff“ gegründet. Einhelliges Votum der Vertreter aus Industrie, aus der Chemie und aus dem Zementbereich war, wir brauchen Wasserstoff,

ja, und wir brauchen dazu den Ausbau der erneuerbaren Energien. Man fragt uns nach Standorten, man fragt uns danach, wie und in welchem Umfang die Windkraft dazu beitragen kann, und fordert aus dem Grund den Ausbau der erneuerbaren Energien. Deswegen ist der Ausbau der erneuerbaren Energien in Rheinland-Pfalz auch eine Standortfrage. Man kann es auch so formulieren: ohne Windkraft kein Wasserstoff.

Wenn Sie das von der AfD verhindern wollen, gefährdet das am Ende den Standort und Arbeitsplätze in RheinlandPfalz. Abgesehen davon werden damit natürlich auch nicht die Klimaziele erreicht.

Der zweite Punkt Ihres Antrags beinhaltet die Aufforderung an die Landesregierung, den Landschaftsschutz so zu ändern, dass – ich zitiere – „derartige Fehlinterpretationen“ nicht mehr möglich seien. Mit „derartigen Fehlinterpretationen“ ist das Ergebnis des Urteils des Oberverwaltungsgerichts Koblenz gemeint. Ich muss hier feststellen, es ist eine unverfrorene Urteilsschelte , die Sie da betreiben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP – Abg. Joachim Paul, AfD: Die Justiz steht doch nicht außerhalb der Kritik!)

Es ist eine unverfrorene Urteilsschelte; denn Sie werfen dem Oberverwaltungsgericht vor, dass es eine „derartige Fehlinterpretation“ in seinem Urteil vorgenommen habe.

Schauen wir uns konkret an, was der Erste Senat des Oberverwaltungsgerichts Koblenz am 6. Juni 2019 entschieden hat. Er hat sich intensiv mit dem konkreten Antrag des Baus von drei Windenergieanlagen und mit den Auswirkungen auf die Landschaft befasst. Diese Anlagen sollten außerhalb des Rahmenbereichs des Welterbes Oberes Mittelrheintal stehen. Das Gericht kam zu der Überzeugung, dass die öffentlichen Belange, die in § 35 Baugesetzbuch genannt sind, nicht beeinträchtigt sind, und hat insbesondere nach einem Gerichtstermin mit entsprechender Visualisierung festgestellt, dass von keiner verunstaltenden Wirkung der geplanten Anlage auf das Landschaftsbild ausgegangen werden kann.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Die wohnen nicht da!)

Das Gericht hat weiter ausgeführt, dass es keine Anhaltspunkte für eine besondere Beeinträchtigung erkennen kann, die auch unter Berücksichtigung der gesetzlichen Privilegierung zu einer Unzulässigkeit der Anlagen führen könnte. Schließlich hat das Gericht auch keinen Verstoß gegen die Landesverordnung über das Landschaftsschutzgebiet Bingen bis Koblenz festgestellt.

Vor dem Hintergrund gibt es überhaupt keinen Grund, hier Veränderungen vorzunehmen. Das gilt auch mit Blick auf das Welterbe; denn wir als Land schützen das UNESCOWelterbe, indem es zum einen im Landesentwicklungsprogramm (LEP) IV selbst im Kern- und im Rahmenbereich des Weltkulturerbes gar nicht möglich ist, Windkraftanlagen

zu bauen. Dort ist die Privilegierung aufgehoben. Außerdem kommen das Land außerhalb des Rahmenbereichs und die zuständigen Behörden selbstverständlich ihren Verpflichtungen der UNESCO nach und berücksichtigen die geltenden fachgesetzlichen Anforderungen im Natur- und Artenschutzrecht, im Denkmalschutzrecht und im Schutz des Orts- und Landschaftsbildes.

Das Gericht hat all das geprüft und keinen Verstoß gegen eine der genannten Vorschriften festgestellt. Deshalb sind die Anlagen inzwischen auch genehmigt worden.

Kurz gesagt: Es gibt keinen Grund, irgendetwas zu ändern, und allen Grund, den Antrag der AfD zurückzuweisen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Wir kommen damit zur Abstimmung über den Antrag – Drucksache 17/11119 –. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Danke schön. Für Enthaltungen kein Raum. Damit stelle ich fest, dass der Antrag mit den Stimmen der SPD, der CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der AfD abgelehnt ist.

Ich rufe Punkt 27 der Tagesordnung auf:

Institutionelle Förderung audiovisueller Medien ermöglichen – Film- und Games-Förderung im Land aufbauen Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 17/11451 –

Es ist eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart. Für die antragstellende Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Joachim Paul das Wort.

Sehr verehrtes Präsidium, liebe Kollegen! Rheinland-Pfalz setzt auf Gamer – so lautet der Titel eines Beitrags auf der Seite des Wirtschaftsministeriums. In diesem Beitrag heißt es unter anderem – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidiums –: Rheinland-Pfalz hat die Bedeutung der Spieleentwickler erkannt und fördert die Branche. – Diese Aussage lässt einen staunend zurück. So berichtet das Fachmagazin GamesWirtschaft, dass Rheinland-Pfalz, nachdem Hamburg die Förderung für das Jahr 2020 wieder aufgenommen hat, eines von nur vier Bundesländern sei, das die GamesBranche nicht finanziell fördere.

Auf die Große Anfrage unser Fraktion, ob die Landesregierung ein landeseigenes Förderprogramm für notwendig halte, gab es auf unsere Anfrage keine Antwort. Es gibt also keine Förderung – keine institutionelle, keine sinnvolle, keine punktgenaue Förderung der Games-Wirtschaft in Rheinland-Pfalz.

Unternehmen aus der Games-Branche können zwar wie andere Unternehmen auch an der allgemeinen Wirtschaftsförderung der Investitions- und Strukturbank (ISB) partizipieren, eine Förderung der gesamten Branche, einer Zukunftsbranche, stellen wir uns aber anders vor.

Ähnliches gilt für die Filmwirtschaft. Obwohl im Koalitionsvertrag noch von dem Aufbau einer Filmförderung die Rede war, findet sich im Handeln der Landesregierung keine einzige Initiative. Laut Aussage des Filmemachers Alexander Griesser ist Rheinland-Pfalz sogar das einzige Bundesland, in dem es keine institutionalisierte Filmförderung gibt.

Das hat gravierende Folgen. Selbst der SWR findet laut Aussage des Unternehmenssprechers Wolfgang Utz für Produktionen im fiktionalen Bereich kaum Produzenten in Rheinland-Pfalz, weil viele Filmemacher das Land aufgrund der mangelnden Fördermöglichkeiten längst verlassen haben. Eine explizite Förderung audiovisueller Medien findet im Land weder in Bezug auf die Film- noch auf die GamesBranche statt. Rheinland-Pfalz ist dort abgeschlagen.

Dabei birgt Rheinland-Pfalz für beide Branchen großes Potenzial, sei es die bewegte Historie unseres Landes, seine Landschaften, die sich für Filme und Filmemacher geradezu anbieten, und die Hochschullandschaft für die GamesBranche. Da muss ich Sie einmal loben. Da sind Fundamente gelegt worden. Wie es geht, hat Edgar Reitz mit seiner Heimat-Triologie im Bereich Film eindrucksvoll bewiesen. Doch auch für die Games-Branche bietet das Land ähnlich gute Ausgangsvoraussetzungen.

In einer Befragung der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft gaben Unternehmen der Games-Branche an, dass vorhandenes Fachpersonal einer der wichtigsten Standortfaktoren für sie sei. In Rheinland-Pfalz werden diese Fachkräfte an insgesamt fünf Hochschulstandorten ausgebildet. Für diese Fachkräfte gibt es im Land allerdings nur wenige Arbeitsplätze. Laut Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage sind nur 16 der bundesweit über 600 Unternehmen in Rheinland-Pfalz ansässig, also eine geringe Anzahl. Daten zu den genauen Beschäftigungszahlen stünden allerdings nicht zur Verfügung.

Wir bilden in Rheinland-Pfalz also Fachkräfte für andere Bundesländer und für das Ausland aus und lassen damit ein großes Potenzial im Lande weiterhin ungenutzt. Doch wie können wir Rheinland-Pfalz zu einem wirklich attraktiven Standort für die Branche machen? Schauen wir uns an, welche Faktoren – abgesehen von den Fachkräften – die Standortauswahl von Unternehmen beeinflussen.

Unternehmen nennen insbesondere die Kosten für Miete, Personal, Lebenshaltungskosten, Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung, Lebensqualität, die finanzielle Ausstattung durch eine Landesförderung und die vorhandene tägliche Infrastruktur als entscheidende Faktoren. Finanzielle Ausstattung, tägliche Infrastruktur – da muss Rheinland-Pfalz insbesondere im Bereich der digitalen Infrastruktur noch deutlich besser werden, um nicht den Anschluss zu verlieren. Rheinland-Pfalz konkurriert hier nicht nur mit den

innerdeutschen Spitzenstandorten wie Berlin, München und Frankfurt, sondern auch mit internationalen Konkurrenten. Wir müssen nicht einmal von Japan, Kanada oder den USA reden.

Europäisches Musterbeispiel – Ausrufezeichen – für den Umgang mit der Games-Branche, für eine sinnvolle Förderung, die Erträge bringt, ist unser Nachbar Polen. Die ca. 400 dort ansässigen Entwicklerstudios haben einen kumulierten Marktwert von sage und schreibe 7,5 Milliarden Euro. Das ist ein riesiges Wirtschaftspotenzial, an dem Innovationen und Arbeitsplätze hängen.

Diese Studios haben Polen zum viertgrößten GamesExporteur der Welt mit einem Marktanteil von fast 7 % gemacht. Damit liegt der Anteil polnischer Spiele am internationalen Markt deutlich über dem Anteil deutscher Produktionen am innerdeutschen Markt. Dieser lag zuletzt bei enttäuschenden 4 %. Das heißt, wir haben einen riesigen Markt, aber den Umsatz teilen sich eben Produzenten anderer Länder auf. Das kann so nicht mehr weitergehen.

Der Erfolg gelang Polen auch dank einer staatlichen Förderung, insbesondere einer staatlichen Förderung. Das Studio „CD-Projekt“, das hauptverantwortlich für den Erfolg Polens auf dem internationalen Markt sein dürfte, erhielt für sein jüngstes Projekt mehr als 7 Millionen Euro vom polnischen Staat. Innerhalb der letzten fünf Jahre – das ist der Ertrag – stieg die Aktie des Unternehmens um 1.750 %. So geht Games-Förderung. So geht zeitgemäße Games- und Wirtschaftsförderung.

Ich appelliere an Sie: Stimmen Sie unserem Antrag zu, und lassen Sie uns Rheinland-Pfalz zu einem Games-Standort machen, der diesen Namen tatsächlich auch verdient.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)