Auch wir halten den Ausbau der Erstaufnahmeeinrichtungen von derzeit 2.000 auf mehr als 4.000 Plätze für dringend erforderlich, damit Flüchtlinge und Asylbewerber bis zur maximal zulässigen Zeit von drei Monaten in den Einrichtungen verbleiben können. Gleichzeitig muss das Personal des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, genannt BAMF – durch den Bund wurden 2.000 zusätzliche Stellen angekündigt –, erheblich aufgestockt werden, damit die Asylverfahren noch während des Aufenthalts in Erstaufnahmeeinrichtungen abgeschlossen werden können.
In strittigen Verfahren muss das zuständige Verwaltungsgericht personell in der Lage sein, kurzfristig zu einer abschließenden Entscheidung zu kommen. Damit könnte eine der wichtigsten Forderungen der Kommunen aus unserem ersten Flüchtlingsgipfel erfüllt werden, nämlich dass keine Asylbewerber und Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive den Kommunen zugewiesen werden.
Anhand der Anerkennungsquoten der Asylbewerber aus den westlichen Balkanstaaten müssten dann die Kommunen weniger als die Hälfte der Menschen unterbringen und betreuen. Die Sprach- und Integrationskurse könnten für die Menschen mit Bleibeperspektiven zielgerichteter angeboten werden, und die Integration würde schneller und besser gelingen.
Neben der sozialen Integration legten wir bei unserem zweiten Flüchtlingsgipfel im Juni den Schwerpunkt auf die Integration in Arbeit und auf den Spracherwerb. An erster Stelle steht der Erwerb der deutschen Sprache. Erst mit dem Erlernen der Sprache werden die Teilhabe an gesellschaftlichen Abläufen, die Teilnahme am Alltag, aber auch eine selbstbestimmte Lebensführung ermöglicht. Gleichzeitig ist die Sprache die Voraussetzung für eine erfolgreiche Eingliederung in Ausbildung und Arbeit.
Viel zu lange hat die Landesregierung gezögert, in den Erstaufnahmeeinrichtungen die berufliche Qualifikation der Asylbewerber festzustellen und mit deren Einverständnis auch weiterzuleiten. Dabei muss die Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen beschleunigt werden, und Asylsuchende in Ausbildung müssen Rechtssicherheit hinsichtlich ihres Aufenthaltsstatus für die Dauer ihrer Ausbildung erhalten.
Gerade im Hinblick auf die gesellschaftliche Integration ist das bürgerschaftliche Engagement unverzichtbar. Auch wir danken deshalb den vielfältigen Initiativen und Flüchtlingshelfern sehr herzlich für ihren großen Einsatz. Ihr Engagement muss jedoch durch Fortbildungen und ei
ne angemessene Landesunterstützung flankiert werden. Auch hier hinkt die Landesregierung immer noch hinterher.
Die von Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen der regierungstragenden Fraktionen, geforderte Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes und die damit einhergehende Eingliederung aller Asylbegehrenden ab dem Tag ihrer Ankunft in die bestehenden Sozialsysteme und damit auch mit dem Zugang zum vollem Leistungskatalog unseres Gesundheitssystems lehnen wir ab.
Das Asylbewerberleistungsgesetz wurde beim sogenannten Asylkompromiss Anfang der 90er-Jahre geschaffen. Mit dem Asylbewerberleistungsgesetz sollen Fehlanreize für Asylsuchende aus sicheren Herkunftsstaaten vermieden werden. Mit einer Beschleunigung des Asylverfahrens wird das Asylbewerberleistungsgesetz zunehmend an Relevanz verlieren, da mit der Anerkennung als Asylberechtigter oder Flüchtling die Eingliederung in die Sozialsysteme einhergeht.
Die weiteren in Ihrem Antrag geforderten Maßnahmen greifen eine Vielzahl der Vorschläge aus unseren Flüchtlingsgipfeln im Januar und im Juni auf.
Neben der großen Anzahl der Teilnehmenden unterstreicht dies, wie wichtig es war, diese Flüchtlingsgipfel durchzuführen.
Auch wenn Sie dafür bis heute keine Veranlassung sehen, wir, die CDU-Landtagsfraktion, sind die Taktgeber in der Flüchtlingspolitik in Rheinland-Pfalz und werden es gerne – Herr Schweitzer – und gerade im Interesse der Flüchtlinge auch zukünftig bleiben.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Da muss ich jetzt auch schmunzeln, dass die CDU-Fraktion an dieser Stelle Taktgeber sein soll. Von was, seit wann? – Also das ist mir wirklich neu, und das habe ich in den letzten vier Jahren an keinem einzigen Tag so wahrgenommen, meine Damen und Herren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, unsere Überschrift des Antrags lautet: „Verantwortung zwischen Bund, Ländern und Kommunen fair verteilen.“ Fair ist da das
Stichwort. Es geht darum, sich anzuschauen, wie man diese große Herausforderung gut stemmen kann, von den einzelnen politischen Ebenen gut organisieren kann. Da fällt natürlich auf, dass der Bund an der einen oder anderen Stelle seine Hausaufgabe noch machen muss.
Nun wundert es wenig, wenn die Opposition einen Alternativantrag einbringt, bei dem von vorne bis hinten durchdekliniert ist, dass natürlich das Land an der einen oder anderen Stelle oder eigentlich überall schuld sein soll.
Da haben Sie sich zum Teil zu wenig Mühe gemacht, einmal nachzuschauen, ob das wirklich so ist, meine Damen und Herren.
Ich kann einen Spiegelstrich bei den Forderungen herausgreifen. Ich zitiere daraus: „– sich dafür einzusetzen, dass Asylsuchende in einem Ausbildungsverhältnis ein Bleiberecht erhalten, das sich um zwei Jahre verlängern kann, wenn sie bei guten Leistungen übernommen werden;“
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Innenausschuss des Bundestages hat diese Woche getagt, und der Bundesinnenminister hat einen Gesetzentwurf vorgestellt, der genau das Gegenteil besagt.
Gesagt sei, dass Rheinland-Pfalz mit der rot-grünen Landesregierung genau an diesem Punkt bereits alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpft, die uns als Bundesland zur Verfügung stehen.
Wenn Sie das fordern, dann wenden Sie sich bitte an das Bundesinnenministerium, und sorgen Sie endlich dafür, dass sich im Sinne der Flüchtlinge und der rheinlandpfälzischen Wirtschaft etwas ändert.
Zugleich hatten Sie gesagt, dass Sie gegen eine Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes sind. Das wundert mich wenig; denn es ist eine alte Forderung. Das finde ich das perfide an der Argumentation, weil bei Ihnen unterschwellig immer mitschwingt, dass die Menschen, die hierherkommen, aufgrund der Sozialleistungen kommen würden.
Meine Damen und Herren, da muss ich schon sagen, wenn man sich die Situation in Syrien, in Afghanistan, in Somalia und in Eritrea anschaut – Sie wissen, dass das Land mit den meisten Flüchtlingen Syrien ist; aus diesem Land kommen die meisten Flüchtlinge – und Sie sagen, dass Sie das Asylbewerberleistungsgesetz nicht abschaffen wollen, weil die Menschen wegen der Sozialleistungen hierher kommen, dann ist das ein unhaltbarer Vorwurf, meine Damen und Herren. Das kann ich so nicht stehen lassen.
Die Menschen, die in Not sind und Schutz und Hilfe suchen und nach Rheinland-Pfalz kommen, sollen die gleichen gesundheitlichen Versorgungsmaßnahmen erfahren wie alle anderen Menschen auch. Deswegen ist es richtig, die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes zu fordern, damit die Menschen endlich in den Leistungskatalog der Sozialgesetzbücher fallen.
Lassen Sie mich noch einen weiteren Punkt aufgreifen, der in Ihrem Antrag unterschwellig zutage tritt und den ich sehr problematisch finde. Lassen Sie mich auch erklären, warum ich ihn problematisch finde: Die Einteilung von Flüchtlingen in erster und zweiter Klasse.
Das ist etwas sehr Gefährliches. Es ist so, dass wir die Kapazitäten der Erstaufnahmeeinrichtungen ausbauen müssen. Das tun wir bereits. Wir werden Ende des Jahres 4.000 Plätze haben.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist gerade dabei, seine Hausaufgaben zu erledigen und im vierstelligen Bereich Personal aufzustocken. Dann werden die Asylanträge endlich schneller bearbeitet werden können. Das ist auch eine Forderung von uns; denn das hilft den Menschen, die die Asylanträge stellen.
Meine Damen und Herren, eines muss ich sagen: So lange sich die Menschen im Asylverfahren befinden, wenn jemand einen Asylantrag gestellt hat, dann sind alle Menschen in dem Moment gleich zu behandeln. Es darf keine Unterscheidung in Flüchtlinge erster und zweiter Klasse geben bei den Menschen, die einen Asylantrag hier in Deutschland stellen, meine Damen und Herren.
Ein letzter Punkt, der mir auch sehr wichtig ist. Ich bin sehr viel im Land unterwegs und in Gesprächen mit Ehrenamtlichen, die sich in der Flüchtlingsarbeit engagieren.
Ich weiß, dass diese Menschen Unermessliches leisten und es wichtig ist, dass wir sie unterstützen. Deswegen ist es wichtig, dass das Land seit 1. Juni eine Stelle eingerichtet hat, die sich ganz konkret zur Vernetzung und Koordinierung der Ehrenamtsarbeit in Rheinland-Pfalz einbringt.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Aufnahme, Unterbringung, die Versorgung und die Integration der Flüchtlinge in Rheinland-Pfalz ist eine große gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Sie verlangt von allen Akteuren viel.
Ich bedanke mich bei allen Beteiligten ganz herzlich, bei den Kommunen, den Verbänden, den Kirchen, aber vor allem bei den vielen freiwilligen Helferinnen und Helfern, die zum Beispiel Flüchtlinge bei Behördengängen begleiten, ihnen bei der Integration in ein neues Wohnumfeld helfen oder ihnen Fahrräder, Kleidung oder Möbel spenden.
Die Aufnahme, Unterbringung, Versorgung und Integration der Flüchtlinge wird uns auch weiterhin beschäftigen. Der aktuelle Bericht des Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen hat die weltweite Flüchtlingszahl jetzt sogar auf 60 Millionen Menschen hochgestuft, und die Hälfte davon sind Kinder.