Protocol of the Session on May 27, 2015

Ganz bewusst hat der Gesetzgeber keine Liste über schwerwiegende Erbkrankheiten erstellt, sondern diese Ethikkommission eingesetzt, die sich ganz individuell mit dem Paar, den Erbkrankheiten und den Auswirkungen befasst. Betroffene Paare sind nur nach intensiver psychologischer und medizinischer Begleitung zum Verfahren zugelassen.

Eine weitere Einschränkung besteht darin, dass nur an ganz besonderen zertifizierten Kinderwunschzentren diese PID angeboten werden darf.

Meine Damen und Herren, es handelt sich um ein langes parlamentarisches Verfahren. Bislang haben Eltern erst erkannt, wenn sie ein solches schwerstkrankes Kind bekommen haben, dass sie Träger einer solchen Erbinformation sind. Wenn die Schwangerschaft eingetreten ist, haben diese Eltern die Möglichkeit gehabt, sich für das Kind oder im Laufe der Schwangerschaft aus medizinisch indizierten Gründen gegen das Kind zu entscheiden. Das ist unglaublich schwierig für die Eltern, und man möchte das keinem werdenden Elternpaar zumuten.

Damit ich richtig verstanden werde, jeder Mensch hat das Recht auf Leben, aber diese Eltern haben auch ein Recht auf Selbstbestimmung.

Mit der heutigen abschließenden Beratung hat das Parlament einen langen Weg hinter sich. Die Grundlage ist das Embryonenschutzgesetz von 1990. Nachdem es auf Bundesebene im November 2011 entsprechende Änderungen gab, sind wir heute so weit, mit dem Staatsvertrag die entscheidenden Weichen zu stellen.

Die Zusammensetzung der Ethikkommission möchte ich ganz kurz im Parlament vorstellen. Ihr gehören acht Mitglie

der an. Jedes Mitglied wird für die Dauer von fünf Jahren berufen und hat einen entsprechenden Stellvertreter.

Mitglieder sind ein Humangenetiker, ein Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, ein Pädiater, ein ärztlicher Psychotherapeut, ein Sachverständiger für Ethik, ein Sachverständiger für Recht, ein Vertreter Patienteninteressen und ein Vertreter der Selbsthilfe für Menschen mit Behinderung, also ein wirklich ausgewogenes Gremium.

Kosten entstehen keine, die Ethikkommission wird sich durch die Gebühren finanzieren.

Meine Damen und Herren, es ist keine große Fallzahl, die wir heute mit diesem Staatsvertrag mit der Landesgesetzgebung besprechen, aber es hilft diesen betroffenen Menschen, ihren Kindern ein eventuell schlimmes Leid zu ersparen.

Wir schließen uns dem Gesetzentwurf zu dem Staatsvertrag an, und ich bitte um Zustimmung des Parlaments.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Dr. Enders das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Deutsche Bundestag hat mit Mehrheit die rechtlichen Voraussetzungen für PID geschaffen. Wir als Landesgesetzgeber, unabhängig davon, ob wir zu PID eine liberale oder wie ich eine konservative Einstellung haben, sind in der Verantwortung, mit diesem demokratischen Beschluss entsprechend umzugehen und die Voraussetzungen zu schaffen, damit das Gesetz auch hier in Rheinland-Pfalz angewendet werden kann.

Am 30. Juli letzten Jahres hat die Landesregierung den Staatsvertrag unterschrieben, einen Staatsvertrag – darauf möchte ich den Fokus legen – zur gemeinsamen Einrichtung einer Ethikkommission für PID bei der Landesärztekammer in Baden-Württemberg. Man hat bewusst den Zusammenschluss mit Baden-Württemberg gewählt, weil aufgrund der stringenten Voraussetzungen mit einer geringen Fallzahl in der Zukunft zu rechnen sein wird.

PID ist nur unter sehr engen Bedingungen möglich, wenn aufgrund der genetischen Disposition der Frau, von der die Eizelle stammt, oder des Mannes, von dem die Samenzelle stammt, oder von beiden für deren Nachkommen ein hohes Risiko einer schwerwiegenden Erbkrankheit besteht. – Ich denke, bei dieser Formulierung wird jedem klar, dass die Voraussetzungen sehr eng gefasst worden sind, und das begrüße ich außerordentlich.

Diese Ethikkommission prüft dann für die beteiligten Länder die Anträge nach § 5 der PID-Verordnung. Rechtsgrundlage dafür ist § 3a des Embryonenschutzgesetzes,

der quasi die rechtlichen Voraussetzungen beinhaltet, um diese Prüfung überhaupt durchzuführen.

Unsere Aufgabe als Landtag ist es, mit großer Verantwortung diesem Staatsvertrag zuzustimmen. Wir als CDUFraktion werden dies tun. Das entsprechende Gesetz ist sehr knapp gehalten und besteht letztendlich nur aus drei Paragrafen. In § 1 ist die Zustimmung geregelt, in § 2 findet sich die Änderung des Heilberufsgesetzes, nämlich die Übertragung der Ethikkommission, die ansonsten bei der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz angesiedelt wäre, nach Baden-Württemberg. In § 3 wird schließlich das Inkrafttreten geregelt. – Es ist also ein einfaches und übersichtliches Gesetz.

Frau Anklam-Trapp hat soeben auch die Zusammensetzung der Ethikkommission angesprochen, die in der Tat interdisziplinär geregelt ist. Wichtig ist auch, dass Patientenvertreter mit dabei sind. Fünf Jahre ist eine vernünftige Zeit, um eine solche Kommission ihre Arbeit machen zu lassen und Erfahrungen zu sammeln mit den Anträgen. Auch eine einmalige Wiederbesetzung ist vorgesehen.

Was uns als Landtag und als Sozialpolitischer Ausschuss interessiert, ist der jährliche Bericht, der entsprechend auch im Staatsvertrag fixiert ist und den wir sicherlich jedes Jahr zur Kenntnis nehmen wollen.

Vielen Dank.

(Beifall im Hause)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Dr. Dr. Schmidt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die Präimplantationsdiagnostik – abgekürzt auch PID – wird schon seit Anfang der 90er-Jahre für medizinische Zwecke in Europa eingesetzt. Auf einige wichtige Aspekte sind meine Kolleginnen und Kollegen soeben inhaltlich schon eingegangen, daher möchte ich noch einige andere Aspekte erwähnen, die für uns ebenfalls wichtig sind.

Die medizinisch-diagnostische Methodik wird hauptsächlich in Deutschland zur Erkennung von genetischen Fehlbildungen und hauptsächlich auch zur Erkennung von Todund Fehlgeburten eingesetzt. Auch in anderen europäischen Ländern wird die PID eingesetzt, beispielsweise in Österreich zur Behebung erblich bedingter Unfruchtbarkeit, und zwar nur zu diesem Zweck.

Sie sehen also, in den verschiedensten Ländern sind die Grenzen sehr klar definiert, und nicht ohne Grund hat auch die Gesetzgebung in Deutschland die Anwendung sehr eng begrenzt; denn es geht um die Ethik in der Medizin. Nicht alles, was medizinisch möglich ist, darf auch machbar sein. Es ist wichtig, dass wir gerade in der Gesellschaft sehr kontrovers über dieses Thema diskutieren.

Auch der Deutsche Ärztetag hat 2011 in diesem Sinne über die PID diskutiert und für diesen Bereich seine Zustimmung signalisiert. Die PID soll in den Fällen zur Anwendung kommen, in denen aus früheren Erfahrungen ein hohes Risiko einer genetisch bedingten Fehlbildung existiert. Die Entstehung eines kranken oder behinderten Kindes kann durch dieses Verfahren verhindert werden.

Paaren, bei denen ein erhöhtes Risiko für genetisch bedingte Erkrankungen vorliegt, soll die PID die Möglichkeit bieten, Defekte im Vorfeld zu erkennen und somit späteren Schwangerschaftsabbrüchen vorzubeugen. Gerade für solche Paare ist die Anwendung der PID in den engen Grenzen wichtig und eine Zulassung durch den Bundesgesetzgeber unter den genannten Bedingungen auch richtig.

Die Länder müssen die Verordnung, die Bundesregelung von 2014, nunmehr umsetzen, wie von meinen Kolleginnen und Kollegen bereits erwähnt, und zwar so, dass länderübergreifend eine Zusammenarbeit auf diesem Gebiet möglich ist. Deshalb finden wir, dass die Regelung der PID-Verordnung mit der Einrichtung einer interdisziplinären Ethikkommission mit allen Beteiligten eine gute Voraussetzung für einen verantwortungsvollen bzw. einheitlichen Umgang zur Erreichung einer breiten gesellschaftlichen Akzeptanz ist.

Ein gemeinsames Vorgehen mit den Ländern BadenWürttemberg, Hessen, dem Saarland, den Freistaaten Sachsen und Thüringen finden wir eine gute und sinnvolle Lösung, wodurch eine einheitliche Vorgehensweise sowie Prozesse geregelt werden und ressourcenschonend gearbeitet wird. Deshalb stimmt die Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Staatsvertrag zur gemeinsamen Errichtung einer Ethikkommission bei der Landesärztekammer Baden-Württemberg zu. Es freut mich, dass alle Fraktionen dem Staatsvertrag zustimmen, und danke allen für die gute und konstruktive Zusammenarbeit.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall im Hause)

Für die Landesregierung spricht nun Frau Ministerin Bätzing-Lichtenthäler.

Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Die Präimplantationsdiagnostik ist ein sehr sensibles und auch ein ethisch viel diskutiertes Thema. Deshalb gibt es in Deutschland einen klaren rechtlichen Rahmen, das Embryonenschutzgesetz.

Auf der Grundlage des Embryonenschutzgesetzes sind Eingriffe und Untersuchungen menschlicher embryonaler Zellen grundsätzlich verboten. Straffrei dürfen sie nur in strengen Ausnahmefällen, beispielsweise bei genetischer Vorbelastung, durchgeführt werden, wenn die Gefahr einer schwerwiegenden Erbkrankheit des Kindes oder einer Tot

oder Fehlgeburt aufgrund dieser Erkrankung besteht. Zudem ist die Durchführung der PID nur in sogenannten zugelassenen PID-Zentren zulässig und nur, nachdem eine interdisziplinär zusammengesetzte Ethikkommission auf Antrag der Frau, die die Behandlung wünscht, zugestimmt hat. Diese Festlegungen beruhen auf der Bundesverordnung zur Regelung der PID, die zum 1. Februar 2014 in Kraft getreten ist.

Meine Damen und Herren, die Länder haben nun diese PID-Verordnung umzusetzen und unter anderem eine Ethikkommission für die PID einzurichten. Dabei ist ausdrücklich vorgesehen, dass die Länder sich dabei zusammenschließen können. Somit hat die Landesregierung im vergangenen Jahr nach vorheriger Abstimmung mit der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz gemeinsam mit den Ländern Baden-Württemberg, Hessen, dem Saarland, dem Freistaat Sachsen und dem Freistaat Thüringen einen Staatsvertrag über die gemeinsame Errichtung einer Ethikkommission für die PID bei der Landesärztekammer Baden-Württemberg abgeschlossen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein gemeinsames Vorgehen ist aus unserer Sicht insbesondere mit Blick auf die voraussichtlich überschaubare Zahl von Anträgen sinnvoll, sodass der Aufwand für die Errichtung eigener Ethikkommissionen in den beteiligten Ländern entfällt bzw. konzentriert wird. Ein gemeinsames Vorgehen ist aber insbesondere auch deshalb sinnvoll, weil damit die Entscheidungspraxis in den beteiligten Ländern auch vereinheitlicht wird.

Der Staatsvertrag sieht die Errichtung der Ethikkommission als unselbstständige Einrichtung bei der Landesärztekammer Baden-Württemberg vor und regelt insbesondere Fragen der Zuständigkeit, Zusammensetzung und Struktur der Kommission.

Die Ethik-Kommission wird aus acht Mitgliedern bestehen, wobei vier aus dem ärztlichen Bereich benannt werden, je eines aus dem Bereich Recht und Ethik sowie je eine Patientenvertreterin oder ein Patientenvertreter und eine Vertreterin oder ein Vertreter aus dem Bereich der Selbsthilfe behinderter Menschen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich denke, dass wir gerade im Sinne der betroffenen Frauen und Paare eine gute Lösung gefunden haben. Ich bedanke mich ausdrücklich für die zügige und von allgemeiner Zustimmung geprägte Beratung in den zuständigen Ausschüssen, aber auch heute hier im Landtag im Plenum.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf für ein Landesgesetz zu dem Staatsvertrag über die gemeinsame Errichtung einer Ethikkommission für Präimplantationsdiagnostik bei der Landesärztekammer Baden-Württemberg – Drucksache 16/4898 –. Wer dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen! – Wer stimmt dage

gen? – Stimmenthaltungen? – Somit ist der Gesetzentwurf einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung zustimmen möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben! – Das ist ebenfalls einstimmig. Somit ist das Gesetz einstimmig angenommen.

Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz zu dem Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags über den Südwestrundfunk (SWR-Änderungsstaatsvertrag) Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 16/4911 – Zweite Beratung

dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Medien und Netzpolitik – Drucksache 16/5068 –