Protocol of the Session on April 30, 2015

Die Aktuelle Stunde ist damit beendet.

Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:

…tes Landesgesetz zur Änderung der Verfassung für Rheinland-Pfalz (Änderung der Artikel 82, 83 und 135) Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/4732 – Dritte Beratung

dazu: Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses – Drucksache 16/4946 –

Berichterstatterin ist Frau Raue.

(Bracht, CDU: Ist gestern erfolgt!)

Die Berichterstattung ist gestern erfolgt.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/4732 – in dritter Beratung zustimmen möchte, den bitte ich um Handzeichen! – Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben! – Damit ist der Gesetzentwurf einstimmig angenommen.

Wir brauchen eine Zweidrittelmehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl. Diese haben wir erreicht.

Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:

Landesnaturschutzgesetz (LNatSchG) Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 16/4910 – Erste Beratung

Zur Begründung durch die Landesregierung erteile ich Frau Ministerin Höfken das Wort.

Sehr verehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich sehr, das neue Landesnaturschutzgesetz vorstellen zu dürfen. Warum wird das Landesnaturschutzgesetz novelliert? Es gibt ein neues Bundesnaturschutzgesetz seit 2010. Deswegen wurde eine Anpassung des Gesetzes notwendig. Es ist möglich, landesspezifische Schwerpunkte zu setzen. Das tun wir, und zwar folgende: Ausgleich und Ersatz von Eingriffen durch sogenannte produktionsintegrierte Maßnahmen. Das ist übrigens ein großes Anliegen gerade der Landwirtschaft. Das heißt, Ausgleich und Ersatz, der bei Eingriffen in die Natur erfolgen muss, sollen künftig verstärkt durch naturnahe Bewirtschaftung schon vorhandener Flächen möglich sein.

Damit im Zusammenhang steht ein zweiter Schwerpunkt. Das ist der Schutz von ökologisch wertvollem Grünland. Es geht weiterhin um den Schutz von Schutzgebieten vor gentechnisch veränderten Organismen. Es geht um die Stärkung des Artenschutzes. Es geht um den Naturschutz im besiedelten Bereich. Es geht um den Ausbau der Naturschutzfachdaten und die Stärkung des Ehrenamtes. Es enthält die notwendigen Regelungen, das heißt die notwendigen Zuständigkeits- und Verfahrensregeln sowie die Ausweisung von Natura2000-Gebieten.

Warum wird das erst jetzt geändert? Die CDU hat das groß kritisiert. Es ist auf die Bundesebene zu verweisen; denn, wie Sie vielleicht noch in Erinnerung haben, im Jahr 2011 wurde von dem damaligen Minister Altmaier eine neue Bundeskompensationsverordnung angekündigt, die unser Gesetz sehr berühren würde. Aber sie liegt immer noch nicht vor, sodass wir doch die Landesregelungen umsetzen. Wir können nicht mehr warten, bis sich der Bund bewegt.

Zudem gibt es eine Vorgabe der EU, die auch noch in der Schwebe ist.

Da geht es um die Beteiligung der Naturschutzverbände, bei der die EU kritisiert, dass Deutschland das nicht richtig umgesetzt hat, und außerdem haben sich – auch das wissen Sie – die Vorgaben zur europäischen Agrarreform um eine ganze Zeit verzögert. Darin sind auch Regelungen, die unser Landesnaturschutzgesetz betreffen, zum Beispiel das Greening und die entsprechenden Vorgaben zum Grünlandschutz.

Warum ist gerade der Grünlandschutz so wichtig? In den vergangenen zehn Jahren sind in Rheinland-Pfalz 22.000 Hektar Grünland verschwunden. Dabei ist Grünland nicht nur prägend für unsere Mittelgebirgslandschaften, sondern auch Lebensraum für viele bedrohte Arten. Eines der größten Vorkommen des Braunkehlchens ist im Westerwald. Es wird aber wie viele andere Arten immer seltener. Der Apollofalter an der Mosel findet keine blühenden Wiesen mehr. Die Magerwiesen im Westerwald werden immer weniger. Das Grünland im Mittelrheintal fällt immer mehr brach, und Segelfalter und Smaragdeidechse sind bedroht.

Das Umweltministerium hat aktuell zwei Rote Listen aktualisiert, die das eindeutig belegen. Knapp 50 % der Vogelarten, die in Rheinland-Pfalz brüten, sind demnach gefährdet. Die Rote Liste Schmetterlinge zeigt, dass Zitronenfalter, Kleiner Fuchs oder Admiral immer seltener werden. Das ist schon sehr alarmierend, weil auch die Schmetterlinge Zeigerarten für den Zustand der Ökologie sind.

Wie gehen wir jetzt damit um? Wie wollen wir das Grünland jetzt besser schützen? Das Landesnaturschutzgesetz will Flachlandmähwiesen, Bergmähwiesen und Magerweiden im Außenbereich weit stärker schützen. Eine Umwandlung in Ackerland oder sonstige landwirtschaftliche Nutzung ist nur mit Genehmigung möglich. Dabei setzt das Gesetz aber auf die Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft. Die Landwirte profitieren dabei; denn sie sollen dann auch die Teilnahme an Vertragsnaturschutzprogrammen angeboten bekommen oder Mittel an Ersatzzahlungen bekommen. Das heißt, sie sollen künftig einen Anspruch auf Ausgleich erhalten.

Sie verpflichten sich im Rahmen des Vertragsnaturschutzes, also unserer bewährten Programme, auch zum Erhalt und zur Pflege artenreicher Kulturlandschaften und erhalten dafür ebenfalls Fördermittel. Das Land trägt auch mit der neuen Eingriffsregelung, das heißt anstelle von neuen Kompensationsflächen, zum Grünlandschutz bei. Damit werden zum Beispiel naturnahe Bewirtschaftung von Grünland oder Beweidungsprojekte oder die Bewirtschaftung von Streuobstwiesen unterstützt.

Was ändert sich jetzt an dieser Eingriffsregelung? Das ist die zentrale Vorschrift. Es geht hier um die Verstärkung von produktionsintegrierten Maßnahmen. Das heißt, schon vorhandene Flächen sollen für den Naturschutz aufgewertet werden. Das heißt, naturnahe Grünlandbewirtschaftung und, wie eben erwähnt, Waldumbau, Naturentsiegelung, Streuobstpflege oder auch Ökolandbau sind Bereiche für eine produktionsintegrier

te Aufwertung statt einer zusätzlichen Ausweitung von Flächen.

Auch Ersatzzahlung ist ein wichtiges Thema. Auch hier gibt es eine Änderung. Die Ersatzzahlungen sollen künftig von der Stiftung Natur und Umwelt „verwaltet“ werden. In den ersten drei Jahren sollen sie dort für die Kreise und Regionen zur Verfügung stehen, in denen die Eingriffe vorgenommen worden sind. Nach drei Jahren, wenn dann keine Maßnahme erfolgt ist, kann die Stiftung Natur und Umwelt in Abstimmung mit dem Naturschutzministerium auch Naturschutzmaßnahmen selbst umsetzen, aber dann nach Möglichkeit wieder in der entsprechenden Region, in der der Eingriff passiert ist.

Beim Schutz vor gentechnisch veränderten Organismen geht es um die Schutzgebiete und deren Umkreis. Der Radius orientiert sich an der Flugdistanz von Honigbienen. Auch hier ist der Schutz der genetischen Vielfalt das Leitbild.

Neuregelung im Artenschutz: Für Vogelarten wie Rotmilan, Schwarzstorch, Wanderfalke oder Uhu hat das Land eine besondere Verantwortung. Sie sollen während der Brutzeit nicht gestört werden. Auf ihre Nester soll Rücksicht genommen werden. Hier können je nach Vogelart und Region unterschiedliche Vereinbarungen mit Bewirtschaftern, dem Forst und der Landwirtschaft, getroffen werden. Das wird in anderen Bereichen – wie bereits mit der Abbauwirtschaft – erfolgreich praktiziert.

Bestimmte Arten Fledermäuse sind zum Beispiel in älteren Gebäuden beheimatet. Damit diese Vorkommen bei Baumaßnahmen oder Abrissen nicht beschädigt werden, sollen künftig Gebäude vor Durchführung einer Baumaßnahme auf Vorkommen untersucht werden, um Möglichkeiten zu finden, die Tiere zum Beispiel umzusiedeln.

Eine andere Neuregelung betrifft das Halten von besonders geschützten Tieren, insbesondere von Arten, die für die Menschen gefährlich werden können. Zukünftig werden Anforderungen an die Fachkunde der Halterinnen und Halter gestellt und ein Versicherungsnachweis gefordert.

Auch im besiedelten Bereich wird etwas getan. Da gilt auch die Eingriffsregelung. Das heißt, die Maßnahmen zum Ausgleich oder Ersatz von Eingriffen werden auf Flächen gelenkt, für die Landschaftspläne oder Grünordnungspläne bestehen; denn auch die Kommunen sind verpflichtet, ausreichende Grünflächen einschließlich Erholungs- und Spielräumen zu schaffen und zu erhalten.

Dann wollen wir das Landschaftsinformationssystem stärken. Das hört sich so nebensächlich an, ist aber schon ziemlich relevant; denn es werden sehr viele Daten erhoben, einerseits hier von den oberen Behörden die Naturschutzfachdaten des Landes, Daten zu Schutzgebieten, Tier- und Pflanzenarten. Es ist eine wichtige Grundlage für die Arbeit der Naturschutzbehörden. Aber das Landesnaturschutzgesetz will nun Behörden – das heißt auch die kommunalen – verpflichten, wiederum auch ihre vorhandenen Daten in LANIS einzu

speisen. Das heißt, damit profitieren dann Antragsteller, Umweltverbände, aber auch die Behörden selbst, weil Verfahren qualitativ besser aufgestellt sein können und sie hoffentlich auch schneller durchgeführt werden können.

Dann wird zum Schluss noch Ehrenamt und Beteiligung gestärkt. Das heißt, das neue Landesnaturschutzgesetz will mehr Mitwirkungsmöglichkeiten der Naturschutzverbände verankern, als im Bundesnaturschutzgesetz vorgesehen sind. Sie sollen bei Ausnahmeentscheidungen im Rahmen von FFH und Vogelschutzverträglichkeitsprüfungen und bei der Erstellung von Natura-2000Bewirtschaftungsplänen mitwirken. Auch die Beteiligung und Verbindlichkeit der Arbeit der Naturschutzbeiträte wird erweitert. Ich freue mich auf die Diskussion.

Danke.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Das Wort hat Herr Kollege Schmitt von der CDUFraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man in der letzten Zeit die Presse beobachtet, dann sieht man unsere Ministerpräsidentin des Öfteren mit den Präsidenten der Bauern- und Winzerverbände und den Vertretern der Landwirtschaftskammern. Wenn man die Pressemitteilungen unserer Ministerin und des Staatssekretärs liest, dann meint man, die Leistungen der Landwirtschaft hätten wirklich noch einen wichtigen Grad bei uns in Rheinland-Pfalz.

Wenn man dann eben die Reden von Herrn Kollegen Wehner und Herrn Kollegen Johnen hört, dann könnte man meinen, die Landwirtschaft hat noch einen Stellenwert bei dieser Landesregierung.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Haller, SPD: So ist es auch!)

Liest man aber dieses Gesetz, dann merkt man ganz klar und deutlich das tiefe Misstrauen, das diese Landesregierung gegen die Landwirtschaft, gegen den Weinbau und gegen die Forstleute hat.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Seekatz, CDU: So ist das!)

Die Ministerin sagt jetzt, es dauert fünf Jahre seit der Umsetzung des Bundesnaturschutzgesetzes, und führt viele Gründe an, hauptsächlich sei das vom Bund begründet. Wenn man das Gesetz aber liest, dann weiß man, warum es so lange gedauert hat. Sie hat wesentliche Verschärfungen zum Bundesnaturschutzgesetz eingebracht. Diese Einbringung hat wahrscheinlich gedauert, bis sie mit allen Naturschutzverbänden einig war. Das hat diese fünf Jahre gedauert, die es so lange gebraucht hat.

Man vermisst ganz klar und deutlich, wenn man dieses Gesetz liest, wieder einmal die Betrachtung aus der Sicht der Landwirtschaft. Die Landwirtschaft wird außen vor gelassen. Ich sage es laut und deutlich, für die CDU ist es so, dass es ohne die Einbeziehung der Landwirtschaft keinen vernünftigen Umweltschutz, den wir alle brauchen, geben wird.

(Beifall der CDU)

Wenn man das Gesetz jetzt liest, dann wird nur noch verschärft, gegängelt, verboten und kontrolliert. Beim ersten Lesen habe ich allerdings noch gedacht, endlich hat die Landesregierung doch ein bisschen Einsehen und gibt der Landwirtschaft wieder einen Stellenwert. Bewirtschaftung und Pflege sollten als Kompensationsmaßnahmen aufgenommen werden, eine Forderung der CDU, die im letzten Jahr hier im Plenum noch von RotGrün abgelehnt wurde, jetzt aber dann im Gesetzentwurf steht. Aber ein Satz später wird das in fünf Punkten so eingeschränkt, dass von der Kompensationsmaßnahme Bewirtschaftung und Pflege nichts mehr übrig bleibt.

Beim zweiten Thema hat mich doch die verbindliche Einführung von Ersatzgeldern bei der Pflege von Magerwiesen ein bisschen hoffnungsvoll gestimmt. Das ist allerdings ein bisschen unkonkret gefasst. Wer bezahlt? Wie hoch sind die Zahlungen?

Ich habe gedacht, jetzt bringt endlich die Frau Ministerin die Dinge, die sie immer sagt, nämlich für öffentliche Leistungen gibt es öffentliches Geld, und die Landwirtschaft wird einmal unterstützt. Wenn man aber noch einmal in den vorhergehenden Paragrafen schaut – ich glaube, es ist der § 15 –, werden dort alle Magerwie- sen – egal ob am Berg oder im Flachland – unter Biotopschutz gestellt. Das macht in Rheinland-Pfalz 17.000 Hektar landwirtschaftliche Fläche aus. Frau Ministerin, das ist völlig überzogen.

(Beifall der CDU)

Hierüber müssen wir im Beratungsverfahren noch einmal reden.

Die Eingriffsmöglichkeiten bei Brachflächen haben auch Charme, wenn man das liest, damit man da endlich etwas machen kann, aber wir kennen das aus dem Weinbau mit den vielen Drieschen, die den benachbarten Bewirtschaftern immer Probleme bereiten. Bei der Drieschen-Verordnung hatten wir das auch schon, aber durchgesetzt wurde da nichts.

Andere Positionen im Gesetz sehen wir als hoch problematisch an. Sie zeigen, dass noch viel Beratungsbedarf vor einer endgültigen Fassung vorhanden ist.