Protocol of the Session on March 18, 2015

Wir haben nämlich vor, an zehn Standorten das Berufsvorbereitungsjahr Inklusion mit folgender Ausstattung zu machen: 20 Lehrerwochenstunden pro BVJ-Inklusionsklasse, bis zu vier Schülerinnen und Schüler sollen diese Inklusionsklassen mit dem Förderschwerpunkt ganzheit

liche Entwicklung besuchen können. Das ist die Obergrenze. Die Klassenmesszahl von 16 Schülerinnen und Schülern, die wir derzeit im BVJ haben, kann dann um vier reduziert werden.

Das ist das Konzept, das wir mit berufsbildenden Schulen diskutiert haben. Ich habe es dem Hauptpersonalrat BBS am 11. Februar 2015 vorgestellt und mit ihm erörtert. Ich habe es ihm vorgestellt, es ist nicht mitbestimmungspflichtig. Ich habe sie darüber informiert. Der Hauptpersonalrat BBS hat sich bedankt, sowohl über die sächliche Ausstattung, die Ressourcenausstattung, als auch über die konzeptionelle Entwicklung, weil wir – das sagte ich gerade – Erfahrungen, die es schon gibt, aufgegriffen haben und jetzt in das Konzept BVJ Inklusion überführen und weiterentwickeln werden.

Start dieses Projektes an zehn Standorten, die jetzt ausgewählt werden, ist das nächste Schuljahr. Das bringt mich zum Fazit. Wir haben in der ganzen Inklusionsdebatte, die wir schon seit ein paar Jahren im Landtag führen, immer die Haltung eingenommen, dass es richtig ist, Wege der schulischen Inklusion zu gestalten. Wir machen das bei den allgemeinbildenden Schulen und jetzt, auch dank des Antrages der Regierungsfraktion, verstärkt und gezielt bei den berufsbildenden Schulen.

Wir haben immer versucht, Wege zu gestalten, mit Erfolg. Man muss immer auch weiterentwickeln. Der Unterschied zu Ihnen ist der, dass bei Ihnen immer Bedingungen gesucht werden, warum Dinge nicht gehen.

(Pörksen, SPD: Richtig!)

Das ist auch die Debatte heute. Ich bitte Sie herzlich, auch im Interesse unserer berufsbildenden Schulen: Schauen Sie sich das Modellprojekt an. Setzen Sie sich fachlich damit auseinander. Hören Sie einmal in die Basis hinein, was BBS-Lehrkräfte sagen, auch ihre Verbandsvertreter. – Sie finden diesen Weg gut. Den gehen wir jetzt mit den berufsbildenden Schulen. Das ist ein strukturierter Einstieg. Mit Sicherheit werden weitere Wege folgen, weil wir unsere berufsbildenden Schulen bei der wichtigen Aufgabe der Inklusion unterstützen wollen, weil sie bislang schon so hervorragende Arbeit geleistet haben.

(Pörksen, SPD: Sehr gut!)

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall der SPD und bei dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Wir kommen daher zur Abstimmung. Es ist beantragt, dass wir über den Antrag unmittelbar abstimmen.

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/4738 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Wer stimmt dagegen? – Der Antrag ist mit den

Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Alternativantrag. Wer dem Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/4764 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Wer stimmt dagegen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.

Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:

Entwicklung der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen in Rheinland-Pfalz

Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU und der Antwort der Landesregierung

auf Antrag der Fraktion der CDU

Drucksachen 16/4235/4432/4703 –

Zwischen den Fraktionen ist eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart worden. Frau Kollegin Wieland von der CDU-Fraktion hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir bleiben im weitesten Sinne beim Thema Inklusion. Es geht um die Eingliederungshilfe. Dort sind wir uns in einem Punkt einig: Wir alle wollen, dass Menschen mit Behinderungen an der Gesellschaft teilhaben können. Um dies zu ermöglichen, gibt es die Eingliederungshilfe.

Mehr als 30.000 Menschen in Rheinland-Pfalz mit Behinderungen erhalten durch sie Unterstützung, um die Folgen einer Behinderung zu mildern, aber vor allem, um ihnen die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern.

Die damit finanzierten Maßnahmen ermöglichen zum Beispiel die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer Tätigkeit und helfen, unabhängig zu leben.

Diese wichtige Aufgabe ist uns einiges wert, im ideellen, aber auch im monetären Sinn.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Es geht pro Jahr immerhin um 800 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt. Seit Jahren steigen diese Kosten der Eingliederungshilfe stetig bundesweit, aber besonders in Rheinland-Pfalz. Nur wenn wir die Eingliederungshilfe nachhaltig gestalten, wird ihre Leistungsfähigkeit auch künftig gewährleistet sein.

Deshalb haben wir die Landesregierung in einer Großen Anfrage gefragt, wie die Kostenentwicklung im Land, das heißt, für den Landeshaushalt und die kommunalen Haushalte, ist. Wir wollten außerdem wissen, wie sie diese Entwicklung beurteilt, welche Handlungsfelder und Konzepte sie sieht und welche Maßnahmen für diese wichtige landespolitische Aufgabe in Planung sind.

(Beifall bei der CDU)

In der Antwort wird vor allem auf den Paradigmenwechsel in der Politik für Menschen mit Behinderungen hingewiesen. Es geht um den bekannten Grundsatz „ambulant vor stationär“. Es geht darum, die Unterstützungsleistungen in allen Bereichen künftig noch stärker am individuellen Bedürfnis der Menschen zu orientieren. Das ist ein richtiger und wichtiger Grundsatz.

Ein solcher Wechsel der Grundlagen muss aber umsichtig geplant und gesteuert werden. Dazu gehört auch, dass die Finanzierbarkeit gesichert werden muss.

(Beifall bei der CDU)

Die Ausgaben des Landes haben sich von 537 Millionen Euro im Jahr 2004 auf 784 Millionen Euro im Jahr 2013 erhöht, von einer guten halben Milliarde Euro auf eine dreiviertel Milliarde Euro. Für die Zukunft rechnet auch die Landesregierung mit einem weiteren Kostenanstieg, allein dadurch begründet, dass die Zahl der Menschen mit Behinderungen aufgrund des medizinischen Fortschritts noch weiter ansteigen wird.

Angesichts dieser hohen Summe und ihrer Steigerungsraten ist es doch bemerkenswert, dass bei sehr vielen unserer Fragen auf das fehlende Datenmaterial verwiesen wird.

(Beifall bei der CDU)

Es heißt, der Landesregierung liegen keine validen Zahlen vor, der Landesregierung liegen keine aussagekräftigen Zahlen vor, in Ermangelung von aussagekräftigen Zahlen sind keine Aussagen möglich. Diese Formulierung gibt es in verschiedenen Varianten: keine Daten der kommunalen Ausgaben für den sich künftig ausweitenden ambulanten Bereich, keine Vergleichszahlen mit anderen Ländern, keine validen Nutzerzahlen. – Das hat uns schon erstaunt.

Wir stellen nicht den Bedarf an Unterstützungsleistungen infrage, überhaupt nicht. Ebenso wenig stellen wir die Qualität der Arbeit der Tausenden von Pflegern, Integrationspflegern, Sozialarbeitern und Heilerziehungspflegern infrage. Wir sind aber der Überzeugung, dass gerade im Sozialbereich eine intelligente Steuerung die beiden Ziele Effizienz und Umsetzung gesellschaftlicher Leitbilder verbinden kann.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Unter einer nachhaltigen Planung und Steuerung eines Paradigmenwechsels, wie er sich in der Behindertenpolitik derzeit vollzieht, verstehen wir, dass Maßnahmen offen und transparent hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf aktuelle und künftige Haushaltslagen bewertet werden. Wie kann das geschehen, wenn die Datenlage so lückenhaft ist?

Auf die Frage nach den dringendsten Problemen der Eingliederungshilfe wird auf das Bundesteilhabegesetz und die Beteiligung des Bundes verwiesen. Das zieht sich wie ein roter Faden durch die Beantwortung der Fragen.

(Frau Klöckner, CDU: Ja!)

Es ist richtig, der Bund muss sich beteiligen, und der Bund wird sich beteiligen.

(Schweitzer, SPD: So ist es!)

Wir fragen uns aber: Wie überzeugend kann eine Verhandlung mit dem Bund geführt werden, wenn nicht einmal der gesamte Kostenblock bekannt ist?

(Beifall bei der CDU)

Seit dem Urteil zu den kommunalen Finanzen, das uns allen bekannt ist, ist es nämlich wieder ins Bewusstsein gerückt, dass das Land für die kommunalen Finanzen einstehen und auch beim Bund im Sinne der Kommunen verhandeln muss. Was ist das für ein Verhandlungsführer, der nicht einmal den gesamten Finanzbedarf kennt?

(Beifall bei der CDU)

Der Rechnungshof hat am Beispiel der Werkstätten für Behinderte das System des Mainzer Landrechts, das wir seit Jahren anmahnen, drastisch beschrieben. Genau das in der Antwort auf unsere Anfrage sichtbare Fehlen grundlegender Steuerungsdaten und Rahmenverträge mit den Anbietern wird dort kritisiert.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Wie wenig Kostenbewusstsein und entsprechende Steuerung im Sozialministerium als Grundlage akzeptiert wird, wurde dann auch in der letzten Sitzung des Sozialausschusses deutlich. Dort wurde der Rechnungshofbericht besprochen. Es stellte sich heraus, dass der Bericht schon im März 2014 dem Ministerium vorlag.

Auf die Frage, was denn seither von den angedachten Maßnahmen umgesetzt sei, erhielten wir die Antwort, man habe die Maßnahmen im letzten Jahr doch dem Rechnungshof beschrieben, und dann habe man nichts mehr gehört.

(Frau Thelen, CDU: Traurig! Ganz traurig!)