Protocol of the Session on February 26, 2015

(Pörksen, SPD: Erst macht er mit, dann wider- spricht er! Das ist mal wieder typisch!)

und sagt, die Konkretisierung von Regelungen ist nach Meinung des BDA eher kontraproduktiv, da sie genau diese zahlreichen bürokratischen Mehrbelastungen wieder bedingen würde und in der betrieblichen Praxis, wie die Beispiele auch zeigen, nur schwer umsetzbar gewesen wäre. Sie haben diese Änderungen und Formulierungen in dieser Woche in der Anfrage noch verteidigt. Aber heute freue ich mich, dass Regierungskreise mit den Worten zitiert werden: Das Ding ist tot. –

(Beifall bei der CDU – Pörksen, SPD: So spielt der Arbeitsschutz bei Ihnen eine Rolle!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Rheinland-Pfalz hält die Landesregierung aber auch an weiteren Regulierungen der Wirtschaft fest. So unterstützte man 2013 den Entwurf einer Antistressverordnung, die nun ebenfalls bis 2016 im Hause von Andrea Nahles vorbereitet wird. Hierbei geht es wiederum um ein hehres Ziel. Man will die Arbeitnehmer vor Stress und dessen Folgekrankheiten schützen. Das ist ein wichtiges Ziel, das wir natürlich auch als CDU-Fraktion unterstützen.

(Pörksen, SPD: Das glaube ich Ihnen aber nicht!)

Aber als Indikator für die Notwendigkeit einer solchen Verordnung führen Sie, Frau Ministerin, an, dass nur jeder zweite Betrieb eine Gefährdungsbeurteilung durchführen würde. Diejenigen, die eine solche Gefährdungsbeurteilung durchführen, würden psychische Belastungsfaktoren noch zu selten als Bestandteil der Gefährdungsbeurteilung sehen. Von daher ist zu erwarten, dass konkrete und verbindliche Anforderungen für den Bereich psychischer Belastungen bei der Arbeit es Arbeitgebern erleichtern – erleichtern! – könnten, ihre Verpflichtungen zu erkennen und angemessen zu erfüllen. – Meine Damen und Herren, das ist eine sehr euphemistische Beschreibung für Bürokratie in Reinform.

Wenn man einmal schaut, wie die Verordnung aussieht, die Sie im Bundesrat unterstützt haben, so kommt klar zum Vorschein, dass alle Arbeitgeber auch sicherzustellen haben, dass diese Gefährdungsbeurteilung fachkundig durchgeführt wird. Verfügen sie nicht über die notwendigen Kenntnisse, müssen sie sich fachkundig beraten lassen. Dies gilt für alle Unternehmen, egal, wie groß sie sind. Sie müssen sich somit auch kostspielig beraten lassen. Das sind weitere Kosten für die Wirtschaft.

Insbesondere im Hinblick auf das Rückgrat der rheinland-pfälzischen Wirtschaft – die kleinen und die mittleren Unternehmen und der Mittelstand – ist das aus unserer Sicht eine zusätzliche Bürokratie, die der Erfüllung des Ziels nicht mehr entsprechen kann.

Ist es nicht heute schon so, dass die Arbeitgeber eine Schutzpflicht gegenüber ihren Arbeitnehmern – § 3 und § 5 Arbeitsschutzgesetz – haben? Ist es nicht gerade auch in den heutigen Zeiten des Fachkräftemangels umso wichtiger, seine Arbeitnehmer zu schützen, zu

fördern und auch anständig zu bezahlen, weil man sonst übermorgen gar keine qualifizierten Arbeitskräfte mehr hat?

(Beifall bei der CDU)

Das ist doch der Weg, auf den wir setzen müssen. Unsere Wirtschaft muss doch und hat ein Interesse daran, die Arbeitnehmer auch ordentlich zu behandeln und zu schützen. Dazu bedarf es aus unserer Sicht keines weiteren bürokratischen Gesetzes.

Meine Damen und Herren, wir haben heute diesen Antrag eingebracht, weil wir eben nicht ein Mehr an Bürokratie wollen. Ich denke, hier geht es auch nicht um jedes einzelne Gesetz und um jede einzelne Regulierung, sondern die Summe der ganzen Regulierung ist entscheidend und investitionshemmend für die Wirtschaft. Deshalb sollten wir versuchen, Bürokratie abzubauen, und nicht diese Verordnungen und Gesetze unterstützen, die Sie in den Kleinen Anfragen entsprechend unterstützt haben.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU).

Für die SPD-Fraktion spricht Frau Kollegin Dr. Machalet.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Brandl, Bürokratie, das klingt immer wieder irgendwie negativ. Bürokratieabbau klingt immer irgendwie erst einmal gut, auch wenn man im Detail sicherlich noch einmal genau hinschauen muss.

Wir haben das Thema Bürokratie – darauf haben Sie eben auch hingewiesen – gestern ausführlich in Bezug auf die Umsetzung des Mindestlohns diskutiert. Auch in Ihrem Antrag, den wir heute diskutieren, geht es um den Mindestlohn, um den Dokumentationsaufwand beim Mindestlohn. Aber ich möchte die Debatte von gestern nicht wiederholen. Ich denke, wir haben die Debatte gestern ausreichend geführt.

Wiederholen möchte ich aber meine Feststellung von gestern, dass Sie immer dann, wenn es um die Rechte von Arbeitnehmerinnen und -nehmern, den Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern geht, die vermeintlich hohe Bürokratie beklagen. Das war beim Landestariftreuegesetzgesetz so, das ist beim Mindestlohn jetzt so, das ist bei der Arbeitsstättenverordnung so, das ist bei der Antistressverordnung so. Immer dann, wenn es um Arbeitnehmerrechte geht, beschweren Sie sich über die ausufernde Bürokratie, anstatt sich auch einmal über den Nutzen der Gesetzgebung zu unterhalten.

(Frau Schneider, CDU: Es geht auch darum, Arbeitsplätze zu sichern! – Billen, CDU: Das Tariftreuegesetz ist so überflüssig wie ein Kropf!)

Zum Thema Arbeitsschutz möchte ich aber an dieser Stelle die Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und CDU im Bund zitieren, die zumindest Ihre Partei mit unterschrieben hat. Dort steht zum Thema ganzheitlicher Arbeitsschutz: Der Schutz der Beschäftigten vor Gefahren am Arbeitsplatz und die Stärkung der Gesundheit bei der Arbeit ist ein wichtiges Gebot sozialer Verantwortung. Ein deutlicher Hinweis auf die Herausforderungen, die eine sich wandelnde Arbeitswelt für den deutschen Arbeitsschutz bedeutet, ist die drastische Zunahme psychischer Erkrankungen. Unser Leitbild ist ein ganzheitlicher, physische und psychische Belastungen umfassender Gesundheitsschutz bei der Arbeit. Die Zusammenarbeit mit der allgemeinen Gesundheitspolitik wird ausgebaut. – Usw. Ich finde die Vereinbarung an dieser Stelle sehr gut.

Weniger gut finde ich allerdings, welche Richtung die Debatte gerade nimmt, wenn es an dieser Stelle um die Umsetzung des Koalitionsvertrages geht. Worum geht es? – Seit 2002, also bereits in der Amtszeit der letzten schwarz-gelben Regierung, wird die Arbeitsstättenverordnung diskutiert, und zwar unter Beratung des ASTA, des Ausschusses für Arbeitsstätten, in dem auch die Arbeitgeber vertreten sind, sogar einen stellvertretenden Vorsitzenden stellen.

Die Arbeitsstättenverordnung ist keine neue Erfindung, sondern existiert seit 1975 und wurde im Jahr 2004 umfassend erneuert und an die europäische Arbeitsstättenrichtlinie angepasst.

Seit jeher werden von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin sogenannte Arbeitsstättenregelungen erarbeitet und ständig den aktuellen technischen Entwicklungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechend angepasst. Ich glaube, es gibt bisher schon Detailregelungen, wenn man sich diese Gesetze anschaut, bei denen man heute schon sagt: Na gut, ob das so sein muss oder nicht, darüber kann man streiten.

Aber viele neuen Erkenntnisse lassen sich nicht mehr einfach mit Pauschalbehauptungen wegdiskutieren, zum Beispiel, dass ausreichendes Tageslicht sowie eine gute Sichtverbindung nach außen für die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit bzw. Leistungsbereitschaft der Beschäftigten in Arbeitsstätten in Innenräumen von grundlegender Bedeutung sind, was wissenschaftlich belegt ist. Das gilt dann eben auch für Telearbeitsplätze.

Deshalb finde ich es schon bemerkenswert, dass das Thema, wie gesagt, eine so große Debatte ausgelöst hat. Ich finde es schade, dass wir jetzt nach den Aussagen, die Sie eben auch zitiert haben, bei dem Thema Arbeitsschutz in der nächsten Zeit keinen Schritt vorankommen werden.

Auf der anderen Seite glaube ich, dass es eine Chance ist, dass wir in Ruhe über die Regelungen sprechen können und an dieser Stelle zu einer sachlichen Diskussion zurückfinden.

Ähnliches gilt im Übrigen auch für das Thema Antistressverordnung. Die Zunahme psychischer Erkrankungen durch Stress am Arbeitsplatz ist Fakt und kostet

die Sozialversicherung jedes Jahr Milliarden. Da kann der Gesetzgeber nicht einfach wegschauen und sagen, das ist alles ganz schlimm, wir können und wollen eigentlich da nichts tun.

Sie kritisieren in Ihrem Antrag die Bürokratie auch im Allgemeinen bzw. fordern die Landesregierung auf, Bürokratie abzubauen. Das kommt immer gut an. Aber wenn wir uns in Rheinland-Pfalz umschauen, können wir, glaube ich, sagen, dass wir beispielsweise bezüglich der Geschwindigkeit von Genehmigungsverfahren sehr gut aufgestellt sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, das wissen Sie auch.

Bei der Existenzgründerquote liegen wir hinter Berlin und Hamburg auf Platz 3. Unternehmensansiedlungen wie zum Beispiel die große Unternehmensansiedlung von HARIBO belegen, dass Rheinland-Pfalz gerade wegen unbürokratischer Verfahren für Unternehmen attraktiv ist.

Ich glaube, es ist gut, dass wir noch einmal in Ruhe über das Thema Arbeitsstättenverordnung diskutieren können. Trotzdem bleibt meine Auffassung die, dass Ihnen die Arbeitnehmerrechte an vielen Stellen egal sind, weil Sie immer die Bürokratie ins Feld führen.

Ich möchte zum Abschluss uns allen als Gedankenanstoß Max Weber mit auf den Weg geben, der gesagt hat,

(Glocke der Präsidentin)

„Bürokratie ist ein Versuch, den Fluss der Informationen zu rationalisieren und ihre Nutzung so effizient wie möglich zu gestalten, indem jede Information ausgesondert wird, die von einem akuten Problem ablenkt“.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei SPD und des BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Schlagwein hat das Wort.

Abg. Schlagwein, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn es um Bürokratie geht, kann Expertenrat nicht schaden. Warum nicht die Erfahrung eines Experten einholen, eines Experten, in den einst hohe Erwartungen gesetzt wurden, der die Europäische Union von Bürokratie befreit, die kleinen und mittleren Unternehmen, die Bauern entfesselt? – Ich konnte nur leider Edmund Stoiber in der Kürze der Zeit nicht erreichen.

Er hat gerade verlängert. Er ist jetzt EU-Sonderberater für Rechtssetzung. Er hat sich offenbar in den sieben Jahren noch etwas Bürokratie aufgespart. Man muss sich die Arbeit einteilen. Es ist nicht so einfach mit der Bürokratie. Es fängt schon mit der Definition an.

Sie werden es nicht glauben, Bürokratie – jetzt greife ich nicht auf Max Weber zurück, sondern auf das Gabler Wirtschaftslexikon – ist ein geordnetes System von Regeln.

Jetzt nehmen wir einmal den Mindestlohn, nicht den, über den wir gestern gestritten haben, sondern die Mindestlöhne, die wir schon längere Zeit haben und die schon evaluiert wurden.

Frau Präsidentin, ich darf mit Ihrer Erlaubnis nur wenige Sätze aus den Evaluationsberichten, zum Beispiel zum Bereich der Gebäudewirtschaft, zitieren. Ich zitiere: Alle befragten Fallstudienbetriebe zahlen die Mindestlöhne. Dies können sie nach eigenen Angaben, weil durch die starken Kontrollen die Wettbewerbsneutralität der Mindestlöhne gesichert sei. –

Aus dem Bereich der Maler und Lackierer, Zitat: Der Großteil der befragten Betriebe hielt die bestehenden Kontrollen für nicht ausreichend. Dies liege an fehlendem Personal beim Zoll. Vermehrte Kontrollen seien daher erwünscht. –

Meine Damen und Herren, da fordern Betriebe Bürokratie, nämlich als geordnetes Regelwerk. Sie fordern das, um fairen Wettbewerb zu sichern, um als die anständigen Betriebe vor den schwarzen Schafen geschützt zu sein.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Gestern war die Rede von den Gaunern, die sich so gerne illegale Vorteile verschaffen. Dafür ein geordnetes Regelwerk. Diese Bürokratie wollen wir nicht stoppen, meine Damen und Herren.

(Vereinzelt Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage einige Sätze zur Antistressverordnung. Deren Einführung ab dem Jahr 2016, so schreibt die CDU in ihrem Antrag, brächte – man beachte den Konjunktiv II – wenig neue Schutzrechte und mehr bürokratische Regeln. –