Nach vielen Jahrzehnten internationaler Entwicklungshilfe mag das durchaus verwundern. Warum jetzt? Warum nach Ablauf der Millenniumsentwicklungsziele, die die Weltgemeinschaft vor 15 Jahren beschlossen hat?
Vielleicht liegt es daran, dass sich bei vielen Menschen im Norden und im Süden die Erkenntnis durchsetzt, dass die klassische Entwicklungshilfe alleine in der Vergangenheit keine wirkliche Verbesserung der wirtschaftlichen, sozialen und auch politischen Lage der Menschen in den Entwicklungsländern bewirkt hat.
Die steigende Anzahl von Flüchtlingen, die aus den Ländern Afrikas nach Europa fliehen, weil sie in ihrer Heimat nicht überleben können, spricht eine deutliche Sprache; und dass Perspektivlosigkeit immer häufiger zu einer Radikalisierung junger Menschen führt, haben wir in den vergangenen Wochen leidvoll erfahren müssen.
Was also muss passieren, um den weltweiten Teufelskreis von Armut und politischer Destabilisierung zu durchbrechen? Ich denke, es ist an der Zeit, die viel beschworene Eine Welt nicht nur verbal ins Feld zu führen, sondern unsere wirtschaftlichen und politischen Entscheidungen an der Tatsache auszurichten, dass die sogenannte Erste Welt an der gesellschaftlichen Spaltung der Weltgemeinschaft in Arm und Reich zu zerbrechen droht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Fokus kann nicht länger ausschließlich auf Forderungen an die Entwicklungsländer liegen. Es bedarf einer globalen Transformation von wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen in Nord und Süd, um eine nachhaltige weltweite Entwicklung zu ermöglichen.
Das Europäische Jahr für Entwicklung sollte daher auch für uns selbst ein Anlass zum Umdenken sein. Wir werden in den kommenden Jahren nicht umhinkommen, unsere Lebensweise und unser Wirtschaften auf den Prüfstand zu stellen.
Die Leitfrage muss sein: Wie kann gutes Leben für alle Menschen im Norden und im Süden auch für künftige Generationen gewährleistet werden? Die klassischen Entwicklungsprojekte können hier nur punktuelle Hilfe leisten.
Damit möchte ich nicht die vielen kleinen Initiativen in Abrede stellen, die zum Beispiel in Rahmen der Partnerschaft mit Ruanda, aber auch in anderen Ländern seit vielen Jahren das Leben der Menschen verbessern, sei es durch den Bau von Schulen, Krankenstationen, Brunnen oder viele weitere Maßnahmen.
Wir müssen uns aber auch klarmachen, dass unsere eigene Lebensweise im Norden, unser tägliches Konsumverhalten, unser Energieverbrauch, aber auch unsere Exportwirtschaft und unsere Subventionspolitik die
Lebens- und Wirtschaftsgrundlagen vieler Menschen in den Entwicklungsländern negativ beeinflussen, zum Teil sogar zerstören.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie viel kann eine Näherin in Bangladesch verdienen, wenn ein T-Shirt bei uns nur 2,50 Euro kostet?
Bleibt dieser Frau und ihrer Familie genug zum Leben, oder müssen auch ihre Kinder schon von klein an mitarbeiten, anstatt zur Schule zu gehen? Ich denke, diese Fragen sollten wir uns selbst im Europäischen Jahr für Entwicklung stellen. Wir sollten sie auch offen mit den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land diskutieren.
Das Europäische Jahr der Entwicklung sollte in Rheinland-Pfalz dazu genutzt werden, die Menschen für entwicklungspolitische Themen zu sensibilisieren und ein größeres Bewusstsein für die Verantwortlichkeit und die Handlungsmöglichkeit jedes Einzelnen in unserem Land zu schaffen.
Meines Erachtens ist vielen Menschen noch zu wenig bewusst, wie sehr wir in der globalisierten Welt voneinander abhängen und wie stark die gegenseitigen Wechselwirkungen sind. Deshalb müssen wir stärker als bisher vermitteln, dass eine globale, nachhaltige Entwicklung nur mit allen Menschen und für alle Menschen möglich ist.
In Rheinland-Pfalz gibt es eine Vielzahl von zivilgesellschaftlichen Organisationen und Netzwerken, die kompetent und engagiert entwicklungspolitische Bildungsarbeit leisten. Wir versuchen, diese Organisationen wo immer es geht zu unterstützen, aber auch eigene Bildungsprogramme umzusetzen.
Diese wichtige Bildungsarbeit soll in 2015 noch verstärkt werden. Wir werden mit verschiedenen Kooperationspartnern eine Reihe von Veranstaltungen zum Thema Entwicklungspolitik durchführen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, den Auftakt bildet ein Parlamentarischer Abend am 4. Februar 2015, auf den ich Sie an dieser Stelle noch einmal hinweisen möchte. Gemeinsam mit dem entwicklungspolitischen Landesnetzwerk Rheinland-Pfalz und ENGAGEMENT GLOBAL werden an diesem Abend die künftigen globalen Herausforderungen, denen sich auch RheinlandPfalz stellen muss, diskutiert.
Wir werden das Jahr 2015 auch nutzen, um die entwicklungspolitischen Leitlinien des Landes zu überarbeiten. Dies wird in Kooperation mit den anderen Ressorts und den zivilgesellschaftlichen Gruppen im Land erfolgen.
Die entwicklungspolitischen Leitlinien sollen unter Berücksichtigung des sogenannten Post-2015-Prozesses den politischen Rahmen für die Entwicklungspolitik der Landesregierung festlegen und das Leitbild einer globalen, nachhaltigen Entwicklung entwerfen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die nachhaltige Beschaffung bleibt auch in diesem Jahr ein Themenschwerpunkt. Derzeit erarbeiten wir ein Konzept, um bei allen Beschaffungsvorgängen der Landesregierung die Kernarbeitsnorm der Internationalen Arbeitsorganisation zu gewährleisten. Es wäre richtig, die bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen bei der Beschaffung dahin gehend anzupassen, dass die Berücksichtigung der Kernarbeitsnorm rechtssicher ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sollten das Jahr 2015 gemeinsam nutzen, um den Menschen in unserem Land die Bedeutung von Entwicklungspolitik zu vermitteln. Wir sollten sie intensiv über die aktuelle Debatte in der Entwicklungspolitik informieren und ihnen verständlich machen, dass auch unser Lebensstandard dauerhaft nicht gewahrt werden kann, wenn in Afrika und Asien Milliarden Menschen in Armut und Elend leben. Die Forderung nach globaler Gerechtigkeit darf kein leeres Schlagwort bleiben. Wir müssen sie mit unserer Politik hier vor Ort mit Leben erfüllen.
Es wurde von allen Fraktionen Ausschussüberweisung signalisiert. Gibt es dagegen Widerspruch? – Das ist nicht der Fall. Dann sollen die Anträge im Ausschuss für Europafragen und Eine Welt – federführend – und im Innenausschuss, im Wirtschaftsausschuss und im Rechtsausschuss beraten werden. Dann verfahren wir so. Die beiden Anträge werden an diese Ausschüsse überwiesen.
Berufsbildende Schulen stärken – Fachlehrermangel aktiv begegnen Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/4351 –
Starke berufsbildende Schulen – gute Ressourcen für eine gute Entwicklung Antrag (Alternativantrag) der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/4543 –
Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Auch die aktuelle Unterrichtsstatistik zeigt wieder auf, was wir als CDU schon seit Jahren monieren. Der Unterrichtungsausfall an den berufsbildenden Schulen ist ca. dreimal so hoch wie an den allgemeinbildenden Schulen. In den vergangenen zehn Jahren hat sich an
dieser Analyse letztendlich auch nichts geändert. Kontinuierlich mit Ausnahme dieses Jahres lag der Unterrichtsausfall zwischen 5 % und 6 %.
Eine Begründung für diese Misere war seitens der Landesregierung immer wieder das Fehlen von Fachlehrern in sogenannten Mangelfächern. Ministerin Reiß konkretisiert in einer Antwort auf eine Anfrage vom 15. Dezember 2014 die Defizite. Als Mangelfächer im berufsbildenden Bereich gelten Elektrotechnik, Gesundheit, Metalltechnik, Pflege, Sozialpädagogik, Informatik und Mathematik. Allein in diesen Fächern fehlen 57 Vollzeitkräfte, die auf dem aktuellen Arbeitsmarkt nicht zu rekrutieren seien. Diese 57 Stellen machen rund 20 % des gesamten Unterrichtsausfalls an den berufsbildenden Schulen aus.
Das heißt aber auch, dass wir entsprechend der Antwort der Ministerin, die heute leider nicht anwesend ist, ein Defizit von rund 250 Lehrkräften haben, die man für eine 100 %ige Versorgungsquote brauchen würde. Würde man also voraussetzen, dass das Land genug Geld bereitstellt, um eine Unterrichtungsvollversorgung zu gewähren, was es offensichtlich nicht tut, würde trotzdem immer noch ein Fünftel der heute ausfallenden Stunden nicht gehalten werden.
Meine Damen und Herren, wenn man sich die Fächer anschaut, sind es gerade die wichtigen Fächer, die wir in der Zukunft für eine erfolgreiche Wirtschaft in RheinlandPfalz brauchen. Es sind MINT-Fächer – Informatik und Mathematik. Es sind Fächer, die hilfreich sind, um Auszubildende in sozialen Berufen zu qualifizieren, wie Gesundheit, Pflege oder Sozialpädagogik, oder Fächer wie Metall- oder Elektrotechnik, durch die gerade in der mittelständisch geprägten rheinland-pfälzischen Wirtschaft die Fachkräfte von morgen ausgebildet werden.
Unbestritten ist in diesem Zusammenhang, dass gerade die duale Ausbildung die zentrale Säule ist, wenn wir dem Fachkräftemangel von heute und morgen effektiv begegnen wollen. Die berufliche Bildung in den Schulen ist eben Part der Landesregierung, den sie qualitativ hochwertig zu erfüllen hat.
Wenn nun aber in diesen zentralen Zukunftsfächern 57 Lehrer fehlen, ist es von zentraler Bedeutung, Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Daher schlagen wir als CDU Stipendien für diese Mangelfächer vor, die auch von der Wirtschaft mitfinanziert werden können. Ich habe entsprechende Gespräche geführt. Sowohl die Kammern als auch die Wirtschaftsverbände wären durchaus bereit, solche Stipendien mitzufinanzieren und haben auch diese Idee sehr begrüßt.
An ein solches Stipendium kann man natürlich auch gewisse Kriterien knüpfen. Das ist alles andere als un
Des Weiteren schlagen wir vor, bei der Eingruppierung in die Erfahrungsstufen nach TV-L auch Erwerbszeiten in der freien Wirtschaft anzurechnen. In dem Zusammenhang mahnt auch der VLW an, die Erfahrungsstufen nicht als Sparmodell zu missbrauchen. Ich darf aus der Resolution des VLW zitieren: „Die restriktive Einstufung in die Erfahrungsstufen trifft die Lehrkräfte im BBSBereich in besonderem Maße und schadet dadurch der Attraktivität des Lehramtes an berufsbildenden Schulen.“ – Meine Damen und Herren, man muss sich vorstellen, dass der Interessensverband sagt, die Änderung schadet der Attraktivität des Lehramts, obwohl wir doch genau diese Lehrer jetzt dringend brauchen.
Gerade deshalb ist es wichtig, dass wir berufliche Praxiserfahrung in den Unterricht, in die Schule integrieren können. Das wäre ein Gewinn für die berufsbildende Schule. Deshalb fragt man sich, warum nur eine solch restriktive Anerkennung der Berufserfahrung gewährt wird. Gerade das Gegenteil müsste angegangen werden. Hierzu haben wir entsprechende Forderungen gestellt.
Herr Staatssekretär, aus aktuellem Anlass will ich noch ein weiteres Thema anmahnen. Die ADD muss bei ihrer Einstellungspraxis noch einmal flexibler werden. Sie kennen das konkrete Beispiel – wir haben es dankenswerterweise zu einem positiven Abschluss gebracht – eines gut ausgebildeten Handwerkers, der auch studiert hatte und in den Lehrerberuf wechseln wollte und dem die ADD zunächst diesen Wechsel nicht ermöglicht hatte.