Ich möchte hinzufügen, dass wir gestern über eine abstrakte Anschlagsgefahr diskutiert haben, und in diesem Zusammenhang Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière zitieren. Er sagte: Es gibt Grund zur Sorge und zur Vorsorge. Aber es gibt keinen Grund zur Panik. – Wir haben in Rheinland-Pfalz – das möchte ich noch
einmal ausdrücklich betonen – keine konkreten Hinweise auf einen Anschlag. Dennoch wissen wir, die Sicherheitsorgane müssen sich permanent neuen, gestiegenen Herausforderungen stellen. An dieser Stelle möchte ich auch ein herzliches Dankeschön an die Sicherheitsorgane zum Ausdruck bringen.
Weiterhin hat der Minister gestern deutlich gemacht, dass wir längst die Erkenntnisse aus dem Anschlag in Paris und aus den vereitelten Anschlägen in Belgien ausgewertet haben. Er wird ein abgestimmtes Sicherheitspaket für die Ausrichtung der Polizei vorlegen. Das Konzept steht kurz vor dem Abschluss.
Wir können es in einer Demokratie nicht zulassen, dass junge Menschen, die in Deutschland geboren und in unserer Gesellschaft aufgewachsen sind, in die Krisengebiete nach Syrien und in den Irak reisen, dort oft unschuldige Menschen töten und auf grausamste Art und Weise kämpfen. Wir tragen Verantwortung und dürfen nicht akzeptieren, dass diese Personen aus Deutschland mordend durch andere Länder ziehen.
Wir betrachten dieses Thema regelmäßig in der Innenministerkonferenz. Sie, Herr Lammert, wissen sehr wohl darum, dass umfängliche Maßnahmenpakete zum Beispiel im Hinblick auf die Ausreise- und Wiedereinreiseverhinderung und die Prävention beschlossen worden sind. Sie haben sie auch teilweise in Ihrem Antrag aufgegriffen.
So wurde die Einführung eines Ersatzpersonalausweises auf den Weg gebracht. So kann zumindest die legale Ausreise von Radikalisierten verhindert werden, ein wichtiger Schritt bei der Terrorismusbekämpfung. Ich danke auch dem Bundesminister ausdrücklich für die Vorlage des entsprechenden Gesetzentwurfs.
Wie gehen wir aber mit Menschen um, die an Kampfhandlungen terroristischer Organisationen in Krisengebieten teilnehmen? Sollten sie bei doppelter Staatsangehörigkeit die deutsche behalten dürfen? Die Innenministerkonferenz hat den Bundesminister um Prüfung gebeten, ob durch eine Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes die Möglichkeit einer Verlustregelung geschaffen werden kann. Nach Auffassung der Innenministerkonferenz ist darüber hinaus auch die Fortentwicklung der Ausschreibung in den Grenzkontrollsystemen zur Intensivierung der Grenzkontrollen erforderlich. Auch an deren Umsetzung wird derzeit gearbeitet.
Aber ein ganz entscheidendes Thema ist für die Landesregierung ein Maßnahmenbündel gegen Radikalisierung und Befürwortung des gewaltbereiten Salafismus. Wir müssen gemeinsam etwas erreichen. Dazu gehören unbedingt Prävention und Aufklärung. Anwerbeaktionen wie die unter dem Deckmantel von Salafisten geprägten Benefizveranstaltungen oder auch zum Beispiel die „Lies!“-Kampagne haben leider gewissen Erfolg bei jungen Menschen.
Die Innenministerkonferenz hat die zuständigen Gremien gebeten, Handlungsempfehlungen für die Ordnungs
behörden zum Umgang mit diesen Veranstaltungen zusammenzustellen. Ich möchte aber auch ausdrücklich sagen, dass sich die Landesregierung seit mehreren Jahren sowohl mit dem Verfassungsschutz als auch dem Landeskriminalamt mit den dort tätigen Islamwissenschaftlern intensiv bemüht, bei ihren Vorträgen in Bezug auf die Gefahren des Salafismus in einer Reihe von Zielgruppen zu sensibilisieren. Dazu gehören natürlich Mitarbeiter der Polizei, Angehörige von Verwaltungsbehörden, Justiz, Jugendarbeiter, Lehrerinnen und Lehrer. Hier geht es gerade um Früherkennung von Radikalisierungsprozessen.
Auch den Dialog innerhalb der Landesregierung haben wir ressortübergreifend seit September 2012 mit allen Beteiligten intensiviert, den Beauftragten für Migration, den Bildungsverantwortlichen, dem Landesjugendamt und auch muslimischen Verbänden.
Frau Raue hat auch den Runden Tisch Islam erwähnt. Diesen möchte ich an dieser Stelle stehen lassen. Wir werden ein umfassendes Präventions- und Beratungsangebot seitens der Landesregierung von RheinlandPfalz anbieten. Da kann man auch über Länderkooperationen nachdenken. Das machen wir in anderen Bereichen auch.
Prävention, Intervention, Deradikalisierung sind unser Schwerpunkt, damit wir gesamtgesellschaftlich Wege finden, die eine Deradikalisierung bewirken.
Es ist Ausschussüberweisung beantragt. Wer der Überweisung des Antrags an den Ausschuss zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Wer stimmt dagegen? – Danke. Wer enthält sich? – Damit ist der Antrag auf Ausschussüberweisung mit den Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.
Wir stimmen nun über den Antrag in der Sache ab. Wer dem Antrag – Drucksache 16/4516 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Wer stimmt dagegen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.
Digitale Schullandschaft Rheinland-Pfalz – Kinder und Jugendliche auf Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung noch besser vorbereiten Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/4514 –
Den Ausbau der digitalen Welt als Chance begreifen – Gefahren des Cybermobbings ernst nehmen Antrag (Alternativantrag) der Fraktion der CDU – Drucksache 16/4549 –
Es ist eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart worden. Ich erteile Frau Kollegin Brück für die SPD-Fraktion das Wort.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als am Dienstag für einige Stunden das Facebook-Netz zusammengebrochen war, ulkten im Radio nicht Wenige, man könne jetzt doch einmal die fremden Leute in der eigenen Wohnung, also Familie, Freunde und Nachbarn, kennenlernen, oder orakelte sogar, es gebe wahrscheinlich in neun Monaten einen Babyboom.
So ist das in der modernen Online-Welt. Mediennutzung ist Lebenswirklichkeit. Gerade junge Menschen nutzen das Internet ganz selbstverständlich. Waren zu meiner Jugendzeit das Faxgerät oder der Anrufbeantworter noch ein Wunderwerk der modernen Technik, sind heute schon Kita-Kinder mit Tablets und Smartphones vertraut. Schülerinnen und Schüler sind immer und überall online, so scheint es.
Überall? Na ja, in der Schule haben wir in dem Punkt zwar schon viel gemacht, haben aber immer noch Entwicklungspotenzial. Unser Auftrag als politisch Verantwortliche ist es also, bei Kindern und Jugendlichen Medienkompetenz in ihrer Lebenswirklichkeit zu fördern und zu entwickeln. Dabei nimmt Rheinland-Pfalz im bundesweiten Vergleich schon lange eine Vorreiterrolle ein.
Das ist sehr gut; denn Medienkompetenz ist unbestritten so wichtig wie Lesen, Schreiben und Rechnen, und genauso kompliziert. Die digitale Welt hat längst alle Lebensbereiche erfasst, nicht nur bei jungen Menschen, sondern generationenübergreifend. Selbst Hausnotrufe für ältere Menschen funktionieren heute über das Netz. Deshalb kann Medienkompetenz nur dann wirksam gefördert werden, wenn sie fach- und themenübergreifend in allen Unterrichtsfächern trainiert wird: moderne Medien sinnvoll nutzen und gleichzeitig mögliche Gefahren im Blick haben, seine eigenen Daten schützen, Gewalt und Cybermobbing erkennen und entgegnen.
Wenn der Grundstein in der Schule gelegt wird, ist die Mediennutzung später in Alltag und Beruf umso einfacher. Da sich die digitale Welt mit enormer Geschwindigkeit fortentwickelt, gilt es, die Zugänge zu diesen Medien auch immer aktuell zu halten.
Weil der Umgang mit digitalen Medien unsere Lebenswelt rasant verändert hat und auch weiter verändern wird und die Arbeitswelt ohne diese nicht mehr denkbar ist, müssen wir anstreben, dass alle Schülerinnen und Schüler entsprechende Kompetenzen erwerben und kein Kind die Schule ohne Medienkompetenz verlässt.
Der Medienkompass ist bereits in den Grundschulen und Orientierungsstufen der weiterführenden Schulen etabliert und muss weiter ausgebaut und weiterentwickelt werden. Bestimmte Kompetenzen sollen bescheinigt werden.
Die Vision dazu ist, dass alle Schulen allen Schülerinnen und Schülern den Medienkompass irgendwann anbieten.
Dabei will ich gar nicht so weit gehen, dass Schülerinnen und Schüler nur noch mit digitalen Medien arbeiten müssen. Eine Studentin, die gerade in Sydney studiert, hat mir unlängst erzählt, dass in Australien fast alle Kinder in der Schule ausschließlich mit Tablets arbeiten. Das halte ich gar nicht für nötig. Aber unsere Kinder müssen mit den neuen Medien umgehen und sich gefahrlos im Netz bewegen können.
Neben der Ausstattung unserer Schulen ist die Frage von kreativen und modernen Unterrichtsformen ein entscheidender Faktor. Deshalb sind Fortbildungsmaßnahmen für Lehrkräfte wichtig, um neue Methoden den neuen Möglichkeiten anzupassen. Das ist ein dauerhaftes Anliegen, um immer up to date zu sein. Das fördert auch die Beziehung zwischen Lehrkräften und Schülern. Wer eine aktive Einbindung moderner Medien in den Unterricht schon einmal erlebt hat, der weiß, was ich meine. Der Unterricht ändert sich grundlegend.
Bei dem gesamten Thema und bei den Fortbildungen sollte man die Eltern nicht vergessen, um auch ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Moderner Unterricht muss technisch möglich sein. Viele technische Lösungen gibt es bereits. Wir haben eine gute Ausstattung an mobilen Endgeräten, interaktive Tafelsysteme sind weit vorangetrieben. Wir sind auf einem guten Weg. Aber die Voraussetzungen für einen guten und wirksamen Unterricht sind auch, dass wir uns immer auf diesem Gebiet weiterentwickeln und bei der professionellen Vernetzung, den Lernplattformen, den Online-Portalen, kostengünstigen Netzzugängen, Medienzugängen im Netz und vielem anderem mehr immer auch aktuell halten und dies weiter ausbauen.
Natürlich müssen Schulen unter der Berücksichtigung von Datenschutz und Jugendmedienschutz genauso Teil der Arbeitswelt 4.0 sein wie ein modernes Unternehmen.
Ich möchte etwas zum Antrag der CDU sagen. Die Überschrift widerspricht sich in sich. Wir haben grundsätzlich einen unterschiedlichen Ansatz in unseren Anträgen. Für uns stehen nicht die Gefahren, Restriktionen und Verbote, sondern das selbstverständliche Einbinden, die selbstverständliche Weiterentwicklung und der selbstverständliche Prozess einer Entwicklung von der Tafel über das Papier zu neuen Medien im Vordergrund.
Deswegen können wir diesen Antrag nicht annehmen, weil sich auch in der digitalen Lebenswirklichkeit unserer Schulen soziale Gerechtigkeit festmacht. Daran wollen wir weiter arbeiten.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Anträge werfen oft spannende Fragen auf. Bei diesem Antrag zur digitalen Schullandschaft in Rheinland-Pfalz ist es für mich die Frage, warum Sie diesen Antrag überhaupt gestellt haben; denn er folgt dem ewig gleichen Muster rot-grüner Anträge, die damit beginnen, „Der Landtag begrüßt“. Sie begrüßen das, was Sie seit Jahren machen, und führen das in epischer Breite aus.
Es sind in diesem Fall 12 Punkte, in denen Sie sich selbst loben. Die sind es aus meiner Sicht nicht wert, für Lob Zeit zu verbringen. Wir sollten uns vielmehr mit Zukunftsthemen beschäftigen.
Sie fordern danach die Landesregierung auf. Sie fordern sie in fünf weiteren Punkten auf, das, was man bisher gemacht hat, weiterhin zu machen. Klasse.
Dann kommen wir zu fünf weiteren Punkten, zu deren Umsetzung wir eigentlich eine Grundlage bräuchten, die schon lange beschlossen, aber immer noch nicht gekommen ist. Vielleicht sollten wir erst einmal darüber sprechen, wann in Rheinland-Pfalz die landesweite Schulverwaltungssoftware, die schon seit zwei Jahren laufen sollte und viel Geld kostet, wirklich kommt. Bei der didacta im letzten Jahr wurde hinter vorgehaltener Hand mitgeteilt, dass man wohl noch sechs Jahre bräuchte. Schulen aktualisieren mittlerweile ihre Software nicht mehr, weil sie Verträge in der Erwartung gekündigt haben, vor zwei Jahren wäre die Schulverwaltungssoftware da gewesen. Das sind sechs Jahre ohne aktuelle Software an sehr vielen Schulen, sechs Jahre mit hohen Kosten und sechs Jahre mit vielen abgeordneten Lehrern, die eine neue Software entwickeln sollen.
Ein positiver Aspekt ist dabei vielleicht, dass vielleicht noch Änderungen möglich sind, und zwar hin zu einer Software, die beides abdeckt, sowohl Schulverwaltung wie auch Online-Lernportale. Damit bin ich bei den fünf Punkten Ihres Antrages von heute.
Wir begrüßen, wenn Schulen leichter an Bildungsmedien kommen und über landesweite Plattformen vernetzt miteinander arbeiten können. Das ist etwas sehr Positives, damit nicht jeder jedes Programm allein erstellen muss. Aber die Frage ist, wie es koordiniert wird. Da komme ich zu dem Punkt einer einheitlichen Software, an der alle Schulen teilhaben können und nicht verschiedene Programme auf verschiedenen Netzwerken, sodass nicht jede Schule für sich allein arbeiten muss. Aus unserer Sicht fehlt die Grundlage für Ihren Antrag.
Uns ist die Beschäftigung mit der digitalen Welt angesprochen wichtig. Es sind Chancen, die Sie für uns eröffnet. Es ist nicht ein Weg in die digitale Welt. Wir sind mittendrin und müssen mit dem, was jetzt da ist, schauen, dass wir uns der Zukunft öffnen und unsere Schülerinnen und Schüler auf diesem Weg immer weiter begleiten. Das ist wichtig.