Protocol of the Session on January 29, 2015

denn dafür gibt es auch auf Bundesebene eine breite Unterstützung gerade aus SPD-Kreisen und aus der SPD-Sicht. Wir hatten unseren Antrag schon einmal im letzten Jahr vorgelegt, und wir haben es sehr bedauert, dass er damals in diesem Hause unmittelbar abgelehnt worden ist, anstatt dass wir ihn vielleicht gemeinsam intensiv im Innenausschuss debattiert hätten und vielleicht dort noch den einen oder anderen gemeinsamen Ansatz gefunden hätten.

(Pörksen, SPD: Er ist heute nicht besser geworden!)

Vielleicht gelingt uns dies gleich, wenn wir noch einmal versuchen, den Antrag zunächst an den Innenausschuss zu überweisen und dort vielleicht eine gemeinsame Lösung in dieser so elementar wichtigen Frage hinzubekommen.

(Beifall der CDU)

Das wäre wirklich sehr schön. Herr Pörksen, gerade mit Ihnen als dem dienstältesten Abgeordneten würde ich mich über eine gute Zusammenarbeit wirklich sehr freuen.

(Beifall bei der CDU – Schweitzer, SPD: Von dem können Sie noch viel lernen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen radikalen Islamisten deutlich machen, dass wir ihre Auslegung von Religion in keiner Weise dulden. Auch das muss immer wieder gesagt werden.

(Beifall der CDU)

Radikale Islamisten, die hier unseren Rechtsstaat mit ihrem Terror und der kompromisslosen Durchsetzung ihrer Weltanschauung destabilisieren wollen, haben in unserer Gesellschaft keinen Platz.

(Beifall der CDU und vereinzelt bei der SPD – Schweitzer, SPD: Das ist richtig!)

Das ist ganz wichtig, und da sollten alle demokratischen Kräfte zusammenstehen und schauen, dies entsprechend auf den Weg zu bringen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie gesagt, es gibt eine ganze Fülle von Möglichkeiten. Ich möchte an dieser Stelle nicht noch einmal den gesamten Antrag erläutern, der Ihnen auch schriftlich vorliegt. Wir als Gesetzgeber sind dafür verantwortlich, Aufgabenbewältigung im Rahmen unserer Möglichkeiten und entsprechenden Maßnahmen umzusetzen, und deswegen würden wir uns freuen, wenn unsere Initiativen, die gemeinsamen Initiativen, die schon auf Bundesebene gemeinsam angekündigt sind, auch in Rheinland-Pfalz vonseiten des Ministers bzw. in Vertretung vonseiten des Staatssekretärs oder der Staatssekretärin entsprechende Unterstützung bekommen würden. Wir hoffen gleich auf positive Signale.

Herzlichen Dank.

(Beifall der CDU – Frau Klöckner, CDU: Sehr gut!)

Das Wort hat nun Herr Kollege Pörksen von der SPDFraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Lammert, gleich zu Beginn muss ich Ihnen sagen, ich muss Sie enttäuschen, weil ich doch über einige Erfahrung in diesem Parlament verfüge. Ich bin seit 1991 im Landtag und habe schon so manche Diskussionen miterlebt. Manche Diskussionen sind sehr durchsichtig, und diese gehört dazu.

Ich habe gestern gesagt, dass wir aufeinander hören und nicht gleich dem anderen unterstellen sollen, dass er etwas Unsinniges im Kopf hat, wenn er nicht der gleichen Meinung ist. Das klingt bei Ihnen schon wieder durch.

(Beifall der SPD)

Sie haben doch nur eines vor: Sie versuchen hier, einen Keil zwischen die Koalitionsfraktionen zu treiben, einen Spaltpilz zu pflanzen, weil Sie glauben, es gebe dort erhebliche Unterschiede in der Beurteilung Ihrer Maßnahmen. Das ist die einzige Absicht, die Sie haben; denn in diesem Haus wird zunächst einmal über keine der Fragen unter den Punkten 4 bis 8 oder 9 entschieden.

(Beifall der SPD)

Bevor die in Berlin in die Puschen kommen und uns etwas vorlegen, zu dem wir Stellung nehmen können, werden wir in diesem Hause keine Scheindebatte führen. Nichts anderes ist das doch.

(Beifall der SPD)

Davon völlig unabhängig ist meine persönliche Meinung zu einigen Maßnahmen, die Sie vorschlagen. Hier geht es um politische Entscheidungen. Sie wollen eine Ent

scheidung von uns. Die bekommen Sie in dieser Frage nicht, weil zunächst einmal der Bund liefern muss. Wenn er nicht liefert, liegt es doch nicht an uns, dass wir uns zu diesen Fragen nicht äußern können. Ich weiß nicht, was der Bundesjustizminister tatsächlich vorlegen wird, und ich weiß nicht, was der Bundesinnenminister vorlegen wird. Wissen Sie es vielleicht? – Das kann sein. Aber ich weiß es nicht. Von daher werden Sie heute auch keine Zustimmung zu Ihrem Antrag bekommen. Das ist doch eine logische Konsequenz, wenn wir hier keine Scheindebatten führen wollen.

(Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Zu der Sache selbst: Ihre Ausführungen am Anfang des Antrags teilen wir. Auch wir haben nichts übrig für Salafisten, die Menschen umbringen und sich dann auch noch auf Gott berufen. Gar nichts haben wir für diese Menschen übrig.

(Beifall der SPD)

Sie sind dort zu bekämpfen, wo immer wir es können. Aber ich rate Ihnen eines: Unterhalten Sie sich einmal mit Islamwissenschaftlern über die Ursachen dafür, dass es bei uns Menschen gibt, die sich anwerben lassen, nach Syrien gehen und von dort verroht und ideologisch völlig verblendet zurückkommen, um dann hier möglicherweise Terrorakte zu verüben. Es sind zum einen junge Leute, die hier orientierungslos sind, die sich in unserer Gesellschaft nicht aufgehoben fühlen. Ich habe gestern gesagt, wir müssen uns um das soziale Umfeld gerade in den Bereichen kümmern, in denen wir das Gefühl haben, dass die Menschen nicht ernst genommen und nicht mitgenommen werden. Darum müssen wir uns kümmern, und darüber will ich mit Ihnen gern Debatten führen. Scheindebatten will ich mit Ihnen aber nicht führen.

(Beifall der SPD)

Die anderen, über die Sie sich Gedanken machen müssen – die erfassen Sie mit keinem der Gesetze –, sind die Konvertierten bei uns. Das sind zum Teil Menschen aus wohlhabenden Elternhäusern. Die bekommen Sie nicht mit den Gesetzen, die Sie hier vorhaben. Auch über die Fragen muss man reden: Wie kann es angehen, dass Leute, die eine gute Erziehung genossen haben, in der Gesellschaft plötzlich so abgleiten? – Ich denke, darüber lohnt es sich in diesem Hause zu streiten; denn mit Sozialpolitik und mit Aufklärungspolitik können wir in diesem Land etwas machen.

Sie haben also in den ersten drei Punkten Ihres Antrags etwas aufgegriffen, was zum Teil gemacht wird oder gemacht werden soll. Hier geht es um ein Aussteigerprogramm, wie wir es bereits für Rechtsextremisten haben. Das soll auch hier geschehen. Wir brauchen hier nicht etwas zu beschließen, was wir bereits machen.

Sehr bedenklich – auch da müssen wir hinschauen – ist die Situation an den Schulen. Wir haben hier vor wenigen Jahren über die NPD-Leute diskutiert – „Junge Nationaldemokraten“ nannten sie sich –, die auf den Schulhöfen CDs mit bestimmter Musik verteilt haben, die

die Leute ein bisschen dazu bringen sollte, rechtes Gedankengut aufzunehmen. Genau das Gleiche machen jetzt die Salafisten vor den Schulhöfen, zum Beispiel in den Pausen. Da müssen wir die Lehrerinnen und Lehrer noch stärker aufklären, damit sie das frühzeitig aufgreifen. Das sind Dinge, die mich bedrücken, über die ich gerne diskutieren würde und bei denen ich mithelfen will.

Wenn irgendwann in Berlin – im Bundesrat – ein Gesetz auftaucht, das ein Teil dessen, was Sie jetzt aufgeführt haben, beinhaltet, werden wir darüber diskutieren. Wir werden möglicherweise auch darüber streiten und dann entscheiden. Aber wir werden das doch nicht im Vorfeld machen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Kollegin Raue hat für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte schön, Frau Raue.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Das war durchsichtig!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, Sie greifen mit Ihrem Antrag eine Diskussion auf, die wir schon im letzten Oktober hatten, und Sie bringen darin eigentlich auch nichts Neues. Schon damals haben Sie die Verschärfung der Strafbarkeit gefordert, und schon damals haben wir Ihnen erklärt, dass dies weder geeignet noch erforderlich ist, um die Probleme zu lösen, die wir hier heute haben. Im Sinne der Prävention forderten Sie noch im Oktober eine Ausweitung der Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen. In Ihrem jetzigen Antrag verstecken Sie diese Forderung unter dem Deckmantel der umfassenden Prävention. Sehr geehrte Damen und Herren, eine umfassende Prävention suggeriert absolute Sicherheit. Absolute Sicherheit kann es in unserem Land aber nicht geben.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was Ihre umfangreichen Forderungen nach weiterer Strafbarkeit angeht: Damit machen Sie es sich zu einfach. Strafbarkeit ist nicht die Lösung eines Problems, sondern sie ist immer das letzte Mittel, mit dem ein Staat reagieren kann, ein Mittel, mit dem man immer erst dann eingreift, wenn eine Tat schon begangen ist. Es kann doch nicht allen Ernstes Ihr Bestreben sein, einen Staat zu schaffen, der nur reagiert. Wir dürfen nicht erst eingreifen, wenn etwas passiert ist, sondern wir als Staat sind in der Pflicht zu agieren. Wir müssen handeln, nicht im Sinne der von Ihnen geforderten umfassenden Prävention, aber sehr wohl im Sinne von Sorge und Vorsorge.

Hier leistet das Integrationsministerium bereits eine erfolgreiche Arbeit bei der Prävention gegen Rechtsextremismus: Das Beratungsnetzwerk, die landesweiten Beratungsknoten und das Aussteigerprogramm

„(R)AUSwege“ sind erfolgreiche Projekte, und sie sind Vorbilder für das, was wir jetzt im Zusammenhang mit dem Salafismus einrichten können. Die politisch motivierte rechtsradikale Kriminalität war nicht zuletzt deshalb in den letzten Jahren deutlich rückläufig. Eine Beratungsstelle, die sich im Zusammenhang mit dem Islamismus gezielt an junge Menschen und ihre Angehörigen wendet, wird kurzfristig folgen, ebenso wie weitere Präventionsprogramme.

Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass in unserem Land doch schon längst ein Dialog mit Musliminnen und Muslimen geführt wird. Wir haben den Runden Tisch Islam. Das war die Umsetzung einer zentralen Forderung unseres rot-grünen Koalitionsvertrags. Dieser Runde Tisch Islam fördert unter der Federführung des Beauftragten der Landesregierung für Migration und Integration bereits seit mehreren Jahren den Dialog mit den rheinland-pfälzischen Musliminnen und Muslimen. Meine Damen und Herren, hier kommen Sie mit Ihrem Antrag einfach zu spät.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Pörksen, SPD)

Mit der Forderung nach Präventionsprogrammen tragen aber auch wir, die wir die Haushaltsgesetzgeber sind, eine Verantwortung. Wir sind dann auch in der Pflicht, das Integrationsministerium entsprechend auszustatten.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine umfassende Prävention gibt es nicht. Neue Straftatbestände helfen nicht. Der Entzug des Personalausweises ist diskriminierend und, wie Ihre Vorschläge in Sachen Staatsangehörigkeitsrecht, rechtlich bedenklich. Den vorliegenden Antrag werden wir daher ablehnen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Frau Staatssekretärin Raab. Bitte schön.

Sehr verehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir hatten bereits gestern in diesem Hohen Hause die Gelegenheit, über die Sicherheitslage in Rheinland-Pfalz und auch in Deutschland insgesamt ausführlich zu diskutieren. Ich glaube, dabei ist sehr deutlich geworden, dass das, was wir wollen, nämlich der Schutz unserer freiheitlich-demokratischen Wertegemeinschaft und unserer offenen Gesellschaft, eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, die wir nicht allein mit der Verschärfung der Strafgesetzgebung lösen können.