Protocol of the Session on November 20, 2014

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD – Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Was viele Menschen überhaupt nicht erkennen und was oft auch überhaupt nicht thematisiert wird: Für jeden ist selbstverständlich, dass die Jugendgeneration in den 50er-, 60er-, 70er-, 80er-Jahren eine jeweils ganz andere war, jeweils unterschiedlich war, unterschiedliche Bedürfnisse, eine unterschiedliche Lebenseinstellung, unterschiedliche Wohn- und Lebensbedürfnisse und eine unterschiedliche Freizeitgestaltung hatte.

Dennoch gehen wir davon aus – und das ist ein Grundfehler in vielen Ideen zur Demografie –, dass die Generationen – das sind nämlich dieselben Generationen, die dann in den 2000er-, 2010er-, 2020er-, 2030er-Jahren alt oder hochbetagt sind – alle dieselben Bedürfnisse hätten. Genau darauf versuchen wir uns einzustellen.

Als Fraktionsvorsitzender hat Herr Hendrik Hering eine Debatte ausgelöst – Sie erinnern sich –, als Sie sich darüber aufgeregt haben, dass er gesagt hat, wir wollen keine zusätzlichen großen Pflegeheime.

Das liegt genau daran. Wir haben nämlich erkannt, dass die Bedürfnisse der alten Menschen, die in zehn Jahren alt sein werden, auf die wir uns heute vorbereiten müssen, andere sein werden, als sie es vor 20 Jahren waren.

Wir brauchen ein neues Zusammenleben, wir brauchen ein neues Wohnen, ein neues Verwalten. Wir brauchen ein neues Unterwegssein und ein neues Sich

umeinander-kümmern, ein neues Vorsorgen, Behandeln, Wiederherstellen und Pflegen.

(Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Das heißt, Demografie ist bei Weitem nicht nur eine Frage von Medizin und Pflege, sondern Demografie ist tatsächlich ein Vorbereiten der gesamten Gesellschaft auf die veränderten Bedürfnisse der einzelnen Generationen.

(Beifall des Abg. Hartenfels, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, und bei der SPD – Bracht, CDU: Irgendwann muss man aber anfangen!)

Sie haben recht, natürlich gibt es einiges zu tun.

(Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Sie haben auch recht damit, dass die Kindertagesstätten hohe Anforderungen an das Personal stellen, auch deshalb, weil wir uns darauf vorbereiten, dass auch die junge Generation, die Kinder großzieht, das Bedürfnis hat, frühzeitiger in den Beruf zurückzukehren und die entsprechenden Möglichkeiten zur Verfügung zu haben.

Sie können aber natürlich nicht das kritisieren, was Sie andererseits auf Bundesebene mit angestoßen haben, und das zu Recht. Eine der wenigen Sachen, die wir an den Bundesregierungen der letzten Jahre überhaupt nicht kritisieren, war der Ausbau der Kindertagesstätten. Das Problem, das wir in Rheinland-Pfalz haben, besteht andernorts ebenfalls.

Welche Strategie hat sich die Landesregierung des Weiteren vorgenommen? Betroffene zu fragen, Beteiligungsmöglichkeiten zu schaffen – das ist schon in verschiedenen Workshops in Zukunftswerkstätten und in World-Cafés passiert – und die Akteurinnen einzubinden.

Ich glaube, dass dies ein guter Weg ist. In unserer Verbandsgemeinde ist es beispielsweise auch angekommen. Wir hatten in der vergangenen Woche die vierte Stufe des Beteiligungsverfahrens zum DemografieCheck. Ich kann Ihnen versprechen – dort ist bereits einiges an Überzeugungsarbeit geleistet worden –, dass auch in diesem Rat alle Fraktionen am selben Strang ziehen, wenn es darum geht, dass Neubaugebiete keine Lösung sind, sondern für alle Generationen ein vernünftiges Zusammenleben vorbereitet wird.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Frau Ministerin Bätzig, Sie haben das Wort.

(Heiterkeit bei der SPD)

Ja, der König und die Könige.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Damen und Herren Abgeordnete! Der Name ist in der Tat ähnlich sperrig wie „demografischer Wandel“. Das gebe ich gerne zu.

(Heiterkeit im Hause)

Ich freue mich, dass wir nach der Fragestunde vorhin noch einmal erneut Gelegenheit haben, über dieses wichtige Thema zu sprechen, wie wir den demografischen Wandel gemeinsam gestalten wollen.

Wie gesagt, demografischer Wandel ist sehr sperrig. Wir haben es kurz zusammengefasst – Frau Thelen hat es schon gesagt –, wir werden weniger, wir werden älter, und wir werden bunter.

Wir brauchen keineswegs ohnmächtig davor zu erstarren und zu denken, jetzt können wir gar nichts mehr dagegen tun. Nein, ganz im Gegenteil, wir können ihn gestalten, wir sollten ihn gestalten. Wir sollten vor allen Dingen die Chance und die Potenziale, die sich aus dieser demografischen Entwicklung ergeben, viel stärker nutzen.

Es wird nämlich darum gehen, das Miteinander der Generationen zu stärken, indem wir die Gestaltung gemeinsam mit den Partnerinnen und Partnern vornehmen.

Der erste Demografiekongress in der vergangenen Woche hat eindrucksvoll gezeigt, dass wir Partnerinnen und Partner an unserer Seite haben. Wir haben es vorhin erwähnt, 60 Erstunterzeichner, das ist ein eindrucksvoller Beleg dafür, wie breit unsere Strategie getragen wird.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete von der CDU, umso erstaunter bin ich über die Pressemitteilung, die Sie anlässlich dieses Kongresses veröffentlicht haben. Ich finde es schade. Sie erklären dort, dass diese Gemeinsame Erklärung, die wir mit den 60 Partnerinnen und Partnern verabschiedet haben, doch sehr unverbindlich sei.

Ich finde dies deshalb sehr schade, weil Sie damit nicht nur die Erklärung als unverbindlich erklären, sondern auch das Engagement der Organisationen und der Menschen, die sich dort zusammen an unsere Seite stellen. Das finde ich sehr, sehr bedauerlich.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke ganz ausdrücklich den Beteiligten, die sich an diesem Kongress und der Erklärung beteiligt haben. Wir schätzen Ihr Engagement und sehen es als Mut machendes und beeindruckendes Zeichen an.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in Vorbereitung auf die Fragestunde heute Morgen ist mir aufgefallen, dass es wohl einen Automatismus bei den Kolleginnen und Kollegen der Opposition gibt.

Auf jede Initiative, die mit der Demografiestrategie und mit dem demografischen Wandel verbunden ist, wird mit

dem schon arg strapazierten Vorwurf reagiert, es fehle an einer landesweiten Strategie. Den Vorwurf kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Ich habe dann aber trotzdem heute Vormittag in der Fragestunde noch einmal versucht, Ihnen ausführlich unsere Strategie näherzubringen.

Das war keine Regierungserklärung. Nein, das war nur der erneute Versuch, Ihnen diese Strategie nahezubringen, da Ihnen wohl entgangen ist, dass es diese Strategie gibt und sie bundesweit als Vorbild genommen wird.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich möchte Sie einladen, gemeinsam mit uns diese Strategie fortzuentwickeln. Mit der Demografiestrategie „Zusammenland Rheinland-Pfalz – Gut für Generationen“ sind wir auf dem richtigen Weg. Wir haben dort alle Lebensbereiche im Blick und im Dialog mit den Partnern und Bürgern – ganz wie Frau Thelen eben gefordert hat – bedarfsgerecht Maßnahmen entwickelt.

In der Demografiestrategie sind alle Maßnahmen aufgeführt. Ich will sie nicht alle erläutern, aber Sie können sie sich im Internet unter „www.demografiestrategie.rlp.de“ ansehen. Man kann es dort nachlesen, wenn man sich das noch einmal ein bisschen veranschaulichen will.

(Pörksen, SPD: Das ist doch Arbeit!)

Ich möchte noch einmal stichwortartig auf die Maßnahmen eingehen, weil es vorhin so herüberkam, als wären da keinerlei Maßnahmen drin. Ganz im Gegenteil. Ich verweise beispielsweise auf die Maßnahme zum Thema Fachkräftestrategie.

Da haben wir einen Ovalen Tisch zur Fachkräftesicherung gegründet, um Fachkräfte zu gewinnen und Kompetenzen zu erhalten. Es geht nicht, dass wir die Fachkräftegewinnung alleine stemmen. Wie soll das denn funktionieren? Wir brauchen da Partnerinnen und Partner.

(Beifall bei der SPD)

Da geht es nicht um Kuscheln, sondern da geht es darum, dass wir gemeinsam mit denen arbeiten, uns an einen Tisch setzen und Maßnahmen erarbeiten.

(Pörksen, SPD: Das wissen die gar nicht, wie das geht!)

An unserem Tisch sitzen die Bundesagentur für Arbeit, die IHK, die HWK, der DGB und verschiedene mehr.

(Schweitzer, SPD: So ist das!)

Genauso sieht es aus bei der Maßnahme Kinderfreundlichkeit. Es wurde die Kita angesprochen. Wir lassen die Kitas nicht alleine. Wir haben allein die finanzielle Unterstützung im Doppelhaushalt auf 1 Milliarde Euro gesetzt. Wir haben unser Programm „Kita!Plus“, mit dem wir die Kitas begleiten und über das wir ganz zielgenau und passgenau Maßnahmen anbieten, um den demografischen Wandel zu gestalten.

„Starke Kommunen – Starkes Land“, „WohnPunkt RLP“ und – wie gesagt – viele, viele mehr finden Sie als konkrete Maßnahmen.

Daher entspricht die Landesregierung mit dieser Strategie den Wünschen und Vorstellungen der Bürger, wie die sich eine demografiefeste Politik vorstellen. Sie können das auch gerne in der Bürgerbefragung aus 2013 nachlesen. Wir wollen diese Demografiestrategie fortentwickeln, gemeinsam daran arbeiten und den demografischen Wandel in Zusammenarbeit mit den Generationen gestalten und die Chancen, die sich aus ihm ergeben, nutzen. Ich lade Sie alle herzlich dazu ein.

Danke schön.