Protocol of the Session on November 19, 2014

Das Aufwachsen zu einem selbstständigen demokratisch denkenden Menschen bringt bestimmte Voraussetzungen mit sich und mündet nicht einfach nur so darin, später als Fachkraft dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen.

Ich sage ganz deutlich, die Jugendpolitik muss die Bedürfnisse von Jugendlichen in den Fokus nehmen und nicht die Bedürfnisse von Systemen.

Das dritte Leitziel heißt, Jugendliche sollen an gesellschaftlichen Gestaltungs- und Entscheidungsprozessen mitwirken können, das heißt, eine konsequente Beteiligung in allen Bereichen und auf allen Ebenen, die Jugendliche betreffen. Junge Menschen sollen unsere Gesellschaft mitgestalten können, und zwar unabhängig von ihrer Herkunft und ihren materiellen Möglichkeiten. Das stärkt auch unser demokratisches Gemeinwesen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Ich will noch einmal ein wenig in die Inhalte gehen. Wir haben neben den drei Leitzielen neun Handlungsfelder definiert, die ich kurz vortragen will.

1. Die ganzheitliche Bildung, non-formale Bildung stärken,

2. selbstbestimmten Gestaltungsspielraum für die Jugend sichern,

3. soziale Integration fördern,

4. interkulturelle Öffnung fördern,

5. Partizipation stärken,

6. Offenheit für geschlechtliche Diversität fördern,

7. Medienkompetenz stärken,

8. Prävention gegen Rechtsextremismus stärken und

9. Jugendliche durch europäische und internationale Erfahrungen stärken.

Diese drei Leitziele und neun Handlungsfelder bilden zusammen den Rahmen für ein übergeordnetes Ziel, und das lautet, Jugendpolitik als eigenständiges Politikfeld sichtbar zu machen und im Dialog ein gesamtgesellschaftliches Bündnis für die Jugend und mit der Jugend in Rheinland-Pfalz herzustellen.

Die Landesregierung will für die neue Jugendstrategie möglichst alle jugendhilfepolitischen und alle jugendpolitisch aktiven und relevanten Akteurinnen und Akteure im Land einbinden sowie natürlich selbstverständlich auch die Jugendlichen selbst.

Die großen jugendhilfepolitischen Bündnispartner und Bündnispartnerinnen im Land haben die Initiative der Landesregierung bereits begrüßt und ihre aktive Mitarbeit zugesagt.

Ich will Ihnen sagen, dass in den vorbereitenden Treffen, die ich mit all diesen Akteurinnen und Akteuren hatte, der Landesjugendring, der Katholische Jugendverband, der Evangelische Jugendverband und die Jugendämter dabei waren. Ich will Ihnen sagen, die Jugendämter haben bereits gesagt, dass sie mitmachen wollen und auch mitmachen werden. Ich bin darüber sehr froh.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Mein Ziel ist es, für 2015 eine jugendpolitische Erklärung zu erarbeiten, der möglichst viele Akteurinnen und Akteure beitreten.

Darüber hinaus werden wir eine interministerielle Arbeitsgruppe Jugendpolitik einrichten, um eine ressortübergreifende Jugendpolitik zu etablieren. Eine wichtige Grundlage dafür – da greife ich das auf, was Sie gesagt haben, Frau Demuth – werden selbstverständlich die Ergebnisse des zweiten rheinland-pfälzischen Kinder- und Jugendberichtes sein, die im Jahr 2015 erscheinen werden und genau in den Prozess hineinkommen und die wir sehr gut in dieser Entwicklung der neuen Jugendstrategie dann auch aufnehmen können.

Wir haben in diesem zweiten Kinder- und Jugendbericht sehr viele junge Menschen in Rheinland-Pfalz befragt und dem partizipatorischen Element einen großen Raum gegeben. Wir wissen schon jetzt, dass es vier wichtige Lebenswerte von Jugendlichen gibt: die Familie, die Schule, die Medien und die Freundescliquen, die sogenannten Peer Groups. Das zeigt schon, wie groß das jugendpolitische Spektrum sein muss, damit Jugendpolitik für und mit der Jugend gestaltet werden kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir alle wollen, dass es den jungen Menschen in unserem Land gut geht. Wir alle machen uns in unserer jeweiligen Zuständigkeit dafür stark. Wir alle tragen politische und öffentliche Verantwortung für ein bestmögliches Aufwachsen junger Menschen in Rheinland-Pfalz. Deshalb rufe ich Sie alle auf, lassen Sie uns gemeinsam im Rahmen der neuen Jugendstrategie die Jugendpolitik in RheinlandPfalz auf eine neue Ebene heben. Lassen Sie uns gemeinsam Jugendpolitik noch stärker als eigenständiges Jugendpolitikfeld herausstellen. Lassen Sie uns gemeinsam Jugendpolitik immer als Querschnittsaufgabe mitdenken, als Politik, die nicht nur die Jugendlichen, sondern auch die gesamte Gesellschaft betrifft.

Ich denke, es ist wichtig, dass sowohl Staat als auch Zivilgesellschaft gemeinsam an einem Strang ziehen, um dieses Thema Jugendpolitik öffentlich noch prominenter darzustellen.

Ich denke, wenn man sich die demografische Entwicklung anschaut, ist es für uns selbstverständlich, dass wir die Ideen und Potenziale der jungen Menschen mitnehmen. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit unserer neuen Jugendstrategie auf dem richtigen Weg sind.

Wir benötigen – das will ich abschließend sagen – dazu viele engagierte Bündnispartnerinnen und -partner, auch über die Parteigrenzen hinweg. Deshalb will ich noch einmal sagen, lassen Sie uns die rheinland-pfälzische Jugendstrategie „JES! Jung. Eigenständig. Stark.“ gemeinsam nach vorne bringen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Frau Kohnle-Gros, CDU: Und das alles ohne Geld!)

Meine Damen und Herren, ehe ich zur zweiten Runde aufrufe – Frau Kollegin Schellhammer hat sich schon gemeldet –, die Landesregierung hat ihre Redezeit um 1 Minute überschritten. Das heißt, die CDU-Fraktion bekommt eine Minute zusätzlich und die beiden anderen Fraktionen 30 Sekunden, also anstatt 2 Minuten 3 Minuten bei der CDU und 2 Minuten 30 Sekunden bei den anderen Fraktionen.

Frau Schellhammer, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich denke, Frau Ministerin Alt hat eben viele Irritationen, die bei der CDU-Fraktion vorgeherrscht haben, ausräumen können und dargelegt, dass es ein sehr breit angelegter Dialog ist, der sozusagen mit diesem Beschluss im Ministerrat gestartet wurde und den wir hier in aller Breite sichtbar für alle Politikbereiche in die Plenarsitzung holen wollten, um alle zu diesem Dialog herzlich einzuladen.

Was schon gesagt wurde, ich finde, das mit Henne und Ei ist ein ganz gutes Beispiel. Es ist die Frage, wenn wir sagen, Jugendpolitik ist eine Querschnittsaufgabe, dann hätten wir durch alle Ausschüsse gehen müssen und hätten dann erst im Plenum diskutiert. Ich finde es gut, dass wir den Auftakt der Diskussion haben und damit alle Politikbereiche bei der Neuausrichtung einladen können, ihren Beitrag zu leisten.

Was ich wahrgenommen habe, auch bei dem Beitrag von Frau Demuth, ist, dass grundsätzlich von allen drei Fraktionen begrüßt wird, dass wir eine eigenständige Jugendpolitik in Rheinland-Pfalz haben, die weiterentwickelt werden muss und durch diesen Startpunkt sozusagen diskutiert wird. Deswegen schließe ich mich der Einladung an, dass wir alle gemeinsam diese Neuausrichtung verinnerlichen und in allen Politikbereichen diskutieren.

Ich verbinde als jugendpolitische Sprecherin damit die Hoffnung, dass die Wahrnehmung für die spezifischen Herausforderungen, die junge Menschen in unserem Land haben, in allen Bereichen der Politik in RheinlandPfalz gestärkt wird. Diese Hoffnung hatte ich auch mit dem Vorstoß, das Wahlalter abzusenken. Aber ich denke auch, dass dieser dialogische Prozess, den Frau Ministerin Alt angestoßen hat, ebenso dazu beitragen wird, dass junge Menschen stärker in den Fokus gerückt werden. Das haben sie verdient, und ich lade alle herzlich dazu ein.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Ich erteile das Wort Frau Kollegin Demuth. Wie gesagt, Sie haben drei Minuten.

Die zweite Runde ist eröffnet, dann gehe ich einmal auf Ihre Äußerungen ein, liebe Kolleginnen und Kollegen. Liebe Frau Ministerin, danke schön für die Stellungnahme.

Ich möchte aber noch einmal sagen, es ist wieder einmal typisch Landesregierung: Erst einmal wird es uns über eine Pressemitteilung mitgeteilt, und dann werden wir im Nachhinein aufgefordert, uns daran zu beteiligen, nachdem wir alles in der Presse gelesen haben.

(Beifall der CDU – Heiterkeit der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Ich hatte eigentlich gedacht, dass ich zu den anderen jugendpolitischen Sprechern und auch zu dem Ausschuss und allen Mitgliedern ein hervorragendes Verhältnis habe. Ich bin deshalb etwas enttäuscht, dass man nicht im Vorhinein auf uns zukommt und ein solch wichtiges Thema, das natürlich landesweit übergreifend beraten und beschlossen werden muss, mit uns im Vorfeld bespricht und andiskutiert und uns um die Zustim

mung bittet, zumal ich vorhin gehört habe, alle Verbände scheinen schon eingebunden zu sein, Frau Ministerin. Warum dann nicht auch wir? Das wäre doch einmal ein Miteinander. Dann kämen wir auch gemeinsam zu einem guten Ergebnis.

(Beifall der CDU)

Ich hoffe, dass es dabei bleibt und wir das im Ausschuss ausführlich diskutieren; denn nur das wird dem Thema gerecht, dass wir inhaltlich überlegen, wie man auf dem sehr schwierigen Politikfeld vorgehen kann, weil es sehr viele Ministerien betrifft.

Ich hoffe nicht, dass wir in dieser sehr aktionistischen Stunde damit als neue Imagekampagne abschließen, sondern hoffe, dass wir das Thema in den kommenden Monaten und vielleicht im kommenden Jahr im Ausschuss ausführlich besprechen und dann vielleicht auch einvernehmlich abschließen können.

(Beifall der CDU)

Ich erteile das Wort Herrn Kollegen Oster.

Meine Damen und Herren! Ich denke, dieses Thema ist ernst und uns allen wichtig. Das haben wir heute hier gehört.

Frau Demuth, der Aktuellen Stunde jetzt einen solchen Namen zu geben, finde ich persönlich nicht zutreffend. Ich möchte deutlich sagen, weil vorhin die finanzielle Seite angesprochen wurde – in Zeiten der Schuldenbremse brauche ich keinem zu sagen, was das bedeutet –, im letzten Doppelhaushalt haben wir die Ansätze im Jugendbereich deutlich erhöht.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Aber nicht überall!)

Ich glaube, auch das ist ein Zeichen in die richtige Richtung.

Ich spreche hier von der konkreten Jugendarbeit, meine Damen und Herren.