Protocol of the Session on November 12, 2014

Dass das anders ist, wissen wir heute.

Eine weitere Aussage von Minister Lewentz stammt aus der Plenarsitzung vom 2. Mai 2012. Dort sagte er – ich zitiere –: „Ich nehme diesen Bericht der Europäischen Kommission (…) sehr ernst, aber als Mantra möchte ich es nicht vor mir hertragen.“

Frau Ministerpräsidentin, wie sollte das Beihilfeverfahren zu einem guten Ende gebracht werden, wenn Minister Lewentz erst gar nicht den Weg nach Brüssel findet und nicht in den Dialog direkt mit der Kommission eintritt, aber am Ende die Kommission dann massiv noch angreift? Wie soll da überhaupt ein gutes Ende vorbereitet werden?

(Beifall der CDU)

Ich komme noch einmal zurück zu Ihrer Aussage. Selbst wenn die Weichen bei seinem Amtsantritt bereits gestellt waren und er keinen Einfluss mehr darauf gehabt haben

sollte, warum haben Sie, Frau Ministerpräsidentin, ihm dann das Beihilfeverfahren aus der Hand genommen und die Kontakte zur EU angeblich zur Chefsache gemacht? Wenn schon alles geklärt war und bei ihm in guten Händen, einem sehr guten Minister, war, warum müssen Sie ihm dann die Zuständigkeit abnehmen? Auch das müssen Sie uns einmal erklären.

(Beifall der CDU)

Ich komme zweitens zur Insolvenz. Herr Minister Lewentz hat die Nürburgring GmbH in die Insolvenz geführt. Ich fand es bemerkenswert, dass Sie, Frau Ministerpräsidentin, auf Ihrer Pressekonferenz sagten, er konnte als Minister die Insolvenz nicht mehr abwenden, als Minister. Das heißt doch, bei seinem Amtsantritt stand die Insolvenz schon fest. Erklärt haben Sie die Insolvenz aber erst im Sommer 2012, also über ein Jahr später.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Ich will Ihnen nichts unterstellen,

(Pörksen, SPD: Nein, gar nicht!)

aber als Juristin wissen Sie ganz genau, dass Sie sich hier an einer ganz harten Grenze befinden.

(Beifall der CDU – Zurufe von der SPD)

Auch hier passen wieder einmal einige Aussagen nicht zusammen, Frau Ministerpräsidentin.

(Baldauf, CDU: Warten wir es einmal ab!)

Ich komme drittens zu den fehlenden Jahresabschlüssen. Für die Nürburgring GmbH wurden für die Jahre 2010 und 2011 keine testierten Jahresabschlüsse vorgelegt. Sie wissen doch, die Jahresabschlüsse oder der Jahresabschluss muss sechs Monate nach Ende des Geschäftsjahres vorliegen. Das gilt für jeden Unternehmer, nur für unseren Minister hier nicht.

Er hat den von Herrn Hering ausgehandelten Vertrag auch dann noch als – Frau Dreyer, ich zitiere – „guten Vertrag“ bezeichnet, als er bereits wusste, dass die vereinbarten Pachten nicht den Realitäten des Marktes entsprachen.

(Pörksen, SPD: Woher wissen Sie das denn?)

Frau Ministerpräsidentin, gegenüber dem SWR haben Sie gesagt, Minister Lewentz sei – ich zitiere – „nicht unantastbar, aber unglaublich wichtig“.

Klar, er ist Ihr SPD-Parteivorsitzender. Er wird sich in wenigen Tagen auf dem SPD-Parteitag zur Wiederwahl stellen.

(Pörksen, SPD: Erfolgreich!)

Das ist doch übrigens der eigentliche Grund, dass er nicht gemeinsam mit den Herren Hering und Dr. Kühl zurücktreten musste, aber dafür mussten Herr Hartloff

und Frau Conrad gehen. Das ist weder klar noch transparent noch nachvollziehbar.

(Beifall der CDU)

Frau Dreyer, deshalb auch bei allen Bekundungen, die Sie heute wieder in brennender Sorge um unser Land formuliert haben, eines wird immer deutlicher, Ihnen gehen Parteiinteressen ganz klar vor Landesinteressen.

(Beifall der CDU – Pörksen, SPD: Das sagt die Richtige!)

Natürlich geht es auch um die Zukunft, aber in erster Linie geht es um Ihre eigene Zukunft, um die Zukunft der SPD, um die Macht der SPD und weniger um die gute Zukunft der Rheinland-Pfälzerinnen und der RheinlandPfälzer.

(Zuruf des Abg. Noss, SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir gehen weiter; denn was ist der selbst gesetzte Anspruch der Ministerpräsidentin? Sich von denen zu trennen, die mit dem Nürburgring zu tun hatten, um in die Zukunft zu schauen. – Dass Herr Lewentz mit dem Nürburgring zu tun hatte, das kann keiner abstreiten. Aber stimmt denn der selbst gesetzte Anspruch der Ministerpräsidentin? Gehen wir zu Herrn Schweitzer. Seine Beteiligung am NürburgringDebakel wird uns noch im Rechtsausschuss beschäftigen. Auch wenn die Ministerpräsidentin in einem Interview am Montag erklärte, für sie sei die politische Aufarbeitung des Debakels beendet, wir werden weiter nachfragen, genauso wie wir nachfragen werden damals bei Herrn Beck, der auch alles für beendet erklärt hatte.

(Beifall der CDU)

Wir werden weiter ergebnisoffen nachfragen.

(Heiterkeit bei der SPD)

Ungeklärt ist, ob und wie Herr Schweitzer Einfluss auf die Beschlussvorlage der ISB – der Förderbank des Landes – damals nahm, als diese in die Nürburgringfinanzierung einstieg. Es geht um die Frage, ob er Dinge aus dieser Beschlussvorlage gestrichen hat oder streichen wollte. Wenn ja, warum eigentlich, Herr Schweitzer? Selbst wenn er nur versucht hat, die Beschlussvorlage zu ändern, man muss sich vergegenwärtigen, liebe Kolleginnen und Kollegen, was damals gerade passierte. Die ISB befasste sich mit der Umstellung der Finanzierung vier Wochen, nachdem der Landesrechnungshof einen ersten vernichtenden Prüfbericht zum Nürburgring veröffentlicht hatte. Kurz zuvor war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft inzwischen nicht nur gegen Finanzminister Professor Dr. Deubel ermittelte, sondern auch gegen zwei Mitarbeiter der ISB. Und drittens, drei Wochen zuvor waren die Geschäftsräume der ISB durchsucht worden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, und vor allen Dingen frage ich Sie, Frau Ministerpräsidentin, ist es wirklich glaubhaft, dass in einer solchen Situation ein angeblich völlig Unbeteiligter einfach einmal so in einer Beschlussvorlage für den Aufsichtsrat der ISB herumkorrigiert?

Schließlich ging es nicht um irgendeinen Kredit, sondern um eine Finanzierung in dreistelliger Millionenhöhe. Kann man da wirklich behaupten, alle, die mit dem Nürburgring zu tun hatten, würden heute in der SPD keine Verantwortung mehr tragen? Frau Dreyer, ich glaube, das glaubt Ihnen keiner.

(Beifall der CDU)

Aber Herr Schweitzer will sich am Wochenende zum stellvertretenden Landesvorsitzenden wählen lassen, ebenso wie Herr Hering. Da frage ich: Ist das Ihre ehrliche Zäsur, Frau Ministerpräsidentin? Ist das wirklich ein Neuanfang, oder konnten Sie sich einfach bei Ihrem Parteivorsitzenden nicht durchsetzen?

Herr Schweitzer war damals im Übrigen nicht nur Wirtschaftsstaatssekretär, er war auch stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der ISB. Er hat in dieser Funktion die Nürburgringfinanzierung über die ISB möglich gemacht. Er hat kein Veto eingelegt. Das sind die zwei Herren, von denen Sie angeblich sagen, sie hätten nichts mit dem Nürburgring-Debakel zu tun. Gehen wir zu einem dritten Herrn, der angeblich nichts damit zu tun hätte.

(Pörksen, SPD: Herr Pföhler!)

Ein weiterer am Nürburgringskandal Beteiligter ist Herr Hoch, Ihr neuer Chef der Staatskanzlei.

(Pörksen, SPD: Das ist doch an Unverschämtheit nicht zu übertreffen!)

Herr Hoch war vor der Wahl Obmann der SPD im Untersuchungsausschuss.

(Pörksen, SPD: Ja, ein ganz Schlimmer!)

Wir als CDU-Fraktion wollten damals auch das jetzt gescheiterte Zukunftskonzept im Untersuchungsausschuss unter die Lupe nehmen.

(Staatsminister Lewentz: Schauen Sie sich einmal die Gesichter Ihrer Fraktion an!)

Die SPD-Kollegen haben sich damals, als wir das gescheiterte Konzept unter die Lupe nehmen wollten, dagegen gesperrt.

(Baldauf, CDU: Ja, so war das!)

Ich finde es schon bemerkenswert, mit welch großer Heiterkeit Herr Lewentz, Herr Pörksen und die Fraktion dieses Faktum begleiten, das heute dazu geführt hat, dass Sie die neuen Minister beklatschen mussten, die wegen des Nürburgringskandals auch gehen mussten.

(Starker Beifall der CDU – Baldauf, CDU: So ist es!)

Das muss man intellektuell erst einmal schaffen. Herr Hoch hat damals behauptet, das neue Zukunftskonzept am Nürburgring unter die Lupe zu nehmen, sei unzulässig. Das Gleiche haben Sie dann behauptet, als wir Akten zum Zukunftskonzept verlesen lassen wollten.

Auch hier war an der Spitze der Bewegung Herr Hoch. In beiden Fällen mussten wir erst Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes zurate ziehen, bis klar war, unsere Anliegen waren zulässig. Durch diese Verzögerung konnte der Untersuchungsausschuss nur noch in zwei Sitzungen das Zukunftskonzept beleuchten.