Sehr geehrte Damen und Herren von der CDU, in dieser Legislaturperiode wird das Land aber keine Planung und erst recht keinen Bau einer Brücke im Mittelrheintal unterstützen. Das Innenministerium arbeitet derzeit Planungen aus, um die Fährverbindungen in diesem Tal auszubauen. Damit wird dem selbstverständlichen Wunsch der Bürgerinnen und Bürger vor Ort nach mehr Überquerungsmöglichkeiten nachgekommen.
Mit mehr Fährverkehr und nicht mit einer teuren Brücke werden wir die Menschen am Rhein vor Ort zusammenbringen, ohne dabei das Weltkulturerbe Mittelrheintal zu beeinträchtigen. Das bietet dieser Region eine Perspektive jenseits von Beton; denn die Gleichsetzung von Beton mit verbesserter Infrastruktur ist meiner Meinung nach ein falscher Weg.
Meine Damen und Herren, Bürgerbeteiligung setzt dort an, wo sich Lebensumstände von Bürgerinnen und Bürgern durch ein Projekt verändern, dort, wo Menschen durch geplante Projekte tangiert werden. Wie schon gesagt, in dieser Legislaturperiode wird es aber keine vom Land finanzierte Mittelrheinbrücke geben. Deshalb stellt sich bei diesem Projekt auch nicht die Frage nach einer Bürgerbeteiligung.
Kurz gesagt: Wenn es kein Projekt gibt, gibt es auch keine davon Betroffenen. Die Frage nach einer Beteiligung an der Planung dieses Projektes ist damit überflüssig.
Im Gegenteil, Sie täuschen mit Ihrem Antrag Beteiligungsmöglichkeiten dort vor, wo keine sind. Der Wunsch der Bevölkerung und der Wirtschaft vor Ort nach besseren Querungsmöglichkeiten ist uns auch wichtig. Daher werden wir die Nachfrage des ausgebauten Querverkehrs vor Ort auch evaluieren und mit den Leuten vor Ort sprechen, ob ein besseres Angebot der Fähren sie näher zusammenbringt. Es ist aus meiner Sicht sinnvoll und notwendig, die Erfahrungen der Bürgerinnen und Bürger sowie der Wirtschaft und der Fährbetreiber vor Ort einzuholen und Verbesserungen gemeinsam zu diskutieren.
Grundsätzlich wirft aber die Bürgerbeteiligung im Rahmen von Entscheidungen über Großprojekte bestimmte Fragen auf. Das sind zum Beispiel folgende Fragen: Wer stimmt eigentlich über welche Projekte ab? Welche Instrumente muss es künftig geben, um Menschen, die von Großprojekten unmittelbar betroffen sind, eine Mitbestimmung zu ermöglichen? – Genau diese Art von Fragen werden wir in der geplanten EnqueteKommission in aller Gänze und Tiefe diskutieren. Ich bin davon überzeugt, wir müssen neue Wege zu mehr Demokratie gehen. In diesem Antrag sind sie aber gegenstandslos.
Diese direktdemokratischen Elemente müssen ganz sicher verbessert werden, wenn man beispielsweise an die Höhe der Quoren denkt.
Doch jenseits der Thematisierung von Verbesserungsvorschlägen für diese vorhandenen Instrumente müssen wir uns darüber unterhalten, wie wir neue, weitere Wege digitaler oder analoger Beteiligung der Menschen in unserem Land weiter denken können.
Im Rahmen dieser Diskussion muss es auch darum gehen, ob beispielsweise nur einer oder mehrere Landkreise über Projekte abstimmen wollen. Wie weit zieht man den Kreis der Betroffenen und der Beteiligten?
Es muss sich der Frage gestellt werden: Was wird regional entschieden, und wann ist ein landesweiter Volksentscheid sinnvoller?
Es geht uns aber nicht nur um diese Frage, aus welcher Region die Menschen kommen, sondern es ist uns auch wichtig, eine Antwort auf die Frage zu finden, wie wir es schaffen, mehr junge Menschen stärker einzubinden, Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt in RheinlandPfalz haben, aber einer anderen Nationalität angehören, besser einzubinden, wie wir es in Rheinland-Pfalz schaffen, die Menschen als Partner von Politik und Verwaltung einzubinden und wie die Ergebnisse von Politik durch Beteiligung verbessert werden können.
Sie sehen an diesem Fragenkatalog, dass es in dem Bereich Bürgerbeteiligung vieles in Gänze zu diskutieren gibt. Deshalb ist die Enquete-Kommission auch notwendig.
Ich freue mich darauf, dass Vertreterinnen und Vertreter aller Fraktionen in der künftigen Kommission richtungsweisende Vorschläge für mehr Demokratie in unserem Land gemeinsam erarbeiten, hier im Plenum diskutieren und gemeinsam vor Ort umsetzen werden.
Eine Bürgerbeteiligung zu diesem Projekt, das es nicht geben wird, halte ich jedoch für gegenstandslos.
Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Die Fraktion der CDU fordert die Landesregierung mit ihrem Antrag auf, die Bürgerbeteiligung zum Bau der Mittelrheinbrücke weiterhin zu unterstützen.
(Frau Klöckner, CDU: Herr Lewentz? – Ministerpräsident Beck: Es wäre gut, wenn man wahrnehmen würde, wer für was zuständig ist!)
Sie können ja Ihren geschätzten Kollegen Klein wieder mit einer Kleinen Anfrage losschicken und nach der Geschäftsverteilung in der Landesregierung fragen.
Dann werde ich Ihnen die Auskunft geben, dass für Fragen der Bürgerbeteiligung die Staatskanzlei zuständig ist.
Die Landesregierung hat in der Vergangenheit die Bürgerinnen und Bürger verschiedentlich bei politischen Reformvorhaben exemplarisch und ohne, dass es gesetzlich vorgeschrieben ist, beispielsweise bei der Kommunal- und Verwaltungsreform beteiligt.
Wir sind gemeinsam mit unserem Koalitionspartner entschlossen, dies in Zukunft verstärkt zu tun und auch auf große Infrastrukturprojekte anzuwenden. Das ist auch im Koalitionsvertrag und in der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten so festgelegt.
Dabei geht es uns vor allem um eines: Wir wollen die Menschen aktiv in die Entscheidungsfindung einbeziehen, ihren Sachverstand zurate ziehen und ihre Anregungen aufgreifen.
Ich bin Frau Abgeordneter Schellhammer dankbar dafür, dass sie darauf hingewiesen hat, das die Koalitionsfraktionen genau zu diesem Zweck vorhaben, eine EnqueteKommission einzusetzen, um diese Fragen zu regeln; denn wir haben gerade zu dieser Frage „Wie beteiligen wir die Menschen bei großen Projekten, die im Land
vorgesehen sind?“ keine Beteiligungsregelungen, die über die bisherige Bauleitplanungen etc. hinausgehen.
Meine Damen und Herren, die Entscheidung zur Mittelrheinbrücke ist gefallen, und zwar auf demokratischem Weg. Am 27. März 2011 haben die RheinlandPfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer einen neuen Landtag gewählt und SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt.
Die Positionen der Regierungsparteien zum Bau der Mittelrheinbrücke haben im Wahlkampf einen großen Raum eingenommen und waren den Wählerinnen und Wählern bekannt. Insofern ist am Ergebnis der Koalitionsverhandlungen und der politischen Entscheidung, den geplanten Bau der Mittelrheinbrücke nicht weiterzuverfolgen, nichts, was undemokratisch wäre oder den Bürgerwillen missachten würde.
Auf der Grundlage der Entscheidung der Regierung wird dieses Projekt nun nicht weiterverfolgt. Ein Bürgerbeteiligungsverfahren zum Bau der Brücke im Mittelrheintal, wie von der Opposition beantragt, macht damit keinen Sinn mehr.
Zum einen ist eine ernstgemeinte Bürgerbeteiligung nur bei solchen Vorhaben sachgerecht, die auch tatsächlich umgesetzt werden können und sollen. Das ist hier ersichtlich nicht der Fall. Ein Beteiligungsprozess zum Bau der Brücke wäre also aus meiner Sicht gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern geradezu irreführend.
Zum anderen ist festzuhalten, dass mit der Entscheidung der Landesregierung, die Pläne zum Bau der Mittelrheinbrücke nicht weiterzuverfolgen, die Geschäftsgrundlage zur Bereitstellung von 150.000 Euro für das geplante Beteiligungsverfahren für das Modellprojekt entfällt.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete, lassen Sie mich an dieser Stelle noch
einmal unterstreichen, dass sich nichts am grundsätzlichen Bekenntnis der Landesregierung zum Ausbau der Bürgerbeteiligung bei Großprojekten geändert hat.
Wir wollen damit die repräsentative Demokratie nicht ersetzen, sondern stärken. Durch direktdemokratische Verfahren haben Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, ihre Interessen unmittelbar wirksam einzubringen und intensiv am politischen Entscheidungsprozess teilzuhaben.
Meine Damen und Herren von der Opposition, grundlegend für den Erfolg solcher Verfahren sind jedoch vor allem zwei Dinge: Sie müssen Planungsprozesse von Anfang an begleiten können, und sie können nur solche Vorhaben betreffen, die auch eine Chance auf Umsetzung haben.