Protocol of the Session on June 26, 2014

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Kollege Steinbach das Wort.

Frau Präsidentin, herzlichen Dank. Sehr geehrter Herr Kollege Henter, danke, dass Sie noch einmal ausdrücklich auf die Zahlen des Rechnungshofs eingegangen sind und sie verlesen haben. So viel anders waren die Zahlen, die der Herr Minister aus dem Bereich des Bundesministeriums der Finanzen verlesen hat, auch nicht. Von daher noch einmal danke. Sie sind alle richtig. Die Zahlen sind unbestritten. Die Frage ist, welche Konsequenzen Sie daraus ziehen. Dann machen Sie leider doch den einen oder anderen Fehler.

Ich will noch einmal auf den kommunalen Finanzausgleich hinaus. Sie sagen, der kommunale Finanzausgleich war verfassungswidrig, nämlich der des Jahres 2007. Wir haben heute das Jahr 2014. Wir haben einen neuen kommunalen Finanzausgleich auf gesetzlicher Grundlage. Wenn Sie meinen, es sei alles nicht ausreichend, dann kann ich Ihnen nur sagen, dass man das VGH-Urteil genau lesen muss. Da war die Frage nach den sozialen Ausgaben, die besonders zu bedenken sind.

Deswegen haben wir einen neuen Schlüsselansatz C eingebracht, der mit 200 Millionen Euro ausgestattet ist, der genau dafür gedacht ist und zielgenau dahin wirkt, dass die Träger von hohen Sozialausgaben besonders bedacht werden. Das ist die Wirkung. Deswegen sind wir der Auffassung, dass der von uns reformierte Finanzausgleich, die neuen Zuweisungen an die Kommunen, auch diesem Anspruch entspricht.

Zum Zweiten möchte ich Sie darauf hinweisen, dass wir bereits in der Koalitionsvereinbarung, die Sie offensichtlich nicht gut genug gelesen haben, festgelegt haben, diesen Finanzausgleich neu zu regeln. Wir haben nur gesagt, wir warten auf das Urteil aus Koblenz, damit wir die dortigen Hinweise mit einbeziehen können. Uns war klar, und zwar Rot-Grün aus eigenem Antrieb, dass wir in diesem Bereich neue Regelungen haben wollen und neue Regelungen brauchen.

Meine Damen und Herren, von daher bedarf es der Belehrung an dieser Stelle nicht.

Noch einen Hinweis zu Ihrem Vorschlag, die Sozialausgaben aus dem kommunalen Finanzausgleich herauszulösen. Ja, es ist richtig, den haben Sie mündlich vorgetragen. Wir sind der Gesetzgeber. Ich erwarte, dass dann auch ein Vorschlag auf einer Gesetzgebungsbasis vorliegt,

(Zuruf des Abg. Henter, CDU)

auf der steht, wie das geregelt werden soll. Nur das Herauslösen von Sozialausgaben aus dem kommunalen Finanzausgleich und das Regeln in einem eigenen Finanzausgleich, hilft keiner einzigen Kommune weiter. Da ist nicht 1 Euro mit dabei gewesen. Sie haben sich immer davor gedrückt, klare Zahlen zu nennen. Sie haben Positionen in Ihrer kommunalpolitischen Vereinigung gefasst, 300 Millionen Euro mehr. Die haben wir deutlich gehört. Sie haben aber nicht einen einzigen Antrag gestellt, der diese Finanzierung zur Verfügung stellt. Deswegen ist Ihre Argumentation auf der Problemlösungsseite immer unredlich, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank.

Ich rufe die Aussprache über die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Barbara Schleicher-Rothmund und Manfred Geis (SPD), SchUM-Städte – Nummer 1 der Drucksache 16/3672 – betreffend, auf.

Ich darf Herrn Kollegen Geis das Wort erteilen.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die sehr gute Platzierung der SchUM-Städte Speyer, Worms und Mainz auf der nationalen Vorschlagsliste ist eine Auszeichnung für die bisher hervorragende Arbeit aller Beteiligten.

Mit der Entscheidung hat die Kultusministerkonferenz die große Bedeutung der SchUM-Städte in RheinlandPfalz für die Entwicklung des gesamten europäischen Judentums unterstrichen. Für uns ist es seit 2006 erklärtes Ziel, das mittelalterliche jüdische Erbe in den SchUM-Gemeinden in die Liste des UNESCO-Welterbes eintragen zu lassen.

Wir sind uns der hohen kulturellen Bedeutung dieses Erbes bewusst und werden alles dafür Nötige tun, um die Bewerbung zu einem erfolgreichen Ende zu führen.

Diese Entwicklung resultiert nicht zuletzt auch aus dem gewachsenen Bewusstsein für die Bedeutung der jüdischen Geschichte, der gesamten Geschichte, nicht nur der Erinnerungs- und Trauerarbeit.

In Mainz ist mit der Synagoge ein herausragendes neues Architekturdenkmal erstanden. An vielen anderen Orten gibt es Ergänzungsbauten und viele Renovierungen an bestehenden Synagogen.

Die GDKE ist für herausragende Arbeit in der Denkmalpflege und die wissenschaftliche Aufarbeitung der jüdischen Geschichte zu loben. Das ist für dieses Thema wichtig, weil es die Basis für das ist, was wir der UNESCO noch zur Vertiefung unseres Antrags liefern müssen. Die Kompetenz, das zu leisten, haben wir in Rheinland-Pfalz auch und gerade an unseren Universitäten. Ich nenne als Beispiel – Frau Ministerin Ahnen hat es schon getan – die Universität Trier.

Wichtig ist aber, dass die Menschen in Rheinland-Pfalz wissen, welche wertvolle kulturhistorische Substanz es in unserem Lande gibt. Die Landeszentrale für politische Bildung hat ganz frisch eine Broschüre zu den SchUMStädten aufgelegt. Das ist eine gute Hilfe dazu.

Es gibt viele Belege dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger in Rheinland-Pfalz auf das historische Erbe stolz sind und zum Ausdruck bringen, dass ihnen der Erhalt und die Nutzung wichtig sind. Die kulturelle Nutzung historischer Stätten ist in Rheinland-Pfalz vorbildlich, und viele sind daran beteiligt. Ich nenne als Beispiel die Reihe „Musik in Synagogen“ der Villa Musica. Gespielt wird auch Musik jüdischer Komponisten, die in der Nazizeit verfolgt wurden und ins Exil flüchten mussten, wie zum Beispiel Hans Gál, der vormalige Direktor des Peter-Cornelius-Konservatoriums. Diese Konzerte sind eine wertvolle und überfällige Erinnerung.

Historische Räume würdig kulturell zu nutzen, ist wichtig, aber auch in die Bildungsarbeit Welterbestätten einzubeziehen, ist genauso wichtig. Herr Staatssekretär Walter Schumacher kann von seinen vielen Begegnungen ganz anschaulich erzählen, wie viele, vor allem auch Ehrenamtliche, sich engagiert für Kulturdenkmäler einsetzen, wie zum Beispiel den Limes mit vielen guten Ideen, mit denen Jugendliche motiviert werden, sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen.

Es gibt zwei weitere aktuelle Wünsche des Landes Rheinland-Pfalz für Weltkulturerbestätten: die Sayner Hütte, ein herausragendes Industriedenkmal. Diese sind bei den Weltkulturerben noch eindeutig unterrepräsentiert. Und, gut passend, weil die gleichen Städte wie bei SchUM betroffen sind, die Dome von Speyer, Worms und Mainz. Da sollten wir uns nicht entmutigen lassen, dass sie auf der Liste noch nicht ganz nach oben gekommen sind. Beide Anliegen verdienen den Weltkulturerbestatus.

Wir danken der Landesregierung für ihre seit Jahren engagierte Arbeit für bestehende Welterbestätten in Rheinland-Pfalz und für das Bemühen, neue durchzusetzen. Das ist nicht immer bequem, auch nicht der eigenen Kommunalpolitik gegenüber. Sie wissen das. Aber Welterbe zu sein, ist offenbar attraktiv, wie sonst würden sich so viele mühen, das Moseltal auf die Liste der UNESCO-Weltkulturerbestätten zu bekommen.

Ich komme zum Schluss direkt noch einmal auf die SchUM-Städte zu sprechen. Sie sind weltweit bei gläu

bigen Juden als das „Jerusalem des Westens“ nicht zuletzt wegen der Bedeutung der hier wirkenden Rabbiner geschätzt und geachtet. Zu Beginn des nächsten Jahrzehnts – Sie haben es gehört –, können wir damit rechnen, dass der Welterbestatus den SchUM-Städten verliehen wird. Diese Wartezeit hat rein formale Gründe. Wir können uns freuen, dass es offenbar klappt. Besten Dank allen, die dafür gearbeitet haben.

Danke schön.

(Beifall im Hause)

Vielen Dank. – Für die CDU-Fraktion hat Frau Kollegin Kohnle-Gros das Wort.

Danke schön, Frau Präsidentin.

Mir geht es so ähnlich wie Frau Kollegin Astrid Schmitt gestern nach Bernd Henter, dass ich Herrn Kollegen Geis schlecht an irgendeiner Stelle widersprechen kann. Deswegen einfach noch ein paar Bemerkungen von der CDU-Fraktion zu dieser Mündlichen Anfrage und den Ausführungen der Landesregierung hierzu.

Ich darf mit einem Auszug aus dem Internet beginnen, weil ich finde, dass die Landeshauptstadt Mainz in Form ihres Stadtarchivs wunderbar zusammengefasst hat, um was es bei diesem Antrag, die SchUM-Städte ins Weltkulturerbe zu bekommen, geht.

Der Text geht wie folgt: Im Hochmittelalter waren die drei jüdischen Gemeinden Speyer, Worms und Mainz eng miteinander verflochten und unter dem Akronym SchUM – Sie wissen, was es bedeutet und wie der Begriff zustande kommt – überregional bekannt. Die Rabbiner der drei Städte versammelten sich seit dem Ende des 12. Jahrhunderts – das muss man sich vorstellen – auf Synoden, wo sie Beschlüsse zum Zusammenleben in den Gemeinden fassten, die autoritativ wirkten und für die Entfaltung jüdischen Lebens in Mitteleuropa eine herausragende Bedeutung erlangten.

Bis heute kommen Besucher aus der jüdischen Welt in diese Städte auf der Suche nach jüdischen Traditionen und Zeugnissen sowie dem Wirken der damaligen Gelehrten. In enger Abstimmung mit den drei Städten, den jüdischen Gemeinden sowie Fachwissenschaftlern – alles, was wir schon gehört haben – verfolgt das Land Rheinland-Pfalz das Ziel, die SchUM-Städte in die Weltkulturerbeliste der UNESCO aufnehmen zu lassen, und ein erster Schritt – da sind wir beim heutigen Datum – war die Konferenz der Kultusminister, in der es gelungen ist, dieses Anliegen als Nummer 5 der Liste, die jetzt für Deutschland erarbeitet worden ist, zu platzieren. Ich glaube, das ist ein sehr schöner Erfolg.

Frau Ministerin, es war überzeugend, wie Sie dargestellt haben, wie die Vorarbeiten gestaltet werden müssen, damit man dieses Ziel erreicht, dass man nämlich be

stimmte Kriterien wahrnimmt, sie im weltweiten Gefüge dieses Verfahrens klarmacht, damit man sieht, worauf ich hinarbeiten muss, damit ich wichtige Punkte schon innerhalb Deutschlands feststellen und wissenschaftlich untermauert darstellen kann, damit man eine Chance hat, letztendlich erfolgreich in dieses System einsteigen zu können. Das ist gelungen. Jawohl. Vielen Dank.

(Beifall im Hause)

Das muss – das haben Sie dargestellt – jetzt auf den Weg hin zu einer wirklichen Aufnahme. Es wird ein bisschen dauern. Das ist uns bewusst. Das ist auch denjenigen, die sich in der Vergangenheit mit den Verfahren beschäftigt haben, ganz klar, es wird einige Jahre dauern, und es wird erneuter Anstrengungen bedürfen, wissenschaftlich, aber auch politisch-gesellschaftlich zu transportieren, was uns bewegt, dieses Verfahren für die SchUM-Städte zu beschreiten. Da sind die Städte – das sieht man –, aber auch die jüdischen Gemeinden auf einem sehr guten Weg.

Da ist der Verein, der dieses gesamte gesellschaftliche Gefüge zusammenführen soll, wie wir als CDU-Fraktion glauben, ein wirklich guter Weg, das gemeinsam beschreiten zu können.

Wir wollen als Fraktion darauf hinweisen, dass wir vor einiger Zeit über Maria Laach diskutiert haben, dass wir als CDU-Fraktion der Meinung waren, auch Maria Laach könnte ein solches Projekt sein, das die Aufnahme ins Weltkulturerbe verdient hat.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben das hier miteinander intensiv diskutiert. Aber daran will ich einfach nur noch einmal zeigen, was wir von der ganzen Geschichte des Weltkulturerbes halten. Der Kollege hat auch schon ein bisschen angedeutet, dass das nicht nur eine gesellschaftlich-wissenschaftliche Sache, sondern auch eine Auszeichnung ist, die sich auch auf den Tourismus, die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes und der Region am Rhein auswirken wird. Wir wissen es ganz besonders vom Mittelrhein, was das bewirkt. Es gibt Menschen auf der ganzen Welt, die ganz bewusst zu solchen Zielen reisen. Sie arbeiten sie sozusagen auf einer Liste ab. Ich habe gelesen, Worms hat aufgrund dieses jüdischen Erbes jetzt schon – ich bin sicher, in Mainz und in Speyer ist das genauso – fast 100.000 Besucher jedes Jahr. Wenn man das mit diesem Verfahren jetzt geschickt macht, bin ich mir sicher, dass sich das positiv auswirken wird.

Zum Schluss meiner Ausführungen will ich noch einmal den Mainzer Oberbürgermeister zitieren, der in seiner Meldung zu dem Erfolg gesagt hat, neben der kulturhistorischen Bedeutung der Bewerbung erhoffen wir uns alle positive Auswirkungen auf die internationale Strahlkraft unserer Städte.

(Glocke der Präsidentin)

(Beifall der CDU und bei SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Kollegin Ratter das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Ich habe gerade gesagt: Was soll ich jetzt eigentlich noch sagen? – Liebe Marlies KohnleGros, du hast aber ein Stichwort genannt, auf das ich vielleicht doch noch eingehen kann, nämlich das der Wahrnehmung. Dazu muss ich sagen, die Geschichte der jüdischen Gemeinden hat in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eindeutig eine sehr untergeordnete Bedeutung in unserem Bewusstsein gehabt. Nur die Dinge, auf die wir uns tatsächlich fokussieren und auf die wir uns einlassen, werden sich tatsächlich in unserem Bewusstsein verankern. Somit bin ich sehr froh, dass wir uns nun mit der mittelalterlichen Geschichte des Judentums und ihren Zeugnissen am Rhein befassen werden.

Die SCHUM-Städte stehen nicht nur für die baulichen Zeugnisse – das wurde überzeugend von Manfred Geis dargestellt –, sondern vor allen Dingen für das Schriftgelehrtentum, und zwar weit über das hinaus, was nur die Religion und den Glauben anbelangt, auf dessen Bedeutung nachher sicherlich Gunter Heinisch noch eingehen wird. Sie haben auch eine sehr große Bedeutung für die Philosophie und für die Geistesgeschichte nicht nur unseres Landes, sondern auch für die europäische Geistesgeschichte. Ich bin sehr froh darüber, dass uns der Status des Weltkulturerbes eine Chance gibt, dies nicht nur im wissenschaftlichen Sinne aufzuarbeiten, sondern es auch einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Es erfordert wahrscheinlich sehr viel Anstrengung und sehr viel Phantasie, das so weit herunterzubrechen, dass es nicht nur in Schulen und den Stätten der Gelehrten letzten Endes ins Bewusstsein der Menschen kommt, sondern eben auch in geeignetem Maß so transportiert wird, dass die Öffentlichkeit davon etwas erfährt und es vielleicht auch als Gedanken mitnimmt, die vielleicht 1.000 Jahre alt sind, aber heute noch an Aktualität vieles besitzen, was wir auch für unser Leben mitnehmen können.