Protocol of the Session on May 15, 2014

Herr Kollege Ramsauer, ich möchte es kurz machen. Die Klage, die aktuell vor dem Bundesverfassungsgericht anhängig ist, richtet sich gegen den bestehenden Länderfinanzausgleich. Ihr Antrag zielt auf den zukünftigen Länderfinanzausgleich ab.

(Ramsauer, SPD: Natürlich! Weil wir meinen, es ist eine politische Aufgabe!)

Wir vergleichen da Äpfel mit Birnen. Genau aus dem Grund, weil der bestehende Länderfinanzausgleich keine Leistungsanreize hat, wird dagegen geklagt. Genau diesen Punkt müssen wir im neuen Länderfinanzausgleich besser lösen und regeln. Insofern ist die Klage und sind die Hinweise, die aus einem entsprechenden Urteil kommen, sogar sehr hilfreich, wenn wir einen neuen Länderfinanzausgleich auf den Weg bringen wollen.

Ich möchte einen zweiten Aspekt ansprechen. Sie haben recht, wir müssen alles zusammen sehen. Wenn man den Antrag liest, dass man sämtliche Finanzströme zwischen dem Bund und den Ländern in den Blick nehmen muss, dann ist das etwas, bei dem ich sagen muss, ja, da könnten wir gemeinsam weiter daran arbeiten.

Sie sind von der gleichen Krankheit, die Sie uns vorhin vorgeworfen haben, nicht ganz frei.

(Ramsauer, SPD: Ich bin außer am Knie ganz gesund!)

Wenn ich zum Beispiel den Antrag sehe, den Sie zwei Tagesordnungspunkte später beraten wollen, „Zukunfts

fähige Mobilität für Rheinland-Pfalz“, dann geht es genau um solche Finanzströme zwischen Bund und Ländern. Da geht es, glaube ich – korrigieren Sie mich, Herr Finanzminister –, um ÖPNV-Mittel von ungefähr 300 Millionen Euro im Jahr, die aus Berlin kommen. Dann nehmen wir das alles zusammen. Dann ziehen Sie Ihren Antrag aber unter dem übernächsten Tagesordnungspunkt zurück.

Entweder nehmen wir alles zusammen und beraten alles in einem – das wäre der Antrag zum Länderfinanzausgleich –, oder Sie machen den Fehler, dass Sie jetzt schon Dinge in Einzelpositionen festzurren und am Schluss keinen Bewegungsspielraum mehr für die wichtigen Verhandlungen haben, um zu einem guten Ergebnis beim Länderfinanzausgleich zu kommen.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Herr Kollege Wansch für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Baldauf, CDU: Jetzt kommt ein Feuerwerk! – Der Redner öffnet am Rednerpult eine Flasche Wasser)

Das ist ein sehr trockenes Thema, deswegen muss man da schon einmal zu dem einen oder anderen Schluck Wasser greifen.

Ich möchte an der Stelle auf das Thema insoweit eingehen, als wir beim Bund-Länder-Finanzausgleich ein wirklich sehr komplexes Thema haben. Bei unserem Antrag geht es um die Frage, wie ich das ein Stück weit transparenter bei der Frage der Neuordnung gestalten kann. Horizontaler Finanzausgleich – vertikaler Finanzausgleich. Was steckt dahinter?

Die Diskussion wird hier nicht nur in diesem Hause geführt, sie wird auch immer wieder ganz gerne bei dem einen oder anderen Wahlkampfthema angerissen. Es wurde eben auch im Rahmen der Kurzintervention beleuchtet: Sind wir tatsächlich ein Nehmer- oder nicht vielleicht doch schon ein Zahlerland?

Der Finanzausgleich, um den es aktuell geht, hat verschiedene Faktoren. So, wie es der Kollege Schreiner eben getan hat, wie es auch die CDU oftmals macht, wird immer nur ein Faktor herausgegriffen. Dann blickt man zum Beispiel auf den Länderfinanzausgleich im engeren Sinne und sagt, Rheinland-Pfalz ist ein Nehmerland.

Ja, was ist denn mit dem Umsatzsteuer-Vorwegausgleich? Was ist mit der Bundesergänzungszuweisung? Hat das nicht auch in das Ganze hier mit einzufließen?

Wenn ich das dann mache, komme ich in die Situation, dass Rheinland-Pfalz ein ganz zartes Zahlerland ist, zart deshalb, weil selbst bei einer Statistik der Ausschlag so zurückhaltend ist, dass man es nicht sieht.

So hat aber zum Beispiel auch die „WirtschaftsWoche“, die mit Sicherheit unverdächtig ist, eine Zeitschrift zu sein, die uns parteipolitisch besonders nahesteht, in ihrer Ausgabe am 21. Januar 2014 dargestellt, wie in den einzelnen Bundesländern der Länderfinanzausgleich geregelt ist.

Ausgerechnet bei Rheinland-Pfalz ist fast kein Ausschlag feststellbar. Ihre Behauptung also auch in der Vergangenheit, die Sie mehrfach mit der Feststellung zitiert hatten, Rheinland-Pfalz lebe auf Kosten anderer, ist absolut falsch und nicht zu halten.

(Beifall der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, was wollen wir mit diesem Antrag erreichen? Es geht zuallererst einmal um die Fragestellung, wie ich in diesen Diskussionsprozess einsteige, nachdem wir – wie bekannt – zwei Klagen von zwei Bundesländern beim Bundesverfassungsgericht haben. Sie beklagen den alten bisherigen Finanzausgleich.

Es ist schon seltsam, dass Sie diese Klagen zu einem Zeitpunkt einreichen, als wir kurz vor einem Wahltermin standen. Aber der alte Bundesländerfinanzausgleich war einvernehmlich auch von diesen Ländern mit unterschrieben, also mit ausgehandelt worden und insoweit für die Zeit bis 2019 gemeinsam auf den Weg gebracht worden.

Wir wollen erreichen – insoweit fordern wir auch die Landesregierung auf –, dass bei diesem neuen Aushandlungsprozess, wie er jetzt läuft, dieser Prozess in einem offenen und transparenten Verfahren unter Einbeziehung von Vertreterinnen und Vertretern der Landesparlamente und natürlich auch der Kommunen gestaltet wird.

Ziel ist es, damit Voraussetzungen zu schaffen, dass auch Länder und Kommunen ihren jeweiligen Haushalt konsolidieren können und die Problematik der Schuldenbremse, die ab 2020 greift, auf jeden Fall im Auge behalten wird.

Letztendlich darf ich an dieser Stelle natürlich auch noch das Stichwort Konnexitätsprinzip in den Raum stellen. Es ist für uns wichtig, dass wir dieses Thema aufgreifen

(Glocke des Präsidenten)

und gerade in diesem Zusammenhang die Frage stellen, wie das auf Bundesebene geregelt werden kann, nachdem es in Rheinland-Pfalz in der Landesverfassung geregelt ist. Das sollte auf Bundesseite zumindest in den Diskussionsprozess hineingebracht werden.

Ich kann für meine Fraktion signalisieren, wir werden diesem Antrag zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Staatsminister Dr. Kühl.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich finde, diese Debatte über die Neuordnung der Bund-LänderFinanzbeziehungen ist außerordentlich wichtig. Nach der Sommerpause wird es losgehen.

Ich gehe davon aus, dass sich in Kürze die Ministerpräsidentenkonferenz mit der Bundesregierung darauf verständigen wird, wie und in welchen Formationen man über die Neuordnung verhandeln wird. Der Zeitrahmen ist relativ knapp. Man hat sich verständigt, dass man bis Ende 2015 durch sein will, um das Jahr 2016 zu nutzen, um die notwendigen Gesetzgebungsverfahren noch in dieser Legislaturperiode des Deutschen Bundestages abzuschließen.

Ich finde es wichtig, das wir als Regierung ein Gefühl dafür haben, welche Erwartungen dieses Parlament an uns hat, wenn wir als eines von 16 Ländern in Berlin diese Neuordnung verhandeln.

Mit den gemeinsamen Positionen ist es leider noch nicht so weit. Herr Schreiner, ich kenne das Papier der Landtagsfraktionen der CDU und der Bundestagsfraktion. Das ist ein gemeinsames Papier. Ich hoffe, ich enttäusche Sie nicht, wenn ich Ihnen sage, dass auch die CDU-geführten Regierungen durchaus abweichende Meinungen zu dem haben, was Sie in diesem Papier niedergelegt haben. Zum Teil sind diese Positionen auch sehr eng verbunden mit der Position des Landes Rheinland-Pfalz.

Die Finanzministerkonferenz hat vor einiger Zeit verschiedene Bewertungspapiere verabschiedet. Rheinland-Pfalz hat das gemeinsam mit 10 anderen Ländern gemacht. Eine ganze Reihe von CDU-geführten Ländern war mit dabei. Die Interessenlage beim Länderfinanzausgleich, bei den Bund-Länder-Finanzbeziehungen orientiert sich nicht notwendigerweise an parteipolitischen Grenzen. Das hat gute Gründe und ist vernünftig, weil es um Föderalismus und Parteipolitik geht.

Ich denke, aus Sicht der Landesregierung sind verschiedene Eckpunkte zentral. Der erste zentrale Eckpunkt dafür ist, dass wir den Föderalismus wahren wollen, indem wir ein Finanzausgleichssystem nach wie vor weiterhin etablieren, das sich am Gedanken des kooperativen Föderalismus oder an dem Gedanken einer Solidargemeinschaft orientiert.

Ich habe Sie bei Ihrer Einlassung so verstanden, dass das für Sie ein wichtiges Kriterium ist. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Es gibt Länder, die glauben, dass wir auf dem besseren oder richtigen Weg wären, wenn

wir so etwas wie einen Wettbewerbsföderalismus in Deutschland etablieren würden.

Ich glaube, wenn man sich noch einmal kurz vor Augen führt, warum es Föderalismus in Deutschland gibt, dann wird relativ schnell klar, warum das Modell des kooperativen Föderalismus oder der Solidargemeinschaft das richtige ist. Es waren nicht ethnisch-soziale Konflikte, die die Grundlage dafür waren, dass wir einen Föderalismus haben. In anderen Ländern ist das so. Es waren nicht geographische Besonderheiten. Länder wie Australien oder Neuseeland sind wahrscheinlich ohne föderative Strukturen aufgrund ihrer Größe gar nicht zu regieren.

Es sind auch keine historischen Gründe, die beispielsweise in Ländern wie den USA, die seit Jahrhunderten in einer föderalistischen Tradition verhaftet sind, eine besondere Rolle spielen. Nein, bei uns in Deutschland waren es demokratie-theoretische Gründe, weil wir nach den Erfahrungen der Weimarer Zeit und des Dritten Reiches uns gesagt haben, es muss neben dieser horizontalen Kontrolle durch die horizontale Gewaltenteilung auch noch eine vertikale Kontrolle geben.

Wenn man dieses demokratie-theoretische Argument in den Mittelpunkt stellt, dann ist es nahezu zwingend und logisch, dass man einen Finanzausgleich etablieren muss, der sich an dem Leitbild gleichwertiger Lebensverhältnisse orientiert. Wäre das nicht so, würde man jedes Bundesland sozusagen mit seiner Finanzsituation alleine lassen, dann würden die Menschen in den finanzschwachen Ländern, in den ostdeutschen Ländern oder im Saarland, nicht akzeptieren können, dass sie aus ihrer Sicht einen so hohen Preis für eine funktionierende Demokratie bezahlen müssen.

Der Wettbewerbsföderalismus kann diese Funktion, gleichwertige Lebensverhältnisse zu garantieren, nicht leisten. Deswegen ist er keine Alternative. Deswegen sind Bestrebungen, die zumindest verbal, vielleicht manchmal nur um die Verhandlungsposition zu stärken, aus Bayern kommen, abzulehnen.

Zweiter Punkt: Wenn man dem Petitum gleichwertiger Lebensverhältnisse das Wort redet, dann muss man fragen, was bei der Umverteilung, die bei der Herstellung von gleichwertigen Lebensverhältnissen vonstattengeht, zu beachten ist. Das erste wichtige Kriterium, für das wir uns als Landesregierung bei allen Gesprächen einsetzen, ist, dass keine Umkehrung der Ausgangsverteilung durch den horizontalen Finanzausgleich stattfinden darf, nicht nur keine Umkehrung in der Reihenfolge der Finanzausstattung, sondern auch keine Egalisierung.

Aber wenn man dies zum Kriterium erhebt, dann ist eines von ganz zentraler Bedeutung, nämlich die Frage, was die richtige Ausgangsverteilung ist. Ich kann ein solches Verteilungskriterium nur dann seriös behandeln bzw. abarbeiten, wenn ich eine Ausgangsverteilung habe, die die tatsächliche Finanzkraft in der Ausgangsituation widerspiegelt. Da haben wir drei zentrale und klare Forderungen.

Die erste Forderung lautet: In die Ausgangsverteilung dürfen keine Verteilungselemente eingehen. Das heißt,

die Vorabverteilung durch die Umsatzsteuer, die sogenannten Ergänzungsanteile, muss sozusagen in die Ausgangsverteilung eingehen und als eigenes Verteilungselement angesehen werden.

Der zweite Punkt ist, dass die Steuern in allen Ländern am Ort der steuerlichen Leistungsfähigkeit zugerechnet werden. Das ist gegenwärtig bei der Verteilung aller Steuerarten nicht gewährleistet. Das gilt beispielsweise für die Kapitalertragsteuer. Die wird zugerechnet am Ort der Abführung. Das sind gegenwärtig im System der Abgeltungsteuer die Banken. Davon profitiert ein Land seit Jahren deutlich überproportional und hält sich deswegen für viel stärker in seiner Finanzkraft, als es tatsächlich der Fall ist. Das ist das Land Hessen. Die Kapitalertragsteuer muss am Ort der steuerlichen Leistungsfähigkeit, also am Wohnort zugerechnet werden.

Den dritten Punkt, damit wir eine faire Ausgangsverteilung haben, hat Herr Kollege Steinbach angesprochen. Wir wissen nicht erst seit den Urteilen des Verfassungsgerichts in Rheinland-Pfalz, sondern auch aus anderen Ländern, Thüringen, Hessen, dass die Länder eine besondere, letztlich eine paternalistische Verantwortung für ihre Kommunen haben. Aber dann ist es natürlich logisch, dass die Finanzkraft der Kommunen nicht wie bisher nur zu 64%, sondern zu 100 % in die Ermittlung der Ausgangsfinanzkraft eingerechnet wird.