Als Gäste auf der Zuschauertribüne begrüße ich Vertreterinnen und Vertreter vom Mehrgenerationenhaus Neustadt an der Weinstraße und der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (KFD) Esthal, Diakonissenmutterhaus Neustadt-Lachen, und des Beirates für Migration und Integration Neustadt an der Weinstraße sowie Schülerinnen und Schüler der Johann-HeinrichPestalozzischule Speyer (Schule mit dem Förder- schwerpunkt „Ganzheitliche Entwicklung“). Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!
„Girls’Day 2014 – Mehr Chancengleichheit für Mädchen und Frauen in Wirtschaft und Politik“ auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/3430 –
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Was passiert in Deutschland am Girls’Day? – Am Girls’Day öffnen Unternehmen, Betriebe und Hochschulen in ganz Deutschland ihre Türen für Schülerinnen ab der 5. Klasse. Die Mädchen lernen dort Ausbildungsberufe und Studiengänge in IT, Handwerk, Naturwissenschaften und Technik kennen, in denen Frauen bisher eher selten vertreten sind, oder sie begegnen weiblichen Vorbildern in Führungspositionen aus Wirtschaft und Politik, so wie heute in diesem Hohen Hause.
Ich freue mich über alle Mädchen und jungen Frauen, die heute bei uns in die Landespolitik hineinschnuppern.
Warum braucht es einen Girls’Day? – Junge Frauen in Deutschland verfügen über eine besonders gute Schulausbildung. Sie machen die besseren Abschlüsse an Schulen, und sie studieren in großer Zahl an den Hochschulen. Am Ende aber machen die Männer Karriere, verdienen mehr und finden sich auf den hohen Posten wieder.
Mehr als die Hälfte der Mädchen wählt aus nur zehn verschiedenen Ausbildungsberufen im dualen System. Damit schöpfen sie ihre Berufsmöglichkeiten nicht aus, und den Betrieben fehlt gerade in technischen und techniknahen Berufen qualifizierter Nachwuchs.
Anlagenmechanikerin, Dachdeckerin, Berufskraftfahrerin, Gärtnerin oder Schornsteinfegerin, sie alle haben eines gemeinsam, es gibt sie viel zu selten in der weiblichen Form. Gleiches gilt für die Politik. Eine Frauenquote von nur 16,8 % in den Kommunalparlamenten in Rheinland-Pfalz zeigt dringenden Handlungsbedarf, noch mehr als das, es ist ein Skandal, meine Damen und Herren.
Zum Vergleich, der Frauenanteil im Bundestag liegt bei 36,3 % und im Landtag immerhin bei 39,6 %. Die kommunale Ebene hat hier noch einen immensen Nachholbedarf, und ich sehe uns in der Verantwortung, über das Lamentieren und die x-te Podiumsdiskussion hinaus endlich zu handeln; denn die Erfahrungen, Fähigkeiten, Interessen und oft anderen Blickwinkel von Frauen müssen stärker berücksichtigt werden.
Ein ausgewogenes Mitwirken von Frauen und Männern an politischen Entscheidungsprozessen wird heute als Grundbedingung für eine demokratische Gesellschaft definiert. Es ist geradezu ein doppelter Verfassungsauftrag seitens des Grundgesetzes und seitens der EUGrundrechtecharta, der verpflichtet, aktiv zu handeln, um die Geschlechterparität in den Parlamenten und insbesondere in den Kommunalparlamenten herzustellen.
Alle drei vertretenen Fraktionen beteiligen sich am Girls’Day. Er ist mit Blick auf die anstehende Kommunalwahl aber auch eine Mahnung, dass wir unser selbstverantwortetes Demokratiedesaster 16,8 % Frauen mit aller Kraft angehen müssen. Chancengleichheit wird nicht erschwätzt, sondern erkämpft, meine Damen und Herren.
Wir alle haben genug Zahlen, Analysen, Statistiken zur mangelnden Chancengleichheit für Frauen in Wirtschaft und Politik. Daraus leitet sich ein dickes Ausrufungszeichen ab, was zu tun ist. Uns ist wichtig, dass Frauen auf allen Ebenen der Politik und Wirtschaft stärker vertreten
Eine Frauenquote von 30 % für Aufsichtsräte bis 2017, wie es der Entwurf für ein Frauenquotengesetz der Bundesebene vorsieht, ist ein erster, aber ein sehr vorsichtiger Schritt auf dem Weg zu mehr Gleichberechtigung. Es ist wohl kein Zufall, dass gerade die am lautesten schreien, die in ihren eigenen Gremien den größten Aufholbedarf haben.
Frau Klöckner, der CDU-Wirtschaftsrat hat in seinem Vorstand einen beschämenden Frauenanteil von gerade einmal 15 %. Der DIHK hat nicht eine einzige Frau im Vorstand und im Präsidium. Männerquoten von 80 % bis 100 % sind kein Zeichen von Qualifikation, sondern das Ergebnis lang verschlafener Frauenförderung und von Männerbünden.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD – Frau Klöckner, CDU: Und statt einer Frau ist Herr Häfner im Lotto!)
Sehr geehrte Damen und Herren, Girls’Day bedeutet Mädchenzukunftstag. Es ist gut, dass ein Tag im Jahr den Mädchen und ihren beruflichen Zukunftschancen gewidmet wird. Das bedeutet aber gerade eben nicht, dass die restlichen Tage im Jahr den Jungs gehören. Es bedeutet hoffentlich, dass wir für die Zukunft dieser Mädchen mehr Chancengleichheit erkämpfen können.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wir freuen uns, dass wir in der Aktuellen Stunde die Gelegenheit haben, über den Girls’Day zu sprechen, der heute zum 14. Mal in ganz Deutschland stattfindet, ein toller Aktionstag, zu dem alle Fraktionen große Mädchengruppen im Landtag begrüßen können.
Ich sehe leider wenige Frauen auf der Zuschauertribüne. Ihr da vorne, herzlich willkommen! Wir freuen uns, dass Ihr alle da seid.
Wir wünschen euch einen tollen und erlebnisreichen Tag bei uns, viel Freude und gute Erfahrungen für eure weitere berufliche Zukunft und Planung.
Wir freuen uns, dass diese Initiative bundesweit unterstützt wird. Der Girls’Day ist im Kanon vieler Mädcheninitiativen ein Tag im Jahr, an dem Mädchen die Chance
Heute findet auch der Boys’Day statt. Diesen Tag gibt es seit 2011 und ist das Pendant zum Girls’Day. Wir begrüßen also auch alle Jungen herzlich, die diesen Tag hier verbringen und sich mit Berufen beschäftigen, die vielleicht auch in männerfernen Bereichen liegen.
Dieser Aktionstag soll sowohl auf der männlichen als auch auf der weiblichen Seite Geschlechterrollen aufbrechen, die zum Teil noch da sind. Ich glaube, darauf sollte das Hauptaugenmerk liegen.
Es geht nicht darum, dass wir versuchen, durch diesen Tag irgendeinen Fachkräftemangel im Mädchenbereich oder in Frauenberufen zu bekämpfen. Ich glaube, das ist nur ein Nebenaspekt in der Debatte. Ich finde, viel wichtiger ist, dass sowohl die Mädchen als auch die Jungen in die jeweils nicht so typischen Geschlechterberufe hineinschnuppern können und zu der Erkenntnis kommen, dass unsere Gesellschaft heutzutage so offen und tolerant ist, dass sie in der Lage sind, den Beruf frei zu wählen, den sie später aus ihren Fähigkeiten, Interessen und Neigungen heraus ergreifen möchten.
Es ist oft noch so, dass durch die Prägung im Freundeskreis, in der Familie die vermeintlich eigenen Interessen gar nicht die sind, die zu der Berufswahl führen. Viele fragen sich vielleicht, wie wird der Beruf, wenn ich als Mann den Beruf eines Erziehers oder Altenpflegers wähle, von meinen Freunden, von meiner Familie gesehen. Ebenso ist es bei den Mädchen. Selbstverständlich haben wir da noch Mangel, zum Beispiel an Informatikerinnen oder in anderen MINT-Berufen. Aber auch dort fragen sich Mädchen oft, wie werde ich angesehen, wenn ich diesen Beruf ergreife.
Umso schöner ist es, dass wir mit diesem Girls’Day dazu beitragen können, dass in der Gesellschaft dieses offene Klima weiter gefördert wird. Da haben wir noch Bedarf. Es ist schön, dass der Tag das erreicht.
Wir brauchen Vorbilder für unsere Jungen und Mädchen. Es ist wichtig, dass wir diese in der Politik und in anderen Berufen finden. Unsere Bundeskanzlerin ist da ein schönes Beispiel wie auch die Ministerpräsidentin und die Oppositionsführerin. Sie sind Frauen. Es freut uns natürlich besonders, dass wir Beispiele haben, die ihr betrachten könnt.
Wir freuen uns, dass darüber hinaus heute viele weitere Initiativen rund um den Girls’Day stattfinden und die Mädchen auch nach der Schule und während des Studiums die Möglichkeit haben, immer wieder in verschiedene Rollenbilder hineinzuschnuppern.
Wir sollten als gutes Vorbild in der Politik vorangehen. Deshalb freut es mich, dass ich heute Morgen gelesen
habe, dass gestern auf Bundesebene die Frauenquote zumindest in den Aufsichtsräten beschlossen wurde und auf den Weg gebracht worden ist. Zumindest in den 110 DAX-Unternehmen, die Aufsichtsräte haben, wird es jetzt möglich sein, dass 30 % der Mitglieder zukünftig weiblich sind. Das ist schon ein Fortschritt. Man muss auch kleine Schritte wohlwollend zur Kenntnis nehmen und sehen, es geht in diesem Bereich voran.
Ich halte es für falsch, das mit der Brechstange zu machen, weshalb ich dies als gute Möglichkeit sehe.
Des Weiteren habe ich heute Morgen erfreut zur Kenntnis genommen, dass unsere Familienministerin, Irene Alt, sich bei der Nachbesetzung im Lottoaufsichtsrat durchgesetzt hat.