Protocol of the Session on January 23, 2014

Wichtig ist die Betreuung von Opfern im Zeugenstand, im Strafverfahren. Hier haben wir Zeugenkontaktstellen und Zeugenbetreuung. Wir haben die Videotechnik an allen Landgerichtsstandorten und in den Justizvollzugsanstalten eingeführt – das ist ganz wichtig –, um Opfer, die noch einmal mit der Tat, mit dem Geschehen, konfrontiert werden, zu entlasten.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ein weiterer Aspekt ist das Opferentschädigungsgesetz. Wir lesen aus dem Opferschutzbericht, dass die Zahlen deutlich zunehmen, auch die Zahlen der Anträge, die noch zu bearbeiten sind. Darauf muss man ein Augenmerk legen. Natürlich hängt die Verfahrensdauer auch davon ab, dass die Leistungen subsidiär und die Anträge sehr sorgsam zu prüfen sind. Ich meine, dennoch sollen wir Wert darauf legen, dass wir eine zügige Bearbeitung ermöglichen können.

Gut ist auf jeden Fall das Angebot an Traumaambulanzen. Das steht auch im Zusammenhang mit dem Opferentschädigungsgesetz. Hier geht es um die Soforthilfe. Wir haben die Traumaambulanzen in RheinlandPfalz auf vier Standorte erhöht. Auch ein schöner Aspekt, der aus dem Opferschutzbericht zu lesen ist.

Meine Damen und Herren, letzter Punkt, Täterarbeit und Opferschutz sind kein Widerspruch. Wir müssen als Gesellschaft verhindern, dass Straftäter weitere Straftaten begehen. Deshalb ist es entscheidend, dass wir Täter nicht nur bestrafen, sondern auf eine Änderung der Lebensumstände hinwirken. Ich nenne das Stichwort „Täterarbeit kontra häusliche Gewalt“. Wir haben an allen acht Landgerichtsbezirken Täterarbeitseinrichtungen, die eine hervorragende Arbeit machen. Hier haben wir die finanzielle Förderung aufrechterhalten, was wir sehr begrüßen.

(Beifall bei der SPD)

Justizvollzug: Die Weiterentwicklung unseres Landesjustizvollzugsgesetzes hat noch einmal einen klaren Fokus auf die Behandlung, die erzieherischen Maßnahmen im Jugendstrafvollzug gelegt. Auch das ist ein richtiger Weg. Die Häuser des Jugendrechtes – wir haben mittlerweile vier in Rheinland-Pfalz – dienen der Bekämpfung der Jugendkriminalität und dazu, dass wir auf die Straftaten von Jugendlichen richtig reagieren und versuchen, erzieherisch einwirken zu können.

Meine Damen und Herren, alles in allem zeigt der Opferschutzbericht, dass wir in Rheinland-Pfalz weiter vorangekommen sind.

(Glocke des Präsidenten)

Er zeigt, dass wir eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen den sehr unterschiedlichen Akteuren, Stichwort „Vernetzung“, pflegen. Der Hinweis auf die neue Internetpräsenz Opferschutz.rlp.de ist ein guter Hinweis

darauf, dass die Zusammenarbeit in Rheinland-Pfalz sehr gut funktioniert.

Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat Frau Abgeordnete KohnleGros das Wort.

Vielen Dank. Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Hartloff, ich nehme an, Sie werden nachher für die Landesregierung auch etwas dazu sagen.

Herr Sippel, es fällt mir richtig schwer, irgendetwas zu finden, bei dem ich Ihnen widersprechen kann.

(Pörksen, SPD: Dann lassen Sie es doch einmal!)

Augenblick, jetzt warten Sie doch einmal ab, Herr Pörksen. Sie müssten mich doch jetzt schon gut genug kennen. Warten Sie doch einmal, bis ich meinen Satz zu Ende gesprochen habe.

Ich finde keinen Punkt, wie Sie den Bericht interpretieren, in dem ich Ihnen widersprechen kann. Das war beim letzten Mal auch schon so, glaube ich.

(Pörksen, SPD: Guter Mann! – Zuruf von der SPD: Guter Bericht!)

Deswegen nehme ich erst einmal alles dankenswerterweise zur Kenntnis, was Sie vorgetragen haben. Ich will mich dann nur zu einigen wenigen Punkten äußern.

Erstens ich will unterstreichen, was Sie zur demografischen Veränderung gesagt haben, dass tatsächlich immer mehr ältere Menschen als Täter, aber auch als Opfer zu vermerken sind, was bei der Veränderung nicht wundert.

Zweitens haben Sie festgestellt, dass die Opfer-TäterBeziehungen zugenommen haben. Das heißt, dass immer mehr Menschen ihre Peiniger kennen, sogar familiär kennen, zumindest oberflächlich. Das hat sich noch einmal verändert, und zwar in manchen Deliktsbereichen wirklich sehr intensiv.

Drittens haben Sie gesagt, dass die gesamtgesellschaftliche Aufgabe noch einmal zu betonen ist. Ich komme gleich noch einmal darauf zurück; denn das ist mein Schwerpunkt.

Erlauben Sie mir, dass ich mit einem Zeitungsartikel vom Dienstag aus der Rhein-Main-Nahe-Ausgabe der Zeitung „Öffentlicher Anzeiger“ – „Rhein-Zeitung“, das wissen Sie alle – beginne:

Überschrift: „Männer schlagen zu, Polizeibericht: Einsätze wegen Gewalt, Bingen/Münster-Sarmsheim. Gleich in mehreren Fällen musste die Binger Polizei einschreiten, weil es zu Gewalttaten in Beziehungen kam. Am Freitagabend suchte eine 29-Jährige (…) ihren getrennt lebenden Noch-Ehemann auf, um das Betreuungsrecht für das gemeinsame fünfjährige Kind zu besprechen. Es kam zum Streit und zur Körperverletzung an der Frau. Sie konnte jedoch die Wohnung verlassen und die Polizei informieren. Es wurde Strafanzeige gestellt.

Ebenfalls in Münster-Sarmsheim ereignete sich (…) am Samstag um 15.10 Uhr eine weitere Körperverletzung. Eine Mutter von zwei Kindern wurde von ihrem Ehemann gewürgt und bedroht. Die Polizei rückte an, dem Mann wurde eine Verfügung nach dem Gewaltschutzgesetz ausgehändigt, laut der er sich aktuell von der Familie fernzuhalten hat. Der Ehemann verließ (…) die gemeinsame Wohnung.

Nachbarn informierten die Polizei am Freitagabend, dass (…) eine Frau auf dem Balkon eines Mehrfamilienhauses von einem Mann mehrfach ins Gesicht geschlagen worden sei. Noch vor Eintreffen der Streife hatte der Beschuldigte das Haus verlassen. Die Personalien sind bekannt, es gibt eine Strafanzeige.

Eine Körperverletzung nach vorangegangener Ruhestörung gab es am Freitagabend (…). Zunächst wurde um 20.48 Uhr eine Ruhestörung durch laute Musik mitgeteilt, die jedoch beigelegt werden konnte. Beide Parteien trafen sich dann später noch einmal im Treppenhaus, wo ein Mann im Streit eine Frau umstieß. Diese konnte jedoch von ihrem Sohn aufgefangen werden, sodass keine größeren Verletzungen auftraten.“

Meine Damen und Herren, das ist der Polizeibericht aus einer nicht so ganz großen Polizeiinspektion an einem Wochenende.

Warum nehme ich das als Muster vornweg? – Ich komme dazu noch einmal auf die Frage der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, Verhinderung von Straftaten und gemeinsames Engagement für die Opfer, zu sprechen.

Herr Sippel, einen Punkt haben Sie nach meinem Dafürhalten etwas zu knapp angesprochen, der in den Haushaltsberatungen eine große Rolle gespielt hat. Wir alle sind intensiv von den Betroffenen in Verbänden und Initiativen in die Diskussion mit einbezogen worden.

Das ist das Engagement vieler Gruppen und Initiativen mit haupt-, aber auch ehrenamtlichen Strukturen. In Rheinland-Pfalz arbeiten mehrere Hundert Menschen allein in den von Ihnen auch genannten rheinlandpfälzischen Integrationsprojekten gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen, aber nicht nur in RIGG, sondern auch bei Frauennotrufen, -häusern, beim Weißen Ring und bei anderen freien Trägern in der sozialen Rechtspflege, früher hat man in der Bewährungshilfe gesagt.

Diese Gruppen ziehen sich wie ein roter Faden durch den Opferschutzbericht. Das will ich hier ausdrücklich benennen. Die Landesregierung schreibt ausdrücklich, dass gerade in diesem Bereich das Zusammenwirken von Initiativen und Organisationen mit der Landesregie

rung und den Strafverfolgungsbehörden ein wichtiges Element zur Bekämpfung von Gewalt in sozialen Nahräumen ist. Das will ich ausdrücklich an dieser Stelle noch einmal unterstützen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Es ist das Justizministerium, das hier betroffen ist, aber auch das Innenministerium und das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen, die diesen Bericht im Jahr 2012 gemeinsam erarbeitet haben, dann aber im Vorfeld der Haushaltsaufstellung genau dem entgegengesetzt gehandelt haben, was sie sich vorher in diesem Bericht gegenseitig aufgeschrieben haben. Sie haben Kürzungen vorgenommen.

Gott sei Dank – das will ich ausdrücklich an alle Fraktionen sagen, vor allem an die Frauenvertreterinnen, liebe Kolleginnen – haben wir es geschafft, das, was hier völlig falsch zwar nur an kleinen Kürzungen, aber für die Betroffenen wichtigen Kürzungen vorgenommen werden sollte, wieder zurückholen zu können. Herzlichen Dank für dieses gemeinsame Engagement! Ich glaube, nach dem, was ich an Dankesbriefen gelesen habe, können wir das auch im Namen der Organisationen sagen.

(Beifall der CDU und bei SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich will das noch einmal ganz deutlich sagen, ich habe es vorhin noch vorgelesen: Es geht um Frauen, nicht nur um Frauen, manchmal auch um Männer,

(Ramsauer, SPD: So ist es!)

es geht aber vor allem um Kinder. Kinder sind in Ehen und anderen häuslichen Gemeinschaften sehr oft auch von dieser Gewalt, wenn nicht direkt, so doch indirekt, betroffen.

Ich will das nicht verschweigen, weil es auch im Bericht nachzulesen ist, es geht sehr oft um Menschen mit Migrationshintergrund. Es ist ein wichtiges Element, das wir von staatlicher und nichtstaatlicher Seite – gerade weil wir die letzten zwei Tage die Themen „Willkommenskultur“ und „Integration“ diskutiert haben – feststellen, dass es hier besonderer Hilfebedarfe braucht, um für Frauen, die sonst nicht wissen, wohin sie mit ihrem Leid und ihren Problemen gehen sollen, eine Struktur aufrechtzuerhalten.

Meine Damen und Herren, das gilt auch für Verfolgte von Stalking. Wir haben das in den letzten Monaten mit Anträgen schon vorgetragen, die leider nicht immer Ihre volle Zustimmung gefunden haben. Es geht um Opfer von Zwangsheirat, und es geht auch um Opfer von Menschenhandel in der Ausprägung von Prostitution.

Wir wollen uns im Frauenausschuss mit Frau Kollegin Leppla als Vorsitzender mit diesem Problem noch einmal ausdrücklich beschäftigen, wobei wir uns mit den anderen Problemen auch schon auseinandergesetzt haben.

Zum Abschluss will ich noch einmal sagen, als wir vor wenigen Wochen im Ausschuss noch einmal ausführlich

über RIGG gesprochen haben, haben wir auch angesprochen, dass wir uns schon vorstellen, gemeinsam als Parlament darüber nachzudenken, wie wir dieses wirklich gelungene Konzept, das es jetzt seit 13 Jahren gibt, vielleicht noch einmal ausdrücklich unterstützen. Ich glaube, dass es wichtig ist, noch einmal zu sagen, dass 20 Opfer in diesen Beziehungen, und zwar Tötungen und versuchte Tötungen, einfach zu viel sind und wir ein Signal senden sollten, dass wir dagegen etwas unternehmen wollen.

Ich will es dabei bewenden lassen, weil ich glaube, dass in Ergänzung zu dem, was schon gesagt worden ist – es kommt noch eine Rednerin und auch noch der Mini- ster –, es noch einmal wichtig war, auf unser Engagement als CDU-Fraktion gerade in den Haushaltsberatungen, aber auch darüber hinaus hier noch einmal ein Schlaglicht in diesen Bereich zu setzen und das gesamte Parlament über den Frauenausschuss hinaus für diese Problematiken zu sensibilisieren und es darum zu bitten, die Landesregierung entsprechend zu kontrollieren, ob sie das, was wir jetzt im Haushalt umgesetzt haben, tatsächlich in die Institutionen gibt, sodass sie ihre wichtige Arbeit fortsetzen können.

Ich bedanke mich.

(Beifall der CDU und bei SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Raue das Wort.