Protocol of the Session on December 11, 2013

(Beifall der CDU)

Herr Minister, so haben Sie leider erst, nachdem das Kind im Brunnen lag, den Weg beschritten, der von vornherein der richtige gewesen wäre, nämlich Reformschritte im Dialog zu entwickeln. Viele verdiente Männer und Frauen der Justiz haben in einer Steuerungsgruppe und in verschiedenen Arbeitsgruppen beraten, wie man denn Justiz weiterentwickeln könnte, um auch mit weniger Geld die gleiche Leistung für den Rechtsstaat zu erbringen.

Ich darf an dieser Stelle auch einmal betonen, für uns, die CDU-Fraktion, war auch dieser Weg nur der zweitbeste. Unser Konzept eines Justizkonvents hätte die Möglichkeit geboten, auch externen Sachverstand einzubeziehen. Dabei hätten sich spannende Diskussionen entwickeln können – wer weiß, mit welchem Ergebnis. Wir werden es erst einmal nicht erfahren; denn Sie ha

ben davon nichts wissen wollen. Ich kann dazu hier und heute nur noch einmal sagen: Chance vertan.

(Beifall der CDU)

Betrachtet man die Ergebnisse der Steuerungsgruppe, muss man sagen, dort ist viel Bedenkenswertes zusammengetragen worden, und soweit wir das überhaupt im Land selbst steuern können und nicht auf Weichenstellungen auf Bundesebene angewiesen sind, sollten wir darüber auch in aller Ruhe reden.

Dabei klammere ich natürlich den aus Sicht der CDU völlig absurden Vorschlag der Abschaffung der Schusswaffen im Strafvollzug aus. Herr Minister, auch in diesem Falle haben Sie nach anfänglichem Enthusiasmus den geordneten Rückzug angetreten. – Zu Recht! Für die CDU-Fraktion gehen die Sicherheit der Bevölkerung und die Sicherheit der Bediensteten im Justizvollzug vor. Wir können eine Gefährdung dieser Sicherheit nicht dulden.

(Beifall der CDU)

Was wir aber schon jetzt bei der Bewertung der sonstigen Reformvorschläge aus der Steuerungsgruppe konstatieren können, ist eines: Ein Riesensparprogramm ist das nicht. Ich will das jetzt nicht negativ bewerten. Im Gegenteil, das ist genau das Resultat, was wir und viele Insider der Justiz von vornherein prophezeit hatten. Ob Insolvenzgerichte weiter konzentriert werden, ob Jugendschöffengerichte zusammengelegt werden, das sind sicher keine Dinge, mit denen wir die Schuldenbremse in der Justiz bewältigen können.

Einzig und allein eine Konzentration der Grundbuchämter könnte nennenswerte Ersparnisse bringen, aber auch das eher nur auf lange Sicht; denn auch dabei ist Vorsicht geboten. Manches kleine Amtsgericht könnte in seiner Existenz gefährdet werden, würde man ihm das Grundbuchamt wegnehmen. Wir alle erwarten in den kommenden Jahren beim Grundbuchwesen grundlegende Veränderungen durch die Vollelektronisierung, so wie es uns die Handelsregister bereits erfolgreich vorgemacht haben. In diesem Kontext können, ja, müssen wir dann auch über die Struktur der Grundbuchämter nachdenken. Hierzu sind wir ausdrücklich gesprächsbereit, aber bitte keine Schnellschüsse.

So müssen wir also in der Justiz den Herausforderungen der Schuldenbremse auf andere Weise begegnen, und dazu möchte ich aus Sicht der CDU gleich einmal eine wichtige Vorbemerkung machen. In einer Justiz, die vom Finanzminister schon immer kurz gehalten wurde, gibt es sicher weniger Anlass zu Einschnitten als dort, wo in den Ministerien mit dem Geld des Steuerzahlers alternative Gesellschaftsentwürfe erprobt werden – und davon haben wir schließlich unter roter und rot-grüner Verantwortung nicht wenige.

In der Justiz gibt es weder Nationalparks noch Energieagenturen, sondern nur Menschen, die Recht schaffen und Recht erhalten wollen, und denen sind wir eine

angemessene personelle und sächliche Ausstattung schuldig. Das ist das justizpolitische Credo der CDU.

(Beifall der CDU)

Dabei gilt vor allem eines: Es muss bei der Verteilung der knapper werdenden finanziellen Ressourcen so gerecht wie möglich zugehen. Es kann nicht sein, dass der eine darbt, während der andere noch im relativen Wohlstand seinen Aufgaben nachgeht. Deswegen lautet der erste wichtige Punkt in unserem Entschließungsantrag: Wir müssen für eine ausgewogene Verteilung des Personals in der Justiz sorgen. Solange es keine nachgewiesenermaßen bessere Methode gibt – und ich kenne keine –, ist für uns der PEBB§Y-Deckungsgrad dafür die Richtschnur. Dabei bietet für die CDU jeder Deckungsgrad unter 90 % Anlass zu großer Sorge: Sorge um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die es aushalten müssen, dass sich vor ihnen die Aktenberge immer höher auftürmen, Sorge aber auch um die Bürgerinnen und Bürger, deren Anspruch auf ihr Recht dabei auf der Strecke zu bleiben droht.

Was bedeutet das konkret?

Die im Haushaltsplan vorgesehenen Stellenkürzungen im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit trägt die CDU mit. Das entspricht genau dem Abschmelzungsmodell, das wir von vornherein bei der Diskussion um die mögliche Auflösung des Verwaltungsgerichts Mainz favorisiert hatten. Gut, dass uns die Landesregierung dabei gefolgt ist.

Was aber richtig Kummer bereitet, ist nach wie vor die Arbeitsbelastung der Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger. Damit komme ich zum zweiten Teil unseres Entschließungsantrags. Mit einem Personalbedarfsdeckungsgrad von kaum über 70 % muss man sich schon fragen, welche Konsequenzen der im Haushaltsplan vorgesehene weitere Stellenabbau haben wird. Man muss sich nur einmal vorstellen, was es bedeuten würde, die Bildungsministerin käme in den Landtag und müsste gestehen, in einer Schulform, zum Beispiel den Berufsschulen, könne sie leider nur eine Unterrichtsversorgung von 70 % gewährleisten

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Wie viel?)

könnte – und wolle trotzdem noch weitere Stellen streichen. – Es gäbe einen Aufstand, und das zu Recht.

Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger erfüllen zentrale Aufgaben der Justiz. Diese sind zwar nicht so fernsehwirksam wie ein Strafprozess, aber wer schon einmal eine Betreuung benötigt hat, wer einen Erbschein gebraucht hat, wer einen Eintrag eines neu gegründeten Unternehmens im Handelsregister haben wollte, damit er mit seinem Unternehmen loslegen kann, oder wer seine Eintragung als Vereinsvorstand benötigt hat, weiß, wovon wir reden.

In der Etatberatung im Ausschuss war im Übrigen geradezu mit Händen zu greifen, dass diese Sorge, die ich gerade hier formuliert habe, weit über die CDU spürbar war. Ob der Minister, ob die Rednerinnen und Redner von den Koalitionsfraktionen, alle haben ihre Sorge

darüber geäußert, wie sich die Dinge bei den Rechtspflegern, bei dem gehobenen Dienst der Justiz, weiterentwickeln werden.

Was wir begrüßen, ist die erhöhte Zahl an Beförderungsstellen, die es jetzt im gehobenen Dienst gibt. Auch hier sehen wir uns in unserer Forderung, die ich hier vor zwei Jahren im Landtag bei der gleichen Rede zum Etat des laufenden Doppelhaushalts mit Nachdruck erhoben hatte, bestätigt. Es wurde auch höchste Zeit.

Gleichzeitig darf man aber nicht die Augen davor verschließen, dass ein gehobener Dienst, der auf Dauer unter massiver Überbelastung leidet, nicht gerade attraktiv für die Gewinnung beruflichen Nachwuchses ist. Deswegen heute unsere Forderung an die Landesregierung: Entwickeln Sie ein Konzept, mit dem dem schleichenden Attraktivitätsverlust des Rechtspflegerdienstes Einhalt geboten wird.

Man hört, dass das Qualitätsniveau derer, die sich für die Laufbahn interessieren, sinkt. Das muss sich wieder ändern.

(Beifall der CDU)

Das leitet mich über zum dritten Schwerpunkt unseres Entschließungsantrags, unserer zunehmenden Sorge um die Sozialen Dienste in der Justiz. Was sich hier seit zwei Jahren abspielt, ist alles andere als ein Ruhmesblatt rot-grüner Rechtspolitik. Zugegeben, es ist längst nicht so eine Katastrophe wie die Diskussion um die Auflösung des Oberlandesgerichts in Koblenz, aber auch hier hat der Koalitionsvertrag ohne Not ein Fass aufgemacht, dessen Konsequenzen überhaupt noch nicht absehbar sind.

Was hat Sie nur geritten, eine Reform der Sozialen Dienste zum Bestandteil Ihres politischen Programms zu machen? Niemand hat vor 2011 grundsätzliche Kritik an der Organisation von Bewährungs- und Gerichtshilfe in unserem Land geäußert. Was Sie da in die Diskussion gebracht haben, ist so überflüssig wie ein Badetuch am Nordpol und hat bei den Betroffenen zu nichts als Verunsicherung geführt.

Seit bald zwei Jahren tagt eine Kommission. Heraus kommt dabei nichts, gar nichts. Sicher, Herr Minister, jeder weiß, das Projekt hatte auch den Sinn, eine Vertraute Ihres Amtsvorgängers, der Sie nicht die gleiche Wertschätzung entgegenbrachten wie er, geräuschlos mit einer neuen Aufgabe zu betrauen, damit sie Platz für einen neuen Büroleiter machen konnte. Aber so langsam wäre es doch einmal an der Zeit, ein Ergebnis vorzulegen, über das man dann politisch diskutieren könnte. Davor haben Sie offensichtlich Angst, Angst, schon wieder mit hochfliegenden Plänen eine Bauchlandung zu erleben.

Hat man nicht anfangs davon reden hören, Rot-Grün wolle nach dem Vorbild von Mecklenburg-Vorpommern ein zentrales Landesamt für Soziale Dienste installieren? Das scheint nun vom Tisch zu sein. Gott sei Dank sage ich für die CDU-Landtagsfraktion, denn außer, dass man damit wieder ein paar Versorgungsposten geschaffen

hätte, würde dadurch nichts besser, aber vieles schlechter werden.

Wir halten die dezentrale Struktur in Bewährungs- und Gerichtshilfe für grundsätzlich bewährt.

(Beifall der CDU)

Wir würden uns wünschen, dass Sie, die Regierungsfraktionen, durch Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag ein genauso klares Bekenntnis ablegen würden.

Apropos Gemeinsamkeit: Wir wissen es zu schätzen, dass einer der immerhin doch vier haushaltswirksamen Anträge der CDU-Fraktion, der in einen gemeinsamen Antrag aller drei Fraktionen eingemündet ist, aus dem Justizbereich stammt. Wir alle sind bei der Beratung der Justizvollzugsgesetze im Frühjahr im Konsens gewesen, dass an der Schnittstelle von Haft und Freiheit mehr getan werden muss als früher, damit Resozialisierung glückt. Hier gibt es viel zu tun. Dann trotzdem den Ansatz im Übergangsmanagement zu kürzen, wie es der Regierungsentwurf ursprünglich einmal vorgesehen hatte, wäre da doch ein ganz schlechtes Signal.

Natürlich habe auch ich gesehen, dass Sie, die Regierung, es bisher nicht vermocht haben, selbst aus dem wenigen Geld, das Ihnen bei dem Haushaltstitel „Übergangsmanagement“ zur Verfügung stand, etwas Vernünftiges zu machen. Aber Ihr Umsetzungsdefizit ist doch keine Rechtfertigung für eine Mittelkürzung. Nein, es ist notwendig und richtig, den bisherigen Ansatz beizubehalten.

(Beifall der CDU)

Dass wir das im Konsens machen und die 1.000 Euro, die uns anfänglich getrennt haben, kein endgültiger Grund waren, am Ende nicht zusammenzukommen, freut mich. Ich formuliere aber auch ganz klar für die CDU-Fraktion: Das Ministerium hat jetzt noch mehr als zuvor die Pflicht, aus diesem Geld auch etwas zu machen und es nicht wegen der gegenseitigen Deckungsfähigkeit an anderer Stelle zu verwenden oder gar für die globalen Minderausgaben zu nutzen. Hier will ich für die CDU Erfolge sehen.

Ich denke, das sind wir den Haftentlassenen, Menschen in besonders schwieriger Lebenslage, einfach schuldig.

(Beifall der CDU)

Erfolge sehen möchte ich gerne auch noch an einer anderen Dauerbaustelle im Strafvollzug. Damit meine ich die Einführung der Kosten-Leistungs-Rechnung. Wenn ich einmal zusammenrechne, was dieser Haushaltsgesetzgeber, seitdem ich dem Landtag angehöre, hierfür zur Verfügung gestellt hat, dann komme ich inklusive des laufenden Doppelhaushaltes auf eine stolze Summe von über 2 Millionen Euro. Jetzt wollen Sie weitere 270.000 Euro. Wofür das?

Auch gerade nach den Einlassungen der Regierung im Ausschuss zu diesem Thema kann ich nur sagen, unsere Geduld ist zu Ende. Da macht es sich besonders

schlecht, wenn Sie nun den Leistungsauftrag einer möglichst wirtschaftlich ergiebigen Gestaltung der Beschäftigungsangebote an die Gefangenen gestrichen haben.

Natürlich ist klar, dass neue Vorzeichen im Justizvollzug, was den Stellenwert der Arbeit angeht, nicht ohne Auswirkungen auf das Ergebnis des Leistungsauftrags bleiben können. Nur kann man sich den Leistungsauftrag ohne Weiteres auch unter den geänderten Vorzeichen vorstellen, dann eben mit einem reduzierten Erwartungshorizont.

Dass Sie das jetzt streichen, bestätigt uns in unserer Befürchtung, dass mit der Abschaffung der Arbeitspflicht doch eine Abwertung der Rolle der Arbeit im Strafvollzug verbunden ist. Das ist mit der CDU nicht zu machen.

(Beifall der CDU)

Abschließend will ich auf die Frage eingehen – darauf warten Sie sicher schon –, ob die CDU den Justizhaushalt mittragen kann oder nicht. Ich hatte die Kriterien hierfür bei der Ausschussberatung klar formuliert: Zustimmen können wir nur einem Justizetat, der ehrlich und glaubwürdig mit dem Parlament umgeht. Leider hat die Beratung auch dieses Mal wieder ergeben, dass davon nicht die Rede sein kann.

Kritik gebührt zunächst einmal der Willkürlichkeit, mit der Sie im Haushalt globale Minderausgaben vorsehen. Warum diese 2015 genau doppelt so hoch sein sollen wie 2014, keine plausible Erklärung. Über umfassende gegenseitige Deckungsfähigkeiten wollen Sie auch künftig umfassende Handlungsfreiheit beim Geldausgeben haben. Wie in der Vergangenheit auch schon, jonglieren Sie mit Haushaltsansätzen, versuchen an versteckter Stelle Puffer für die globalen Minderausgaben zu schaffen.

Um nur ein Beispiel zu nennen: Da gibt es einen Etatansatz für Proberichter in der Sozialgerichtsbarkeit. Der Ansatz hierfür soll sogar auf fast 1 Million Euro steigen. Wie erklärt sich das vor dem Hintergrund, dass es bald gar keine Proberichter in der Sozialgerichtsbarkeit mehr geben wird?

Viele Ansätze gehen auch rechnerisch nicht auf. Bei den Rechtsreferendaren weisen Sie die gleiche Stellenzahl aus, kürzen aber den Etatansatz um 600.000 Euro, als ob nicht auch Rechtsreferendare bei ihrer kargen Ausbildungsbeihilfe gelegentlich eine Erhöhung erhalten, jedenfalls aber bestimmt keine Kürzung.