Protocol of the Session on September 18, 2013

Frau Beilstein, ich habe kein Verständnis dafür, dass man eine Summe von 490 Millionen Euro „ein kleines

Mäuschen“ nennt. Ich meine sogar, 490 Millionen Euro stellen eine ziemlich kräftige Maus dar.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Frau Beilstein, CDU)

Sie könnten uns natürlich Ihren Dukatenesel zeigen, um in diesem Bild zu bleiben, um zu zeigen, woher die wundersame Brotvermehrung, die Sie mit bis zu 900 Millionen Euro bezeichnet haben, kommen soll.

(Heiterkeit bei SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Pörksen, SPD: 1,3 Milliarden!)

Ich rede bewusst von 490 Millionen Euro, Frau Beilstein; denn wir entscheiden über die Verbundmasse.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Wir entscheiden über den Anteil der Kommunen. Wir entscheiden, wie dieser Anteil prozentual ausgestaltet wird.

Wir haben im Gegensatz zu anderen Bundesländern, die Verbundsätze abgesenkt und permanent verändert haben, entschieden, dass wir die Steuerzuwächse insgesamt in einer Höhe von dann addiert 490 Millionen Euro den Kommunen zur Verfügung stellen. Deswegen reden wir mit Überzeugung und zu Recht von 490 Millionen Euro.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, durch die Reform wird ein wesentlicher Teil der Finanzkrise, die laufenden Defizite für die Gesamtheit der Kommunen, beseitigt. Wenn der kommunale Finanzierungssaldo im Jahr 2014 und in den Jahren danach positiv wird, dann ist der Beitrag des Landes zum kommunalen Finanzausgleich mehr als spürbar.

Es bleibt der Abbau der aufgelaufenen Liquiditätskredite. Auch hier haben wir im Bundesvergleich eine Regelung getroffen, die mehr als kommunalfreundlich ist, glaube ich, und den Kommunen – ich will Ihnen gleich ein Zitat aus der letzten Woche zur Kenntnis geben – wirklich hilft.

Wir haben beschlossen, über den Kommunalen Entschuldungsfonds (KEF) insgesamt 3,9 Milliarden Euro aufzubringen – die einzelnen Kommunen und das Land; das Land jährlich 85 Millionen Euro –, um aufgelaufene Liquiditätskredite zu reduzieren.

Wenn man in dieser Woche beispielsweise die „Mainzer Rhein-Zeitung“ vom 18. September gelesen hat, ist dort zu lesen gewesen: „Beifall für Entschuldungsfonds“.

„Durch den Entschuldungsfonds wird unsere Stadt“ – die Landeshauptstadt Mainz – „in den kommenden 15 Jahren um 477 Millionen Euro entlastet.“, so der Oberbürgermeister.

Dann gibt es ein Lob: Der Kommunale Entschuldungsfonds für Mainz „sei ein starkes Signal der politischen Handlungsfähigkeit“. Das Zitat stammt vom FDP

Kreisvorsitzenden, also einer Persönlichkeit, die politisch allen Grund hätte, unsere Entscheidung kritisch zu betrachten.

Das ist der KEF, und das Gerichtsurteil sagt, den KEF dürfen wir nicht mit hineinrechnen. Das bedeutet, KFA neu 490 Millionen Euro, die hinzukommen, plus Landesgeld für den KEF in Höhe von jährlich 85 Millionen Euro. Aufaddiert auf alle drei Partner des KEF bedeutet das eine Reduzierung der Liquiditätskredite von 3,9 Milliarden Euro für die nächsten 15 Jahre.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem Gesetzentwurf wird auch der Steuerverbund dauerhaft erweitert. Ich habe es ausgeführt. Der Verbundsatz für den neu eingeführten fakultativen Steuerverbund wird ebenso dauerhaft erhöht.

Diese Maßnahmen waren nötig, um bis zum Jahr 2016 nicht nur die Summe von 490 Millionen Euro darzustellen, sondern darüber hinaus auch die erforderlichen Mittel für die Einbeziehung weiterer Ausgleichsleistungen für die entfallenden kommunalen Bußgeldeinnahmen, für die Projekte „Hilfe nach Maß“, dem Budget für Arbeit sowie die Zuweisungen für den Bezirksverband und den Winterdienst, zusätzlich finanzieren zu können, ohne die Finanzausgleichsmasse mit diesen Maßnahmen zu befrachten.

Frau Beilstein, Sie haben vorhin 490 Millionen Euro als „Mäuschen“ bezeichnet. Das heißt, Sie haben die Summe, die wir gesondert zur Verfügung stellen und die Sie kennen, geradezu unter den Tisch fallen lassen. Sie haben von einer kleinen Summe gesprochen, ohne sie zu nennen.

(Zuruf der Abg. Frau Beilstein, CDU)

Diese Summe liegt immerhin bei 74 Millionen Euro. Wenn das ein kleines Sümmchen ist, dann weiß ich nicht, wie Sie über große Summen denken. Ich glaube, das ist ein starkes Zeichen. Diese Summe kommt auf die 490 Millionen Euro obendrauf.

Im Vergleich zwischen den Körperschaftsgruppen werden die zusätzlichen Finanzausgleichsmittel hauptsächlich auf die kreisfreien Städte und Landkreise verteilt, während die Ortsgemeinden, Verbandsgemeinden und verbandsfreien Gemeinden im ersten Jahr nach der Reform nur wenig – das gebe ich zu – und erst ab dem zweiten Jahr nach der Reform stärker profitieren.

Dies ist auf Gemeindeebene auch Hintergrund der Klage gewesen. Gelegentlich wird sogar behauptet, die Gemeindeebene habe reformbedingte Verluste zu erlei- den. – Das ist falsch. Ich will deshalb diesem Vorwurf nähertreten und darf kurz aus dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs zitieren. Darin heißt es:

„Während die Sozialausgaben der Landkreise und kreisfreien Städte von 2000 bis 2007 stark anwuchsen, waren die von den kreisangehörigen Gemeinden und Verbandsgemeinden zu tragenden Soziallasten sogar rückläufig. Hierdurch ist es zu erheblichen finanziellen Ungleichgewichten zwischen Gebietskörperschaftsgruppen gekommen. Dieser Entwicklung hat der Gesetzgeber bei

der Ausgestaltung des kommunalen Finanzausgleichs des Jahres 2007 nicht angemessen Rechnung getragen.“

Ich zitiere weiter:

„Als Finanzierungssaldo aus laufender Rechnung und Kapitalrechnung wiesen die kreisangehörigen Gemeinden und Verbandsgemeinden immerhin noch einen Überschuss von 40 Millionen Euro aus, während bei den kreisfreien Städten und Landkreisen Defizite von 122 bzw. 88 Millionen Euro auftraten. Das finanzielle Ungleichgewicht zwischen den Landkreisen und den kreisfreien Städten einerseits und den kreisangehörigen Gemeinden und Verbandsgemeinden andererseits war so groß, dass jedenfalls auch eine Umverteilung der Finanzausgleichsmasse hätte vorgenommen werden müssen.“

Mit den Verteilungswirkungen der Reform wird deshalb zunächst ein Auftrag des Verfassungsgerichts erfüllt. Darüber hinaus erhält keine Körperschaftsgruppe weniger Schlüsselzuweisungen als vor der Reform. Zu Verlusten der Gemeindeebene käme es nur dann, wenn die Landkreise und Verbandsgemeinden höhere Umlagen erheben und die Gemeinden auf die gestiegenen finanziellen Anforderungen nicht mit Hebesatzerhöhungen reagieren.

Allerdings hat der Verfassungsgerichtshof auch gefordert, die Kommunen mögen ihre eigenen Einnahmequellen angemessen ausschöpfen. Sie haben sogar den Hinweis auf die Kommunalaufsicht an der Stelle gegeben.

Auf eine entsprechende Mitwirkung der Kommunen habe das Land im Wege der Kommunalaufsicht hinzuwirken; deshalb sieht der Gesetzentwurf die Anhebung der sogenannten Nivellierungssätze vor. Dies soll zu Anhebungen der tatsächlichen Hebesätze in den rheinland-pfälzischen Gemeinden führen. Mit einer moderaten Anhebung der Hebesätze können die Gemeinden ihre Einnahmen auf einem gleichbleibenden Niveau halten. Mit der Anhebung der Nivellierungssätze setzt die Landesregierung ein Zeichen für eine ehrliche Politik, und zwar trotz Kommunalwahl 2014 und deutlich vor dem Wahltag.

Zudem verbessert der Änderungsantrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auch die finanzielle Situation der Ortsgemeinden. Hier werden die Schlüsselzuweisungen A für das Jahr 2014 von 82,5 v. H. auf 83 v. H. erhöht, was in etwa eine Umverteilung zugunsten der Ortsgemeinden von 1,5 Millionen Euro bedeutet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte mir einmal die Situation in den konkreten Kommunen anschauen und das Beispiel des kommunalen Finanzausgleichs, wie wir ihn jetzt vorgelegt haben, für den Eifelkreis Bitburg-Prüm heranziehen. Im nächsten Jahr wird dies ein Plus von 3 Millionen Euro bedeuten, ab dem Jahr 2015 rund 5 Millionen Euro mehr.

Ich möchte nun auf das hinweisen, was wir auf Bundesebene erwarten, Stichwort „Eingliederungshilfe“. Sie wissen, dazu brauchen wir die Unterstützung aller. Bis

zum Jahr 2014 wird diese auf 16 Milliarden Euro ansteigen. Eine vollständige Übernahme der Kosten durch den Bund wäre für Rheinland-Pfalz und seine Kommunen eine Entlastung von 800 Millionen Euro. Ich glaube, das können wir nicht erwarten, das wird die Bundesebene nicht leisten können. Aber der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt hat einmal davon gesprochen, dass man sich CDU-seitig vorstellen könnte, ein Viertel dazuzugeben. Dies wären für Rheinland-Pfalz 200 Millionen Euro.

Würden wir diese 200 Millionen Euro landesweit bekommen und an die kommunale Ebene durchreichen, würde dies für den Landkreis Südliche Weinstraße bedeuten, dass sich bei 400 Millionen Einwohnern 50 Euro je Einwohner ergeben. Der Landkreis Südliche Weinstraße hat ziemlich genau 100.000 Einwohner, wir reden somit über knapp 5 Millionen Euro bei einer Bundesbeteiligung in Höhe von nur eines Viertels der Kosten für die Eingliederungshilfe.

Das sind Summen, die wir erreichen müssen, und dazu muss die Bundesebene sich bewegen. Wir haben einen kommunalen Finanzausgleich neu aufgestellt, wir haben den Kommunalen Entschuldungsfonds auf den Weg gebracht, und nun ist der Bund an der Reihe. Jetzt muss er Geld hineingeben, zum Beispiel über die Eingliederungshilfe, über das besagte Viertel, das ich soeben als Beispielberechnung herangezogen habe und das für den Landkreis Südliche Weinstraße 5 Millionen Euro ausmachen würde. Das ist der Auftrag an die Bundesebene nach dem 22. September, und an der Stelle sollten wir unsere Einflüsse überall dort geltend machen, wo wir dies tun können.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich möchte weitere Gäste im Landtag begrüßen. Es ist das Blasorchester Bodenheim e.V. anwesend. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Des Weiteren ist Herr Walter Schwarz, der Gewinner des Quiz anlässlich der Wanderausstellung „Der Landtag Rheinland-Pfalz“, Station Pirmasens, anwesend. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Die Redezeit kann pro Fraktion noch um 1 Minute und 45 Sekunden verlängert werden. – Gibt es weitere Wortmeldungen? – Herr Noss hat das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Beilstein, die Rolle der Oppositionspartei spielen Sie perfekt. Oppositionsparteien haben immer den großen

Vorteil, sie können viel versprechen, aber brauchen letztendlich nichts einzuhalten, weil man sie nicht daran messen kann, ob sie etwas einhalten.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Versprochen hat sie überhaupt nichts!)

Wenn Sie bei der Polizei sind, fordern Sie 1.000 Polizisten mehr. Sind Sie bei den Lehrern, fordern Sie mehr Lehrer. Sind Sie dort, wo Straßen gebaut werden sollen, fordern Sie mehr Straßen. Sind Sie bei den Kommunen, fordern Sie ebenfalls mehr Geld für die Kommunen. – Nur sagen Sie an keiner Stelle, woher dieses Geld kommen soll. Ob das eine verantwortungsvolle Politik ist, das wage ich zu bezweifeln.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Sie sagen, die Schulden seien seit 1991 gestiegen. Ich kann aus meinem Bereich nur sagen, es war Ende der 90er-Jahre, als die Schulden allgemein angestiegen sind. Von daher können Sie uns diese zufällige Übereinstimmung, die Sie ebenfalls konstruieren, nicht weismachen.