Protocol of the Session on September 18, 2013

Nach all diesen Entwicklungen kann man als Kommunalpolitiker in diesem Land nur zu einer Erkenntnis kommen, Rot-Grün ist kein Freund der Kommunen.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU – Ramsauer, SPD: Sie haben vergessen zu sagen, wie Sie es bezahlen wollen!)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Steinbach das Wort.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Frau Kollegin Beilstein, ob derjenige oder diejenige ein Freund der Kommunen ist, der viel verspricht, aber nichts gibt, diese Frage möchte ich ganz deutlich in diesem Raum stellen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Meine Damen und Herren, die vorgelegte Reform des kommunalen Finanzausgleichs sichert eine nachhaltige Finanzierung der Kommunen in Rheinland-Pfalz. Der vorliegende Änderungsantrag zum Gesetzentwurf inklusive des Entschließungsantrags von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN leistet einen entscheidenden Schritt zur Verbesserung der Finanzsituation in den Kommunen in Rheinland-Pfalz.

Nicht nur, dass wir im Jahr 2016 eine Verbesserung der Einnahmesituation bei den Kommunen insgesamt von rund einer halben Milliarde Euro darstellen können, sondern auch der Fakt, dass wir bereits im Jahr 2013 eine Vorabzuweisung der sogenannten Zensusmittel in Höhe von mehr als 70 Millionen Euro vornehmen, ist ein Beitrag zur spürbaren Entlastung der Haushaltssituation der Kommunen in Rheinland-Pfalz.

Die 70 Millionen Euro haben Sie gerade einmal unterschlagen, liebe Frau Beilstein.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jeder, der die Haushaltssituation des Landes und seiner Kommunen kennt und realistisch beurteilt, ist sich im Klaren darüber, dass die finanziellen Änderungen, die das Land vornimmt, eine erhebliche Kraftanstrengung darstellen.

Ich verstehe jeden Vertreter und jede Vertreterin der kommunalen Familie, die sich in ihrem eigenen Falle noch mehr vorstellen kann. Das wäre jedoch mit der

Haushaltssituation des Landes schlicht unvereinbar, meine Damen und Herren.

Der Ausgabenbereich der Zuweisungen an die kommunalen Gebietskörperschaften stellt den zweitgrößten Ausgabenposten nach den Personalausgaben im Landeshaushalt dar. In einer Phase einer unbedingt erforderlichen Konsolidierung, die im Grundsatz noch nicht einmal von der Opposition bestritten wird, ist eine Ausgabensteigerung in diesem Bereich von 25 % in drei Jahren ein budgetärer Kraftakt, den niemand ungewürdigt lassen kann, meine Damen und Herren.

Inhaltlich und strukturell werden wir die wesentlichen Verteilungsmechanismen des kommunalen Finanzausgleichs unangetastet lassen, einerseits weil durch die Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs in Koblenz eine klare zeitliche Begrenzung des Beratungs- und Verabschiedungsprozesses vorlag, und andererseits weil in diesem Beratungsprozess innerhalb der EnqueteKommission und der zuständigen Ausschüsse nach reiflicher Überlegung und Begutachtung die bestehende Struktur als für das Land durchaus geeignet angesehen werden kann. Dennoch ist es durch die konkrete Ausgestaltung des kommunalen Finanzausgleichs über Jahrzehnte hinweg zu einer deutlichen Schieflage im Land gekommen, sodass vor allem die Träger der sozialen Aufgaben wie beispielsweise die Landkreise, die kreisfreien Städte – ich will an dieser Stelle ausdrücklich auch die großen kreisangehörigen Städte nicht unerwähnt lassen – zunehmend in eine finanzielle Schieflage gekommen sind.

Wir als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind froh, diese jahrzehntelange Fehlentwicklung mit diesem Gesetzentwurf nun korrigiert zu haben. Der wesentliche Mechanismus dabei ist die neu eingeführte Schlüsselzuweisung C, die Sie eben so herzhaft kritisiert haben. Die nämlich kommt überwiegend den Trägern der großen finanziellen Lasten durch die Sozialausgaben zugute.

Meine Damen und Herren, genau das hatte der Verfassungsgerichtshof so gefordert.

Wir wollen langfristig auf eine stärker indikatorengestützte Finanzierung setzen. Darauf hat insbesondere die Sachverständige Frau Professor Dr. Färber hingewiesen.

Wir haben in unserer Verantwortung für das gesamte Land aber auch gesagt, dass es keine Gebietskörperschaftsgruppe gibt, die im Nachhinein schlechter gestellt werden wird, und damit auch große Verantwortung für das gesamte Land gezeigt und übernommen.

Meine Damen und Herren, der vorgelegte kommunale Finanzausgleich, über den heute abzustimmen sein wird, erfüllt zuerst unseren politischen Anspruch, den sich diese Koalition vorgenommen hat, und er ist ein wichtiger Schritt hin zu einer langfristigen Gesundung der Kommunalfinanzen. Es ist beileibe nicht der einzige Schritt, und es wird auch nicht der letzte Schritt bleiben, meine Damen und Herren.

Weiter erfüllt der zu verabschiedende Gesetzentwurf auch die Vorgaben, die der Verfassungsgerichtshof in

Koblenz uns als Gesetzgeber aufgegeben hat. Er leistet den geforderten spürbaren Beitrag, er stellt die Verteilungssymmetrie wieder her, und das sowohl vertikal als auch horizontal. Das Land zeigt damit deutlich, dass es seiner Verpflichtung und Verantwortung für die Kommunalfinanzen vollumfänglich nachkommt.

Meine Damen und Herren, die langfristige Gesundung der Kommunalfinanzsituation ist eine Aufgabe, die nur dann gelingen kann, wenn alle beteiligten Ebenen ihren Beitrag dazu leisten. Darauf hat einerseits der Verfassungsgerichtshof hingewiesen, indem er ausgeführt hat, dass auch die kommunale Ebene alle Kräfte anspannen müsse, um dies zu bewerkstelligen. Darauf weist aber auch der Sachverständige in der Enquete-Kommission „Kommunale Finanzen“ der CDU, Herr Professor Dr. Junkernheinrich, ausdrücklich hin. Das soll bewusst keine Entschuldigung für irgendwelches Nichthandeln sein, aber diese rot-grüne Koalition nimmt diese Aufgabe und ihren Handlungsbereich äußerst ernst.

Ich will nur klar benennen, dass es nicht am Land alleine liegt. Damit ist der Hinweis verbunden, dass insbesondere der Bund gefordert ist, für weitere Schritte der Entlastung bei den Kommunen zu sorgen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Das sage ich eingedenk und insbesondere an die Adresse der noch amtierenden Bundesregierung in Berlin.

Die Ergebnisse der letzten Legislaturperiode im Bereich der Kommunalfinanzen – ich sage nur ein Stichwort, Reform der Gewerbesteuer – sind bestenfalls wenig hilfreich und eher schädlich gewesen, meine Damen und Herren.

Die Sachen, die vorangekommen sind – Sie haben die Altersgrundsicherung angesprochen –, haben dies dem Druck der Länder und insbesondere der rot-grünen Landesregierung zu verdanken. Die Bundesregierung selbst blieb im Wesentlichen untätig, weil sie sich in diesem Punkt völlig uneinig war.

Meine Damen und Herren, weil gerade Wahlkampf ist: Es ist wohlfeil, die Abschaffung der Gewerbesteuer zu fordern, aber es ist schlicht unredlich, nicht zu erklären, wie 35 Milliarden Euro für die Kommunen dann gegenfinanziert werden sollen. Das ist die Wirklichkeit, in der Sie sich in den kommunalen Finanzen bewegen, meine Damen und Herren von der CDU.

(Zuruf des Abg. Reichel, CDU)

Die Untätigkeit als das Ergebnis, das wir jetzt auf Bundesebene sehen, ist das, was die Kommunen erwarten dürfen, wenn Sie dafür in Verantwortung stehen, meine Damen und Herren von der CDU.

Ich kann die Neigung einer Oppositionsfraktion zur Kritik an vorgelegten Regierungsentwürfen durchaus verstehen. Ich kann verstehen, dass man dem Druck der eigenen Interessengruppen zugeneigt ist und man bereit ist, dem nachzugeben. Meine Damen und Herren von der CDU, ich appelliere aber auch an Ihre Verantwortung,

dass Sie für dieses Land auch eine Verantwortung in der Opposition haben.

Sie, die CDU, machen es sich in dieser Reform so unglaublich einfach. Sie kennen nur eine Forderung, und das ist die Schließung der strukturellen Lücke. Heute haben Sie sie gerade einmal ausgespart, weil Ihnen die Zahl wahrscheinlich unangenehm war. Ich will Sie gern noch einmal daran erinnern, weil wir bereits bei der Einbringung darüber geredet haben.

Davon abgesehen, dass es keine klare Definition für diese strukturelle Lücke gibt und Sie sie bis heute auch auf Nachfrage nicht benennen können, sind Sie wahlweise mit Forderungen in Höhe von 300 Millionen Euro oder 900 Millionen Euro mehr bei der Sache. Diese Forderung ist, egal in welcher Höhe, mit der Finanzsituation des Landes nicht vereinbar. Hier würde mich ganz stark interessieren, wie die CDU unter diesen Umständen einen verfassungsmäßigen Haushalt aufstellen möchte.

Wenn Sie vollmundig die Versprechungen machen, dann würde ich Ihnen dringend anraten – ich fordere sie geradezu ein; wir stehen kurz vor den Beratungen des Doppelhaushalts 2014/2015 –, für das, was Sie als nicht ausreichende Finanzierungsmittel konstatiert haben, einen Änderungsantrag und eine entsprechende Gegenfinanzierung einzubringen, Frau Kollegin Beilstein. Wir werden sehen, was Sie den Kommunen tatsächlich in diesem Punkt schuldig bleiben.

Ich fasse Ihre Position zusammen: Sie haben keine eigenen Ideen zur konkreten Ausgestaltung, mehr vage Andeutungen. Ich möchte nur auf die traurige Darstellung der CDU in der Enquete-Kommission mit ihren Eckpunkten verweisen. Auch das, was heute als Entschließungsantrag eingereicht ist, entspricht im Wesentlichen dem Aspekt eines Wunschzettels für Weihnachten.

Sie habe keine eigenen Ideen zur Finanzierung der Reform. Allein dieser Hinweis, dass seit Jahrzehnten die SPD in Regierungsverantwortung sei, mag mich als GRÜNEN wenig beeindrucken.

Meine Damen und Herren, wir, die rot-grüne Koalition, bringen die Kommunen auf einen Weg der nachhaltigen Finanzierung ihrer Aufgaben. Wir werden den Finanzierungssaldo spätestens im Jahr 2015 ausgleichen. Frau Beilstein, vielleicht halten Sie ja dann die gleiche Rede hier noch einmal, wenn Sie darauf Lust haben.

Was Sie machen, ist, viel versprechen und nichts geben. Damit geben Sie Steine statt Brot. Das wird Ihnen nicht vergessen werden, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Pörksen, SPD: Sehr richtig!)

Für die Landesregierung hat Herr Innenminister Lewentz das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ab dem 1. Januar 2014 haben wir einen neuen kommunalen Finanzausgleich (KFA), einen zukunftsweisenden neuen kommunalen Finanzausgleich. Ich möchte all denjenigen danken, die sich intensiv an der Diskussion und der Entwicklung dieses KFA beteiligt haben.

Wir haben das zusammen mit dem Finanzministerium sozusagen vom Rahmen her entwickelt. Ich möchte mich auch herzlich bei unserer Ministerpräsidentin bedanken, die sich sehr intensiv in diese Diskussion zum KFA mit eingeschaltet hat. Ich bedanke mich bei den Fraktionsvorsitzenden der Koalitionsfraktionen und den kommunalen Experten. Es hat viele Stellschrauben gegeben, die es zu bedenken gab, bevor man ein solches Werk vorlegen konnte.

Ich will noch einmal betonen, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden nicht nur die notwendigen Konsequenzen aus dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs (VGH) Rheinland-Pfalz vom 14. Februar 2012 gezogen, sondern es wird auch ein Reformversprechen eingelöst, das die frühere Landesregierung bereits im Jahr 2010 im Rahmen ihrer Reform-Agenda zur Verbesserung der kommunalen Finanzen abgegeben hat, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Nicht zuletzt wurde im Koalitionsvertrag zwischen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vereinbart, das Finanzausgleichssystem durch eine Fortentwicklung des Landesfinanzausgleichsgesetzes zu modernisieren und zukunftssicherer auszugestalten.

Inhaltlich baut der Gesetzentwurf auf den Vorgaben des VGH Rheinland-Pfalz, den Ergebnissen der finanzwissenschaftlichen Untersuchung durch das Ifo-Institut vom September 2012 und den Empfehlungen der EnqueteKommission „Kommunale Finanzen“ auf. Auch den Mitgliedern der Enquete-Kommission möchte ich ein herzliches Dankeschön sagen.

Die Anforderungen aus dem Urteil des VGH werden mit dem vorliegenden Gesetzentwurf erfüllt. Der Kernsatz des Urteils des VGH lautet: Das Land hat einen spürbaren Beitrag zur Bewältigung der kommunalen Finanzkrise zu leisten. – Der VGH hat nicht gefordert, das Land hat einen spürbaren Beitrag zur Erhöhung der Schlüsselzuweisungen zu leisten.

Der vorliegende Gesetzentwurf führt dazu, dass die Finanzausgleichsmasse ab 2014 stark ansteigt und den Kommunen in unserem Land unter Berücksichtigung der zu erwartenden Einnahme- und Ausgabenentwicklung in der Regel, das heißt im Durchschnitt eines Konjunkturzyklus, ein positiver Finanzierungssaldo möglich ist, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Dies ist ein ambitioniertes Ziel, nachdem der Finanzierungssaldo der Kommunen in Rheinland-Pfalz im vergangenen Jahr erneut negativ war.