Protocol of the Session on July 4, 2013

Ich war am LVU-Unternehmertag am 28. Mai dieses Jahres zugegen. Angemeldet wurde die Regierungserklärung vom Wirtschaftsministerium am 28. April dieses Jahres, einen Monat vorher, das heißt, diese Regierungserklärung war längst angemeldet, als Frau Klöckner es gefordert hat.

(Frau Klöckner, CDU: Bei uns wurde nichts angemeldet!)

Es ist eine Frechheit, dies hier zu behaupten, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Unterstellungen. Sie haben in puncto Bad Bodendorf mit Unterstellungen gearbeitet, die sämtlich in Antworten auf mehrere Anfragen von der Landesregierung ausgearbeitet sind. Unter anderem ist es einfach unwahr, dass ein entsprechendes Schreiben mit dem Briefkopf der Ministerin herausgegangen ist. Wenn Sie Ihre Antworten auf Ihren eigenen Anfragen lesen würden, dann hätten Sie gewusst, dass Sie die Unwahrheit erzählen, Frau Klöckner.

Worthülsen. Was ich wirklich nicht mehr hören kann, ist Moratorium.

Jetzt fordern Sie ein Steuermoratorium. Wie lange wollen Sie denn keine Steuern mehr erheben? Wann müssen wir wieder Steuern bezahlen? Woher kommt eigentlich das Geld? – Alles Fragen, die man sich stellt.

Das Steuerkonzept der Union hätte man vielleicht verstanden, falls es eines gäbe, wenn es in der Union eine

Debatte darüber gegeben hätte. Aber wie ist das Programm der Union zustande gekommen? – Sie und elf weitere Konservative treffen sich hinter verschlossenen Türen und legen uns hinterher ein Programm vor, mit dem Sie sagen, es gibt keine Steuererhöhungen, aber Mehrausgaben von 30 Milliarden Euro.

Frau Klöckner, wissen Sie, ich fordere an dieser Stelle auch ein Moratorium, dass Sie uns bitte mit Forderungen nach Moratorien bis zum Ende der Legislaturperiode verschonen. Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Dann haben Sie kritisiert – Sie sind schon ein Stück weitergekommen; Sie haben das Organigramm der Landesregierung gelesen –, dass die Bereiche Infrastruktur und Wirtschaftsministerium im Kabinett getrennt sind. Beantworten Sie mir die Frage, meinen Sie das Landes- oder das Bundeskabinett, in dem Wirtschaft und Infrastruktur auch getrennt sind. – Das ist es wohl, wenn Ihnen nichts mehr einfällt, als zu kritisieren, dass jetzt Wirtschaft, Klimaschutz und Energie zusammen sind und Infrastruktur im Innenministerium. Dann ist Ihnen wirklich nicht viel eingefallen, was Sie an dieser Regierungserklärung zu kritisieren haben. Vielleicht haben Sie es auch nicht wirklich verstanden, weil, auf die zentralen Herausforderungen der Zukunft sind Sie überhaupt nicht eingegangen.

Rheinland-Pfalz – Frau Ministerin Lemke hat es gesagt – ist auch in der Vergangenheit immer auf die zentralen Herausforderungen der Zeit und der Zukunft eingegangen und hat sie gemeistert. So auch heute. Deswegen diese Regierungserklärung.

Dazu gehört, dass sich die rot-grüne Koalition im Bereich der Wirtschaftspolitik auf den sozial-ökologischen Wandel begeben hat. Die Wirtschaft kann nur langfristig erfolgreich sein, wenn sie die Situation der Menschen in unserem Land tatsächlich verbessert und unsere natürliche Lebensgrundlage hierbei nicht zerstört.

Unser Wohlstand heute ist doch nichts wert, wenn er die Bedingungen untergräbt, von denen der Wohlstand unserer Kinder und Kindeskinder abhängt, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Frau Lemke hat es ausgeführt: Natürlich brauchen wir ein Wachstum, aber kein rein quantitatives Wachstum, das den Ressourcenverbrauch außen vor lässt, sondern ein qualitatives Wachstum, das Ressourceneffizienz gewährleistet und sozialinklusiv aufgestellt ist; denn es ist ein Dreieck geworden: Wirtschaftliche Prosperität, natürliche Lebensgrundlage, aber im Zentrum unseres Wirtschaftens und politischen Handelns steht am Ende immer noch der Mensch.

Nur wenn wir uns die Grundlagen für die Zukunft des Wirtschaftens, aber auch unseres gesellschaftlichen Lebens heute erhalten, dann können wir auch in Zukunft noch erfolgreich wirtschaften. Deswegen hat Frau Lem

ke dargestellt, wie eine ressourcensparende Wirtschaftsweise in Rheinland-Pfalz zu organisieren ist. Nur so können wir die Folgen des Klimawandels begrenzen und gleichzeitig unsere eigene Wohlfahrt wie auch die kommender Generationen sichern und ausbauen.

Frau Klöckner, es ist schon bezeichnend, dass angesichts der Herausforderung des weltweiten Klimawandels das Wort „Klimaschutz“ in Ihrer Rede nicht ein einziges Mal vorkam.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Sie müssen nicht mir glauben, und Sie müssen noch nicht einmal der Wirtschaftsministerin glauben, glauben Sie einem rheinland-pfälzischen Unternehmen. Ich darf zitieren: Als weltweit führendes Unternehmen einer energieintensiven Branche hängt unser Erfolg von einer langfristig gesicherten Versorgung mit Energie und Rohstoffen ab. Da die fossile Rohstoffbasis begrenzt ist, setzen wir uns für eine nachhaltige Energiepolitik ein. –

Und weiter: Die nachhaltige Effizienzsteigerung von Energie und Rohstoffnutzung hat bei uns erste Priorität. Schon heute leisten wir einen dreifachen Beitrag zur Ressourcenschonung, durch eine hocheffiziente Produktion und Energieversorgung an unseren Verbundstandorten, durch innovative Produkte und Verfahren sowie durch den Ersatz fossiler durch nachwachsende Rohstoffe. –

Frau Klöckner, Sie müssen nicht Frau Lemke oder mir glauben, glauben Sie einfach der BASF.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Richtig!)

Es ist schon schwierig, wenn man Nachhaltigkeit nicht definieren kann. Wir versuchen es einmal mit der Definition der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung. Die könnten Sie schon kennen, da sie von 1987 ist.

Da heißt es: Nachhaltigkeit beschreibt eine dauerhafte Entwicklung, und eine dauerhafte Entwicklung ist Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können. –

Deswegen setzen wir auf ein nachhaltiges Wachstum, und deswegen geht die rheinland-pfälzische Wirtschaftspolitik genau in diese Schnittstelle von Umwelt und Wirtschaft und löst den alten Gegensatz zwischen Ökologie und Ökonomie auf, nicht nur, weil es für uns eine ökologische Herausforderung und ökologische Frage ist, sondern auch, weil es ein riesiges ökonomisches Potenzial hat.

Was wir mit der Energiewende bereits an ökonomischem Potenzial in Rheinland-Pfalz umsetzen, greift auf immer mehr Wirtschaftssektoren über. Eine moderne Wirtschaftspolitik, die sich gleichzeitig an den Bedürfnissen und an den Zukunftsperspektiven von Unternehmen, aber auch an den Bedürfnissen von Menschen und den Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlage orientiert,

ist heute nicht nur ökologisch nötig, sondern in Zukunft auch wirtschaftlich erfolgreich. Das hat Frau Lemke in eindrucksvoller Weise dargestellt, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich will fünf Prinzipien eines solchen sozialökologischen Wirtschaftens noch einmal kurz beleuchten. Das ist:

1. dass Nachhaltigkeit als Schlüsselprinzip unseres Wirtschaftens implementiert wird,

2. dass Wirtschaftspolitik gemeinsam mit den Akteuren der Wirtschaft im Dialog gestaltet wird,

3. ein Schwerpunkt auf Innovation und Wissenstransfer,

4. gute Bildung von Anfang an, auch zur Fachkräftesicherung und

5. – dazu haben wir leider auch nicht viel von Ihnen gehört, Frau Klöckner – die soziale Basis.

Gute Wirtschaft braucht gute Arbeit.

Nachhaltigkeit: Wir müssen unser Wirtschaften langfristig vom Ressourcenverbrauch entkoppeln. Wir befinden uns dabei am Anfang einer Ära. Da schlummert ein unglaubliches wirtschaftliches Potenzial.

Die Boston Consulting Group hat im Auftrag des BDI, nicht des BUND, errechnet, dass im Bereich der Effizienzsteigerung von Produkten im Bereich erneuerbare Energien und im Bereich der Gebäudeeffizienz Umsatzchancen in Deutschland bis 2020 von 60 Milliarden Euro liegen. Im Bereich der Umweltwirtschaft – Frau Lemke hat es angesprochen – reden wir mittlerweile über Umsatzvolumen in 2011 in Höhe von 4,6 Milliarden Euro. Nicht nur das, wir reden mittlerweile über 16.000 Beschäftigte in Rheinland-Pfalz. So viel hat beispielsweise auch der Ernährungssektor.

Nachhaltiges Wirtschaften ist nicht nur eine ökologische Herausforderung, sondern auch ein unglaubliches Potenzial für wirtschaftliche Dynamik und Arbeitsplätze. Deswegen können wir keine Politik von gestern machen, wie es die CDU hier vorgetragen hat, sondern wir müssen wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen für morgen und übermorgen setzen; denn die First-Mover werden auch hier die langfristigen Gewinner sein.

Rückwärtsgewandte Wirtschaftspolitik hingegen, die auf solche gestrigen Konzepte fokussiert, wird keine Zukunft haben. Frau Klöckner, der Webstuhl und die Dampfmaschine stehen heute im Museum. Nur mit ständiger Bereitschaft zur Erneuerung bleibt unser Land langfristig erfolgreich, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Sie haben es doch selbst ausgeführt. Zwar haben Sie das mit der Green Economy nicht ganz verstanden, weil sich Green Economy nicht nur auf die Umweltwirtschaft

beschränkt, sondern eine Wirtschaftsform beschreibt, die sich durch innovationsorientiertes ökologisches und partizipatives Wachstum auszeichnet und die einerseits von der Umwelttechnikbranche getragen ist, aber andererseits auch von Unternehmen aus klassischen Wirtschaftszweigen, die eine Nachhaltigkeitsstrategie verfolgen und sie auf allen Ebenen integriert haben.

Das müssen Sie nicht mir glauben, aber glauben Sie es Ihrem Bundesumweltminister. Aus seinem Haus stammt diese Definition.

Sie haben jetzt schon erkannt, dass Windräder auf Stahl angewiesen sind. Genau das ist es doch. Damit zeigt man doch, dass dieses grüne Wirtschaften, diese Green Economy, positive Effekte auf Wirtschaftssektoren hat, wie die Stahlindustrie, die eben nicht sozusagen den klassischen Umwelttechnologien angehören.

Gehen Sie einmal in die rheinland-pfälzischen Gießereien, wie die sich dafür bedanken, dass Windkraftanlagen ausgebaut werden. Das bedeutet für sie volle Auftragsbücher. Das ist für sie ökonomische Prosperität. Das bedeutet auch den Erhalt mittelständischer Arbeitsplätze in Rheinland-Pfalz. Dazu trägt die Energiewende ganz entscheidend bei, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir stehen im ständigen Dialog mit der Wirtschaft. Eveline Lemke hat es genannt, ob es die Dialogindustrieentwicklung ist, der Ovale Tisch für Ausbildung und Fachkräftesicherung oder der Mittelstandstag. Auch wir als Fraktion sind im ständigen Kontakt mit der LVU, mit der IHK und der Handwerkskammer. Wir haben einen wunderbaren Antrag zum Handwerk gemeinsam mit den Kammern entwickelt und hier beschlossen.

Es sind fruchtbare Dialoge, bei denen beide Seiten noch etwas lernen. Natürlich ist man nicht immer einer Meinung. Das ist völlig in Ordnung in der politischen Auseinandersetzung. Frau Klöckner, wenn man regiert, kann man es nicht allen wohl machen, sondern da muss man auch schauen, dass man Kompromisse macht, gemeinsame Wege findet und manchmal auch entscheidet.