Protocol of the Session on June 6, 2013

Herr Baldauf, Anfragen stellen und die Antwort nicht abwarten wollen, hat in der CDU so etwas wie Methode. Wie ist es zu erklären, dass zurzeit 27 Anfragen zu dieser Thematik von der CDU-Fraktion gestellt wurden, der Fristablauf am 12. Juni ist und sie nicht einmal die Antworten auf Ihre eigenen Anfragen abwarten, sondern heute das zum Thema machen, weil Sie die Antworten offensichtlich überhaupt nicht interessieren?

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

So viel zum seriösen Umgang mit dem Thema. Das hält mich aber nicht davon ab, sehr seriös auf dieses Thema, die Kleinen Anfragen und auf das zu antworten, was Sie heute gesagt haben.

(Bracht, CDU: Dummes Geschwätz!)

Ich sage aber eines vorweg: Wer in diesem Zusammenhang von prekären Kurzzeitverträgen spricht und das Thema zu einem Titel in der Aktuellen Stunde macht, der weiß nicht, wovon er redet. Ich weise das ebenso mit aller Entschiedenheit zurück.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Weder beschäftigt das Land Lehrkräfte als Billiglohnkräfte noch ersetzt es durch Zeitarbeit reguläre Arbeitsplätze.

Wenn wir uns einmal die Situation beim Land als Arbeitgeber für die Lehrkräfte anschauen, dann haben wir ca. 40.000 hauptamtliche und hauptberufliche Lehrkräfte in Rheinland-Pfalz beschäftigt. Bei rund 2.000 Vollzeitäquivalenten im Bereich der Vertretungsverträge halten wir fest, dass sich 95 % unserer Lehrkräfte im Beamtenverhältnis oder in unbefristeten Angestelltenverhältnissen befinden, wenn sie die persönlichen Voraussetzungen für ein Beamtenverhältnis nicht erfüllen. Von prekärer Beschäftigung kann an dieser Stelle keine Rede sein.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen aber bezüglich der verbleibenden Vertretungsverträge besser werden. Deswegen wollen wir auch in diesem Bereich noch stärker auf unbefristete Beschäftigungsverhältnisse gehen und innerhalb der Legislaturperiode den Vertretungspool von 200 auf 1.000 Stellen aufbauen. Weitere 100 Stellen werden im Sommer folgen.

Herr Baldauf, es sollte auch Ihnen klar sein, dass das sinnvollerweise nicht in einem Jahr erfolgt, weil man dann Einstellungskorridore für die Jahre danach zumacht. Deswegen bauen wir vernünftigerweise in dieser Legislaturperiode schrittweise einen Vertretungspool mit 1.000 Poolstellen auf. Das ist ein großer Fortschritt.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich sage aber auch dazu: Wir werden damit die Vertretungsverträge deutlich reduzieren, aber nicht gänzlich abschaffen können.

Herr Baldauf, wenn Sie den VDR zitieren, hätten Sie bitte die Presseerklärung ganz zitieren sollen. In dieser Presseerklärung begrüßt der VDR den Pool und sagt, das darf aber nicht zulasten der Vertretungsmittel gehen. Was denn sonst? Wir wollen die Vertretungsmittel reduzieren – das ist doch Ihre Forderung heute – und den Pool damit aufbauen. Jetzt zitieren Sie den VDR, der sagt, wir sollen den Pool aufbauen, aber keine Einsparung bei den Vertretungsmitteln vornehmen. Das macht nun wirklich gar keinen Sinn mehr.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Es ist bereits darauf hingewiesen worden, Vertretungsverträge werden im Land Rheinland-Pfalz auf der Grundlage eines Tarifvertrags, nämlich dem TV-L, vergeben. Die darin festgeschriebenen Konditionen sind meilenweilt von prekären Beschäftigungsverhältnissen entfernt. Dieser Tarifvertrag macht keinen Unterschied in der Eingruppierung zwischen befristeten und unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen, sondern er differenziert ausschließlich nach der Qualifikation.

Jetzt sage ich Ihnen einmal etwas. In der E 12 bedeutet das 3.200 Euro brutto. Das hat mit prekären Beschäftigungsverhältnissen wahrlich nichts zu tun. Ihre Frage lautete, in welchem Umfang denn die Lehrkräfte beschäftigt sind. Sie sind durchschnittlich im Umfang von 70 % bis 75 % beschäftigt. Damit unterscheiden sie sich gar nicht so sehr von der Gruppe der anderen Lehrkräfte, die zum Teil auch Teilzeit arbeiten. Auch an dieser Stelle kann man von prekär wahrlich nicht reden.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dann will ich etwas zu dem Thema sagen, wie wir diese Verträge befristen. Wir machen nämlich begründete Befristungen.

Wissen Sie zum Beispiel, wann man begründete Befristung macht? – Dann, wenn junge Männer und Frauen

hoffentlich auch Männer – in Elternzeit und Mutterschutz gehen.

Soll ich Ihnen einmal sagen, wie viele Lehrkräfte im Jahr 2011 neu in Elternzeit gegangen sind? – 1.500 Lehrkräfte, weil das Land ein guter Arbeitgeber ist, weil man bei uns Familie und Beruf miteinander vereinbaren kann. Wir tun etwas dafür, dass junge Menschen in dieser Gesellschaft Mut entwickeln, eine Familie zu gründen. Das als Beleg dafür angeführt, dass sehr wohl seitens des Landes gute Bedingungen geschaffen werden.

Dann brauchen wir Vertretungsverträge. Wir befristen die doppelt, nämlich bis zur Rückkehr der Lehrkraft, respektive sechs Wochen nach den Sommerferien. Warum tun wir das? – Damit wir von uns aus eine Möglichkeit haben – die haben wir uns vor einigen Jahren rechtlich hart erarbeitet –, die Sommerferien durchzubezahlen, ohne uns angreifbar zu machen. Bei einer Vielzahl von Verträgen wird in Rheinland-Pfalz in der Vermutung, dass danach wieder ein Vertretungsgrund vorliegt, über die Sommerferien durchbezahlt. So viel zu dem Thema, wie wir uns Gedanken machen und den Betroffenen tatsächlich helfen können.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Übrigens sind bereits jetzt 1.000 der Verträge über die Sommerferien hinaus vorgesehen. Es werden in den nächste Wochen und Monaten weitere folgen, weil dann absehbar ist, dass die Lehrkräfte nicht wieder zurückkommen, der Vertretungsgrund fortbesteht, und dann können wir auch die Sommerferien durchbezahlen. Wir haben gar kein Interesse daran, die Sommerferien nicht durchzubezahlen. Ganz im Gegenteil, wo immer es vertretbar ist, tun wir alles dafür, dass wir durchbezahlen können.

Ich sage aber auch, wenn der Vertrag zu Ende ist und nicht verlängert wird, dann haben wir diese rechtliche Möglichkeit nicht. Überall dort, wo wir die rechtliche Möglichkeit haben, wird die Sommerferien durchbezahlt. Das zur Klarstellung an dieser Stelle.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir nehmen diese Aufgabe sehr ernst, und wir nehmen auch die Situation der Vertretungskräfte sehr ernst. Deswegen haben wir eine klare Agenda. Wir wollen die Unterrichtsversorgung sichern. Das geht leider nicht immer ohne Vertretungsverträge. Wir wollen aber die Vertretungsverträge zugunsten von festen Beamtenstellen weiter reduzieren, damit die Bedingungen für die Vertretungskräfte besser werden. Wir wollen den Pool auf 1.000 ausbauen, vernünftigerweise schrittweise. Wir werden auch in Zukunft darauf achten, dass für die Vertretungskräfte möglichst gute Konditionen gelten.

Wir sind uns dieser Aufgabe bewusst, und wir versuchen, mit ihr im Sinne der Betroffenen verantwortlich umzugehen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Landesregierung hat die Redezeit um 2 Minuten überschritten.

Für die CDU spricht Herr Abgeordneter Baldauf. Sie haben also noch eine Redezeit von 4 Minuten.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, ich hatte überhaupt nichts anderes erwartet, als dass Sie genauso auf das reagieren, was ich ausgeführt habe.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Weil es richtig ist!)

Ich sage Ihnen an dieser Stelle deutlich, es sagt keiner, dass etwas nicht nach Recht und Gesetz laufen sollte. Das ist nicht die Frage.

(Frau Klöckner, CDU: Zeitarbeit ist das auch!)

Es sagt keiner, dass es an der einen oder anderen Stelle Befristungen geben können muss. Nur darf ich Sie bitte daran erinnern, dass wir für das jetzt beginnende Schuljahr – Antwort auf eine Kleine Anfrage – 729 Lehrkräfte hatten, die einen Einstellungstermin hatten. Davon ist genau die Hälfte befristet und die andere Hälfte unbefristet eingestellt worden.

(Frau Klöckner, CDU: Das sollte einmal ein Unter- nehmen machen!)

Ich sage Ihnen eines, wenn das in der freien Wirtschaft ein Unternehmen machen würde, dann wäre die SPD die erste Partei, die eine Lichterkette um diesen Wirtschaftsbetrieb machen und sich beschweren würde, dass das so ist.

(Beifall der CDU – Zuruf des Staatsministers Lewentz)

Jetzt sagen Sie, Sie bekommen eine E-Mail vom 30. Mai, die Sie bis heute nicht beantwortet haben. Das mag Ihnen zugestanden sein. Darf ich Sie umgekehrt einmal fragen, warum Sie diesen jungen Menschen, die vielleicht eine Familie gründen wollen, die überlegen müssen, ob sie ihre Wohnung kündigen müssen, die sich überlegen müssen, ob sie sich anderweitig umsehen, die aus anderen Bundesländern abgeworben werden können, nicht vielleicht vor Ostern gesagt hätten, ob es überhaupt eine reelle Chance gibt, dass sie nach den Sommerferien weiter beschäftigt werden? Das ist doch eine Bringschuld des Arbeitgebers und keine Holschuld des Arbeitnehmers, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Schauen Sie, seriös ist es sicherlich nicht, wenn man Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bis zum Schluss im Vagen lässt, ob es weitergeht oder nicht. Das halte ich für unseriös.

Frau Staatsministerin, ich halte es im Übrigen für sehr unseriös, wenn Sie selbst ausführen und es nicht bestreiten können, dass man bis zu zehn Befristungen vorfinden kann. Was ist denn bitte daran sozial und nachhaltig? Das kann man doch wirklich nicht mehr nachvollziehen.

(Beifall bei der CDU)

Frau Ministerpräsidentin, ich kann Sie da nicht aus Ihrer Verantwortung lassen. Ich könnte jetzt die Bundestagsdrucksache der SPD vorlesen. Da würde es wieder heißen „Wahlkampf“. Ich nehme lieber Ihre eigenen Ausführungen aus der Bundesratsentschließung „Gute Arbeit, zukunftsfähige und faire Arbeitsmarktpolitik gestalten“ vom 16. April 2013.

Es wäre schön, wenn Sie hier zu diesen prekären, befristeten Arbeitsverhältnissen etwas sagen würden. Sie sagen es interessanterweise immer nur bei anderen Veranstaltungen. Wenn es um Ihre eigenen Leute geht, sagen Sie nichts dazu.

Meine sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, das geht nicht.

(Beifall bei der CDU – Frau Brück, SPD: Das ist unglaublich, was Sie da machen!)

Die Argumentation ist doch fadenscheinig. Sie ziehen sich darauf zurück, dass diese prekären Kurzzeitverträge in Serie legal seien.