Protocol of the Session on April 25, 2013

Lieber Herr Schreiner, so viel zum Thema „Abtauchen“! Es war mein ausdrücklicher Wunsch, dass getauscht wird, weil ich zu diesem Thema selbst sprechen möchte. Diese Vorwürfe können Sie sich also wirklich sparen.

Im Übrigen war ich letzte Woche zu diesem Thema nur deswegen nicht im Haushalts- und Finanzausschuss, weil parallel dazu Ihre Fraktion einen Berichtsantrag zur Universitätsmedizin im Wissenschaftsausschuss gestellt hat.

Vielleicht müssen Sie das in Zukunft einfach besser miteinander abstimmen, und dann stehe ich immer Rede und Antwort zum Thema „Universitätsmedizin“, weil es für mich gar keinen Grund gibt, dass ich das nicht tun sollte.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist eher ungewöhnlich, dass wissenschaftspolitische Themen es sogar in den überregionalen Teil fast aller Lokalzeitungen in Deutschland schaffen. Beim Thema „Universitätsmedizin“ ist das bundesweit gelungen. Ich gehe davon aus, dass Sie mitbekommen haben – auch Sie, Herr Schreiner –,

(Pörksen, SPD: Das glaube ich nicht!)

dass sich der Verband der Universitätsklinika Deutschlands vor zwei oder drei Wochen intensiv mit diesem Thema befasst und auf die schwierige Situation der 33 Universitätsklinika bundesweit hingewiesen hat. Wenn man wollte, konnte man das auch noch ein bisschen intensiver nachlesen – dies hätte nicht allzu viel der Recherche bedurft –, um auf die Aufstellung des Verbandes der Universitätsklinika Deutschlands zu kommen, wo er ausführt, dass nach seinen Zahlen 2012 voraussichtlich nur noch 23 %, also ganze sieben der Universitätsklinika bundesweit, mit einem positiven Jahresergebnis abschließen werden – und dann wollen Sie daraus ein rein hausgemachtes Problem in Mainz machen! Sie weigern sich einfach, die Realitäten zur Kenntnis zu nehmen,

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Er kann es nicht! Er kann es einfach nicht!)

und dies ist in der Tat nicht von der Sache geleitet, sondern es ist rein politisch motiviert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Gott sei Dank geht das auf anderen Ebenen anders. In der Wissenschaftsministerinnen- und Wissenschaftsministerkonferenz haben wir uns mit 16 plus 1 – 16 Länder und der Bund – zur Finanzierungssituation in den Universitätsklinika geäußert. Im Übrigen hatte Frau Wanka dies noch als niedersächsische Wissenschaftsministerin eingebracht. Ich bin ihr dankbar, dass sie danach nicht abgetaucht ist, sondern auch als Bundesministerin dazu steht, dass wir ein Finanzierungsproblem in den Universitätsklinika haben und sie sich gemeinsam mit allen Ländern dafür einsetzen will, dass an diesem Thema gearbeitet wird. Dies ist offensichtlich ein Verständnis, das dann doch deutlich stärker an der Sache orientiert ist, als das bei Ihnen der Fall ist.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Genau! – Pörksen, SPD: So ein Krawallmacher! Er ist nur auf Krawall angelegt, sonst nichts!)

Dieser Handlungsbedarf ist massiv, und deswegen fordern wir gemeinsam – 16 plus 1 –, dass es wegen der besonderen Aufgabenstellung in den Universitätsklinika in Zukunft einen Systemzuschlag geben soll, der aus der Krankenhausfinanzierung zur Verfügung gestellt wird. Das wird noch einiges an Überzeugungsarbeit kosten, die auf Bundesebene geleistet werden muss, aber natürlich auch zur Unterstützung in den Ländern. Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich bei dem Kollegen Schweitzer bedanken.

Leider ist nicht in allen Ländern geklärt, dass Wissenschaftsminister und Gesundheitsminister in diesem Bereich schon an einem Strang ziehen. Wir haben dies für Rheinland-Pfalz geklärt und gehen mit gutem Beispiel voran, und deswegen werden wir sowohl bei den Wissenschaftsministern als auch bei den Gesundheitspolitikern für eine gute Lösung für die Universitätsklinika in Deutschland kämpfen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme zur Mainzer Situation. Die Mainzer Universitätsmedizin

besteht aus 60 Fachkliniken, Instituten und Abteilungen. 3.300 Studierende werden hier ausgebildet, 650 Auszubildende in Gesundheitsberufen. Im Übrigen ist die Universitätsmedizin der zweitgrößte Arbeitgeber in Rheinland-Pfalz.

Dort werden nicht nur viele Menschen beschäftigt und ausgebildet, sondern jährlich steigend suchen 65.000 Patientinnen und Patienten stationär die Universitätsmedizin auf und noch einmal 200.000 ambulant. – Sie sehen also, um welch große, welch wichtige und welch bedeutende Einrichtung es sich für dieses Land handelt.

Deswegen nehmen wir diese Aufgaben sehr ernst. Wir haben uns sehr darum bemüht, die Universitätsmedizin auf ihrem Weg der Konsolidierung zu unterstützen. Dabei ist einerseits die Ertragsseite zu betrachten. Die Gesamterträge der Universitätsmedizin konnten im Zeitraum von 2005 bis 2012 kontinuierlich gesteigert werden, weil auch die Case-Mix-Punkte zugenommen haben und dies durch entsprechende Leistungssteigerungen unterlegt war.

Von 2005 bis 2009 konnte das Jahresergebnis auch kontinuierlich verbessert werden. Darin waren Sondereffekte enthalten, beispielsweise die Auflösung einer Rückstellung; aber auch wenn man das negiert, war eine positive Tendenz eindeutig erkennbar.

Was war die Reaktion der CDU darauf? – In jeder Ausschusssitzung musste ich mich rechtfertigen, dass ich angeblich die Universitätsmedizin übersparen würde. Das waren Ihre Vorwürfe damals. Schon damals haben wir Ihnen gesagt, das stimmt nicht, sondern im Gegenteil, es wird Personal aufgebaut. Es ist in den letzten Jahren auch massiv Personal aufgebaut worden, ich komme gleich noch einmal darauf zurück.

Aber diesen Ertragssteigerungen stehen leider noch höhere Gesamtaufwendungen gegenüber, was unter anderem auch mit der Personalaustattung zusammenhängt. Allein von 2011 auf 2012 ist ein Kostenanstieg um 32 Millionen Euro zu verzeichnen. Dem stehen erhöhte Erträge von nur 12 Millionen Euro gegenüber. Das ist unser Problem, und dies führt zu dem Defizit von rund 20 Millionen Euro in 2012.

Keine Frage, dieser Entwicklung muss gegengesteuert werden. Eine Universitätsmedizin kann nicht auf Dauer defizitär sein. Deswegen müssen wir uns einerseits darum kümmern, dass sich die Erlössituation verbessert, und andererseits – auch darauf komme ich gleich noch einmal zu sprechen – geeignete Maßnahmen ergreifen, um auch den Kostenanstieg zu begrenzen. Aber ich sage Ihnen, wenn gegengesteuert werden muss – und es wird gegengesteuert –, muss dies gleichwohl in einer Form getan werden, die der sensiblen Aufgabenstellung dieser Universitätsmedizin gerecht wird. Am Ende geht es nämlich um das Wohl der Patientinnen und Patienten.

Ich habe heute Morgen Ihre Überschrift gelesen: „Als Firma wäre die Universitätsmedizin längst pleite.“ – Einmal jenseits dessen, dass dies ökonomisch dermaßen falsch und schief ist, was Sie da sagen, sage ich Ihnen, das ist eben auch nicht einfach eine Firma, son

dern es ist ein Unternehmen mit einem wichtigen gesellschaftlichen Auftrag.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Ja!)

Im Übrigen kann man sich den Feldversuch, würde man die Universitätsmedizin rein als Firma betrachten, in Gießen und Marburg anschauen. Dann wissen Sie, wie die ökonomische Situation dort ist, und dann wissen Sie, welche Probleme die Landesregierung in Hessen gerade mit Gießen und Marburg hat.

(Schreiner, CDU: Weshalb haben Sie dann die GmbH gegründet?)

Sie haben eine völlig falsche Vorstellung.

(Zuruf des Abg. Schreiner, CDU – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Er hat keine Ahnung, aber davon viel!)

Herr Schreiner, Sie könnten sie haben, weil es völlig transparent ist, wie sich die Universitätsmedizin entwickelt. Sie bekommen jedes Jahr den Wirtschaftsplan mit mehreren Seiten Erläuterungen. Sie bekommen jedes Jahr den Jahresabschluss, der auch noch im „Staatsanzeiger“ veröffentlicht wird.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Er weiß alles besser!)

Wir reden regelmäßig im Haushalts- und Finanzausschuss und im Wissenschaftsausschuss darüber. Wir stehen Ihnen immer Rede und Antwort. Sie könnten es besser wissen, als Sie es heute hier gemacht haben.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Das verlangt intellek- tuelle Kapazitäten! – Pörksen, SPD: Man muss es wollen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Aufsichtsrat befasst sich intensiv mit diesen Themen. Wir haben auch zum Wirtschaftsplan 2013 eine Sondersitzung gemacht. Wir stärken dem Vorstand den Rücken, wenn wir uns auf Maßnahmen verständigt haben, dass er sie auch umsetzen kann. Das ist unser Verständnis von Aufsichtsratsarbeit. Ja, intensivste Diskussionen, miteinander Maßnahmen entwickeln, aber dann den Vorstand auch stärken, dass er in diesem großen Unternehmen diese Maßnahmen auch wirklich umsetzen kann. Diese sind nicht leicht.

Der Personalkostenanstieg muss gebremst werden, und zwar nicht mit dem Rasenmäher, weil wir zum Beispiel in der Intensivpflege und dem OP-Bereich nach wie vor Bedarfe haben. Also müssen wir gezielt schauen, wo Stellen abgebaut werden können. Vorgenommen hat sich die Universitätsmedizin 240. Damit liegt sie übrigens immer noch über dem Plan von 2012, weil sie Personal aufgebaut hat.

Wir müssen die Leistungs- und Erlössituation verbessern, auch durch strukturelle Änderungen in der Organi

sation. Eine Reihe von Maßnahmen sind auf den Weg gebracht.

Wir müssen aber sehen – Herr Wansch hat es angesprochen –, dass wir nicht finanzierte Leistungen haben, zum Beispiel im Bereich der Hochschulambulanzen, und wir diese nicht finanzierten Leistungen in finanzierte Leistungen zum Beispiel in einem medizinischen Versorgungszentrum nach § 116 b SGB V verstärkt erbringen müssen. Auch das hat der Vorstand auf den Weg gebracht.

Selbstverständlich werden wir auch schauen müssen, dass vor allen Dingen die Kostensteigerungen beim Materialaufwand begrenzt werden können.

Der Vorstand hat ein Konzept. Dieses Konzept ist intensiv mit dem Aufsichtsrat diskutiert worden. Beide Gremien ziehen in dieser Frage an einem Strang. Genauso soll es auch aus meiner Sicht bleiben, dass wir uns gemeinsam dieser schwierigen Aufgabe widmen. Wir müssen dabei im Übrigen aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitnehmen. Auch darauf legt der Vorstand sehr viel Wert.

Lassen Sie mich zum Aufsichtsrat noch ein paar Worte sagen. Herr Heinisch hat das alles ausgeführt. Wir haben zwei sehr anerkannte Vertreter der Wirtschaft, die sich in diesem Bereich gut auskennen. Wir haben zwei Vertreter des Personalrates, weil wir der festen Überzeugung sind, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen mit am Tisch sitzen.

Wir haben zwei hoch angesehene Medizinexperten, die bundesweit angefragt werden, weil sie sich in der Universitätsmedizin so gut auskennen.

Wir haben die Landesmehrheit schon sehr weit ausgelegt und haben den Kanzler und den Präsidenten in den Aufsichtsrat mit einbezogen. Ich finde es richtig, dass beim größten Landesunternehmen auch das Finanzministerium mit am Tisch sitzt.

Ich finde es sehr sehr hilfreich, dass die Gesundheitspolitik dabei ist. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum wir uns so schnell auf Dinge verständigen können. Auch Frau Reiß und ich nehmen diese Aufgabe mit viel Aufwand und großem Verantwortungsgefühl wahr.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist eine schwierige Aufgabe, vor der wir stehen. Aber es gibt keinen Grund, dass man so tut, als wäre sozusagen die Universitätsmedizin nicht leistungsfähig. Sie ist leistungsfähig in der Forschung. Dafür hat es in der letzten Zeit eine Vielzahl von Belegen gegeben. Sie ist leistungsfähig in der Lehre. Auch das kann man in den Zahlen nachlesen.

Sie ist leistungsfähig in der Krankenversorgung. 65.000 stationäre Patientinnen und Patienten sprechen für sich. Der Aufsichtsrat und der Vorstand wollen diese Universitätsmedizin in eine gute Zukunft führen. Das wird alle Anstrengungen auf allen politischen Ebenen kosten, weil wir auch von vielen externen Faktoren abhängig sind. Aber wir werden uns mit aller Kraft dafür einsetzen.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Durch die verlängerte Redezeit der Landesregierung hat die CDU-Fraktion zusätzlich zu den 2 Minuten noch 6 Minuten Redezeit, die beiden anderen Fraktionen jeweils noch 3 Minuten zusätzlich zu den 2 Minuten.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen aus den regierungstragenden Fraktionen! Traurig ist, wenn ich das einmal auf den Punkt bringen darf, dass wir als Opposition immer wieder anstoßen, darüber zu diskutieren, Sie auch auffordern, Frau Ministerin, uns zu sagen, was denn das Konzept des Aufsichtsrates ist, wie wir es denn schaffen, dass die Universitätsmedizin genau das bekommt, was sie auch braucht, damit sie wieder schwarze Zahlen schreiben kann, wir aber von Ihnen immer wieder die gleichen Dinge hören. Sie lernen nicht dazu. Das ist genau der Punkt.

Sie wiegeln ab und sagen, wir würden es nicht treffen. Fakt ist, wir treffen es sehr wohl. Wir greifen das auf, was uns insbesondere auch die Klinikchefs, die bisher die Klinik verlassen haben, mit auf den Weg geben, indem sie sich sozusagen öffentlich outen und sagen, was an Problemen in der Universitätsmedizin an der Tagesordnung ist.