Es gab auf unseren Wunsch hin im Ausschuss eine Umfrage des Ministeriums im Sommer 2011. Dabei wurden die Vorgenannten alle angeschrieben, aber auch die größten Leistungserbringer; denn dort kommen die Frauen nun einmal hin. Das sind die Krankenhäuser Diese haben zu 88 % geantwortet. 72 Krankenhäuser mit Geburtshilfe wurden angeschrieben, 64 haben geantwortet. Wir konnten dabei feststellen, dass dieses freiwillige Angebot – wenn sie wollen, können sie einen Ort der Trauer finden – die Männer und Frauen mit dem Kinderwunsch erreicht haben.
Berücksichtigt haben möchte ich aber auch hier an dieser Stelle, dass viele nicht gewordene Eltern diesen ersten Schock überwinden müssen und es eine gewisse Distanz oder auch den Schutz vor einem gesellschaftlichen Druck braucht, wenn man das dann öffentlich weiß; denn wenn ein Kind bestattet wird – sei es auch freiwillig – habe ich die Situation, dass man das nun einmal in der Gesellschaft weiß. Die Reaktion „Beim nächsten Mal klappt es dann schon“ halte ich für sehr, sehr schwierig. Wir werden diese Gesetzesinitiative gern im Ausschuss beraten.
Ich würde mich freuen, wenn wir uns gemeinsam bei diesem Thema wie bei anderen gemeinsamen Gesetzen – zum Beispiel Organspende – auf eine gemeinsame Einbringung verständigen könnten. Daran würde ich gern arbeiten.
Ich glaube, viele Fragen sind auch noch mit einer Anhörung zu klären. Ich freue mich auf eine intensive Beratung.
Herr Präsident, sehr geehrten Damen und Herren! Kein anderes Thema beschäftigt uns emotional so sehr wie die Planung eines Wunschkindes. Umso schmerzhafter ist es, wenn unsere Wünsche und Träume diesbezüglich nicht in Erfüllung gehen, wenn zum Beispiel Komplikationen auftauchen oder eine Fehlgeburt droht.
Ein Kind zu verlieren, ist für die Betroffenen und ihre Familienangehörigen eine extrem belastende Situation. Hier können Rituale wie zum Beispiel der Besuch des Ortes, an dem das Kind bestattet ist, helfen, den Verlustschmerz besser zu verkraften. Die Initiative „Leere Wiege“ setzt sich hier sehr engagiert ein, wofür ich mich bei dieser Gelegenheit recht herzlich bedanken möchte.
Auf diese Fragestellung kann es keine vorgefertigte Antwort geben – schon gar keine politischen Auseinandersetzungen mit erhobenem Zeigefinger.
Aber eines ist für uns klar: Die Betroffenen mit ihren Sorgen und Bedürfnissen müssen im Mittelpunkt unseres Denkens und Handelns stehen. Für die einen ist die Bestattung eine wichtige Möglichkeit, Trauerarbeit zu leisten und Abschied von ihrem verstorbenen Kind zu nehmen. Für andere ist es ein schmerzhafter Prozess, der tiefe Wunden in der Seele hinterlassen kann. Denn Trauerarbeit ist eine sehr individuelle Beziehung und kann nicht von der Politik oder dem Staat verordnet werden.
Das rheinland-pfälzische Bestattungsgesetz regelt in § 8 Abs. 2, dass auf Wunsch eines Elternteils bei Fehlgeburten eine Bestattung möglich ist. So können die Eltern selbst entscheiden, ob sie nach einer Fehlgeburt eine Bestattung wünschen oder nicht. Doch nicht alle Eltern sind über diese Möglichkeit ausreichend informiert.
Wir müssen daher sicherstellen, dass die betroffenen Eltern von ihrem Recht Kenntnis erhalten, da sie nur dann davon auch Gebrauch machen können. Wie sie sich entscheiden, bleibt selbstverständlich ihnen überlassen. Wir wollen den Eltern nicht vorschreiben, wie sie sich in dieser Situation zu verhalten haben.
Deshalb sind wir gern bereit, im zuständigen Ausschuss gemeinsam mit den Vertreterinnen und Vertretern der anderen Fraktionen in Ruhe zu prüfen, ob die im Antrag vorgeschlagene Hinweispflicht der Einrichtungen auf die Bestattungsmöglichkeiten in § 8 Abs. 2 des Bestattungsgesetzes aufgenommen werden sollte.
Anders sieht die Lage im Fall einer Abtreibung aus. Im Hinblick auf die Indikation entsteht eine Sondersituation; denn eine extreme Notfallsituation wird in aller Regel von zusätzlichen psychischen Belastungen und Schuldgefühlen begleitet.
Hier spielt die Diskussion über eine Bestattungspflicht eine völlig andere Rolle. Bei einer Abtreibung müssen wir den Willen der Eltern, die diese Entscheidung getroffen haben, aus den eben genannten Gründen besonders berücksichtigen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, da wir zunehmend in einer Gesellschaft der kulturell-religiösen Vielfalt leben, wäre es sicherlich sehr sinnvoll, Themen wie „Sterbebegleitung“, „Sterben“ und „Tod“ auch in den Schulen stärker zu thematisieren. Denn die Beschäftigung mit den Fragen „Wie wollen wir sterben? Wie gehen wir mit dem Tod um? Was bleibt, wenn wir gehen?“ können in erster Linie zu einem bewussteren Leben führen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, die Sie in dieser Aussprache gerade eben das Wort ergriffen haben, erlauben Sie mir zunächst ein Wort des Dankes für die Tonlage und den Stil der Auseinandersetzung – man mag es kaum Auseinandersetzung nennen, es ist eher ein Austausch. Ich glaube, das wird dem Thema durchaus gerecht und sollte auch den weiteren Austausch über dieses Thema prägen, sowohl hier im Plenum als auch im Ausschuss, aber auch, wenn wir uns in der Öffentlichkeit gemeinsam darüber unterhalten, wie wir in Zukunft mit diesem Thema umgehen wollen.
Der vorliegende Gesetzentwurf greift – das ist völlig zu Recht angesprochen worden – ein sehr sensibles Thema auf, das der Landesregierung und in meinem Haus naturgemäß schon seit Langem bekannt ist, weil wir ressortzuständig sind, aber auch, weil wir diese Debatte natürlich sehr intensiv verfolgen. Das hat auch zu Aktivitäten und zu einer Begleitung dieser Diskussion geführt.
Meine Damen und Herren, das Bestattungsgesetz von Rheinland-Pfalz regelt in § 8 Abs. 2 zwar die Bestattungspflicht, sieht eine entsprechende Rechtspflicht aber nicht für die Bestattung eines tot geborenen Kindes mit einem Gewicht von weniger als 500 Gramm vor. Allerdings gibt es für diese Kinder auf Wunsch eines Elternteils eine Bestattungsmöglichkeit. Das ist ja auch schon ausgeführt worden.
Sowohl der Sozialpolitische Ausschuss als auch der Petitionsausschuss haben sich bereits mehrfach mit dieser sehr vielschichtigen Thematik befasst. Mein Ministerium hatte dabei im Sozialpolitischen Ausschuss vorgeschlagen, eine Erhebung durchzuführen, weil wir uns eben nicht ausschließlich auf Zurufinformationen und Alltagsempirie verlassen wollten.
In einer Befragung aller Einrichtungen und Personen, die in Rheinland-Pfalz mit diesem Thema befasst sind, haben wir eine Bestandsaufnahme durchgeführt. Frau Anklam-Trapp hat darauf schon angespielt.
Sowohl die Konzipierung der Umfrage als auch die Auswertung im Jahr 2011 wurde übrigens nicht ausschließlich in meinem Haus vorgenommen, sondern man hat das in engem Dialog mit der Krankenhausgesellschaft, dem Hebammen-Landesverband, den Landesverbänden der Gynäkologen und der Pathologen, aber auch mit Betroffeneninitiativen, insbesondere der Selbsthilfegruppe „Leere Wiege“ durchgeführt.
Wir hatten damals rund 1.580 Fragebögen verschickt, von denen allerdings nur 220 ausgefüllt zurückkamen und ausgewertet wurden. Trotzdem kann man bei dem Rücklauf, wenn man ihn bewertet, zu einer Aussage kommen, die Frau Anklam-Trapp schon ausgeführt hat.
Nicht nur wir im Parlament und in der Regierung sollten für uns in Anspruch nehmen, dass wir über den besonderen ethischen Gehalt dieses Themas Bescheid wissen und mit diesem vielschichtigen Thema verantwortungsvoll umgehen können. Das darf man ruhig auch den Krankenhäusern, den Einrichtungen und den handelnden Personen vor Ort unterstellen.
Auch sie wissen, dass sie es mit einem diffizilen Thema zu tun haben, und man geht auch dort verantwortungsvoll mit den Möglichkeiten um, die das Gesetz bietet.
So hat die Umfrage gezeigt, dass viele Krankenhäuser und Pathologien im Land zwar unterschiedliche, aber im Ergebnis sinnvolle und angemessene Konzepte zum ethisch nachvollziehbaren Umgang mit Tod und Fehlgeburten verfolgen, auch unterhalb der 500-GrammGrenze.
Frau Thelen, Sie haben davon gesprochen, dass es vereinzelt engagierte Krankenhäuser gebe. Ich glaube, wir sind gemeinsam der Ansicht, dass dies nicht das tatsächliche Bild zeichnet. Es gibt sehr viele engagierte Krankenhäuser im Land, die sehr genau wissen, wie sie mit diesem Thema umzugehen haben. Sie haben differenzierte Regelungen getroffen, wie in ihren Geburtsabteilungen mit diesen Fragestellungen umgegangen wird, und beraten auch die Eltern in einer aus vielerlei Gründen furchtbar belastenden Situation über diese Möglichkeit und über Bestattungsformen.
Ich könnte verschiedene Beispiele nennen; doch eines möchte ich besonders hervorheben. Wir finden es hier in Mainz an der Universitätsmedizin. Viele Beispiele zeigen, dass man mit den Vorschlägen, die in der Diskussion zu finden waren, sehr differenziert und klug umgeht. An der Universitätsmedizin ist es so, dass in regelmäßigen Abständen Bestattungen im sogenannten Sternengarten stattfinden. Man geht auch mit der Problematik um, dass Eltern in einer solchen Situation vielleicht gar nicht in der Lage sind, sich abschließend Gedanken zu machen. Sie haben mit dieser Frage möglicherweise ganz überraschend zu tun und sehen sich außerstande, darüber jetzt endgültig zu entscheiden. Die Beratung findet begleitend statt, und man lässt sie in einer angemessenen Form stattfinden.
Wir haben im Mai 2012 im Ausschuss angekündigt, dass wir zu weiteren Beratungen und zur weiteren tiefergehenden Beschäftigung von uns allen mit diesem Thema gerne vorschlagen, dass wir als Landesregierung zu einem Fachsymposium einladen. Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Ihnen gerne ankündigen, dass wir in der Ausschusssitzung im Mai einen Entwurf für die Konzeption eines solchen Fachsymposiums vorlegen, in dem wir all diese Fragen auch mit Betroffenen aus der Praxis gerne diskutieren können.
Ich möchte weiter darauf hinweisen, dass wir inzwischen bei der Rechtsetzung auf der Bundesebene zum Glück eine Veränderung haben, nämlich im Bereich des Personenstandsrechts. Da gab es jetzt eine Entscheidung. Anfang des Jahres haben der Bundestag und dann auch der Bundesrat das Personenstandsrecht novelliert.
Wir haben heute die Situation – das war bisher für viele sehr belastend –, dass auch Kinder unter 500 Gramm – verzeihen Sie mir, dass ich auf diese Grenze immer wieder zu sprechen komme, aber das ist leider sehr technisch und die Situation, in der wir uns befinden – sozusagen beim Standesamt angemeldet werden können. Es ist nicht nur eine juristische, sondern es ist auch eine psychologische oder vielleicht auch eine emotionale Frage, dass man dem Kind eine Existenz geben kann und man dann auch die Möglichkeit hat, in einer noch stärkeren Form emotional diesen Verlust zu begreifen und sich von diesem Kind zu verabschieden.
Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf, wie er vorliegt, greift ein sehr sensibles und auch menschlich tief berührendes Thema auf.
Lassen Sie mich noch etwas anfügen. Ich hatte am vergangenen Sonntagvormittag die Gelegenheit, mich mit Frau Beisel – Sie wissen, das ist die Dame, die die Initiative „Leere Wiege“ trägt und sie anführt – eingehend zu unterhalten. Da war natürlich zu sehen und für mich zu spüren, dass wir alle nicht mit der vor uns hergetragenen Gewissheit durch das Parlament gehen dürfen, dass wir dazu die letzten Erkenntnisse schon in uns tragen.
Ich vermute und unterstelle uns allen positiv, dass wir in dieser Frage alle Suchende sind und wir nicht mit einem persönlich formulierten ethischen Anspruch auf alle betroffenen Familien zugehen und sagen können, hier schau, so muss es sein, so ist es ethisch korrekt, sondern dass man auch die Privatheit so mancher Entscheidung akzeptieren, begreifen und respektieren muss. Das habe ich gegenüber Frau Beisel allerdings in einer wirklichen Anerkennung all ihres Engagements deutlich gemacht. Ihr kommt auch zu, dass sie uns alle immer wieder auf dieses Thema aufmerksam macht, da wo es womöglich noch ein bisschen der Unterstützung bedarf.
Deshalb schlage ich insbesondere in Bezug auf das Fachsymposium vor, dass man auch mit Initiativen wie der „Leeren Wiege“ eine solche Konzeption gemeinsam überlegt und dann dafür sorgt, dass ein solches Symposium für betroffene Menschen und die Verbände der Betroffenen offen ist, meine Damen und Herren.
In diesem Sinne bin ich sehr froh, dass wir jetzt wieder im Ausschuss die Gelegenheit haben, uns über dieses Thema auszutauschen. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir uns alle vornehmen könnten, dass wir die Tonlage, die wir heute gefunden haben, auch in der Zukunft und bei den Ausschussberatungen finden können.
Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Es ist beantragt, den Gesetzentwurf an den Sozialpolitischen
Ausschuss – federführend – und begleitend an den Ausschuss für Gleichstellung und Frauenförderung sowie an den Rechtsausschuss zu überweisen. – Dem wird nicht widersprochen.
Verbraucherpolitik in Rheinland-Pfalz auf die demografische Entwicklung vorbereiten Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/2046 –