Protocol of the Session on April 25, 2013

Auf der einen Seite bekämpfen wir überbordenden Bürokratismus, und auf der anderen Seite machen wir es hier, anstatt uns pragmatisch um die Lösung eines Problems zu kümmern.

Die CDU wünscht sich auch mehr Frauen in den Räten.

(Pörksen, SPD: Lippenbekenntnis!)

Wir stellen ganz klar fest, nicht nur von unserer Partei benötigen wir mehr Frauen in den Räten. Wir stellen fest, dass es bei den anderen demokratischen Parteien auch zu wünschen übrig lässt.

(Frau Klöckner, CDU: Auch bei den Alters- präsidenten!)

Das ist ganz klar. Ich schaue in meinen eigenen Kreistag und stelle fest, die GRÜNEN sind mit zwei Herren vertreten. Ich möchte die Diskussion einmal miterleben, wenn ich einem sage, dass er gehen müsse, und sie finden keine Frau, die dahin gehen will.

(Beifall der CDU)

Ihr Ansatz geht darüber hinaus in einem weiteren Punkt an der Realität vorbei. Sie sagen, es muss deklariert werden, was aussichtsreich ist. Was auf den vorderen Plätzen sitzt, ist nach Ihrer Ansicht aussichtsreich. Sie verkennen hier aber ganz klar, im Zeitalter von Kumulieren und Panaschieren ist das lange nicht mehr so gesetzt. Wir sind der Meinung, es kommt auf die Person und auf das Individuum selbst an, ob die Frau oder der Mann Aussichten hat, gewählt zu werden.

(Pörksen, SPD: Das nennt ihr Frauenförderung?)

Unsere Frage stellt sich auch weiter: Wie halten Sie es eigentlich mit der Freiheit des Wählers? – Wir gehen davon aus, er handelt auch in der Wahlkabine mit dem gesunden Menschenverstand. Ihn interessiert es, welche Person – welcher Mann oder welche Frau – da vorne steht. Deswegen plädieren wir dafür, dass gern der Artikel 3 der Verfassung „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ abgedruckt werden kann. Das ist ein Hinweis auf unsere Verfassung. Wir gehen davon aus, dass dann jeder von seinem gesunden Menschenverstand Gebrauch machen wird, ohne eine rechtlich bedenkliche Wertung auf dem Stimmzettel vorzunehmen.

(Beifall der CDU)

Ein abschließendes Wort auch noch zur beabsichtigten Änderung des Auszählverfahrens. Es ist eigentlich überhaupt kein Grund erkennbar oder greifbar, warum Sie dieses Verfahren ändern wollen, warum hier eine Umstellung erfolgen soll. In Ihrer Begründung führen Sie selbst aus, dass das Verfahren zunächst einmal keine Vor- oder Nachteile für alle Parteien oder Wählergruppen mit sich bringt. Wenig später heißt es dann aber in einer weiteren Ausführung, dass es durchaus einen Nachteil bei der Berechnung gibt.

Genau das ist auch unser Ansatz. Wir sagen, wir haben es bei einer Kommunalwahl vor allem mit Ehrenamtlichen zu tun. Wenn am Abend die Auszählungen sind, dann möchten die ganz gern wissen, wer denn nun in den Rat hineingewählt worden ist oder auch nicht. Das ist ganz klar mit dem anderen Wahlverfahren nach Sainte-Laguë/Schepers, das Sie jetzt einführen möchten, deutlich schwieriger. Hier wird man sich in Annährungsverfahren nähern müssen.

Ich weise hier auch auf die jüngste Unterschriftenaktion in den Reihen der Ortsbürgermeister und Verbandsgemeinderäte hin. Über 300 haben sich in einer ganz kurzfristigen Aktion entschlossen, dafür zu plädieren, dass das bewährte Verfahren nach Hare/Niemeyer beibehalten werden sollte. Wir plädieren ebenfalls dafür. Deswegen appellieren wir an Sie, gehen Sie mit uns den Weg von Bürgernähe und von Praxistauglichkeit anstatt von Theorie und von Ideologie.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Ich darf zunächst Gäste im Landtag begrüßen. Es sind heute der Kreishandwerkerchor Birkenfeld – wir durften dem Gesang schon unten in der Lobby lauschen –, die 9. Klasse des Käthe-Kollwitz-Gymnasiums in Neustadt an der Weinstraße und weitere Teilnehmerinnen des Girls‘Day der SPD-Landtagsfraktion zu Besuch. Seien Sie herzlich willkommen hier im Landtag!

(Beifall im Hause)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Noss das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Beilstein hat vorhin ausgeführt, dass wir gestern bereits ausführlich über die Verfassungsänderung diskutiert haben. Es wäre natürlich trotzdem schön gewesen, wenn Sie sich eines Besseren besonnen hätten, aber es war wohl eine vergebliche Liebesmüh, das zu erwarten. Darüber hinaus möchte ich nur eines anführen. Vorhin ist eine Diskussion im Rahmen des Girls‘Day geführt worden. Da sagte ein junges Mädchen von 16 Jahren in der Diskussion Folgendes: Ich verstehe nicht, warum ich nicht wählen darf. Ich gehe arbeiten. Ich bezahle meine Steuern. Ich mache eine Ausbildung. Warum soll ich dann nicht wählen dürfen? – Wenn so etwas ein junger Mensch sagt, sollte man darüber nachdenken – auch Sie, meine Damen und Herren, von der Opposition.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Pörksen, SPD: Das hat gesessen!)

Frau Beilstein führte vorhin aus, die CDU möchte die Änderungen so einfach wie möglich machen. Das ist natürlich eine Möglichkeit, wie man so etwas angeht. Ich sage, wir von der Koalition möchten es nicht so einfach wie möglich machen, sondern so, wie es in die Zukunft führt, und darüber hinaus so einfach, wie es sinnvoll erscheint, es zu machen, und nicht so einfach wie möglich.

Verfassungsrechtlich unbedenklich schildern Sie Ihren Entwurf. Ich frage Sie, wo unser Entwurf bedenklich sein soll. Wir haben das ausführlich prüfen lassen. Wir unterscheiden uns im Prinzip überall nur durch einen einzigen Satz, nämlich durch den, dass wir nicht nur den Artikel 3, Abs. 2 Satz 1 auf den Wahlzetteln, Wahlbekanntmachungen und Wahlbenachrichtigungen einsetzen wollen,

(Frau Klöckner, CDU: Da haben wir Sie erst einmal drauf gebracht!)

sondern wir wollen darüber hinaus auch noch die Anzahl der Frauenquote zwei Monate vor der Wahl haben. Wenn das für Sie darin gipfelt, dass Sie das als An-den

Pranger-stellen deuten, dann sagt das nur eines, dass Sie allen Grund dazu haben, sich am Pranger zu fühlen. Wir stellen Sie nicht dort hin. Sie stellen sich selbst dort hin. Wenn Sie das wollen, tun Sie das.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Darüber hinaus ist unser Ansatz sehr pragmatisch. Sie hatten die Gelegenheit, sich ebenfalls dem Antrag anzuschließen. Sie haben es abgelehnt. Okay, das ist Ihre Sache.

(Frau Klöckner, CDU: Sie haben es abgelehnt, mit unserem zu gehen!)

Frau Beilstein, dann komme ich darauf zu sprechen, was Sie vorhin andeuteten, was aussichtsreicher ist, ein Platz vorne oder hinten. Klar gibt es Kumulieren und Panaschieren, aber eines ist doch auch klar. Die Stimmen, die man über Listenstimmen erhält, sind vorne mehr als hinten zu finden. Das lässt sich nicht bestreiten. Von daher sind Plätze, die weiter vorn stehen, aussichtsreicher. Dass die immer nachher ziehen, ist eine ganz andere Frage. Aber aussichtsreicher sind sie auf jeden Fall.

Sie haben auch das Auszählverfahren angesprochen. Nur zur Erinnerung, dieses Auszählverfahren haben wir bereits bei den Landtagswahlen. Es hat dort keine Verwerfungen gegeben, dass man sagen müsste, das Ergebnis sei verfälscht worden. Frau Beilstein, wie viele derjenigen, die dort abends sitzen und auszählen, sind in der Lage, im Kopf oder mit dem Stift auszurechnen, wie viele Stimmen seine Partei nach Hare/Niemeyer bekommt? Einige können es. Die meisten können es nicht. Das geschieht nämlich meistens mittels eines Computers. Da wir hierfür mit Sicherheit auch einen Computer haben, der das beherrscht, dürfte es auch dort verhältnismäßig einfach sein, das Ergebnis entsprechend zu definieren.

Dann komme ich auf die Unterschriften der Ortsbürgermeister zu sprechen. Unterschriften kann man für Vieles sammeln, natürlich auch für Wahlverfahren. Das ist ganz klar. Darüber hinaus kann man auch versuchen, das Zweifache einzuführen. Ich sage deutlich, wir hatten 2004 das Zweifache mit dem Ergebnis, dass damals der Gemeinde- und Städtebund ausführte, dass das zu viel wäre, weil es zu unübersichtlich wäre. Dann haben wir gesagt, wir nehmen das Einfache. Da haben wir wiederum eingesehen, dass das zu kurz gesprungen war.

Wir glauben, dass das Eineinhalbfache jetzt das richtige Maß der Dinge ist, um das so aufzusetzen, dass zum einen alle Plätze besetzt werden können und zum anderen ausgeschlossen werden kann, dass in der Gemeinde wirklich jeder entsprechend irgendwo auftaucht und wir nachher eine ellenlange Latte von Kandidatinnen und Kandidaten haben, die eine Stimme haben.

Wir werden unseren Gesetzentwurf entsprechend so verabschieden. Ich fordere Sie auf, sich zu besinnen. Dann können wir es gemeinsam machen.

(Glocke des Präsidenten)

Es wird wahrscheinlich keinen Erfolg haben, aber so ist das nun einmal in der Demokratie.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Abgeordnete Schellhammer.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, verehrte Gäste! Wir besprechen heute eine Gesetzesänderung und eine Änderung der Landesverfassung, die beide Ergebnis der Debatte in der Enquete-Kommission „Bürgerbeteiligung“ sind. Zum Thema „Wahlalter“ haben wir eine intensive Anhörung gehabt. Danach ist die Mehrheit der EnqueteKommission zu dem Ergebnis gelangt, es ist sinnvoll, das Wahlalter auf 16 zu senken. Mit der vorliegenden Verfassungsänderung wollen wir diesen Schritt bei den Kommunalwahlen gehen.

Hintergrund ist auch – und das ist besonders wichtig, wenn wir über generell mehr Bürgerbeteiligung spre- chen –, damit sind die 16- und 17-Jährigen automatisch berechtigt, auch bei Bürgerbegehren und an Bürgerentscheiden teilzunehmen. Das finden wir nur richtig.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Der gestrigen Debatte habe ich sehr aufmerksam gelauscht. Ich fand sehr interessant, wie die Argumente ausgetauscht wurden. Hintergrund ist doch, dass wir eine deutliche gesellschaftliche Entwicklung haben. Die Lebensbedingungen von Jugendlichen in diesem Altersabschnitt haben sich deutlich verändert. Das muss man sagen, wenn man im Hinblick auf die Geschäftsfähigkeit diskutiert; das ist natürlich klar. Es spricht auch nichts dagegen, dass die Länder voranschreiten, was das Wahlrecht anbelangt. Gestern haben wir gehört, wie viele Bundesländer inzwischen schon junge Menschen, 16- und 17-Jährige, bei Kommunalwahlen wählen lassen. Die veränderten Lebensbedingungen von jungen Menschen sollten wir ernst nehmen und dementsprechend handeln.

Grundverschieden sind die Argumentationen. Wir als rote und grüne Fraktionen sprechen davon, dass es darum geht, die Demokratie weiterzuentwickeln und die Legitimationsgrundlage von Demokratie auszubauen, indem wir das Wahlrecht ausweiten. Das gilt für die 16- und 17-Jährigen, aber wir haben es auch für Ausländerinnen und Ausländer diskutiert, die hier permanent leben. Auch sie sollten vor Ort mitbestimmen können, wie es weitergeht.

Da bewegt sich die CDU auf sehr dünnem Eis, wenn es um Diskussionen zum Thema „Wahlbefähigung“ geht. Zum einen geht es um die formale Begründung hinsichtlich der Geschäftsfähigkeit und der Volljährigkeit. Zum anderen wird das Argument der politischen Bildung

angeführt, wenn man behauptet, die jungen Menschen seien nicht gut vorbereitet. Aus unserer Sicht ist in dieser Hinsicht die Befähigung zur Wahl bedingungslos. Wir sind der Meinung, dass 16- und 17-Jährige in der Lage sind, eine politische Entscheidung zu treffen. Deswegen haben wir diesen Entwurf zur Verfassungsänderung auch vorgelegt.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Mit Ihrem Nein, das Sie gestern in der Debatte leider bekräftigt haben – einem sehr bedauerlichen Nein –, ist unser Kampf für die Absenkung des Wahlalters und für mehr Jugendpartizipation aber noch lange nicht zu Ende. (Zuruf der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Für uns ist es wichtig voranzuschreiten. Wir werden sicherlich auch weiter diskutieren, zum Beispiel über eine Absenkung des Wahlalters für die Landtagswahlen. Daran möchte ich anknüpfen: Es besteht weiterhin die Möglichkeit, auch im Rahmen der Enquete-Kommission, darüber zu diskutieren, welche Möglichkeit wir gemeinsam finden können. Das möchte ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücken.

Kommen wir zu einem weiteren Anliegen der EnqueteKommission, nämlich die Ausweitung der geschlechtergerechten Demokratie. Wir haben hier schon häufig die traurige Zahl von 16,8 % Frauenanteil in den kommunalen Räten gehört. Dass wir verantwortungsvoll mit der Verfassung umgehen, zeigt auch, dass wir nicht einfach beschlossen haben, eine bestimmte Quotierung oder eine bestimmte paritätische Lösung zu wollen, sondern wir erst eine verfassungsrechtliche Prüfung in Auftrag gegeben haben.

Auf der Grundlage des Gutachtens von Professor Ebsen haben wir die vorliegenden Änderungsbegehren zum Kommunalwahlgesetz zusammengestellt. Wir wollen eine Offenlegung des Frauenanteils, wir wollen mehr Transparenz, wir wollen eine Paritätsstatistik und einen Paritätsbericht, der offenlegt, wie sich der Frauenanteil entwickelt, damit wir in der Debatte weiterkommen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)