Vom Unmöglichen ist es nur ein kleiner Schritt zur Bundesregierung. Die Bundesregierung hatte die gute Idee, eine Sachverständigenkommission damit zu beauftragen, erstmals einen Bundesgleichstellungsbericht zu verfassen, der einen Überblick über die Herausforderungen im Bereich der Frauenpolitik geben sollte.
Leider ist dieser Bericht nach seinem Erscheinen relativ schnell und relativ lautlos in der Versenkung verschwun
Mit unserem heutigen Antrag wollen wir den Blick auf die Ergebnisse dieses ersten Bundesgleichstellungsberichts werfen und die Landesregierung auffordern, sich im Bund und bei der Bundesregierung für das aktive Auseinandersetzen mit diesem sehr gelungenen Bericht einzusetzen.
Im Wesentlichen enthält das mehrere Hundert Seiten starke Werk der Sachverständigenkommission die Feststellung, dass sich die Benachteiligungen von Frauen gegenüber Männern im Verlauf eines Lebens immer weiter verschärfen.
Obwohl die Bildungsabschlüsse von Frauen besser sind, ergreifen viele Mädchen und junge Frauen Ausbildungsberufe und Studiengänge, die später kaum Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten bieten und in der Regel auch schlechter bezahlt sind.
Hinzu kommt, dass in der Familiengründungsphase auch heutzutage noch meistens die jungen Mütter Elternzeit nehmen und für längere Zeit aus dem Beruf aussteigen. Die immer noch viel zu sehr am fragwürdigen Ideal der ungebrochenen Erwerbsbiografie ausgerichtete Arbeitswelt honoriert und unterstützt Familienarbeitszeit viel zu wenig, was vor allen Dingen für Frauen zu Benachteiligungen und Karrierehemmnissen führt.
Diese noch überwiegend vorherrschende Rollenaufteilung des männlichen Vollzeitverdieners mit der maximal halbtags hinzuverdienenden Frau akkumuliert sich dann über den gesamten Lebensverlauf zu einem sogenannten Gender Pension Gap von sage und schreibe knapp 60 %.
Das heißt, Frauen beziehen in Deutschland ein um 60 % geringeres eigenes Alterssicherungseinkommen als Männer. Das sollte uns wachrütteln, meine Damen und Herren.
Um dieser Entwicklung entgegenzutreten, fordert die Sachverständigenkommission Anreize, um für Frauen die Rückkehr in den Beruf zu verbessern. Dies ist vor allen Dingen eine familienfreundlichere Arbeitskultur mit flexibleren Arbeitszeiten, aber auch eine qualitativ und quantitativ hochwertige Kinderbetreuungsinfrastruktur.
Als völlig kontraproduktiv hingegen sieht die Sachverständigenkommission für eine Verbesserung der Situation von Frauen Projekte wie beispielsweise das Betreuungsgeld, vielleicht ein Grund, warum der von hochkarätigen Experten erstellte Bericht so sang- und klanglos in der Schublade verschwunden ist.
Wir möchten die Landesregierung mit dem Antrag auffordern, sich auch weiterhin für eine moderne und gute Frauenpolitik auf Bundesebene und hier in RheinlandPfalz starkzumachen. Vielleicht gelingt es unserer Frauenministerin Irene Alt, ihr bundespolitisches Pendant endlich davon zu überzeugen, dass Schluss sein muss
mit dem Festhalten an überkommenen Rollenbildern und dass sie den Bericht endlich ernst nehmen sollte.
Meine Damen und Herren, im Übrigen würden davon nicht nur die Frauen profitieren. Je besser die Rahmenbedingungen für eine gleichberechtigte Gesellschaft gestaltet werden, umso wohler fühlen sich die Mitglieder dieser Gesellschaft. Das betrifft auch die Männer und die Kinder einer Gesellschaft.
Meine Damen und Herren, „wo die Not drängt, da wird Tollkühnheit zur Klugheit.“ Liebe Frauen, lasst uns weiter tollkühn bleiben!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf als weitere Gäste im Landtag den Seniorenkreis der IG Metall Koblenz und Mitglieder des CDU-Ortsverbandes Ludwigshafen-Oggersheim begrüßen. Seien Sie herzlich willkommen hier in Mainz!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Spiegel hat schon auf den Antrag hingewiesen und ihn ein Stück weit begründet. Sie hat es allerdings nur ein Stück weit gemacht; denn die entscheidenden Fragen, die in diesem Antrag formuliert sind, sind noch nicht wirklich erhellt. Ich komme gleich noch einmal darauf zurück.
Der Gleichstellungsbericht der Bundesregierung stammt aus dem Jahr 2011. Frau Alt, das muss man dazusagen. Wir haben ihn letztes Jahr in einer Veranstaltung, die Sie gemacht haben, die, glaube ich, im Mai war, vorgestellt bekommen. Er ist also schon ein bisschen älter, deswegen muss man mit allen Schlussfolgerungen ein wenig vorsichtig sein. Frau Spiegel, manches ist schon passiert. Ich möchte das gleich auch noch einmal sagen.
Ich hatte bei den Regierungsfraktionen im Frauenausschuss immer den Eindruck, dass sie gerade diese Ergebnisse, die der Bericht vorgesehen hat, gar nicht haben wollten.
Als Beispiel möchte ich nur die Familienpflegezeit noch einmal erwähnen, die dezidiert in dieser wissenschaftlichen Erarbeitung auch erwähnt worden sind.
Meine Damen und Herren, was war denn das für ein Bericht? Ziel – so steht es auf der ersten Seite – sollte es sein, echte Wahl- und Gestaltungsfreiheit zu erreichen. Männer und Frauen – ich glaube, wenn man für Gleichstellung wirbt, muss man dies sagen – sollen gleich gute Chancen haben, das Leben zu leben, für das sie sich aus guten Gründen entschieden haben. Dieses Ziel ist im Leitbild des Sachverständigengutachtens verankert. – Erste Seite.
Dann gibt es immer so schöne Zusammenfassungen über Schwerpunktthemen und über diese Fakten, die dort auch erarbeitet worden sind. Das Erste, was mir auch im Hinblick auf die Debatte von gestern noch einmal wichtig ist, nämlich zum Ehegattensplitting, ist, es steht drin, das Vertrauen älterer Frauen und Männer, die ihr Leben nach einem rechtlich und gesellschaftlich etablierten Rollenmodell gestaltet haben, ist dabei jedoch zu schützen. Deswegen bitte höchste Vorsicht – das steht auch noch einmal in Ihrem Antrag –, das Ehegattensplitting abzuschaffen. Es ist das, was wir schon gestern bezüglich des Bundesparteiprogramms für die Wahl im September besprochen haben. Sie sind schon ein Stückchen klüger geworden.
Meine Damen und Herren, es soll ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis auf allen Ebenen Berücksichtigung finden. Da möchte ich noch einmal an unseren Antrag von gestern zu den Kindertagesstätten zum Personal und zur Ausbildung des Personals hinweisen. Es steht dort schon drin, dass wir langsam wirklich einmal zu Potte mit der Frage kommen müssen, wie wir mehr junge Männer in die Ausbildung unserer nachwachsenden Generationen requirieren können.
In unserem Antrag gestern steht auch noch mehr drin. Das haben Sie alles auch gleich weggewischt, und zwar den dualen und den schulischen Bereich des Berufsbildungssystems zusammenzuführen und stärker einander anzugleichen. Sie erinnern sich, wir hatten das mit der dualen Ausbildung gesagt. Warum sagen wir das? Warum ist das wichtig? Weil genau die vollschulische Ausbildung in pflegerischen Berufen, und zwar über alle Sparten hinweg, ob Kinderpflege, Altenpflege oder eben auch die Frage der Krankenversorgung, noch aus einer Situation kommt, in der die Frauen das für einen Gotteslohn gemacht haben. Es waren Diakonissen und Krankenschwestern. So war auch die Ausbildung ausgerichtet.
Die Überführung in das duale System zumindest als Überlegung würde bedeuten, dass wir diesem alten männlichen Klischee begegnen, was das duale Berufsausbildungssystem auch damals war, nämlich in technisch-gewerbliche Berufe zu gehen und fürs Leben ausgebildet zu werden und nicht nur für eine Übergangszeit. Das wäre wirklich ein Gedanke gewesen, der es verdient gehabt hätte, dass man einmal über ihn nachdenkt. (Beifall der CDU)
Die Kinderbetreuung ausbauen. – Das steht dort auch drin. Der Krippengipfel von 2007 wird erwähnt. Das machen inzwischen Bund, Länder und die Kommunen gemeinsam. Das Land hat auch verstanden, dass es seine Rolle wahrnehmen muss.
Natürlich beginnt Politik mit der Wahrnehmung der Realität. Es fällt Ihnen ein bisschen schwer, das mit Ihren ideologischen Dingen in Einklang zu bringen.
Auch im Landesgleichstellungsbericht müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass die Teilzeiterwerbstätigkeit für viele Frauen eine Wunschmöglichkeit ist, Familie und Beruf zusammenzubringen. Auf der anderen Seite kann man nicht sagen, dass man das nicht mehr haben will, weil es sonst mit der Rente problematisch wird. Man muss zur Kenntnis nehmen, dass der zeitweilige Ausstieg aus dem Berufsleben das bedeutet. Sie haben nicht gesagt, wie wir das tatsächlich verändern können. Sie haben nur angedeutet, sie möchten zukünftig in der gesetzlichen Rentenversicherung eigene Ansprüche haben. Was heißt das? Wollen Sie die Frauen, die in der Familie arbeiten, pflegen, sorgen und die Kinder erziehen, zunächst aus der Sozialversicherung rausschmeißen? Das klingt ein bisschen in einzelnen Papieren an, wenn ich das bei den Bundestagsfraktionen lese. Wollen Sie ihnen damit sagen, ihr müsst arbeiten gehen, sonst habt ihr später keinen ausreichenden Rentenanspruch?
Der letzte Satz heißt, dass Sie Teilzeitarbeitsmodelle wollen. Das ist in Ihrer Haltung nicht konsistent. Wenn Sie das sagen, dann heißt das in etwa das, was ich eben versucht habe zu erläutern, dass das weniger bringt. Wir müssen uns deswegen gemeinsam überlegen, was es für Alternativen geben könnte. Unsere erste Alternative an der Stelle wäre, einen eigenen Anspruch für Frauen, die Kinder erzogen haben, vorzusehen, und zwar nicht nur für Kinder, die ab 1992 geboren wurden, sondern auch für solche davor.
Diesen Anspruch muss man dann auf drei Jahre ausweiten. Das würde etwas ausmachen. Natürlich kostet das Geld. Unterstützen Sie uns an dieser Stelle.
In Ihrem Papier gibt es viele Andeutungen, die Sie, glaube ich, nicht wirklich zu Ende gedacht haben.
Wenn man die Diskussion im Bundestag verfolgt, dann ist es einmal etwas Linkes, einmal etwas Grünes und einmal etwas von der SPD. Konsistent ist dieser Antrag nicht. Das will ich Ihnen sagen. Er ist nicht wirklich in die Zukunft führend, sondern er klaubt von allem etwas zusammen. Sie haben wahrscheinlich nicht genug Zeit gehabt, untereinander abzustimmen, was Sie tatsächlich wollen.
Ich will noch einen Satz zu den Minijobs, zur Lohnuntergrenze oder zum Mindestlohn sagen. Da steht ein wichtiger Satz drin. Den zitiere ich gerne: Mindestlöhne setzen nur Lohnuntergrenzen. Sie gewährleisten jedoch nicht, dass qualifizierte Frauen und Männer für ihre Qualifikationen auch angemessen entlohnt werden. –
Meine Damen und Herren, da müssen wir auch noch einiges bei den Unternehmen tun. Die Bundesregierung hat ein neues System öffentlich gemacht und im Bundestag zur Debatte gestellt, dass es ein elektronisches System gibt, mit dem man Entgeltungleichheiten überprüfen kann.
Ich glaube, es gibt viele Dinge, die auf den Weg gebracht werden. Sie müssen die Ohren aufmachen und sich offen an die Dinge heranwagen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kohnle-Gros, wissen Sie, der Gleichstellungsbericht ist in Ordnung. Uns fehlt die wirklich gängige Umsetzung.