Protocol of the Session on August 30, 2012

Zu Frage 1: Es war der Gesamtverband Textil und Mode, der am 14. August 2012 die Rechtmäßigkeit der EEG-Umlage in der gegenwärtigen Form beanstandet hat. Rechtlich berufen sich die drei Unternehmer, die hier die Klage eingereicht haben, auf ein Gutachten des Verfassungsrechtlers Gerrit Manssen, der dabei die Abgabe mit einer Zwangsabgabe aus dem Jahr 1994, den vom Karlsruher Bundesverfassungsgericht zu Fall gebrachten Kohlepfennig, vergleicht. Die Umlage ist mittlerweile von den Betrieben nachbezahlt und auch von den Versorgern selbst bei den zuständigen Landesgerichten auf Rückzahlung, weil sie die Klage geführt haben, eingezogen worden. Die erste mündliche Verhandlung ist für November geplant.

Weil Sie nach der Beurteilung gefragt haben, die Textilbranche ist mit 120.000 Menschen in ca. 1.200 Betrieben in der Bundesrepublik organisiert, und sie hat einen Umsatz von 27 Milliarden Euro zu verzeichnen. Die EEG-Umlage beziffert sie selbst als Branche auf 70 Millionen Euro. Insgesamt ist vor diesem Hintergrund zu betrachten, dass die Branche sehr stark geschrumpft ist, nämlich um 75 % seit dem Jahr 1995, und dass der Rückgang dabei ursächlich nicht auf steigende Energiepreise, sondern auf die zunehmende Konkurrenz aus den globalen Märkten in dieser Branche zurückzuführen ist.

Die Bedeutung der Energiepreise für den deutschen Industriestandort erfordert eine differenzierte Betrachtung. Energieintensive Industriebranchen profitieren von weitestgehenden Befreiungen der Strom- und Energiesteuer durch Netzentgelte, Konzessionsabgaben, aber auch EEG- und KWK-Umlage. Wir wissen, dass der „Merit-Order-Effekt“ der erneuerbaren Energien zu einer

Absenkung der Preise an der Strombörse führt. Jährlich sind das ca. 3 Milliarden Euro, die eigentlich nicht an die Verbraucher weitergegeben werden. Das entspricht zwei Cent pro Kilowattstunde. Dazu gibt es ein großes Gutachten. Darüber muss man dann reden, ob diese Weitergabe so richtig ist oder nicht. Insbesondere die Umlagebefreiung aus dem KWK, aus dem EEG und aus den Netzentgelten größerer Energieverbraucher belasten nicht privilegierte Endkunden zusätzlich mit 3 Milliarden Euro und damit mit 0,8 Cent pro Kilowattstunde.

Kleinere und mittlere Unternehmen sind neben den privaten Haushalten besonders betroffen. Die Unternehmen der Textilbranche, die klagen, gehören ebenfalls zu den kleinen und mittleren Unternehmen. Das heißt, diese besondere Betroffenheit und die Tatsache, dass wir, wenn korrekt abgerechnet würde, den Strompreis um rund 2,8 Cent pro Kilowattstunde verringern könnten, weil diese nicht durch die großen Energieunternehmen eingestrichen werden könnten, würde zu einer erheblichen Erleichterung des Mittelstands führen. Diesen Pfad sollte man unbedingt verfolgen.

Dabei möchte ich auf eines hinweisen. Das geht heute durch die Presse. Für die Inflation, die wir im Moment haben, ist vor allen Dingen ein Preisanstieg durch fossile bzw. konventionelle Energieformen verantwortlich.

Zwischen 2011 und 2012 hatten wir im Bereich Heizöl Preissteigerungen von 26 %, beim Gas von 4,7 % und den Kraftstoffen von 11 % zu verzeichnen. Nur allein von Juli auf August dieses Jahres betrugen die Steigerungen 13,3 % beim Heizöl und beim Gas 7,5 %.

Es gibt eine Studie von Frau Swantje Küchler, die diese Kosten der konventionellen Energieträger einmal umgerechnet hat, wie man das für das EEG tut. Im Moment sind es dort 3,59 Cent. Diese besagt, dass 10,2 Cent anzusetzen wären, würde man die konventionelle Energie ins EEG umrechnen. Das ist eine sehr große Summe, die derzeit durch die Steuern im Bundeshaushalt abgedeckt wird.

Zu Frage 2: Ich beziehe mich auf eine Umfrage der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz zum Thema „Energieschulden“. Es wurden 58 Grundversorger angeschrieben. 39 hatten ziemlich detaillierte Angaben gemacht.

Danach war es im Jahr 2011 so, dass diese Unternehmen 750.313 rheinland-pfälzische Privathaushalte mit Strom und 495.000 Privathaushalte mit Gas versorgten. 27 dieser Versorger bezeichneten das Thema „Energieschulden und Zahlungsverzug“ als zunehmendes Problem. Es ließ sich feststellen, dass in 36.874 Haushalten im Jahr 2011 aufgrund von Zahlungsproblemen zeitweise der Strom abgestellt wurde. Das war eine Zunahme von 6 % gegenüber dem Vorjahr. Nach Angaben der Verbraucherzentrale lag die Höhe der Energieschulden im Mittel zwischen 300 und 400 Euro.

Zu Frage 3: Ich kann Ihnen diese Zahl nicht nennen. Diese muss erst festgestellt werden; denn nach Angaben des Finanzministeriums gibt es die Kosten nur in Mischtiteln des Haushaltes.

Zu Frage 4: Die Preisentwicklung ist immer eine Sache von europäischen und globalen Energiemärkten. Ich habe bereits einige Faktoren genannt. Ich habe außerdem die Preisstabilität mit herangezogen. Die Energiepreise in konkurrierenden Wirtschaftsunternehmen sind ebenfalls für Unternehmen ganz wichtig.

(Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Ein stetig steigender Anteil brennstofffreier erneuerbarer Energien und ein immer stärkeres Abkoppeln von fossilen Brennstoffen führen mittel- und langfristig zu Preis- und Wettbewerbsvorteilen. Ich habe bereits die Zahl von 2 Cent pro Kilowattstunde genannt, die der Strompreis niedriger sein könnte, wobei aber die Umlage leider nicht erfolgt ist. Dies streichen die großen Energiekonzerne ein.

Wir tun alles, damit die Bürgerinnen und Bürger auf die kostenlose Energieberatung, die das Land fördert, an 62 Standorten im Land eingehen können. Wir beraten kleine und mittlere Unternehmen mit dem Beratungsprogramm EffNet Rheinland-Pfalz. Wir haben seit dem 1. Juli die rheinland-pfälzische Energieagentur gegründet. Wir werden diese ab dem nächsten Jahr verstärken.

(Unruhe im Hause)

Ist gewünscht, dass ich noch antworte?

Ja, natürlich.

Welche Kosten halten wir für notwendig? Ich habe eben gesagt, es gibt ein Marktgeschehen. Das hängt von den europäischen und internationalen Preisen auf den internationalen Märkten ab. Es ist erwähnenswert, dass Preise eine ökologische Wahrheit sagen und widerspiegeln sollen, welche externen Kosten die Steuerzahler belasten könnten.

Nach mehreren unabhängig voneinander erstellten Studien, zum Beispiel des Wuppertal Instituts aus dem Jahr 2006, nach einer McKinsey-Studie aus dem Jahr 2007 oder Prognos Studie aus dem Jahr 2007 wird immer wieder darauf hingewiesen, dass die in Deutschland vorgehaltenen Energieeffizienzpotenziale bei Weitem nicht ausgeschöpft sind.

Der Zentralverband Elektrotechnik und Elektronik beziffert in seinem „Weißbuch Energie-Intelligenz – Energie intelligent erzeugen, verteilen und nutzen“ das jährliche Stromeinsparpotenzial in Deutschland auf ca. 100 Milliarden Euro. Allein durch die Verwendung von energieeffizienten Produkten bei Antrieben, Beleuchtung sowie Kühl- und Gefriergeräten könnten 70 Milliarden Kilowattstunden eingespart werden.

Wir fördern deswegen die Beratung, wie ich sie in der Antwort auf die Frage vorher bereits aufgeführt habe –

ich denke, ich muss das nicht wiederholen –, damit wir auf jeden Fall Preise erhalten, die sowohl die Wahrheit sagen als auch absolut stabil sind.

Danke schön. Eine Zusatzfrage der Frau Kollegin Mohr.

Frau Ministerin, meine Frage richtet sich auf die in der Frage angesprochenen Schwerpunkte Überschuldung, Zahlungsverzug und Zahlungsunfähigkeit von privaten Haushalten besonders mit geringem Einkommen auch in Bezug auf die Energiekosten Strom und Heizung. Das ist ein zunehmendes Problem nicht nur in RheinlandPfalz. Worin sehen sie die Gründe für diese Entwicklung? Diese ist sicher vielfältig und nicht allein auf die Energiepreise zurückzuführen.

Ich sehe die Gründe vor allen Dingen auch in der Sozialpolitik dieser Bundesregierung. Die Spaltung, die gesellschaftlich zwischen Arm und Reich voranschreitet, geht voran. Wir müssen das Thema auch in der Diskussion vom Thema „Energiepreise“ abkoppeln.

Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Guth.

Frau Ministerin, wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang den Beschluss des Bundeskabinetts von gestern, dass Privathaushalte künftig eine zusätzliche Umlage zahlen sollen, um für die Risiken von MeeresWindparks zu haften?

Die Strategie dieser Landesregierung ist, dass wir uns onshore entwickeln, weil die Risiken im Onshore-Bereich nicht so wie im Offshore-Bereich entstehen. Ich bedauere deswegen die Strategie der Bundesregierung, so stark im Offshore-Bereich auszubauen. Dann würden nämlich auch die Haftungsrisiken nicht überwälzt werden müssen. Selbstverständlich müssen Haftungsrisiken auch überwälzt werden. Ich finde, es ist überhaupt nicht korrekt, dass die Bundesregierung dies im Rahmen eines Verordnungsentwurfs tut. Das muss durch den Bundesrat gehen, damit auch die Bundesländer über die Bestandteile der Strategie mit beraten können.

Alle Kosten, die im Zuge der Energiewende kommen, müssen in ein ordentliches EEG Eingang finden. Dies braucht eine neue Architektur. Die Bundesregierung

windet sich jetzt hinsichtlich dieses Themas heraus, indem sie einfach gesagt hat, wir lösen das separat und lassen darüber niemanden mit die Hand heben. Ich finde, das ist nicht korrekt. Deswegen muss es im Rahmen einer neuen Architektur der Strompreise eine völlig neue Debatte geben.

Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Mittrücker.

Frau Ministerin, Sie haben mit Recht darauf hingewiesen, dass sich der Endverbraucherpreis aus mehreren Komponenten zusammensetzt. Das ist ohne Zweifel richtig.

Sie haben auch darauf hingewiesen, dass in der Börse Bewegung ist und es dort „Preissenkungen“ gegeben hat. Sie sind gern bereit, die entsprechenden Zahlen zu nennen, wenn die Preise nach unten gehen.

Haben Sie einmal eine Modellrechnung gemacht, wie viel Mehrkosten für den Verbraucher aus Ihrer Sicht anzusetzen sind, wenn Sie Ihren Wunsch, den Strom bis 2030 zu 100 % bilanziell erzeugen zu wollen, umsetzen? Es wäre eine faire Situation, nicht nur das zu beschreiben, was heruntergeht, sondern auch das, was Sie prognostizieren, was hochgeht. Haben Sie dafür eine Rechnung?

Herr Mittrücker, es gibt verschiedene Berechnungen, die das quantifizieren. Eine habe ich eben genannt, die auch festlegt, dass die Preisrückgänge durch die Einspeisung von erneuerbaren Energien an der Strombörse in Leipzig zu einer Senkung um 2 Cent pro Kilowattstunde führen, und dass die konventionellen Energieträger, würden wir Sie ins EEG einrechnen, zusätzlich 10 Cent bedürften.

Das heißt, wir haben netto 8 Cent gespart. Auf jeden Fall will ich, dass diese Ersparnis sich niederschlägt. Deswegen wird die Energiewende am Ende insgesamt, wenn sie voll vollzogen ist und die konventionellen Energieträger aus dem Energiesystem verschwunden sind, zu einer Verringerung der Energiepreise führen.

Herr Kollege, ich will Ihnen als Fragesteller eine zweite Frage einräumen.

Vielen herzlichen Dank.

Frau Ministerin, darf ich daraus schließen, dass Sie sich selbst und die Landesregierung keine Deadline für Verbraucher gegeben haben, was den Energiepreis angeht?

(Pörksen, SPD: 2030?)

Denn wir müssen irgendwann einmal erkennen oder nicht erkennen – Herr Pörksen –, dass die Preise für die Industrie und den privaten Verbraucher so weit steigen, dass wir mit der Energiewende nicht vergleichbar voranschreiten können. Oder haben Sie sich noch keine Gedanken dazu gemacht?

Herr Mittrücker, wir sind nicht in der DDR und betreiben keine Planwirtschaft.

(Heiterkeit bei der CDU)

Ich setze doch als Wirtschaftsministerin keinen Preis fest, der sich am Markt bildet. Wir können die Tendenzen – wie Sie gefragt haben – in Gutachten abschätzen, das heißt, wie die Preisentwicklung sein wird. Genau das tun und diskutieren wir. Die Erwartungen, die wir hinsichtlich der Preisentwicklung haben, sind andere als offenbar Ihre.

Ich denke, damit habe ich die Frage beantwortet.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Die Fragestunde ist beendet, meine Damen und Herren.

Herzlichen Dank.

Meine Damen und Herren, als Gäste möchte ich Mitglieder des CDU-Ortsverbandes Lingenfeld, den SPDKreisverband Birkenfeld und insbesondere Herrn Arthur Zimmer, der vor einer Woche in seiner Heimatgemeinde Gimbweiler zum Ehrenbürger ernannt worden ist, begrüßen. Seien Sie alle herzlich willkommen und vertragen Sie sich!