Protocol of the Session on August 30, 2012

Darum ist der Ankauf von sogenannten Steuer-CDs rechtlich in Ordnung und sogar rechtsstaatlich geboten.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

An der Zahl der Selbstanzeigen kann man ablesen, dass dieser Ankauf Wirkung zeigt. Seit den letzten Meldungen der Steuerankäufe im Bundesland Nordrhein-Westfalen sind in allen Bundesländern die Selbstanzeigen messbar nach oben gegangen. Auch in Rheinland-Pfalz sind sie deutlich gestiegen. Es hilft. Es wirkt.

Es ist eine Forderung unserer Fraktion an die Landesregierung, sich weiterhin aktiv für die Bekämpfung der Steuerhinterziehung einzusetzen und dazu auch, falls es entsprechende werthaltige CDs gibt, diese anzukaufen, zu verwerten und umzusetzen. Wir können und dürfen nicht zusehen, wie eine wesentliche Basis unseres Gemeinwesens ausgehöhlt wird. Wir treten für ein konsequentes Handeln in diesem Punkt ein. Steuergerechtigkeit bedeutet auch, dass Steuergesetze eingehalten und durchgesetzt werden.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Wir würden uns gern den hohen Aufwand der intensiven Strafverfolgung ersparen. Wir würden uns gern mit Staaten, die über einen recht umfangreichen Bankensektor verfügen, darüber verständigen, dass sie kein Fluchtland mehr für deutsche Steuergelder sind. Wir tun dies gern mit Besteuerungsabkommen und international gültigen und anerkannten Verträgen.

Dann müssen diese Verträge aber auch erlauben, dass wir den Kampf gegen die Steuerhinterziehung fortsetzen können und nicht, dass wir daran gehindert werden, Recht umzusetzen. Das ist die Maxime, unter der wir Verhandlungen führen können und wollen. Wenn die Verträge dies nicht erlauben, dann sind wir gut beraten, ihnen unsere Zustimmung zu verweigern. In diesem Ansinnen haben die Landesregierung und der Finanzminister unsere volle Unterstützung als Fraktion.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich erteile Herrn Kollegen Schreiner das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Steinbach, kommen Sie herunter von Ihrem weißen Schimmel. Es geht nicht um Gut und Böse. Es geht schlicht und ergreifend darum, dass ein Steuerabkommen mit der Schweiz im Interesse von Rheinland-Pfalz ist.

(Beifall bei der CDU – Pörksen, SPD: Es geht um Steuersünder, Steuerhinterzieher, nichts anderes!)

Es ist meine feste Überzeugung, die deutschen Bundesländer sollten nicht in rechtswidrig erlangte Daten-CDs mit Schweizer Steuerdaten investieren. Rot-Grün sollte sich in allen Bundesländern, auch hier in RheinlandPfalz, für eine verlässliche Einnahmequelle entscheiden.

Deshalb plädieren wir für die schnelle Umsetzung des Steuerabkommens mit der Schweiz.

(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Statt auf fragwürdige und rechtswidrige Zufallsfunde zu bauen, hätte auch das Land eine verlässliche Einnahmequelle, deshalb liegt das Ganze im Interesse des Landes. Wie gesagt, es ist kein Platz dafür vorhanden, dass wir unseren Schweizer Partner, wie in den vergangenen Wochen geschehen, beschimpfen.

Die nackten Zahlen sprechen für ein solches Steuerabkommen. Unterstellt man, dass deutsche Anleger rechtswidrig – das ist korrekt, wir wollen Steuerhinterziehung bekämpfen – in der Schweiz 70 Milliarden Euro bis 120 Milliarden Euro angelegt haben, bedeutet dies bei einer Rendite von 3 % bis 4 % und einem Steuersatz von 25 % auf den Ertrag dauerhaft zusätzliche Steuereinnahmen von 500 Millionen Euro bis 1,2 Milliarden Euro im Jahr.

Darüber hinaus gibt es einmalig – es werden auch Altfälle nach dem Steuerabkommen besteuert – geschätzt bis zu 10 Milliarden Euro. Es gibt eine Garantiesumme der Schweizer Banken, die bei knapp 2 Milliarden Euro liegt.

Scheitert das Steuerabkommen hingegen, dann entgehen Ländern und Gemeinden – wir bekommen nur einen Teil der 10 Milliarden Euro bzw. der dauerhaften Einnahmen – einmalig 7 Milliarden Euro und dauerhaft zwischen 70 Millionen Euro und 150 Millionen Euro jedes Jahr. Hierbei sind die aus heutiger Sicht noch nicht zu beziffernden Einnahmen berücksichtigt, die sich aus der Erbschaftsteuer ergeben können.

Was kann man mit solchen Steuereinnahmen machen? Ich nenne das, um dafür ein Gefühl zu bekommen. Die Investitionen in Hochschulen und Universitätskliniken könnten verdoppelt werden, und zwar nicht in einem Jahr, sondern fünf Jahre lang. In vielen Bundesländern gibt es da einen Investitionsstau.

Die Angaben beziehen sich immer auf die Ist-Ausgaben des Jahres 2010. Die Investitionen in den Straßenbau könnten für sechs Jahre ebenfalls verdoppelt werden. Ich mache einen guten Vorschlag für das Land Rheinland-Pfalz. Insbesondere Rheinland-Pfalz könnte die einmaligen Einnahmen aus diesem Steuerabkommen nutzen, um den Schuldenstand zurückzuführen.

(Beifall der CDU)

Das heißt, diese verlässlichen, gesetzmäßigen, dauerhaften und regelmäßigen Einnahmen sind im Interesse von Rheinland-Pfalz und haben einen hohen Wert. In der Vergangenheit wussten das sozialdemokratische Finanzminister. Ich erinnere an Hans Eichel, der im Jahr 2003 eine Steueramnestie erlassen hat. „Brücke in die Steuerehrlichkeit“ war damals das Stichwort dafür. Damals gab es einen Steuersatz von 25 % auf die Erträge. Allerdings wurde die Bemessungsgrundlage um 40 % gemindert, sodass der Steuersatz real bei immerhin 15 % lag. Hans Eichel wusste, es ist wertvoll, dass man mit Steuersündern einen Weg findet, wie sie nach sei

nen Worten eine Brücke in die Steuerehrlichkeit gebaut bekommen.

Die Amnestie unter Eichel war richtig. Das Steuerabkommen mit der Schweiz ist es auch. Damals lag der Steuersatz auf die Erträge bei real 15 %. Wenn das Steuerabkommen mit der Schweiz durchkommt, dann wird der Steuersatz auf das Kapital, das aus der Schweiz kommt, höher liegen. Schätzungen gehen von 21 % und mehr aus. Manche Schätzungen gehen hoch bis 41 %.

Das, was damals Hans Eichel gemacht hat, war gut gemeint, aber war vielleicht nicht ganz so gut gemacht. Das, was heute die Bundesregierung plant, ist nicht nur gut gemeint, sondern ist vor allem auch sehr gut gemacht.

(Zuruf der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD)

Es ist entscheidend, dass wir uns über alle Parteigrenzen hinweg für die Interessen unserer Bundesländer, unserer Gemeinden und unserer gesamten Volkswirtschaft entscheiden, dass wir die Schweiz endlich wieder innerhalb Europas als Partner begreifen, auch wenn sie nicht Mitglied der EU ist. Sie sind Partner, sie sind unsere Nachbarn. Wir müssen aufhören mit Beschimpfungen. Ganz im Sinne von Hans Eichel müssen wir den Steuersündern in Deutschland eine Brücke in die Steuerehrlichkeit bauen.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Kollege Wansch das Wort.

(Ramsauer, SPD: Guter Mann! – Pörksen, SPD: Sag‘ doch mal was zu den Steuerbetrügern! – Frau Klöckner, CDU: Die die Schweiz schützt!)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fragestellung des Ankaufs von Steuer-CDs in Zusammenhang mit der Steuergerechtigkeit zu diskutieren, ist für mich nachvollziehbar und macht Sinn.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir als Staat funktionieren deshalb, weil wir wissen, wie dieser Staat finanziert wird, wie Bildung, soziale Gerechtigkeit und vieles mehr, Arbeitsplätze usw., über diesen Staat mit seinen Einnahmen, die er über Steuern generiert, finanziert werden.

Wir wissen aber auch, dass der eine oder andere einen Weg sucht, sich seiner Verpflichtung als Bürger dieses Staates zu entziehen. Es kann nicht sein, dass wir es als Staat hinnehmen, dass wir diejenigen, die die Möglich

keiten haben, große Kapitalvermögen ins Ausland zu transferieren, sehenden Auges von Steuern befreien. Der Staat muss alle Möglichkeiten und alle legalen Mittel nutzen, um hier die Steuergerechtigkeit umzusetzen, um damit auch das Vergleichbare, die Steuergerechtigkeit aller Bürgerinnen und Bürger, zu gewährleisten.

Herr Schreiner, an der Stelle die klare Aussage: Der Ankauf einer Steuer-CD ist nicht rechtswidrig. – Das haben viele Gerichte bestätigt. Wenn Sie hier versuchen, das Gegenteil zu behaupten, sind Sie absolut auf dem Holzweg.

(Ramsauer, SPD: Wie immer! – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Kennen wir doch!)

Das ist unwahr. Hier ist ein rechtmäßiges Mittel, das der Staat nutzt, um sich selbst gegen Steuerbetrüger zu verteidigen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Das ist nichts anderes als ein Betrug an diesem Staatssystem.

Der Ankauf betrifft mit Sicherheit nicht kleine Häuslebauer, die hier jetzt plötzlich über ihre Steuererklärung nachdenken müssen. Es geht hier um diejenigen, die große Kapitalvermögen transferiert haben. Interessant sind dabei Aussagen, die auch in der „Mainzer Allgemeinen Zeitung“ am 18. August veröffentlicht wurden, in der man lesen kann, dass der Finanzminister berichtet, dass im Jahr 2010 1.858 Selbstanzeigen im Zusammenhang mit dem Ankauf von CDs gelaufen sind und allein im Juni 95 Bürgerinnen und Bürger Selbstanzeige erstattet haben, als die Meldung gelaufen ist, in Nordrhein-Westfalen wird eine Steuer-CD angekauft.

Das macht deutlich, wir haben hier den einen oder anderen, der das erkannt hat. Das macht aber auch deutlich, das Erkennen, dass man Steuern zu zahlen hat, funktioniert nur, wenn der Staat seine Möglichkeiten ausnutzt. Das hätte nie und nimmer funktioniert, wenn wir uns zurückziehen.

Wenn Sie in diesem Zusammenhang das Schweizer Steuerabkommen zitieren, das hoffentlich nicht zum Tragen kommt, dann kann ich nur sagen, es soll nach dem Willen der Bundesregierung im Jahr 2013 in Kraft treten. Da geht es um die nachträgliche Besteuerung von deutschem Schwarzgeld in der Schweiz.

Allerdings haben wir hier auch ganz klar festzustellen, dass die betroffenen Bankkunden dort anonym bleiben. Wenn ich als Häuslebauer meine Daten liefern muss, um meiner Aufgabe als Steuerbürger gerecht zu werden, mache ich das. Wenn ich viel Geld habe, transferiere ich das in die Schweiz, mache eine pauschale Besteuerung, und ich brauche noch nicht einmal meinen Namen zu nennen. Das kann nicht der Weg sein, wie Steuergerechtigkeit umgesetzt wird.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

An dieser Stelle auch von mir die klare Aussage: Für mich ist nicht nachvollziehbar, wenn deutsche Politiker

(Glocke des Präsidenten)

das Schweizer Bankgeheimnis höher einschätzen als die Einhaltung deutscher Steuergesetze.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Herr Finanzminister, Sie haben das Wort.