Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Polizeistärke nimmt weiter immer mehr ab, aber wir haben immer mehr Belastungen. Die Aufgaben nehmen zu. Allein in den vergangenen zehn Jahren sind über 100 Aufgaben zusätzlich hinzugekommen. Das bedeutet alleine eine Personalbindung von weit über 1.200 Polizeibeamtinnen und -beamten. Die Zahl der Einsätze hat sich in den vergangenen Jahren deutlich erhöht. Allein bei der Polizei ist die Zahl der Einsätze um 35 % angestiegen. Bei der Bereitschaftspolizei hat sich die Zahl der Einsätze in den vergangenen sechs Jahren sogar verdreifacht.
Aufgrund dieser Situation haben wir nach wie vor erhebliche Überstunden in der Größenordnung von 1,7 Millionen. Das ist ein Punkt, den ich in der zweiten Runde noch ansprechen werde. Hier müssen wir dringend Abhilfe schaffen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich das Wort weitergebe, begrüße ich zunächst einmal Schülerinnen und Schüler der Realschule plus Birkenfeld sehr herzlich.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Polizei in Rheinland-Pfalz ist engagiert, leistungsfähig und leistungsstark. Das können Sie jedes Jahr sehr deutlich an den hohen Aufklärungsquoten erkennen, die mit die besten in Deutschland sind. Das ist eine tolle Leistung, die von der Polizei erbracht wird.
Wenn Sie sich einmal die Straftatenanzahl betrachten, können Sie feststellen, dass in den vergangenen Jahren die Straftaten permanent rückläufig waren und wir gegenüber dem Höchstpunkt ungefähr 10 % weniger Straftaten haben. Es gebührt einmal, für diese hervorragende Arbeit einen Dank und ein Kompliment gegenüber dem Innenminister und der Polizei auszusprechen.
Die Polizei in Rheinland-Pfalz – es geht um die aktuelle Situation – ist die einzige Polizei in Deutschland, die die Einführung einer zweigeteilten Laufbahn abgeschlossen hat. Damit ist insgesamt eine Vorbildsituation gegeben. In einer solchen Situation geht es auch um das Selbstverständnis, das die Polizei hat. Während in anderen Bundesländern die Beamten nach A 8 bezahlt werden, ist bei uns A 10, A 11 oder auch A 12 die übliche Bezahlung.
Schauen Sie dann einmal in das öffentliche Leben. Immer mehr Polizeibeamte engagieren sich öffentlich. Die Polizei ist im Landtag mit fünf Personen vertreten. Viele Bürgermeister und Verbandsbürgermeister kommen ebenfalls von der Polizei. In der Eifel kandidiert demnächst von der Polizei jemand als Landrat. Auch das ist eine Veränderung, die durch die zweigeteilte Laufbahn entstanden ist.
Herr Lammert, Sie haben die Personalstärke angesprochen. Ich bin fast 30 Jahre bei der Polizei gewesen. Ich würde mir auch wünschen, dass dort mehr Polizisten wären. Ein Mehr geht immer. Wenn Sie aber in der Verantwortung stehen und den gesamten Haushalt zu betrachten haben, müssen Sie leider auch Entscheidungen treffen, die in diesem Parlament gefasst wurden, nämlich dass die Zahl von 9.014 Beschlusslage ist.
Alle Kolleginnen und Kollegen in diesem Parlament wissen, dass die Anzahl von fast 9.500 im vergangenen Jahr bewusst auf einer Vorsorge beruht, weil wir starke Abgangsjahrgänge haben, sodass wir in der Folge gar nicht in ausreichendem Umfang hätten ausbilden können. Jetzt geht die Anzahl wieder ein Stück weit zurück, sodass wir wieder auf die 9.014 kommen werden.
Ich kann auch gerne einen Vergleich anstellen. Als die CDU noch in der Verantwortung stand, sprachen wir von 8.600 Beamten. Das ist 1991 gewesen.
Die Situation, dass Personen halbtags beschäftigt waren, gab es schon damals. Es mag gewisse Veränderungen gegeben haben, und es gab auch bei den Aufgaben ein Plus und ein Minus, aber das muss man bei der Sache einfach ein Stück weit hinnehmen.
Herr Lammert, Sie haben die Überstunden angesprochen. Bereits bei der zurückliegenden Diskussion habe ich versucht, Ihnen zu erklären, dass Polizei nicht statisch ist. Schauen Sie einmal nach Koblenz, was der dortige Einsatz gegen die Rechtsextremen für eine Belastung dargestellt hat. Dort haben 1.300 Polizisten für die Demokratie geradegestanden. Wenn Sie das zusammenaddieren – der Minister wird es wahrscheinlich wissen –, wissen Sie, welche große Zahl an Einsatzstunden dort zusammengekommen ist. Die können Sie nicht aus dem täglichen Dienst heraus leisten.
Schauen Sie dann einmal weiter, was heute ein Einsatz beim Fußball bedeutet. Meistens sind wir mit 200 Leuten im Einsatz. Bei nahezu 20 Spielen eines Bundesligavereins plus der Pokalspiele sind letztlich 40.000 Stunden bei einem Bundesligaverein zu leisten. Von dieser Sorte haben wir noch viele andere Einsatzsituationen, wie Festival „Nature One“, „Rock am Ring“ und vieles andere mehr. Das sind alles Stunden, die geleistet werden müssen, die letztlich der Sicherheit dienen. Diese Stunden müssen parallel geleistet werden.
In diesem Zusammenhang werden im Jahr insgesamt 500.000 Stunden geleistet. Von denen werden aber 97 % bis 98 % durch Freizeitausgleich wieder ausgeglichen. Ein Freizeitausgleich ist nur dann möglich, wenn ausreichend Personal vorhanden ist. Er ist nicht möglich, wenn zu wenig Personal vorhanden ist, weil das der Dienststellenleiter gar nicht zulassen würde. Also besteht doch zu dem, was Sie sagen, ein Missverhältnis.
Ich weiß, dass es immer wieder Situationen gibt, in denen es eng ist. Ich habe selbst Dienst verrichtet und bin alleine auf die Straße gegangen, weil die dienstliche Situation so war. Das war aber 1994 schon so. Das heißt nicht, dass das so bleiben muss, aber machen Sie nicht alles so schlecht, wie Sie das getan haben, sondern gehen Sie konstruktiv mit uns um, damit wir in der Zukunft eine gute Situation haben.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, sehr geehrte Gäste! Herr Lammert, Sie haben in der bereits angesprochenen Aktuellen Stunde vor zwei Monaten behauptet, dass die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger – das ist ein Zitat – nicht mehr in vollem Umfang gewährleistet werden kann. Herr Lammert, ich habe Sie vor zwei Monaten gefragt, womit Sie diese Behauptung begründen, und ich frage Sie dies heute wieder. Frei nach dem Motto, besser eine starke Behauptung als ein schwaches Argument?
Ich persönlich war vor zwei Wochen Zeugin eines Polizeieinsatzes in Koblenz. Knapp 100 Rechtsextremen standen ca. 800 Gegendemonstrierende gegenüber, getrennt durch 1.300 Polizeibeamte. In Koblenz war die Sicherheit aller Bürgerinnen und Bürger daher durchaus gewährleistet, und zwar sowohl die der Demonstrierenden als auch die der Anwohner.
Im Übrigen lief dieser Polizeieinsatz vorbildlich ab. Trotz der großen Hitze und der Beanspruchung, der die Polizistinnen und Polizisten ausgesetzt waren, in schwerer Einsatzmontur und stundenlang unbeweglich in der Sonne stehend, waren sie freundlich, zugänglich und hilfsbereit.
Dafür unseren Beamten und denen der anderen Länder, die uns unterstützt haben, einen herzlichen Dank!
In diesem Zusammenhang kann man sich aber durchaus fragen: War ein solches Aufgebot an Polizeibeamten erforderlich angesichts der geringen und friedlichen – auch dies sollte einmal lobend Erwähnung finden – Gegendemonstrierenden? Hätte man es hier nicht auch eine Nummer kleiner haben können?
Diese Frage lässt sich sicherlich an verschieden Punkten zu Recht stellen, ebenso wie die Frage, wie Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte entlastet werden können, wie eine Kritik der Aufgaben aussehen könnte.
Welche Aufgaben muss die Polizei wahrnehmen, weil sie zu ihrem Kernbereich gehören? Welche kann sie wahrnehmen? Welche kann sie aber auch abgeben, weil sie nicht in den Bereich zwingend hoheitlicher Aufgabenerfüllung gehören?
Meine Damen und Herren, der demografische Wandel ist in Rheinland-Pfalz in vollem Gange, in der Polizei – wie Sie zutreffend ausführen –, aber auch im ganzen Land. Im statistischen Monatsheft für den Monat Juli ist zu lesen, dass die Bevölkerung seit sieben Jahren stetig zurückgeht. Sie ist letztes Jahr erstmals unter die Grenze von vier Millionen Einwohnerinnen und Einwohner gesunken.
Einer zurückgehenden Anzahl von Polizistinnen und Polizisten entspricht daher eine ebenso rückläufige Bevölkerung. Andererseits steht einer steigenden Menge polizeilicher Aufgaben eine rückläufige Kriminalitätsentwicklung gegenüber. Wir müssen das Ganze also durchaus differenziert betrachten. Die Wahrheit liegt, wie so oft, vermutlich auch hier wieder in der Mitte.
Sicher ist, dass unsere Polizei derzeit am Rande ihrer Leistungsfähigkeit ist und dringend einer Entlastung bedarf. Wir brauchen eine Lösung für den Umgang mit den vielen angefallenen Überstunden. Wir müssen Möglichkeiten nutzen, Aufgaben zu rationalisieren, zu zentralisieren und besser und effektiver zu erfüllen. Diese Möglichkeiten werden in Rheinland-Pfalz bereits genutzt und umgesetzt. Anzusprechen ist die Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern etwa im Bereich des Digitalfunks BOS oder im Bereich der Wasserschutzpolizei. Beides wurde von unserer Fraktion bereits vor einem Jahr im Haushaltsgesetzgebungsverfahren mit Entschließungsanträgen begleitet. Wo waren Ihre Anregungen, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion?
Die Straffung von Abläufen und Verfahren beispielsweise im Bereich der Verwarnungsgeldverfahren wird bereits aktiv umgesetzt, um nur einiges beispielhaft anzu
führen. Die Landesregierung begleitet diesen Entwicklungsprozess und weitere Vorschläge derzeit mit verschiedenen Arbeitsgruppen.
In diesem Zusammenhang werden wir auch über Personalentwicklung, Strukturen und Standorte reden müssen. Selbstverständlich ist die Politik hier aufgerufen zu handeln. Genau dies tun wir, meine Damen und Herren.
Herr Lammert, Sie haben gerade behauptet, es brenne die Hütte, die Regierung sei weit davon entfernt aufzugreifen, was an Missständen bestehe, es dürfe kein „Weiter so“ geben und man müsse sich schon Gedanken machen.
Sehr geehrte Damen und Herren von der CDU, wir hätten es begrüßt, wenn wir uns mit diesen Problemen gemeinsam auseinandergesetzt hätten.
(Frau Kohnle-Gros, CDU: Wir auch! – Pörksen, SPD: Wir auch! Scheinheilig! Ihr legt keine Vorschläge auf den Tisch!)
Öffentlichkeitswirksam Aktuelle Stunden zu beantragen, ist das eine, das andere – wie wir das bereits getan haben –, Vorschläge zu entwickeln und ihre Umsetzung aktiv zu begleiten. Ich warte heute noch auf einen einzigen Vorschlag aus Ihren Reihen außer dem, man dürfe keine Polizeiautobahnstationen zusammenlegen und keine Polizeidienststellen schließen.
Eine aktive Rolle würde eigentlich auch einer Opposition sehr gut anstehen. Aber auf Ihre Vorschläge und Impulse warten wir heute noch.