Herr Johnen hat recht, den Kampf um die Rohstoffe gibt es auch in Rheinland-Pfalz, Rheinhessen und in anderen Teilen des Landes. In dem Sinne wird auch deutlich, dass die Agrar- und Ernährungspolitik zutiefst mit der sozialen Gerechtigkeit verbunden ist. Das merken die Menschen in diesem Land und in den Entwicklungsländern in einem existenziellen Ausmaß.
Das merken Sie auch, wenn hier die Lebensmittelpreise zur Diskussion stehen. An dem Punkt will ich auf den Agrarbericht konkret zu sprechen kommen. Über den Weinbau reden wir morgen noch einmal. Herr Schwarz hat viel dazu gesagt.
Ich will nur auf die Situation der Erzeuger eingehen. Ich meine, man kann natürlich sagen, das ist ganz toll. Die Einkommenssteigerungen betragen fast 40 %. Schön wäre es – das sehe ich auch so –, wenn es nicht die anderen Aspekte gäbe. Die Situation der schweinehaltenden Betriebe und der Milchviehbetriebe ist durchaus nicht rosig. Die niedrige Basis ist schon erwähnt worden.
Die Stundenlöhne im Weinbau und in der Landwirtschaft liegen unter 10 Euro. Sie können sich vorstellen, wie das in einzelnen Betriebsbereichen aussieht. Es gibt keinen Grund zur Euphorie. Ich bin weit davon entfernt, irgendetwas zu feiern. Die ganzen Rahmenbedingungen sind äußerst problematisch.
Ich habe die Milchpreise erwähnt. Die Übermengen, aber auch eine drohende Deregulierung sorgen für eine
Situation, die äußerst schwierig ist. Auf die Kostenentwicklung werde ich gleich noch einmal zu sprechen kommen.
Die Volatilität auf den Märkten, aber auch die Wetterbedingungen, die Dürren und die Fröste, die wir zum Beispiel auch im Weinbau gespürt haben, sind Rahmenbedingungen, die nicht einfach sind. Insofern ist es richtig, dass Sie auf die Ausgleichszahlungen hingewiesen haben. Herr Johnen hat es auch noch einmal erwähnt. Die Ausgleichszahlungen stellen auch in RheinlandPfalz mehr als die Hälfte des Einkommens unserer bäuerlichen Betriebe dar. Es ist wichtig, sich das vor Augen zu führen.
Insofern ist es bei aller Euphorie, die es übrigens auch in den landwirtschaftlichen Zeitungen gibt, wichtig, auf die Kostenentwicklung zu sprechen zu kommen: Energiepreise plus 25 % gegenüber 2011, Mineraldünger plus 28 %, Frachtraten plus 30 %. – Das sind die Zahlen aus Österreich. Ich denke, sie sind in Deutschland nicht anders. Die Futtermittelpreise steigen um 19 %, und das bei Milchauszahlungspreisen um 26 Cent. Da kann man sich ausrechnen, dass die Erzeugerpreissteigerungen, die wir jetzt bei „top agrar“ oder „Agra Europe“ in den Grafiken sehen, leider nicht mit einem besseren Einkommen der Erzeuger korrespondieren.
Dazu muss man auch noch sagen, dass die Verbraucherpreise auch steigen. Das hat aber wenig mit den Erzeugerpreisen zu tun. Von jedem Brötchen bekommt der Erzeuger gerade einmal 5 Cent. 2007 – das konnten wir sehr gut sehen – haben sich die Getreidepreise verdoppelt. Aber das Brötchen ist nur um 0,5 Cent gestiegen. Es ist ganz klar. Diese Effekte liegen ganz woanders. Von den Preissteigerungen, die im Verbrauchersegment liegen, profitieren ganz andere. Insofern gilt es – das ist das, was die Landesregierung gemeinsam versucht –, die Position der Erzeuger zu stärken. Hier komme ich genau zur GAP.
Herr Billen, Sie haben keine einzige fundierte Kritik äußern können. Aber ich kann sehr viel fundierte Kritik an Ihrem Verhältnis und Ihrem politischen Handeln im Verhältnis zu GAP sagen. Das ist eine reine Weiter-soPolitik, die nicht den neuen Herausforderungen im Bereich der Agrar- und Ernährungswirtschaft auch nur annähernd antworten kann.
Ich komme auf die Deregulierung zu sprechen. Sie haben es gemerkt. Beim Wein hat es nicht so hingehauen. Es war auch ein CSU-Minister, der das gemacht hat. Da sieht man, dass die Marktordnung noch ihren Sinn hat. Wir wollen sie jetzt nicht nur im Weinbereich, sondern auch beim Zucker wiederhaben, wie es die CDU-Länder gerade wieder fordern.
Die Industrialisierung ist ihre Richtung, kein Cupping, kein Wertlegen auf die Wertschöpfung, sondern rein in die Massenproduktion. Wir sehen an allen Ecken und Enden, dass eine solche Politik für die bäuerliche Landwirtschaft und für die Verbraucher und Verbraucherinnen gar nichts bringt.
Wir sehen im Übrigen auch bei all den Euphorien, die Sie auf die Weltmärkte richten, dass das Agrarhandelsdefizit in Deutschland gestiegen und nicht gesunken ist. Das heißt, unsere Importrate ist wertemäßig weitaus höher, und die Absurdität, in riesigen Mengen teures Soja zu importieren, die Schweine damit zu füttern und zu Niedrigstpreisen dann wieder in den Export zu jagen, kann nicht aufgehen.
Wir sehen das aber auch zum Beispiel beim Baugesetzbuch oder beim Agrarstrukturgesetz. Das ist kein Schritt zur Stärkung der bäuerlichen Betriebe, sondern sie fahren eine Landwirtschaftspolitik, die mit mehr Wertschätzung der Produktion überhaupt nichts zu tun hat.
Ich sehe das auch sehr stark im Zusammenhang mit dem, was Sie gerade auf der Bundesebene treiben, nämlich dem Erneuerbare-Energien-Gesetz. Es sind gerade die Landwirtschaft und der ländliche Raum, die davon auch profitiert haben. Aber das, was Herr Rösler, Ihr Wirtschaftsminister, im Moment treibt, heißt, gegen die Einkommenschancen auch der bäuerlichen Betriebe vorzugehen. Ich finde, das ist ein Skandal.
Das gipfelt dann auch in solchen Kampagnen gegen das E10. Das können Sie tun. Wir waren nie dafür. Das ist genau die Politik, die davon ablenkt, wo die eigentlichen Probleme liegen.
Ich kann mich auf ein renommiertes Institut beziehen, das immer Ihre Quelle ist. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft hat ein Interview zum Thema „Schuld ist der steigende Fleischkonsum“ geführt. Sie sehen, die Erkenntnisse gehen doch sehr stark in eine Richtung, von der Sie immer negiert haben, dass es einen Zusammenhang zwischen den Hungertreibern und einer dramati
Allein die beiden Ereignisse dieser Woche, nämlich der Maiswurzelbohrer oder die Entwicklung bei den Sojapreisen, zeigen, dass die besten Argumente für die Politik dieser Landesregierung in Richtung Nachhaltigkeit und Greening die Ergebnisse einer nicht nachhaltigen Erzeugung sind. Ich denke, wir sind mit unseren Vorschlägen, und zwar dem 20-Punkte-Papier und unseren Ergebnissen im Bundesrat – übrigens gemeinsam mit den CDU-Ländern – sowie der Haltung unserer Landesregierung zum Tierschutz und zur besseren Nutztierhaltung, auf dem richtigen Weg. Wir werden auch in Zukunft daran arbeiten, dass unsere bäuerliche Landwirtschaft die Unterstützung erfährt und für sie am Ende ihrer Tätigkeit auch ein vernünftiges Einkommen herauskommt.
Die Fraktionen haben noch eine Redezeit von jeweils einer Minute und 20 Sekunden. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wird beantragt, die Besprechung noch einmal an den Ausschuss zu überweisen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist hiermit die Besprechung des Agrarberichts 2012 erledigt.