Das ist ein gutes Zeichen für die Menschen in unserem Land und vor allen Dingen für die betroffenen Menschen. Damit zeigen wir, dass in allen Fraktionen im Landtag Einigkeit darüber herrscht, dass Unrecht in diesen Heimen geschehen ist. Wir erkennen dieses Unrecht an. Wir bedauern das Leid und das Unrecht, das den Betroffenen widerfahren ist.
Ich möchte im Namen der Landesregierung bei den ehemaligen Heimkindern um Verzeihung bitten, denen in der Vergangenheit in rheinland-pfälzischen Heimen Unrecht angetan worden ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Unrecht hat die ehemaligen Heimkinder in ihrer Kindheit und Jugend getroffen, in einer Lebensphase, in der wir Menschen Unterstützung, Zuspruch und Liebe brauchen. Stattdessen sind die Betroffenen geschlagen, misshandelt und missbraucht worden. Viele der damaligen 35.000 bis 40.000 rheinland-pfälzischen Heimkinder sind bis heute traumatisiert. Wir können dieses Unrecht nicht wiedergutmachen, aber wir können es anerkennen. Wir können uns für dieses Unrecht entschuldigen. Wir können den ehemaligen Heimkindern rehabilitative Maßnahmen und finanzielle Unterstützung durch den Rentenersatzfonds anbieten.
Wir können die Ereignisse von damals aufarbeiten. Wir können Präventionsmaßnahmen für die Zukunft entwickeln. Wir unterstützen die Einrichtung des Fonds „Heimerziehung West“, der mit 120 Millionen Euro für die Jahre 2012 bis 2016 ausgestattet ist.
Die regionale Anlauf- und Beratungsstelle im Landesjugendamt für die Opfer der Heimerziehung hat bereits mit Jahresbeginn ihre Arbeit aufgenommen und schon 190 Anfragen Betroffener erhalten. Die Anlaufstelle leistet sehr gute Arbeit.
Ich will an der Stelle auf das eingehen, was Frau HuthHaage gesagt hat. Das betrifft die Kritik, dass wir es am Landesjugendamt angesiedelt haben. Die meisten anderen Bundesländer haben es auch am Landesjugendamt angesiedelt. Darüber haben wir mehrfach gesprochen. Ich will sagen, wir haben die Arbeit so konzipiert, dass es nicht so ist, wie Sie gesagt haben, dass Sie neben dem Türschild “Landesjugendamt“ klingeln müssen. Vielmehr wird eine aufsuchende Arbeit vor Ort geleistet. Es wird gemeinsam besprochen, wo man sich treffen und die Gespräche führen will, sodass die ehemaligen Heimkinder selbst entscheiden können, wo die Gespräche stattfinden.
Wir haben die Anregungen ernst genommen und gesagt, wir besprechen das noch mal mit einem Wohlfahrtsverband – das ist so, wie Sie gesagt haben – und schließen einen Vertrag mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband ab. Ich glaube, an dieser Stelle ist es uns gelungen, ein breites Angebot zur Verfügung zu haben. Wenn sich jemand meldet und sagt, er will auf keinen Fall etwas mit dem Landesjugendamt zu tun haben, das sitzt bei ihm alles so tief, dem wird der Paritätische Wohlfahrtsverband als anderer Träger angeboten. Auch hier haben wir fachkompetente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sodass ich glaube, dass wir ein sehr gutes Angebot haben.
Wir haben einen Kooperationsvertrag mit einem ehemaligen Heimkind geschlossen, das uns gerne in der praktischen und fachlichen Arbeit kompetent beraten will. Ich glaube, das kann eine sehr gute Unterstützung für die Kolleginnen und Kollegen sein, die die Arbeit aufgenommen haben.
Es wurde schon gesagt, wir werden einen landesweiten Beirat unter der Leitung der Frau Staatssekretärin Gottstein einrichten, der sowohl die Arbeit der Anlauf-
und Beratungsstelle als auch die Zeit historischer Aufarbeitung und Dokumentation begleitet. Der Beirat soll die Landesregierung außerdem bei der Entwicklung geeigneter Präventionsstrategien für die heutige Kinder- und Jugendhilfe beraten.
Ich glaube, das ist ein Punkt, der wichtig ist, weil wir aus dem lernen wollen, was da passiert ist. Wir wollen genau hinschauen und sehen, dass wir Instrumente für die jungen Menschen von heute haben, die in stationären Einrichtungen leben. Es sollen Instrumente in Richtung Beschwerdemanagement sein, damit sie ihre Themen und Probleme artikulieren können.
Sie wissen, wir werden die Kirchen, die Wohlfahrtsverbände und selbstverständlich alle Landtagsfraktionen bei dem Beirat einbeziehen. Ich würde sagen, neben dem Beirat sollen wir die Arbeit auch im Ausschuss eng begleiten und analysieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind alle gemeinsam der Meinung, dass das, was damals geschehen ist, niemals wieder passieren darf. Das Leid der Betroffenen muss für uns Verpflichtung sein, die Qualität in den heutigen Einrichtungen zu bewahren und weiter zu verbessern.
In Rheinland-Pfalz werden wir aus der Vergangenheit lernen. Das sind wir nicht zuletzt denen schuldig, die als Kinder und Jugendliche unter einer inhumanen und zum Teil menschenrechtsverletzenden Praxis der Heimerziehung gelitten haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich denke, wir können über den gemeinsamen Antrag unmittelbar abstimmen. Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/1357 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Antrag ist einstimmig angenommen.
Für faire Arbeitsbedingungen der Fahrerinnen und Fahrer in der Paketzustellung Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/1350 –
dazu: Faire und rechtskonforme Arbeitsbedingungen bei den Unternehmen der Paketzustellung Antrag (Alternativantrag) der Fraktion der CDU – Drucksache 16/1354 –
Der Antrag ersetzt den Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/646 –.
Die Grundredezeit beträgt fünf Minuten je Fraktion Ich erteile Herrn Abgeordneten Kessel zur Berichterstattung das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der vom Herrn Präsidenten genannte Antrag wurde durch Beschluss des Landtags vom 8. Dezember 2011 federführend an den Sozialpolitischen Ausschuss und mitberatend an den Wirtschaftsausschuss überwiesen.
Der federführende Sozialpolitische Ausschuss hat den Antrag in insgesamt vier Sitzungen beraten und in einer Sitzung ein Anhörverfahren dazu durchgeführt. Der Wirtschaftsausschuss hat den Antrag ebenfalls in einer Sitzung beraten. Die Beschlussempfehlung lautet: Der Antrag wird angenommen.
Wie bereits dargestellt, wird dieser erste Antrag – Drucksache 16/646 – durch den Antrag in der Drucksache 16/1350 ersetzt. Mitberaten wird auch der Alternativantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/1354 –. Es wird um Beratung gebeten.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das hat jetzt fast perfekt funktioniert. Wir haben im Dezember letzten Jahres den Antrag zum Thema „Paketzusteller“ hier eingebracht und damit ein Thema aus den Medien auf der Grundlage von aktuellen Berichterstattungen aufgegriffen, bei denen es im Wesentlichen um Ein- zelunternehmen ging. Schon damals war uns aber klar, dass das nicht an Einzelunternehmen hängt, sondern das wirklich ein Problem im System ist, dem man sich auch politisch widmen muss, bei dem auch die Politik einen Handlungsauftrag hat.
Wir haben am 15. März dieses Jahres eine Anhörung zu dem Thema durchgeführt. Die Anhörung hat noch einmal sehr deutlich gemacht, dass das Problem wirklich im System liegt. Wir haben in der Branche einen extrem harten Wettbewerb und einen extrem großen Preisdruck. Dieser Druck wird auf denen abgeladen, die die Schwächsten sind, nämlich die Paketzustellerinnen und Paketzusteller.
Wir hatten vor Kurzem dann auch die Auswertung im Sozialpolitischen Ausschuss. Ich war wirklich froh, dass just am Vorabend das Thema noch einmal eine sehr große mediale Aufmerksamkeit durch die Wallraff-Aktion bekommen hat. Damit ist das Thema wirklich in der Mitte der öffentlichen Diskussion angekommen. Wen man sich anschaut, welche Welle dieser Wallraff-Bericht dann auch im Internet ausgelöst hat, wenn man sich also die vielen Tausend Facebook-Einträge dazu auch nur ansatzweise durchgeschaut hat, dann konnte man da wirklich ganz dramatische Geschichten und ganz dramatische Beispiele lesen, bei denen klar ist, wir müssen uns politisch mit dem Thema auseinandersetzen.
Wichtig ist natürlich zuallererst, dass die Fahrerinnen und Fahrer den Druck gemeinsam mit der Gewerkschaft auf die großen Unternehmen ausüben. Das tun sie. In der vorletzten Woche gab es eine Kundgebung, organisiert von ver.di bei GLS in Polch, bei der sich 80 Fahrerinnen und Fahrer wirklich getraut haben, sich hinzustellen und zu sagen, das, was hier passiert, ist für uns so nicht in Ordnung, liebes Unternehmen. Wir wehren uns dagegen, und wir stehen auf für bessere Arbeitsbedingungen.
Wenn man dann weiterschaut, gibt es schon einige Unternehmen, die sich bewegt haben. Hermes hat Verbesserungen angekündigt. Auch GLS hat inzwischen Verbesserungen angekündigt. Ein Beispiel ist, dass die Frühsortierung nicht mehr von den Fahrerinnen und Fahrern organisiert werden soll, sondern die Subunternehmen mehr Geld bekommen, um entsprechendes Personal bereitzustellen, das dann die Frühsortierung vornimmt.
Das hat aber die Konsequenz oder die Befürchtung, dass auch in diesem Bereich nur Dumpinglöhne gezahlt werden können, also diejenigen, die dann sortieren, auch nur Dumpinglöhne bekommen, oder das Ganze dann mit Leiharbeit oder in Form von Werkverträgen organisiert wird. Das wäre dann nur ein Wechsel von einem prekären Bereich in einen anderen. Das ist für uns genau das, was uns dazu führt zu sagen, wir müssen da politisch etwas entgegensetzen, und wir müssen auch politische Maßnahmen an dieser Stelle auf den Weg bringen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, immerhin haben Sie jetzt einen eigenen Antrag vorgelegt. Ich denke, mit vielen Positionen können wir durchaus übereinstimmen, gerade was das Thema „Gütesiegel“ oder „Zertifizierung“ angeht. Da ist sicherlich auch einiges gemeinsame Position. Einig sind wir uns auch beim Thema der Ausweitung der Kontrollen. Die Ausweitung der Kontrollen wird sogar auch von Subunternehmen gefordert, um den Druck auf die Auftraggeber zu erhöhen.
Wir haben im Sozialpolitischen Ausschuss beim letzten Mal erfahren, dass die SGD durchaus auch schon Kontrollen verschärft hat und das auf den Weg gebracht hat.
Die SGD Nord. Die SPD würde das natürlich auch gern tun, aber so weit sind wir noch nicht. Die SGD Nord
hat Kontrollen verschärft und dabei aber auch festgestellt, das Problem sind an der Stelle auch nationale Ausnahmen vom EU-Recht, was das Thema des Fahrens im Umkreis von 50 Kilometern angeht. Wie wir gehört haben, soll diese Ausnahmeregelung noch weiter auf einen Umkreis von 100 Kilometern ausgeweitet werden. Das kann nach unserer Auffassung so nicht sein. Da müssen wir auf jeden Fall entgegentreten.
Ich war auf dieser Kundgebung bei GLS in Polch. Da hat mir ein Zusteller erzählt, dass er seit fünf Jahren fährt und noch nicht an einem einzigen Tag seine Arbeitszeit so dokumentiert hat, wie er es eigentlich hätte tun müssen, weil es einfach nicht geht, weil er sonst Probleme mit seinem Auftraggeber bekommen hätte. An der Stelle zeigt sich wirklich, dass wir da einfach auch politisch noch weiter dagegen vorgehen müssen.
Sie haben den Punkt der Lohnuntergrenze in Ihrem Antrag natürlich auch erwähnt. Sie wissen, wir haben da eine andere Auffassung. Sie wissen, wir fordern einen gesetzlichen Mindestlohn, weil wir sagen, eine Lohnuntergrenze, die branchenspezifisch und regionsspezifisch ist, hilft in diesem Bereich überhaupt nicht weiter, weil er auch über Regionen hinausgeht. Insofern brauchen wir einen gesetzlichen Mindestlohn.
Einen Punkt in Ihrem Antrag möchte ich noch erwähnen, weil er sehr interessant ist. Sie sagen, sie brauchen gute Ausbildung, und das versetzt sie dann in die Lage, für sich adäquate Arbeitsplätze mit korrekten Arbeitsbedingungen zu finden. Das erhöht dann auch den Druck auf die Unternehmen der Paketzustellung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, das ist meines Erachtens wirklich naiv, weil eine ordentliche Ausbildung nicht zwingend dazu führt, dass man ordentliche Arbeitsbedingungen hat.
Mir wäre es lieber gewesen, wenn Sie hineinschreiben: Gehen Sie in die Gewerkschaft, organisieren Sie sich, dann haben Sie auch die Chance, irgendwann einmal ordentliche Arbeitsbedingungen zu bekommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich das Wort weitergebe, darf ich als Gäste Mitglieder des SPDVerbandes Alzey-Land und Mitglieder des SPDOrtsvereins Mendig begrüßen. Seien Sie herzlich willkommen!