Protocol of the Session on June 20, 2012

Wenn Sie allerdings meinen, diesen Weg nicht mitgehen zu wollen, dann kann ich Ihnen signalisieren, die SPDFraktion und – ich bin mir sicher – auch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden diesen Weg gehen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abgeordnete Steinbach.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das vorliegende Gesetz, das Ausführungsgesetz zu Artikel 117 der Verfassung für Rheinland-Pfalz, ist ein wegweisender Schritt auf dem Pfad zu einer nachhaltigen und tragfähigen Haushaltspolitik. Die Aufnahme von Krediten wird damit sachgerecht begrenzt, die Transparenz im Haushalt wird erhöht, und das Budgetrecht des Parlaments wird gestärkt, meine Damen und Herren.

Aus diesen Gründen heraus wird die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN diesem Gesetzentwurf mit dem entsprechenden Änderungsantrag auch aus tiefer Überzeugung heraus zustimmen.

Das Land Rheinland-Pfalz hat sich in der letzten Legislaturperiode dadurch in eine Vorreiterrolle begeben, dass es in einer großen Kraftanstrengung aller im Landtag vertretenen Fraktionen, die ich hier ausdrücklich würdigen und anerkennen möchte, eine Umsetzung der Schuldenbremse der neuen Regelungen des Artikels 109 des Grundgesetzes in die eigene Landesverfassung vorgenommen hat. Die Aufgabe dieses Gesetzgebers lautet nun, Artikel 117 der Landesverfassung ein entsprechendes Ausführungsgesetz folgen zu lassen, das in seinen einzelnen Regelungen die Vorgaben der Verfassung umsetzt und dies ökonomisch sinnvoll und praktikabel regelt. Meine Damen und Herren, genau das tun wir.

Der Gesetzentwurf der Landesregierung wurde in einer Anhörung von zahlreichen Experten diskutiert und stieß überwiegend auf starke Unterstützung. Wir haben danach die gegebenen Hinweise aufgenommen. Daher haben die Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auch einen entsprechenden Änderungsantrag heute vorgelegt.

Die Unterstützung der Experten in dieser Anhörung für den Gesetzentwurf war – das verschweigt die CDU gern – ziemlich groß und ziemlich eindeutig.

Wir haben den Rechnungshof, der ebenfalls gehört wurde, so verstanden, dass er das Gesetz begrüßt, und wir haben seine Hinweise zum Rechnungswesen, zur Rechnungslegung und zur Haushaltsdarstellung aufgegriffen. Der Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums hat – mit Ausnahme der Strukturanpassungskredite, aber dazu später mehr – Unterstützung signalisiert. Auch die anwesenden Professoren Joachim Wieland, Ashok Kaul, Jens Südekum und Ekkehart Reimer haben den Gesetzentwurf weitgehend unterstützt. Aber davon spricht die CDU-Fraktion nicht.

Wir haben zwischen allen Fraktionen – darauf haben die Vorredner entsprechend hingewiesen – lange und intensiv verhandelt, welche Änderungen am Regierungsentwurf nach der Anhörung noch sinnvoll und erforderlich sind. Das Ergebnis der Beratungen ist in unseren Änderungsantrag eingeflossen.

Leider konnte sich die CDU dann doch nicht zu einer Zustimmung durchringen. Nun sucht sie händeringend nach vermeintlichen Gründen, die dieses Verhalten rechtfertigen würden. Ich will noch einmal in aller gebotenen Sachlichkeit auf die vorgetragenen Argumente eingehen.

Die in der Landesverfassung vorgesehenen Strukturanpassungskredite, die in dem Gesetz jetzt näher ausgeführt sind, sind keine Erfindung des Ausführungsgesetzes und keine Erfindung von Rot-Grün, sie sind in der Verfassungsänderung beschlossen worden. Wenn nun die CDU-Fraktion bei der Verfassungsabstimmung einstimmig diesem Passus zustimmt und dann bei dem entsprechenden Ausführungsgesetz wiederum eine Änderung verlangt, die eine erneute Verfassungsänderung erforderlich machen würde, so zeigt das bestenfalls einen etwas oberflächlichen und liederlichen Umgang mit der Verfassung, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Weiland, CDU: Haarspalterei, Herr Kollege!)

Auch das Argument einer höheren Hürde kann da nicht gelten. An die Aufnahme der sogenannten Strukturanpassungskredite sind äußerst hohe Anforderungen gestellt. Sie sind in dem Gesetz bewusst sehr restriktiv gehandhabt und nochmals verstärkt durch den Änderungsantrag. So sind sie beispielsweise an ein konkretes Gesetz bzw. eine europäische Rechtsvorschrift geknüpft. Sie sind nur über vier Jahre in Folge möglich und auch degressiv. Sie sind mit einem verbindlichen Tilgungsplan zu versehen, und spätestens nach acht Jahren ist diese Tilgung abzuschließen.

Jeder, der sich praktisch im Haushalt bewegt, weiß, dass dies keine geeignete Flucht- oder Durchbrechungsmöglichkeit oder Umgehung des Schuldenverbots darstellt. Wenn nun hier gesagt wird, dass die Zustimmung zu diesen Krediten mit Zweidrittelmehrheit einen wirkungsvollen Schutz vor vermeintlichem Miss

brauch, den diese Regierung angeblich vorhätte, liefern würde,

(Dr. Weiland, CDU: Als kleine Fraktion sieht man das anders, das ist schon klar!)

der verschweigt einen Großteil der gesetzlichen Wirklichkeit.

Auch wir waren – das gehört zur Wahrheit mit dazu – in den Verhandlungen einer qualifizierteren Mehrheit gegenüber grundsätzlich nicht abgeneigt. Jedoch gibt uns Artikel 88 Abs. 2 der Landesverfassung hierfür keinerlei Spielräume. Darum ist auch der vorgelegte Änderungsantrag der CDU, der diese Zweidrittelhürde einfachgesetzlich einführen würde, nicht der Verfassung entsprechend und daher nicht zustimmungsfähig, meine Damen und Herren.

(Dr. Weiland, CDU: Schweres Geschütz!)

Die Verfassung kann einfachgesetzlich nicht beseitigt werden.

Es mag verfassungsrechtliche Erwägungen geben, die diese Strukturanpassungskredite grundsätzlich infrage stellen. Ich will gar nicht bestreiten, dass solche Rechtsauffassungen bestehen, vertreten werden und in der Anhörung im Ausschuss vertreten wurden. Da stellt sich mir die Frage, wenn man grundsätzlich diese Anpassungskredite kritisch sieht, was die CDU geritten hat, sie erst in die Verfassung hinein zu stimmen und sich jetzt in eine vermeintliche Veto-Position zu bringen.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Die angekündigte Ablehnung der CDU ist taktisch motiviert. Weil am Ende die guten Argumente fehlen, verfällt man nun in Fatalismus. Die Behauptung, hier würden ganz große Schlupflöcher aufgemacht, entbehrt nachvollziehbar jeder Grundlage. Dennoch finde ich es sehr bedauerlich, dass die CDU ihre Zustimmung verweigert. Es ist eine gute Idee, solche Fragen sehr breit und gemeinschaftlich darzustellen. Darum bin ich Herrn Dr. Weiland sehr dankbar, in welcher Breite er sehr sachlich die Debatte, die Motivation und die Argumente angeführt hat.

Das Gesetz ist in der vorgelegten Form ein kluges, ökonomisch sinnvolles und praktikables Gesetz.

Das Gesetz zielt auf die Verringerung des strukturellen Defizits auf null. Es lässt dabei ausdrücklich zu, dass der Haushalt eine angemessene Reaktion auf konjunkturelle Entwicklungen abbilden kann. Es regelt in klarer und eindeutiger Weise, dass in außergewöhnlichen Notsituationen, beispielsweise Naturkatastrophen, ein Abweichen möglich ist. Es stellt über ein Kontrollkonto eine Haushaltsregelung nicht nur für die Haushaltsaufstellung und -verabschiedung dar, sondern gerade auch für den Haushaltsvollzug diesen sicher.

Als Fraktionen haben wir weiter hinzugefügt, dass die Konjunkturberechnungen und das dazugehörige wissenschaftliche Verfahren der Zustimmung des Landtags bedürfen und das Ergebnis der Anwendung des Verfah

rens dem Landtag mitgeteilt wird, Budgetrecht und Transparenz. Dadurch sichern wir beides. Das ist eine sehr wichtige Errungenschaft.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Dr. Weiland, wir waren der Auffassung, dass der Landtag zustimmen und informiert werden muss und wir es nicht auf den Haushalts- und Finanzausschuss beschränken können.

(Dr. Weiland, CDU: Umgekehrt!)

Man kann das vom Landtag aus delegieren. Ich glaube, das ist eine sehr redaktionelle Änderung. Ich glaube, das ist nicht kriegsentscheidend.

Meine Damen und Herren, gerade was das Budgetrecht und die Informationspflicht an das Parlament anbelangt, sage ich Folgendes: Nach dem Urteil aus Karlsruhe von gestern ist die CDU wohl ein bisschen der falsche Ansprechpartner dafür, um das in der Öffentlichkeit glaubhaft einzufordern.

(Vereinzelt Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Wenn diese Partei und Fraktion, die in Berlin die Regierung trägt, nicht ständig vom Verfassungsgericht ausgebremst werden würde, würden die Milliarden des Haushalts nur noch von den Tischen des Kanzleramts aus bewegt. Sich von diesem Platz in die Rolle des haushaltspolitisch Rechtgläubigen und des Lordsiegelbewahrers des Haushaltsrechts zu begeben, ist eine Vorstellung, die einen gewissen komödiantischen Effekt nicht verfehlt.

Dieses Gesetz konkretisiert den Weg in einen Abbau des strukturellen Defizits. Es zeigt den Pfad zu einer nachhaltigen und tragfähigen Haushaltspolitik in Rheinland-Pfalz. Daher hat es unsere volle Unterstützung verdient, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die Landesregierung spricht Herr Finanzminister Dr. Kühl.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Landtag und die Landesregierung betreten mit diesem Gesetz Neuland. Dieses Parlament war eines der ersten Parlamente, das die sogenannte Schuldenbremse mit einer eigenen Regel in ihrer Verfassung verankert hat. Dieses Parlament wird wohl das erste Parlament sein, das in einem so umfänglichen Maße die neue Schuldenregel auf Basis der verfassungsrechtlichen Regelung einfachgesetzlich verankert.

Das zeigt deutlich, welche Bedeutung dieses Parlament und die rheinland-pfälzische Landesregierung der Konsolidierung beimisst. Es zeigt zum anderen, dass dieses Land auch gesetzgeberisch innovationsfähig ist.

Mittlerweile ist unser Gesetzentwurf, der über die Grenzen des Landes hinaus Transparenz erzielt hat, so etwas wie die „Blaupause“ für andere Bundesländer, die ähnliche Schritte noch vor sich haben. Das gilt insbesondere für den Konjunkturbereinigungsmechanismus, der hier deutlich abweichend von der Regelung des Bundes gesetzlich etabliert wird. Es ist ein Konjunkturbereinigungsmechanismus, der sich sinnhafterweise auf die Steuereinnahmen konzentriert.

Wir haben es in der Anhörung des Haushalts- und Finanzausschuss erleben können, dass er eine ganz breite Wertschätzung erfährt. Gestatten Sie mir deswegen an dieser Stelle, meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu danken, die diesen Konjunkturbereinigungsmechanismus entwickelt haben. Das war keine ganz einfache Aufgabe und zeigt, dass auch Ökonomen kluge Gesetze machen können.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

In dem Änderungsantrag der CDU kommt die Rücklage wieder vor. Das ist ein bisschen das Mantra Pensionsfonds.

(Zuruf der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Es gehört nicht in dieses Gesetz hinein. Rücklagenbildung ist eine finanzielle Transaktion. Insofern müssen Rücklagenbildungen – und auch die für den Pensionsfonds – so behandelt werden, wie sie in diesem Gesetz behandelt werden. Wer den Pensionsfonds nicht möchte, der muss eine politische Mehrheit dafür finden, dass er abgeschafft wird. Das wäre ein Fehler.

(Frau Klöckner, CDU: Wir arbeiten daran!)

Bisher hat der Wähler in Rheinland-Pfalz das Land vor diesem Fehler bewahrt. Ich hoffe, das bleibt noch ein bisschen so.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)