Allein in den letzten 15 Jahren wurden über die „Aktion Blau“ an 4.200 Kilometern Fließstrecke ca. 220 Gewässerentwicklungspläne erstellt. Mit aktuell 920 Rückbauprojekten wurde an etwa 700 Kilometern Gewässerlänge sehr viel für die Renaturierung und die naturnahe Weiterentwicklung dieser Gewässer getan. Das ist auch für den dezentralen Hochwasserschutz gut. Das sei am Rande erwähnt.
Meine Damen und Herren, vor dem Hintergrund dieser Zahlen in Verbindung mit den zukünftigen Anstrengungen in diesem Bereich wird aber auch deutlich, warum wir das Instrument des Wasserentnahmeentgeltes dringend benötigen.
Herr Schmitt, hier sind wir ganz anderer Ansicht als Sie. Anders sind nämlich die Bestandssanierungen auf einem hohen Niveau sowie der Investitionsbedarf, den wir für die Kommunen in diesem Bereich haben, nicht zu stemmen und sicherzustellen. Zugleich ist das Verursacherprinzip ein zentrales Element einer vorausschauenden Umweltpolitik.
Ein zweiter Aspekt ist, dass wir uns einige Regionen besonders anschauen müssen. Das zeigt auch der Gewässerzustandsbericht, und zwar exemplarisch zum Beispiel die Region Rheinhessen. Gewässer mit einem ökologischen Zustand von sehr gut bis gut finden wir dort überhaupt nicht. Der weit überwiegende Teil der Gewässer fällt in die beiden letzten Zustandskategorien, nämlich unbefriedigend bis sehr schlecht. Das zeigt, dass man hier tätig werden muss. Wir haben zum Beispiel im Bereich der Landwirtschaft in Verbindung mit dem hohen Nutzungsdruck, der dort stattfindet, die Situation, dass viele Gewässer oft nur Gerinne ohne jegliche ökologische Wertigkeit sind.
Einen speziellen Blick – das ist mir in diesem Zusammenhang auch noch einmal wichtig – müssen wir auf einzelne Spurenstoffe und Schadstoffe legen. Die Spurenstoffe sind Spuren einer allzu sorglosen Umweltpolitik in der Vergangenheit gewesen. Das ist gerade an den Gewässern als Langzeitspeicher in diesem Sinn sehr gut abzulesen. Unsere industriell geführte Lebensweise hat dazu geführt, dass wir in der Umwelt über 100.000 chemische Stoffe haben. Davon sind 30.000 Stoffe mengenmäßig relevant.
Zahlreiche rechtliche Vorgaben haben zum Glück in der Vergangenheit dafür gesorgt, dass wir erhebliche Minimierungen in dem Bereich haben und bestimmte Dinge auch vollständig vermieden haben. Stellvertretend für viele umweltrechtliche Regelungen seien beispielhaft das Atrazinverbot, das DDT-Verbot oder auch das Benzinbleigesetz genannt.
Dagegen gelangen Arzneimittelstoffe – das wissen Sie sehr genau und sehr gut – nach wie vor vordringlich zum Beispiel über die kommunalen Kläranlagen in die Gewässer. Gerade Arzneimittelsubstanzen werden nicht von den kommunalen Kläranlagen maßgeblich abgebaut. Andere Stoffe entstehen über die Verbrennungsprozesse – hier seien die PAK-Stoffe genannt – oder werden weltweit über die Atmosphäre transportiert. Auch das schlägt sich leider in den Gewässern nieder, Stichwort PCB.
Das Ziel der Reduzierung von Spurenstoffen zieht daher nicht nur neue Herausforderungen in der Wasserwirtschaft nach sich, zum Beispiel die Weiterentwicklung der Behandlung von kommunalen, industriellen und gewerblichen Abwässern, sondern erfordert auch die Verringerung der Einträge durch Anwender, zum Beispiel in der Landwirtschaft bei den Konsumenten. Es erfordert die Einbeziehung der Luftreinhaltung, des Bodenschutzes
sowie Regelungen auf den Gebieten des Stoffrechtes, also des Chemikalienschutzrechtes, des Produktrechts und des Anlagenrechts.
Ich komme zu einem letzten Punkt, der uns wichtig ist. Gewässer sind Zentren der Artenvielfalt. Von Vogelkundlern wissen wir, dass zum Beispiel 30 % der gefährdeten Vogelarten Europas an Feuchtgebiete des Binnenlandes gebunden sind. Es gilt, sich die Bedeutung der Gewässer als zentrale Räume der Biodiversität und der Vernetzung von Lebensräumen bewusst zu machen – dem dient auch ein solcher Bericht – und vorbeugend zu schützen.
Da die Belastungen und Anforderungen vielfältig sind, will ich Ihnen den Stichwortkatalog noch einmal nennen: die Abwässer aus Kläranlagen, Düngemittel, Eintrag von wassergefährdeten Stoffen – ich erinnere in dem Zusammenhang an den Großbrand in Rodenbach im Jahr 2008 –, Spritzmittel, Kühlwasser, Tourismus, Gewässerverbau, Begradigungen, Gehölze, Querriegel etc. Die Stichworte sind vielfältig.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, im Bereich des Gewässerschutzes und der Gewässerentwicklung haben wir lediglich Zwischenziele erreicht. Die Herausforderungen bleiben gewaltig und sind nur mit einer konsequent vorsorgenden und vorausschauenden Politik erfolgreich zu gestalten. Genau dieser Politik hat sich diese Regierungskoalition verpflichtet. In diesem Sinne begrüßen wir den Bericht.
Bevor ich das Wort der Ministerin erteile, begrüße ich als Gäste auf der Zuschauertribüne Mitglieder des TürkischIslamischen Kulturvereins Eisenberg e. V. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!
Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren, sehr verehrte Gäste! Herr Schmitt, ich weiß nicht, wo Sie leben. Wir haben eine Pressekonferenz unter der Überschrift durchgeführt, dass wir die Intensivierung der Zusammenarbeit von Wasserschutz und Landwirtschaft betreiben wollen, und zwar mit den Landwirten, zum Beispiel Herrn Schneichel. Diesen kennen Sie vielleicht.
Ich danke noch einmal allen, besonders der Abteilung Wasserwirtschaft des Ministeriums und dem Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht (LUWG) , für die tolle Erarbeitung. Da die Abgeordneten schon so viele Essentials daraus vorgetragen haben, versuche ich, die Akzente etwas anders zu setzen.
Morgen ist der Weltwassertag. Das ist schon erwähnt worden. Die Situation ist durchaus dramatisch. 900 Millionen Menschen haben keinen Zugang zu sicherem Trinkwasser. Im Jahr 2050 – das ist nicht mehr so lange hin – werden fast 4 Milliarden Menschen in Wasserrisikogebieten leben. Das bedeutet, dass eine kleine Dürre zur Folge haben wird, dass es einen Mangel gibt, und zwar für die Landwirtschaft genauso wie für die Trinkwasserversorgung.
Wenn wir uns Europa anschauen, sind wir keinesfalls im sicheren Hafen. Wir haben in Ländern wie Spanien oder Ungarn ein Problem. Gerade im Jahr 2011 mussten wir Extreme erleben, die sich, so sagen es die Wissenschaftler, durchaus fortsetzen werden. Wir werden im Norden stärkere Niederschläge im Winter und im Süden stärkere und erhebliche Mangelsituationen im Sommer haben. Diese Entwicklung kann man in den Ländern Spanien und Ungarn durchaus schon mit erheblichen Auswirkungen auf alle Bereiche, sei es Tourismus oder Landwirtschaft, beobachten.
Wir müssen auf unser Wasser aufpassen. Das ist überall das Lebensmittel Nummer 1. Auch am Rhein leben Millionen von Menschen, die aus dem Uferfiltrat ihr Trinkwasser bekommen. Das Sandoz-Unglück im Jahr 1986 hat den Anlass gegeben, um bei der Wasserqualität viel zu tun. Im Jahr 2000 – darauf bezieht sich dieser Bericht – gab es die neue Wasserrahmenrichtlinie der EU.
Da hat man angefangen, das Wasser ganzheitlich zu betrachten, nämlich nicht nur den chemischen, sondern auch den ökologischen Zustand. Man hat gesehen, dass letztlich alles zusammengehört. Den gleichen Lerneffekt gab es beim Hochwasserschutz. Auch hier hat man gesehen, dass der flächendeckende Hochwasserschutz genauso wie der technische Hochwasserschutz dazugehört.
Der Gewässerzustandsbericht gibt diese Ergebnisse wieder. Es wurde auch viel erreicht. Das haben meine Vorredner auch dargestellt. Natürlich sind damit erhebliche Investitionen verbunden. Die „Aktion Blau“ beziehungsweise die „Aktion Blau Plus“ wurden schon erwähnt. Wir werden trotzdem weiter vorangehen müssen; denn es sind auch schon die Bereiche genannt worden, in denen die Erfolge noch erzielt werden müssen.
Ich will ein Beispiel nennen, anhand dessen wir die gute Entwicklung der Gewässerqualität anschauen können. Das ist im Bereich des Sauerstoffs.
Während 1972 viele Gewässer noch stark verschmutzt waren, befanden sie sich nach der Gewässergütekarte 2004 schon über 90 % der Gewässer in einem sehr
guten oder guten Zustand. Das heißt, da können sich die Erfolge der kommunalen und der industriellen Kläranlagen ablesen lassen.
Es sind aber natürlich noch Verbesserungen notwendig. Das betrifft zum Beispiel Nitrat und Phosphor. Es ist klar, daran muss man weiter arbeiten. Genau das ist auch der Ansatzpunkt, an dem wir verstärkt mit der Landwirtschaft zusammenarbeiten wollen; denn wir haben – das können wir aus unseren Gewässerkarten ablesen – auch beim Grundwasser eine erhebliche Belastung zu verzeichnen.
Ein Drittel unserer Landesfläche liegt beim Nitrat über dem EU-Grenzwert. Natürlich wollen und müssen wir daran etwas ändern. Also wird es in diesem Bereich zu einer verstärkten Zusammenarbeit kommen. Ich bin davon überzeugt, dass sich aus den Ergebnissen, die die 20 Leitbetriebe in den vergangenen Jahren seit 2009 schon erzielt haben, genau die Maßnahmen ableiten lassen und wir zu einer Verbesserung kommen können.
Jetzt komme ich zum chemischen Zustand. Ca. 19 % der Gewässer in Rheinland-Pfalz weisen in diesem Bereich einen nicht guten Zustand auf. Insofern haben wir auch hier noch viel zu tun. Wir werden auch in diesem Fall die Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft suchen und mit dem Wasser-Cent dafür sorgen können, dass wir insgesamt zu einem guten Zustand unserer Gewässerressourcen kommen.
Herr Schmitt, das bedeutet aber auch, dass wir uns natürlich in die 13 anderen Bundesländer einordnen
werden, die einen Wasser-Cent schon erheben. Würden wir das nicht tun, würden Ihnen die Kommunen, um das ganz klar zu sagen, aufs Dach steigen. Die gesetzlichen Grundlagen sehen vor, dass die Nutzer der Wasserdienstleistungen und die Wassernutzer an diesen Kosten beteiligt werden. Das tun wir auch; denn sonst würde der Landesrechnungshof wenig Begeisterung zeigen.
Ansonsten – das behandeln wir gerade im Bundesrat – müssen wir in Zukunft die „prioritären Stoffe“ neu einbinden. Das bedeutet neue Aufgaben. Es geht um Arzneimittel und viele andere Stoffe, die neu erfasst werden. Auch in diesem Bereich ist also noch viel zu tun. Ich meine, gemeinsam werden wir das weiter voranbringen.
Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Sofern nicht beantragt wird, dass der Bericht im Ausschuss noch einmal besprochen werden soll, gilt er hiermit als erledigt.
Ich bedanke mich und lade Sie zur 25. Sitzung des Landtags morgen um 09:30 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.