An dieser Stelle möchte ich namens der CDU-Fraktion den unzähligen Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land danken, die sich ehrenamtlich in Orchestern, Chören, Musikvereinen, Amateurtheatern etc. engagieren und das kulturelle Leben in ihren Gemeinden so unglaublich bereichern. Ohne ihren Einsatz wäre unser Zusammenleben um vieles ärmer.
Meine Damen und Herren der Regierungskoalition, in Zeiten der Finanznot muss man Prioritäten setzen. Man kann als Landesregierung auch zu der Erkenntnis kommen, dass das Kurpfälzische Kammerorchester keine Priorität hat. Wie Sie mit dem 60 Jahre alten Traditionsorchester umgesprungen sind, können wir nicht gutheißen.
Es ist immerhin das einzige Kulturprojekt in der Region Rhein-Neckar, das von den beiden Ländern RheinlandPfalz und Baden-Württemberg gemeinsam getragen wird. Im Juli 2011 wurde das Orchester vom Staatssekretär informiert, dass der Zuschuss, der bisher immer bei 179.000 Euro lag, auf 150.000 Euro reduziert wird, also um gut 16 %. Das kann man als notwendige Konsolidierungsmaßnahme akzeptieren.
Kurze Zeit darauf verkündet das Land aber ohne Rücksprache mit den anderen Zuschussgebern, zu denen auch die Stadt Mannheim, die Stadt Ludwigshafen und der Bezirksverband Pfalz gehören, bis zum Jahr 2015 sukzessive die Förderung einzustellen. Die Existenz dieses Orchesters ist somit massiv bedroht. Immerhin gehen dort auch Arbeitsplätze verloren. Außerdem wird es durch Hartz-IV-Bedürfnisse auch wieder zu Kosten für das Land kommen.
Merkwürdig ist, dass im Haushaltsplan für 2012 und 2013 nach wie vor 179.000 Euro stehen. Dürfen wir davon ausgehen, dass Sie es sich vielleicht doch anders überlegt haben, oder brauchen Sie eine Verschiebemasse für die globale Minderausgabe? Warum gibt es kein Deckblatt, das Ihre Pläne dokumentiert? Das heißt, wie Sie soeben mehrmals bei uns gesagt haben: Fehlanzeige. Von Transparenz kann keine Rede sein.
Ich komme zum Staatsvertrag mit den Jüdischen Gemeinden. Das Land beteiligt sich zwecks Erhaltung und Pflege des Kulturerbes und des Lebens in den jüdischen Gemeinden an den laufenden Ausgaben der Gemeinden und des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden. Dieser Vertrag wurde zum 1. Mai 1999 geschlossen.
Inzwischen sind Veränderungen eingetreten. Es gibt mehr jüdische Mitbürger, die zum großen Teil aus der
früheren Sowjetunion zu uns gekommen sind und sich in der Bundesrepublik und auch in Rheinland-Pfalz angesiedelt haben. Insofern mussten die Pro-Kopf-Zuschüsse denen der anderen Bundesländer angepasst werden. Daher ist der Landeszuschuss verdoppelt worden. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2009 musste auch die Art der Verteilung der Landesleistung neu geregelt werden. Dieser Gesetzentwurf trägt dem Rechnung und passt ihn diesen Anforderungen an.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich denke, wir sind uns alle unserer geschichtlichen Verantwortung gegenüber den jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern bewusst und werden den Vertrag bestimmt gemeinsam bei den Beratungen des Gesetzentwurfs im Ausschuss positiv begleiten.
Für die Fraktion der SPD erteile ich Herrn Abgeordneten Geis das Wort. Sie haben noch 4 Minuten und 30 Sekunden Redezeit.
Nach zwei jungen engagierten Frauen auch noch für die Fraktion der SPD zu reden, lässt recht wenig Spielraum. Es gibt auch erfreulich wenig Anlass, miteinander zu streiten. Das ist eine schöne Entwicklung. Frau Hayn hat zum Bereich der kulturellen Bildung einiges gesagt, was man einfach nur unterstreichen und vertiefen kann.
Wir sind uns auch einig, dass wir keine Kürzung der Mittel für die Denkmalpflege oder den Ankauf von Kunstwerken möchten. Ich wüsste sogar, wer es verdient hätte, dass das Land ihr oder ihm mit einem Kauf einer künstlerischen Arbeit dabei hilft, im nächsten Monat wieder die Miete für das Atelier bezahlen zu können. Ich will ein Bibliotheksgesetz usw.
Politik wägt ab, wenn sie vernünftig ist. Ich weiß, dass sich auch der Kulturbereich nicht den Sparverpflichtungen entziehen kann.
Unser Schwerpunkt ist seit vielen Jahren die kulturelle Bildung. Die Musikschulen fördern wir seit Langem. In der letzten Wahlperiode kamen die Jugendkunstschulen hinzu. Schön, dass die CDU die jetzt auch als gute Einrichtung sieht. Jetzt haben wir mit unserem Koalitionspartner das Projekt „Jedem Kind seine Kunst“ beschlossen.
Kulturelle Bildung muss möglichst viele außerhalb der Schule erreichen und – da müssen die Bildungspolitiker sich vielleicht noch ein bisschen bewegen – auch in der Schule. Das ist ein ganz zentrales Thema unserer gesellschaftlichen Entwicklung. Kulturelle Teilhabe fördert Integration, nutzt die Chancen der kulturellen Vielfalt. Ich sage noch etwas hinzu: Eigentlich müsste man auch hier besser den Begriff der Inklusion verwenden, um auszu
drücken, dass es einen gleichberechtigten Anteil aller Beteiligten an der Weiterentwicklung kultureller Prozesse gibt.
Ein paar Sätze zu den Bibliotheken. Ich bin seit über zehn Jahren Vorsitzender des Bibliotheksverbands Rheinland-Pfalz und habe in dieser Zeit ganz viele hoch engagierte haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Bereich kennengelernt, die unseren hohen Respekt verdienen. Dabei danke ich ausdrücklich den Trägern der öffentlichen Bibliotheken, den Kommunen und ausdrücklich auch den Kirchen, die trotz angespannter Finanzlage diesen Haupttreffpunkt der Kultur bereitstellen.
Ich appelliere an uns alle, die wir in der Regel auch kommunale Verantwortung haben, diese Einrichtung in Zukunft zu sichern.
Deshalb werden wir ein Bibliotheksgesetz diskutieren, wie dies in der Koalitionsvereinbarung angekündigt wurde. Bei einem Workshop werden wir Fachleute befragen, die Erfahrungen mit der Diskussion in anderen Bundesländern haben, und danach entscheiden, ob und wie wir den Gesetzgebungsprozess in Gang setzen.
Eines dürfen wir nicht machen, die Breitenarbeit in der Kultur gegen die sogenannte Hochkultur aufzurechnen. Wir brauchen beides, und die festen Ensembles an Theatern, Orchestern und bei Museen kosten viel Geld, ohne dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fürstlich bezahlt würden. Aber sie sind auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und haben einen Anspruch auf soziale Sicherheit und auf eine angemessene Bezahlung.
Wenn ich schon Kultur als Beruf anspreche, komme ich noch einmal zu den Bildenden Künstlerinnen und Künstlern, die davon leben, dass sie ihre Kunstwerke verkaufen – mühsam genug – oder als Gestalter in den verschiedenen „Creative Industries“ ihre Fantasie produktiv machen und zu hohen Umsätzen in einer Branche beitragen, die wir eine Zukunftsbranche nennen, dabei aber leider nicht primär die Arbeits- und Lebensbedingungen der dort oft hoch qualifiziert Beschäftigten im Auge haben. Das ist auch ein Thema der Zukunft, bei dem wir politisch über feine Reden noch nicht weit hinausgekommen sind. Das muss ich selbstkritisch sagen.
Kultur ist ein zentrales Zukunftsthema. Dafür bedarf es nicht unbedingt bombastischer finanzieller Ansätze, aber der Bereitschaft zur intellektuellen Auseinandersetzung mit Herausforderungen, die ein Seismograf sind für die Tendenzen unserer gesellschaftlichen Entwicklung. Darüber haben wir im Ausschuss und an anderem Ort zu reden.
Herr Präsident, sehr geehrte Herren und Damen! Nach den positiven Nachrichten aus der Bildungspolitik gerade eben, freue ich mich nun, für die Kultur in RheinlandPfalz bilanzieren zu dürfen, wie es meine Vorredner schon getan haben, dass es um deren Finanzierung vonseiten des Landeshaushalts 2012/2013 vergleichsweise gut bestellt sein wird, was mich besonders freut.
Trotz des Konsolidierungskurses bleibt im viel zu häufig unterschätzten Bereich der Kultur der von außen befürchtete Einbruch aus; denn wir in der Koalition wissen, und das hat Manfred Greis gerade ausgeführt, welch elementare Funktion Kunst und Kultur in unserer Gesellschaft erfüllen. Sie dürfen deshalb nicht nur wenigen Rheinland-Pfälzerinnen vorbehalten bleiben. Entsprechend schützen und fördern wollen wir die Kultur in Rheinland-Pfalz auch in schwierigen Zeiten.
Was sich in den kommenden Jahren fortsetzt, ist komplementär die Förderung der professionellen Spielstätten und der Kulturinitiativen der freien Szene. 4.000 Veranstaltungen in einem Jahr, das ist kein Pappenstil, was die Freien da schultern. Ich bin sehr froh, dass wir weiterhin sogar institutionalisierte Förderung schultern können. Es geht hier um Literatur, um 400 Museen, Theater, Bildende Kunst und Musik. Ich möchte ganz ausdrücklich, wie dies Frau Hayn und Manfred Geis getan haben, allen Kunst- und Kulturschaffenden an dieser Stelle danken.
Dem reichhaltigen kulturellen Angebot an die Seite stellen wir auf der Basis des Haushalts, zu dem im Übrigen die CDU keinen einzigen Antrag gestellt hat, auch nicht zum KKO, also dem Kurpfälzischen Kammerorchester, nun vermehrt Ansätze, die dazu angetan sind, die kulturelle Bildung in unserem Land in schulischen und außerschulischen Kontexten zu fördern. Zu nennen sind die bereits genannten Jugendkunstschulen, aber auch das Landeskunstgymnasium in Alzey, das innovative Modellprojekt „Jedem Kind seine Kunst“, über das Sie bestimmt noch sehr viel hören werden, für das wir erst ab 2013 Mittel eingestellt haben.
Ich denke, ein Jahr Vorlaufzeit werden wir sehr gut nutzen, in dem wir nämlich systematisch ausloten wollen, wie ein optimales Angebot kultureller Bildung in unserem Land außerhalb der Schule und innerhalb der Schule aussehen kann; denn auch hier spielt gelebte Teilhabe in der Gesellschaft eine entscheidende Rolle.
Mit der Institutionalisierung der Förderung des Landesverbandes professioneller freier Theater stärken wir zudem diese wichtige Brücke zwischen Kultur und Bil
dung, genau das Richtige für Rheinland-Pfalz, wenn man beispielsweise den Lernatlas der BertelsmannStiftung ernst nimmt.
Klar, dass wir lieber noch viel mehr machen würden, aber wir werden das Gute auch mit den vorhandenen Ressourcen weiterhin verbessern können.
Wir werden in den kommenden Jahren weitere wichtige Aufgaben in den Blick nehmen. Zielgruppen sind dabei nicht nur die jungen Leute; denn Kunst gleich welcher Sparte öffnet die Herzen, und in der Begegnung mit Kunst und dem lebendigen Austausch mit ihr in ihrem Umfeld entsteht der Mehrwert für das Individuum und die Gesellschaft. So werden Kunststätten zu Kulturzentren, ob in Bibliotheken, Theatern, Museen, Galerien oder unter dem freien Himmel.
Jenseits dessen bildet dieser Haushalt unser klares Bekenntnis zu den verschiedensten Facetten unserer sich wandelnden Kultur ab. Ich nenne nur die Beteiligung an „Luther 2017“ und die moderate Wiederaufstockung des Etats. Da hätten wir natürlich lieber noch viel mehr Geld – das gebe ich ehrlich zu – für den Ankauf von Kunstwerken; denn in der Tat haben es lebende Künstler oft viel schwerer als längst verstorbene.
Was mich persönlich darüber hinaus freut, ist, dass wir die Mittel für den Grundstücksankauf in Hinzert bereitstellen können. Bei mehreren Besuchen des ehemaligen Konzentrationslagers im vergangenen Jahr haben mich Vertreter des Gedenkstättenvereins und der Landeszentrale für politische Bildung davon überzeugt, wie dienlich es der Aufgabe des Dokumentationszentrums ist, das Lager an seiner historischen Stätte erneut visualisieren zu können. Bisher hat man sich nur mit einer raffinierten Projektion auf dem Fenster der Gedenkstätte behelfen können.
Erinnerungsarbeit gerade in Gedenkstätten ist heute genauso wichtig wie früher. Wer sonst legt Zeugnis ab, wenn die Zeuginnen nicht mehr leben? Zeitzeuginnen sterben aus. Wo kann man mehr zur Immunität gegen rechte Parolen beitragen?
Es ist uns wichtig, auf der Basis dieses Haushalts sowohl der Vielfalt und der Vielschichtigkeit von Kunst und Kultur Rechnung zu tragen, als auch Wege für die kulturelle Bildung weiter zu beschreiten. Dabei wollen wir die Kunst- und Kulturschaffenden stärken. Gehen wir diesen Weg gemeinsam.