Wir wollen – das haben wir hier immer wieder deutlich gemacht – einen sozialen Arbeitsmarkt mit guten Arbeitsplätzen. Dazu habe ich bisher von Ihnen eine Stellungnahme vermisst. Wir brauchen Arbeitsplätze, von denen die Menschen leben können und nicht zusätzlich Leistungen von der ARGE in Anspruch nehmen müssen.
Über die Verwerfungen am Arbeitsmarkt und die zunehmende Prekarisierung von Arbeitsverhältnissen haben wir in den vergangenen Monaten ziemlich häufig und intensiv diskutiert. Weil sich im Bund außer weiteren Verschlechterungen, wie beispielsweise die Anhebung der Verdienstmöglichkeiten bei den Mini- und Midi-Jobs, nichts bewegt, wollen wir mit unserem Entschließungsantrag die Landesregierung auf ihrem Weg über den Bundesrat bestärken.
Wir begrüßen es sehr, dass Rheinland-Pfalz in der kommenden Sitzung des Bundesrates die Initiative von Nordrhein-Westfalen zur Eindämmung des Missbrauchs von Werkverträgen unterstützt. Auf das Abstimmungsverhalten der CDU-geführten Länder bin ich an dieser Stelle mehr als gespannt. Fakt ist, wir brauchen einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn, eine stärkere Regulierung der Leih- und Zeitarbeit und eine Begrenzung der Mini-Jobs, wenn wir in den kommenden Jahren nicht einen enormen Anstieg der Altersarmut hinnehmen wollen.
Meine Damen und Herren, Herr Kessel hat eben das Thema des demografischen Wandels angesprochen. Auch hier ist die Frage, wie wir den Arbeitsmarkt gestalten, eine entscheidende, wenn wir uns diesen Herausforderungen stellen wollen; denn nur dann, wenn die Menschen gute und sichere Arbeitsplätze im Land vorfinden, die ihren Lebensunterhalt sichern, bleiben sie hier und finanzieren mit ihren Steuern und Sozialabgaben nicht nur die soziale Infrastruktur in Rheinland-Pfalz.
Herr Kessel, da ist die Frage, ob man dafür ein eigenes Ministerium braucht, vollkommen zweitrangig. Entscheidend ist, dass das Thema in allen Politikbereichen mit bedacht wird. Genau das tut diese Landesregierung schon seit Jahren. Sie hat das Thema aufgegriffen, lange bevor das andere Bundesländer getan haben. Es zieht sich durch alle Bereiche – egal ob Landesplanung, Ausrichtung der Mittel für die Dorferneuerung oder eben auch die Bildungs- und Familienpolitik. Ich möchte an der Stelle nur das Beispiel des Rechtsanspruchs eines Kita-Platzes für die Zweijährigen oder den Ausbau der Ganztagsschulen oder eben auch – was von Ihrer Fraktion so vehement abgelehnt wird – die kostenlose Schülerbeförderung nennen, weil auch das ein Beitrag zur Stärkung des ländlichen Raums ist.
Wir wollen, dass diese Strategie fortgeführt und weiterentwickelt wird. Dass die Koordinierung dieses gesellschaftlichen Megatrends nun bei Ministerin Dreyer liegt, macht für mich aus mindestens drei Gründen Sinn:
Erstens liegt der wesentliche Schwerpunkt – Herr Kessel, auch das haben Sie angesprochen – in den kommenden Jahren darin, ein gutes Leben im Alter sicherzustellen. Frau Dreyer hat schon vor einiger Zeit den Aktionsplan „Gut leben im Alter“ dazu vorgestellt, das heißt, insbesondere den Wunsch der Menschen danach zu respektieren, solange wie möglich in ihrer vertrauten Umgebung leben zu können, und wo immer möglich auch zu unterstützen. Das bedeutet, immer einen Blick darauf zu haben, welche individuellen Bedürfnisse ältere Menschen nach Grund- und vor allem auch medizinischer Versorgung haben, natürlich auch nach Sicherheit – das haben Sie angesprochen – und vor allem auch nach Mobilität.
Zweitens geht es darum, den Bedarf an Fachkräften durch eine nachhaltige Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik zu sichern, wie zum Beispiel durch die Fachkräftestrategie „Gute Leute, gute Aussichten“.
Drittens ist die Frage, wie wir den demografischen Wandel gestalten, eine höchst soziale Frage. Es geht vor allem darum, den sozialen Zusammenhalt in den ländlichen Regionen sowie zwischen Stadt und Land zu sichern. Dies geschieht nicht zuletzt durch die umfangreiche Förderung des ehrenamtlichen Engagements in diesem Land.
Wir unterstützen all das und werden die Landesregierung – insbesondere Sie, Frau Ministerin – in den kommenden Jahren bei der Gestaltung des Wandels auch mit eigenen Impulsen konstruktiv begleiten.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Entschließungsantrag der CDU mit der Drucksachennummer 16/906 war für mich ein sehr erhellendes Dokument, steht da doch – so darf man das verstehen –, dass die CDU bis auf Weiteres die Drogenprävention und die Suchthilfe einstellen will, weil die Regierung ohnehin – – –
Ja, also hier steht jedenfalls nicht das, was Sie in Ihren Deckblättern stehen haben, dass Sie das reduzieren wollen, sondern hier steht – ich darf zitieren –: „Es kann nicht sinnvoll sein, Maßnahmen für suchtgefährdete und suchtkranke Menschen durch eine Anhebung der Eigenbedarfsgrenzen für bestimmte Suchtmittel zu konterkarieren. Das ist ein Schlag gegen die Drogenprävention und die Suchthilfe und macht die Förderung unglaubwürdig. Das eingesparte Geld kann so lange zur Haushaltskonsolidierung verwendet werden, solange die Landesregierung diese Maßnahme nicht rückgängig macht.“ – Das verstehe ich so, dass Sie das jetzt aufhören.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Frau Klöckner, CDU: Sie müssen das Deckblatt sehen!)
Das tut mir leid. So steht es in diesem Antrag drin. Ich habe natürlich auch Ihre Deckblätter durchgearbeitet
und habe gedacht, vielleicht soll es ein Ansatz für einen kabarettistischen Entschließungsantrag sein. Man beantragt aber einen solchen Unfug nicht einfach, es sei denn, dass man davon ausgeht, man beantragt es, um einmal auf den Tisch zu hauen, und man weiß, dass die Mehrheitsfraktionen so vernünftig sind, das abzulehnen. Sie können sich darauf verlassen, das tun wir auch.
Aber ich bin Ihnen auch in anderen Punkten für diesen Entschließungsantrag dankbar. Er zeigt einfach die Distanz zwischen den regierungstragenden Fraktionen und den nicht regierungstragenden Fraktionen in diesem Hohen Hause. Diese Distanz ist mir auch bei diesen Haushaltsberatungen durchaus noch einmal klar geworden. Es zeigt, dass Sie im Sozialbereich umfangreiche Maßnahmen zuungunsten der Schwachen in der Gesellschaft planen bzw. vorschlagen.
Auch bei der Arbeitsförderung – da machen Sie dann ernst, da stimmen nämlich der Entschließungsantrag und die Deckblätter überein – soll auf null gespart werden; denn Sie schlagen vor, dass bis auf die europäischen Mittel des ESF alles gestrichen werden soll.
Dann werden die uns in Brüssel aber nichts geben, weil wir ESF-Mittel nur bekommen – Sie können mich gern korrigieren, wenn das juristisch nicht stimmen sollte –, wenn wir auch Landesgeld dazugeben. Geben wir das nicht dazu, ist die Arbeitsförderung tot, noch „toter“, als sie ohnehin durch die Instrumentenreform auf Bundesebene bereits gemacht worden ist. Darunter leiden immer wieder die Schwächsten.
Stattdessen schlagen Sie in Ihrem Entschließungsantrag vor, dass wir investieren sollen und daraus sozusagen automatisch sozialversicherungspflichtige Beschäftigung entsteht.
Nun ist es wenigstens so, dass die Verfassungsgrenzen des Haushalts verschoben werden, wenn wir mehr investieren, aber es ist nicht so – das wissen auch Ihre Sozialpolitiker –, dass automatisch aus Investitionen sozialversicherungspflichtige Beschäftigung entsteht, und schon gar nicht ist es so, dass bei dieser sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung die jetzigen Problemgruppen am Arbeitsmarkt mit ihren Vermittlungshemmnissen überhaupt zum Zuge kommen. Vielmehr ist es so, dass dann die Fachkräfte zum Zuge kommen. Da haben Sie eben selbst gesagt, bei Fachkräften besteht bereits ein Mangel.
Es macht also keinen Sinn, jetzt darüber nachzudenken, die Arbeitsförderung einzustellen, weil die dazu da ist, dass ich dann am Schluss diese sozialversicherungspflichtige Beschäftigung an den Mann und an die Frau bringe, nämlich an die, die jetzt noch die Vermittlungshemmnisse haben, dass ich diese Menschen qualifiziere, ich deren Vermittlungshemmnisse analysiere und ihnen zielgenaue Hilfen zur Verfügung stelle. Das geht
Bei der Eingliederungshilfe stimmen Entschließungsantrag und Deckblätter allerdings überein. Das wollen Sie auch nicht abschaffen. Das ist schon einmal beruhigend. Hier kommt es in Ihrem Vorschlag zu einer Deckelung, und zwar zu einer globalen Senkung des Haushaltsansatzes der Landesregierung um 2,5 %. Wir haben hier im Plenum bei Ihren Anträgen zu Ihren Großen Anfragen bereits die Problematik, die die Eingliederungshilfe in den nächsten Jahren hat, und die hohen Steigerungsraten der letzten Jahre ausführlich besprochen. Es ist aber ein Fehler anzunehmen, ohne ein Konzept mit einer globalen Deckelung hier einen Deckel draufmachen zu können. Da besteht ein Rechtsanspruch. Sie schreiben ausdrücklich, dieser Rechtsanspruch soll nicht infrage gestellt werden. Dann macht der Deckel aber keinen Sinn. Sinn macht vielmehr das Vorgehen der Landesregierung, über die Modellvorhaben nach dem AG SGB XI, § 14 a, zu analysieren, wie man durch eine bessere Steuerung zu einer zielgenaueren Hilfe kommen kann und dadurch auch Kosten sparen kann. Das macht Sinn. Was Sie da schreiben, macht meines Erachtens keinen Sinn.
Insgesamt ist der Entschließungsantrag – nicht die Deckblätter, die Deckblätter beziehen sich überwiegend auf die Pensionsfonds, da kann man Seiten mit füllen, dazu ist hier aber ausreichend etwas gesagt worden von Menschen, die diesbezüglich kompetenter sind als ich – aber – – –
Da müssen wirklich viele Bäume umgehackt werden. Wir wollen ernst bleiben. Insgesamt glaube ich, dass Ihre Vorschläge tatsächlich ein Blick in einen schwarzen Abgrund des sozialpolitischen Nihilismus sind. Ich glaube auch, dass man das nicht ernst genug nehmen kann, wenn man sich von den Schwächsten langsam nach oben spart.
Einen anderen Vorschlag hat Frau Klöckner heute ins Gespräch gebracht, zu dem Sie auch ein Deckblatt haben. Das gehört nicht in diesen Einzelplan, aber ich will es nicht unerwähnt lassen, weil es auch Sozialpolitik ist. Das sind die 400 Euro für die Frauenhäuser zur Förderung und zur Betreuung von traumatisierten Kindern in diesen Frauenhäusern.
Dazu muss ich Ihnen sagen: Darüber wurde inhaltlich intensiv diskutiert. Dazu würde gehören, dass es ein Konzept gibt. Jetzt stelle ich Ihnen einmal vor, wer sich alles mit solchen Kindern beschäftigt. Das sind Psychotherapeuten, die Mitarbeiter Sozialpädiatrischer Zentren, medizinische Therapeuten, Ärztinnen und Ärzte sowie nicht zuletzt – dahin gehört es nämlich – die Kinder- und Jugendhilfe. Maßgeblich dafür ist § 35a SGB VIII. Auf
dieser Grundlage kann man Maßnahmen für die seelisch behinderten oder von seelischer Behinderung bedrohten Kinder ergreifen. Das gehört einfach nicht zu einem 400Euro-Job in einem Frauenhaus. Dort ergibt das keinen Sinn. (Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Ich kann mir schwer vorstellen, dass Sie vor diesem Hintergrund Ihren Entschließungsantrag nicht noch einmal durchlesen und stattdessen lieber für unsere Entschließungsanträge stimmen werden. Frau Thelen, Ihre Deckblätter entsprechen nicht dem, was Sie hier vertreten haben, und Ihr Entschließungsantrag entspricht schichtweg nicht den Tatsachen. Die haarsträubenden Alternativen zeigen uns, den Koalitionsfraktionen, aber, dass der Weg in Richtung einer guten Sozialpolitik weiterhin offen ist und es Sinn macht, so zusammenzuarbeiten, wie wir es bei diesen Haushaltsberatungen getan haben, und den Weg, den wir bisher beschritten haben, weiterzugehen.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Enders, CDU: Ich habe die blaue Karte gezückt!)
Entschuldigung, das habe ich nicht gesehen. – Herr Dr. Enders hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet. Sie haben drei Minuten Redezeit. Bitte schön.
Herr Präsident, meine sehr verehrte Damen und Herren! Das, was der Kollege Konrad hier abgezogen hat, kann ich ihm nicht durchgehen lassen. Ich weiß nicht, was Sie gebissen hat, dass Sie hier so herumbrüllen und uns Unsinn vorwerfen. Herr Pörksen, von Ihnen kennen wir das ja. Sie müssen schon die Deckblätter lesen.
Wir haben sie nicht auf null gezogen, sondern wir haben die Mittel für die Suchtprävention um 860.000 Euro reduziert. So ist es. Nennen Sie hier bitte keine falschen Zahlen! Dazu, dass Sie das als Unsinn bezeichnen, muss ich sagen: Ich glaube, alle Redner der Koalition haben nicht begriffen, worum es uns hierbei geht.