Protocol of the Session on February 23, 2012

Der Rechtsausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 10. Sitzung am 9. Februar 2012 beraten. Die Beschlussempfehlung lautet bei Gegenstimmen der CDU: Der Gesetzentwurf wird angenommen.

Vielen Dank.

(Beifall im Hause)

Ich erteile dem Berichterstatter des Innenausschusses zum Landesgesetz zur Änderung finanzausgleichsrechtlicher Vorschriften, Herrn Seekatz, das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Durch Beschluss des Landtages vom 18. Januar 2012 ist der Gesetzentwurf der Landesregierung, Landesgesetz zur Änderung finanzausgleichsrechtlicher Vorschriften – Drucksache 16/715 –, an den Innenausschuss – federführend –, an den Haushalts- und Finanzausschuss sowie an den Rechtsausschuss überwiesen worden.

Der Innenausschuss hat den Gesetzentwurf am 2. Februar 2012 beraten. Am 3. Februar 2012 wurde der Gesetzentwurf vom Haushalts- und Finanzausschuss beraten. Der Gesetzentwurf wurde vom Rechtsausschuss am 9. Februar 2012 beraten.

Die Beschlussempfehlung lautet, den Gesetzentwurf anzunehmen.

(Beifall im Hause)

Wir kommen nun zur Aussprache über den Einzelplan 03, Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur. Es wurde eine Grundredezeit von 20 Minuten vereinbart. Für die Fraktion der CDU spricht Frau Beilstein.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Zuschnitt des Innenministeriums und damit auch des Einzelplans 03 hat sich sehr stark verändert, dies insbesondere dadurch, dass jetzt die Infrastruktur dort angesiedelt ist. Ich meine, gerade zu diesem Bereich vertreten wir sehr unterschiedliche Ansätze. Ich erinnere nur an die A 1 und die B 10 und in dem Zusammenhang natürlich auch an die Proteste in der Region und die Unterschriftenlisten der Menschen vor Ort. Ich meine, das spricht für sich.

(Beifall der CDU)

Unterschiedliche Ansätze haben wir sicherlich auch im Bereich der Straßen dieses Landes. Wir sehen, dass Sie den Fokus auf reine Reparaturen legen, ansonsten aber Stillstand herrscht. Stattdessen wollen Sie ein wenig mehr den ÖPNV in den Mittelpunkt rücken, ohne dass hierzu aber spezielle Konzepte bekanntgegeben wurden. Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Zweifel – das ist ein Stück weit meine Befürchtung – wird das wieder darauf hinauslaufen, dass die Kommunen das umsetzen sollen. Da bin ich heute schon gespannt, mit welchem Geld das geschehen soll. Darauf werde ich auch den Fokus in meiner heutigen Rede legen.

(Pörksen, SPD: Das überrascht uns nicht!)

Ja, Sie sehen, man kann mich einordnen, Herr Pörksen.

Die Verabschiedung dieses Doppelhaushalts sowie die Änderung finanzausgleichsrechtlicher Vorschriften sind vor dem Hintergrund des Urteils des Verfassungsgerichtshofs vom 14. Februar 2012 zu sehen. Das höchste Gericht im Land hat festgestellt, dass die finanzielle Ausstattung der Kommunen durch die rheinlandpfälzische Landesregierung völlig unzulänglich ist und auch gegen die Verfassung verstößt. Die Bescheinigung eines neuerlichen Verfassungsbruchs ist an sich schon gravierend genug und macht auch gegenüber der gesamten Bundesrepublik Deutschland deutlich, wie schlecht man in Rheinland-Pfalz mit den Kommunen umgeht. (Beifall der CDU)

Als regelrecht dreist und ignorant empfinde ich aber die Interpretation unseres Finanzministers, Herrn Dr. Kühl. Er begrüßt das Urteil. Nun ja, ich sage einmal, man kann zunächst einmal nichts dagegen haben, wenn man das Abwatschen der eigenen Politik begrüßt. Im nächsten Satz wird aber dann schon deutlich, dass der Sinn des Urteils verdreht werden soll. Er streckt nämlich den Finger nach Berlin aus und schiebt die Schuld allein auf die gestiegenen Sozialausgaben. Von der Einsicht, eine eigene Verantwortung zu haben, fehlt aber jegliche Spur.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dafür gibt es nach meiner Auffassung nur zwei Erklärungen. Die erste Erklärung wäre, er versteht das Urteil nicht. Ich bin mir aber sicher, dass es genügend Menschen in seinem Umfeld gibt, die ihm dabei helfen könnten.

(Licht, CDU: Das glaube ich nicht!)

Eine zweite Erklärung wäre, er verdreht die Interpretation dieses Urteils bewusst. Das würde ich als sehr schlimm empfinden; denn es wäre eine willentliche und beabsichtigte Täuschung der Bürgerinnen und Bürger, die von eigenen Fehlern ablenken soll.

(Beifall bei der CDU – Licht, CDU: Das würde ich schon eher glauben!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, deswegen glaube ich, man sollte dieses Urteil ein wenig genauer ins Visier nehmen und beleuchten.

Das Gericht bestätigt zum einen ganz klar, dass Sozialausgaben der Hauptfaktor für die Misere sind. Meine Damen und Herren, das ist unstrittig zwischen allen Fraktionen in diesem Haus. Es werden einige Ausführungen dazu gemacht, dass die eine oder andere Einnahmequelle bei den Kommunen noch ausgeschöpft werden könnte. Auch das ist in Ordnung. Aber drittens führt es ganz klar und deutlich aus, wie extrem schlecht die rheinland-pfälzischen Kommunen im Vergleich zu allen Kommunen der übrigen Länder in Deutschland stehen. Wir sagen ganz klar, das ist ein hausgemachtes Problem. Das haben auch die Richter so festgestellt.

Sie sprechen ganz klar von zusätzlichen Aufgabenzuweisungen durch Bund und Land, eben nicht nur durch

den Bund. Deswegen können Sie sich nicht so einfach davonstehlen und nur mit dem Finger nach Berlin zeigen. Wesentliche Aufgabenzuwächse und Befrachtungen im kommunalen Finanzausgleich und auch Mittelentzug sind durch dieses Land Rheinland-Pfalz erfolgt.

Vielleicht auch an dieser Stelle ein Wort zum Bund. Wir alle freuen uns über riesige Steuereinnahmen. Ich glaube, dann gehört es mit zur Ehrlichkeit dazu, den Grund und den Zusammenhang dafür mit der klugen Steuerpolitik im Bund zu benennen.

(Beifall der CDU)

Ich glaube, es gehört auch zur Ehrlichkeit mit dazu, dass man das, was im Bund beschlossen wurde, durchaus als Kommunalfreundlichkeit anerkennt; denn hier wurde etwas auf den Weg gebracht, was gerade die Kommunen in Rheinland-Pfalz sehr stark entlasten wird. Der Bund wird dauerhaft die Ausgaben für die Grundsicherung übernehmen.

(Pörksen, SPD: Früher hat der Bund sie im Stich gelassen!)

Beginnend mit 45 % in diesem Jahr wird diese Übernahme bis 2014 auf 100 % ansteigen.

(Pörksen, SPD: Das steht noch nicht im Haushalt drin!)

Das ist allein in den nächsten vier Jahren bundesweit eine Nettoentlastung von 4 Milliarden Euro für die Kommunen. Heruntergebrochen auf Rheinland-Pfalz wird das bedeuten, es sind 565 Millionen Euro in den nächsten vier Jahren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich werde sehr gerne einmal den kommunalen Entschuldungsfonds für die nächsten vier Jahre dagegenstellen. Wenn wir vier Jahre mal den Landesanteil, den Eindrittelanteil, von 85 Millionen Euro nehmen, liegen wir bei 340 Millionen Euro. Ich sage, die Entlastung für die Grundsicherung beträgt 565 Millionen Euro.

Ich stelle das auch sehr gern einmal jahresbezogen gegenüber: 2012 gehe ich beim Landesanteil kommunaler Entschuldungsfonds jetzt von diesen 85 Millionen Euro aus; Entlastung durch den Bund – weil es erst 45 % sind, ist die Summe zugegebenermaßen noch nicht so hoch – 56 Millionen Euro.

In 2013 sieht das schon ganz anders aus – 85 Millionen Euro durch das Land, durch den Bund 122 Millionen Euro.

In 2014 – 85 Millionen Euro durch das Land, durch den Bund 186 Millionen Euro.

In 2015 – 85 Millionen Euro durch das Land, durch den Bund 199 Millionen Euro.

Ich glaube, wenn man in Anbetracht dieser Tatsachen immer noch von dieser Mär von dem bösen Bund und dem guten kommunalfreundlichen Land Rheinland-Pfalz redet, dann muss ich ehrlich sagen, dann sollten Sie es

einpacken und dieses Märchen ein für allemal vergessen.

(Beifall der CDU – Licht, CDU: Das ist endlich einmal eine kühle Rechnung!)

Herr Finanzminister Dr. Kühl sagt, er sehe sich durch dieses Urteil aufgefordert, die finanziellen Interessen der Kommunen beim Bund durchzusetzen. Ich sage ganz klar, ich empfinde es durchaus als ein wenig peinlich; denn es bescheinigt geradezu, dass es erst einer Klage durch die Kommunen bedurft hat, um das Land in die Verpflichtung zu nehmen, die die Verfassung eigentlich vorgibt.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Sehr richtig!)

Herr Dr. Kühl, Sie hätten dazu jede Menge Möglichkeiten gehabt: von 1998 bis 2009 in der Bundesregierung selbst und seit 2009 auch über den Bundesrat. – Leider haben wir aber dort vielmehr etwas anderes erlebt, nämlich dass die SPD beim Bund doch eher als der Treiber der Sozialkosten aufgetreten ist, weil man nicht darüber nachgedacht hat, wer am Ende diese Zeche bezahlen soll.

(Beifall der CDU – Zuruf der Abg. Frau Schmitt, SPD)

Im Gegenzug werfen Sie jetzt jenen, die diese Bedenken gehabt haben und sie dann äußern, soziale Kälte vor. Ich sage ganz klar, diese Taktik kann man versuchen und einmal fahren, aber die Richter beim Verfassungsgerichtshof haben hier Gott sei Dank ganz klar Zuständigkeiten und Verpflichtungen des Landes benannt.

Ich zitiere insofern noch einmal den vierten Leitsatz des Urteils: „Das Land trifft insoweit auch eine Mitverantwortung für die Kosten aus Aufgabenzuweisungen durch den Bund. Es hat die finanziellen Belange seiner Kommunen auf Bundesebene als eigene zu wahren und durchzusetzen.“ –

Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD und auch von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, insoweit können wir Ihren Entschließungsantrag nicht nachvollziehen. Sie fordern darin, dass der Bund die entscheidende Grundlage für die Behebung der finanziellen Misere der Kommunen schaffen soll. Das geht völlig am Urteil vorbei.

(Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein!)

Ich sage, Ihr Antrag datiert vom 17. Februar, also genau drei Tage nach dem Urteil. Da muss man ernsthaft fragen, ob Sie das an dem Tag einfach noch nicht gelesen hatten.

Spannend fand ich auch den Einwand der Landesregierung in diesem Prozess, dass sich das Land wegen der Schuldenbremse nicht in der Lage sieht, den Kommunen zu helfen und sich für die Kommunen weiter zu verschulden. Auch hierzu hat das Gericht ganz klar und unmissverständlich ausgeführt, dass das Land zu einer ordnungsgemäßen und angemessenen Finanzausstattung der Kommunen verfassungsrechtlich verpflichtet ist.

Im zweistufigen Aufbau unseres Bundesstaates sind nämlich die Kommunen als Teile der Länder zu sehen. Sie sind mit ihnen in einem Finanzverbund zusammengeschlossen und unterhalten keine eigenen Rechtsbeziehungen zum Bund.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der rheinland-pfälzischen Landesregierung, deswegen glaube ich, sollten Sie sich in Zukunft sehr wohl überlegen, welche sozialen Segnungen Sie beim Bund fordern. Der bisherige Weg jedoch, beim Bund permanent zu fordern, im Land mit dem Füllhorn herumzulaufen und dann die Kommunen mit Blick auf die Schuldenbremse kurzzuhalten, wird künftig nicht mehr funktionieren.