Protocol of the Session on May 25, 2011

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Ich schränke ein: zur Zufriedenheit all derjenigen, die man mit objektiver Arbeit zufriedenstellen kann.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Frau Klöckner, CDU: Wie war das beim Schlosshotel? – Pörksen, SPD: Das so etwas jetzt noch kommt!)

Sie machen einen Zwischenruf, dann nehme ich den auf. Ich konnte doch nicht einfach hinnehmen, dass ich in der Regierungserklärung etwas Falsches gesagt habe. Ich glaube, ich habe für 99,99 % der Bevölkerung gesprochen. Aber wenn die CDU-Fraktion sich davon ausnimmt, ist es geradezu meine Pflicht, im Protokoll festzuhalten, die Menschen in Rheinland-Pfalz – außer der CDU-Fraktion – finden diese Reform gut. Das wollte ich doch nur sauber, fair und klassisch darstellen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Heiterkeit bei der CDU – Licht, CDU: Wenn das auch im Protokoll steht, Herr Ministerpräsident, das ist ein Trugschluss!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das erste Ziel des Strafvollzugs in Rheinland-Pfalz – wir sind beim Strafvollzug – ist die Resozialisierung der Strafgefangenen. Denn Strafe ist etwas anderes als Rache. Wir wollen den menschenrechtskonformen Vollzug der Sicherheitsunterbringung unterstützen und in Kooperation mit anderen Ländern voranbringen, um möglichst rasch den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts zu entsprechen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist eine große Herausforderung, vor der wir dabei stehen. Außerdem werden wir ein Abschiebehaftvollzugsgesetz schaffen. Wir bekennen uns dabei zu den humanitären Verpflichtungen des Flüchtlings- und Asylrechts. Stärker als bisher wollen wir Härtefallregelungen anwenden, um Einzelfälle menschlich und gerecht zu lösen. Abschiebehaft darf nur die Ultima Ratio sein.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Gewahrsamseinrichtung für Ausreisepflichtige in Ingelheim werden wir einen Vorschlag unterbreiten, wie unter rechtlichen, humanitären und Sicherheitsaspekten sowie unter Berücksichtigung der Folgekosten eine Neuausrichtung der Unterbringung Ausreisepflichtiger erfolgen kann. Außerdem besteht Konsens zwischen den Koalitionspartnern, die Landesunterkunft für Ausreisepflichtige in Trier zeitnah zu schließen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Verehrte Damen und Herren, Kommunikation, Medienpolitik, digitale Chancen nutzen, das sind alltäglich gewordene Stichworte der Entwicklung in Wirtschaft und Gesellschaft. Deshalb mache ich deutlich, dass Medienpolitik ein zentrales Handlungsfeld für diese Regierungskoalition ist. Seit vielen Jahren koordiniert die Staatskanzlei von Rheinland-Pfalz die Medienpolitik der Länder. Wir stehen zum dualen Rundfunksystem. Der besondere Beitrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zur freien Meinungsäußerung, zu verlässlichen Informationen und für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft ist uns wichtig.

Medienpolitik ist zunehmend auch Netzpolitik. Wir werden die Anregungen der Enquete-Kommission der abgelaufenen Legislaturperiode, die unter dem Titel „Verantwortung in der digitalen Welt“ gearbeitet hat, sorgfältig prüfen. Ich will deutlich machen, dass wir zum Grundsatz „Löschen statt sperren“ – beispielsweise bei der Gefährdung von Kindern – durch entsprechende Angebote stehen.

Damit alle Menschen in Rheinland-Pfalz die digitalen Chancen in gleichem Umfang nutzen können, werden wir alle verfügbaren Technologien einsetzen, um für jeden Haushalt in unserem Land bis Ende 2012 eine Grundversorgung mit leistungsfähigem Breitband zu gewährleisten.

Medienpolitik ist heute zu einem großen Teil das Bestreben, die Medienkompetenz in der Gesellschaft zu stärken. Wir wollen, dass sich insbesondere Kinder und Jugendliche in der multimedialen Welt zurechtfinden und sie selbstbestimmt und sozial verantwortlich handeln können.

Wichtig ist uns auch, dass die Lehrerinnen und Lehrer in unserem Land noch stärker als bisher Multiplikatoren für Medienkompetenz werden. Weiterhin gehört es zu unseren Vorhaben, die Eltern in die Lage zu versetzen, ihre Kinder einerseits dazu zu erziehen, die phantastischen Möglichkeiten, die das Netz bietet, sinnvoll, aber auch bewusst zu nutzen, und sie die Chance haben, ihre Kinder auch vor falschen Angeboten zu schützen.

Meine Damen und Herren, wir wollen, dass die großartigen Möglichkeiten des Netzes von allen sinnvoll und bewusst genutzt werden können. Deshalb werden wir den Erwerb von Medienkompetenz weiter stärken. Dazu gehört sicherlich auch, die Generation, die mit dem Internet aufgewachsen ist, mithilfe der neuen Medien wieder stärker für politische Inhalte, für gesellschaftliche Debatten und für das aktive Mitgestalten der Demokratie zu gewinnen. Die Freiheit des Netzes eröffnet hier ganz neue Wege, die Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger – nicht nur der jungen – zu verbessern und auszubauen. Diese Möglichkeit wollen wir ergreifen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Verehrte Damen und Herren, unser Land liegt in der Mitte Europas. Dort haben wir es in den vergangenen Jahren fest verankert. Mit unserem Engagement in der Großregion, in der Oberrhein-Konferenz und im Ausschuss der Regionen beweisen wir: Rheinland-Pfalz ist

ein europäisches Land, das die Freundschaft zu seinen Nachbarn schätzt und pflegt. Daran wird sich auch in dieser Legislaturperiode nichts ändern.

Die intensiven Kontakte zu den entfernteren Partnerregionen werden wir halten und ausbauen, also nach Oppeln, Mittelböhmen und South Carolina, nach Fujian in China und in unsere japanische Partnerpräfektur Iwate. Diese hat im März aufs Schlimmste unter den verheerenden Folgen des Tsunami und des vorhergegangenen Erdbebens und der drohenden Atomkatastrophe zu leiden. Die Bereitschaft der RheinlandPfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer und der Wirtschaft in unserem Land, für die Menschen in Iwate zu spenden, ist überwältigend. Gestatten Sie mir, dass ich an dieser Stelle den herzlichen Dank unserer Partner dort an Sie alle, meine Damen und Herren, weitergebe, die Sie Geld für die Wiederaufbauhilfe gespendet haben. Wir werden gemeinsam mit den Behörden in Iwate ein Projekt entwickeln, das nachhaltig zum Wiedererstarken unserer Partnerprovinz beiträgt.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Weiterhin pflegen wollen wir die Partnerschaft zwischen Rheinland-Pfalz und Ruanda. Ich hatte gestern die Gelegenheit, wie auch Frau Kollegin Lemke und Kolleginnen und Kollegen aus dem Parlament, die Botschafterin aus Ruanda bei der Besuchsreise des Herrn Bundespräsidenten zu treffen. Sie alle wissen – und wir spüren es bei solchen Begegnungen –, dass es sich dabei um eine jahrzehntealte Graswurzelpartnerschaft handelt, zu der die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes den Hauptteil beitragen. Sie tragen den Hauptteil bei, indem sie sich ehrenamtlich engagieren. Die Landesregierung wird dieses Engagement auch in Zukunft begleiten, unterstützen und fördern. Darauf können sich alle Beteiligten verlassen.

Verehrte Damen und Herren, in Berlin und Brüssel haben wir uns als Land großen Respekt erarbeitet, weil wir uns über unsere Landesvertretung aktiv, konstruktiv und ausgleichend in die Gesetzgebungsverfahren des Bundes und der Europäischen Union eingebracht haben – mit guten Ergebnissen für Rheinland-Pfalz. Auch hier wird sich die Linie der Landesregierung nicht ändern: Wir arbeiten zusammen, nicht gegeneinander – zum Wohle unseres Landes.

Europa ist heute mehr als ein Verbund von Nationalstaaten. Europa ist gemeinsamer Lebens- und Wirtschaftsraum geworden, in dem politische, soziale, ökonomische und ökologische Fragestellungen im Konsens der Nationen gelöst werden können, manchmal in schwierigen Prozessen, aber es gibt keine vernünftige Alternative dazu. Wir setzen uns überall in der Europäischen Union für faire Löhne, eine auskömmliche Alterssicherung und guten Gesundheits- und Arbeitsschutz ein.

Europa ist nämlich auch durch die Arbeits- und Sozialpolitik zu einer Kraft der Friedenssicherung geworden, in der Solidarität den Krieg als Mittel der Politik längst

ersetzt hat und – ja, darüber dürfen wir glücklich sein – unvorstellbar gemacht hat.

Zu dieser europäischen Solidarität gehört auch – so schwer die Maßnahmen den nationalen Regierungen fallen mögen – der gemeinsame Rettungsschirm für die Länder der Euro-Zone. Unter diesem Schirm haben sich die Staaten in einer Balance von Eigenverantwortung und gegenseitiger Hilfe zusammengefunden und sich klar zum Euro als Gemeinschaftswährung bekannt.

Wir dürfen dabei aber nicht vergessen, wer die Verantwortung dafür trägt, dass in einigen Staaten der EuroZone die Haushalte in Schwierigkeiten, ja, in elementaren Schwierigkeiten sind: Es waren nicht d i e, aber doch einige Banken und ein Teil der weltweiten Finanzindustrie, die mit Geld, mit sehr viel Geld aus den Staatskassen gerettet werden mussten, nachdem sie zum Teil genau darauf spekuliert hatten. Die Staaten Europas haben dafür hohe Schulden aufgenommen. Ich verlange, dass die Finanzinstitute einen angemessenen Anteil an der Rückzahlung dieser Schulden übernehmen. Die Landesregierung von Rheinland-Pfalz unterstützt deswegen im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Forderungen des Europäischen Parlaments nach Einführung einer europaweiten Finanztransaktionssteuer und setzt sich für eine Stärkung der Finanzaufsicht ein.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Verehrte Damen und Herren, die aktuell auf der bundespolitischen Ebene diskutierte Bankenabgabe muss angemessen und ohne Schlupflöcher ausgestaltet werden.

Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Die Hauptaufgabe der Landesregierung – von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN getragen – liegt natürlich in unserem Land. Hier stehen wir in den nächsten fünf Jahren vor großen Herausforderungen, vor allem – ich habe das ausgeführt – im finanzpolitischen Bereich. Ich bin davon überzeugt, dass das neue Regierungsteam diese Herausforderungen in einem vertrauensvollen Miteinander meistern wird. Die große Regierungserfahrung des einen Partners und die Frische und Kreativität des anderen Koalitionspartners werden unser Land gemeinsam mit den regierungstragenden Fraktionen in die richtige Richtung führen.

Rheinland-Pfalz wollen wir zu dem Land machen, das in Deutschland und darüber hinaus für ökonomischen Erfolg und ökologisches Bewusstsein steht, für soziale Sicherheit und persönliche Freiheit, für kulturelle Vielfalt und gesellschaftliche Offenheit.

Wir sind für den Wettbewerb um die besten Antworten auf die Fragen der Zukunft gut gerüstet; denn wir stehen dafür, dass in diesem Land weiterhin Solidarität und Menschlichkeit das Handeln bestimmen und Zuversicht und Pragmatismus die Entscheidungen prägen. Rheinland-Pfalz wird weiterhin Zeichen setzen, weit über seine Landesgrenzen hinaus; denn wir haben uns vorgenommen, gemeinsam die vielen Stärken von Rheinland-Pfalz auszubauen und dafür zu arbeiten, dass die Menschen auch in Zukunft sagen: „Hier ist es gut; hier möchte ich sein.“

Vielen Dank.

(Anhaltend starker Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, als Gäste begrüße ich Teilnehmerinnen und Teilnehmer am AZ

Projekt „Zeitung lesen macht Azubis fit“. Seien Sie herzlich willkommen!

Ich lade Sie zur nächsten Plenarsitzung morgen früh um 09:30 Uhr ein.

Ich schließe die Sitzung.