Protocol of the Session on May 25, 2011

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dennoch: Der weit überwiegende Teil der Konsolidierungsaufgaben wird im Land selbst zu leisten sein. Um die Vorgaben der Schuldenbremse im Jahr 2020 einhalten zu können, müssen wir Jahr für Jahr durchschnittlich 220 Millionen Euro konsolidieren.

Wenn sich die Wirtschaft weiterhin stark entwickelt und die vom Arbeitskreis Steuerschätzung in seiner jüngsten Prognose für die nächsten Jahre erwarteten Steuereinnahmen realisiert werden können, wird sich auch der Konsolidierungsbedarf verringern. Die Konsolidierungsanstrengungen werden aber unvermindert groß sein müssen.

Allerdings heißt „konsolidieren“ nicht nur kürzen und streichen, nein – auch das gehört zur Wahrheit und zur Ehrlichkeit –, „konsolidieren“ heißt auch, die originären Einnahmen des Landes zu verbessern. Dazu werden wir die Grunderwerbsteuer auf das Niveau anheben, das in anderen Ländern schon längst gilt, ein Wasserent- nahmeentgelt, den sogenannten Wassercent, einführen und eine Ressourcennutzungsabgabe prüfen. Dabei – davon können Sie ausgehen – wägen wir gewissenhaft zwischen der entstehenden Belastung und der steuernden Wirkung dieser Abgabe ab.

Natürlich müssen wir die Ausgaben des Landes senken.

(Zuruf von der CDU)

Frau Kollegin, der Zwischenruf zeigt, dass Sie offensichtlich dankenswerterweise bei der Demonstration Ihrer Fraktion heute Morgen nicht dabei waren. Dafür danke ich Ihnen.

(Frau Thelen, CDU: Ich erinnere Sie an zwei Ihrer Versprechen! Zweimal gebrochen!)

Meine Damen und Herren, einige Kürzungen werden wehtun, andere werden für die Bürgerinnen und Bürger im Land nicht wahrnehmbar sein.

Es gibt Kernbereiche, die wir nicht antasten werden, weil sie uns zu wichtig sind, beispielsweise die kostenfreien Bildungseinrichtungen in unserem Land, die Jugend- und die Kulturförderung sowie der ökologische Umbau unserer Energieversorgung, aber ich nenne auch soziale Leistungen, wie beispielsweise das sogenannte Blindengeld.

(Beifall der SPD und bei dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Einen bedeutenden Beitrag zur Haushaltskonsolidierung werden der Landesbetrieb Bau und der Landesbetrieb Mobilität leisten müssen; denn es war der Wille dieses Hohen Hauses, deren Haushalte in die Schuldenbremse einzubeziehen. Beide werden in den nächsten Jahren

nur noch wirklich unabweisbare Vorhaben realisieren können.

(Licht, CDU: Sparen in der Entwicklung! – Pörksen, SPD: Können Sie vielleicht einmal den Mund halten?)

Der Rechnungshof hat uns Hinweise darauf gegeben, wo die Organisation der Landesverwaltung verbessert werden kann. Darunter sind beispielsweise die Vermessungs- und Katasterämter und die Grundbuchämter. Hier werden wir die vom Rechnungshof vorgeschlagenen Einsparungen umsetzen.

Außerdem werde ich eine Arbeitsgruppe beauftragen, weitere Effizienzpotenziale bei den Mittelbehörden, aber auch bei allen übrigen Verwaltungen des Landes zu benennen.

Unsere Konsolidierungsstrategie umfasst auch die Überprüfung aller Gesellschaften mit Landesbeteiligung. Außerdem streben wir an, die länderübergreifende Zusammenarbeit in geeigneten Bereichen auszubauen.

Eine der größten Positionen im Landeshaushalt sind die Personalausgaben. Hier werden wir ebenfalls ansetzen müssen. Wir werden im Bereich des finanziellen Dienstrechts verschiedene Einsparungen vornehmen, und deshalb sagen wir den Beamtinnen und Beamten schon jetzt, dass ihre Besoldung nach Umsetzung der Tarifergebnisse 2011 in vollem Umfang und ab 2012 um 1 % jährlich steigen wird. Familien mit Kindern sollen bei diesen Sparbemühungen begünstigt werden.

Darüber hinaus werden wir die Erhöhung des Ruhestandseintrittsalters um zwei Jahre prüfen. Bestandteil dieser Prüfung sind flexible Übergänge und die Überlegung, für besonders belastete Berufsgruppen Ausnahmeregelungen und Übergangsregelungen zu schaffen. Alle Einschränkungen für die Bediensteten des Landes – dies sei in diesem Zusammenhang ausdrücklich betont – gelten selbstverständlich in vollem Umfang auch für die Ministerinnen und Minister sowie für die Staatssekretärinnen und Staatssekretäre der Landesregierung.

Die Landesverwaltung wird auch auf die demografischen Veränderungen reagieren und neue technische Möglichkeiten nutzen, und dementsprechend wird sie kleiner werden: Um die Einsparziele, die wir uns gesetzt haben, zu erreichen, werden alle Dienststellen und alle Verwaltungen des Landes ihren Personalbestand in den nächsten Jahren zurückfahren müssen. Hierfür werden wir die natürliche Fluktuation nutzen. Es wird keine betriebsbedingten Kündigungen geben. In welchen Bereichen Stellen nicht nachbesetzt werden, entscheiden die Ministerinnen und Minister in eigener Verantwortung auf der Basis der Haushaltsvorgaben, die dieses Parlament setzt.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einmal auf die Diskussion um die personelle Ausstattung unserer Schulen eingehen. An dieser Stelle will ich zuerst noch einmal die Feststellung treffen, dass die Unter

richtsversorgung im Ergebnis noch weiter verbessert wird.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wir können heute ziemlich genau sagen, wie viele Erstklässler wir im nächsten, im übernächsten und in sechs Jahren haben werden; denn die Kinder, die bis 2017 eingeschult werden, sind schon geboren. Ebenso genau können wir prognostizieren, wie viele Schulabgängerinnen und Schulabgänger wir in fünf, in zehn und in 15 Jahren haben werden, und wir wissen, es werden gegenüber heute deutlich weniger sein.

In dem Maße, wie die Zahl der Schülerinnen und Schüler sinkt, brauchen wir auch weniger Lehrerinnen und Lehrer. Rein rechnerisch betrifft dies 3.000 volle Lehrerinnen- und Lehrerstellen.

Wir wollen aber die Unterrichtsversorgung und die Unterrichtsqualität weiter verbessern, und genau deshalb wollen und werden wir in diesem Zeitraum nicht 3.000 Lehrerinnen und Lehrer weniger beschäftigen, sondern nur 2.000. Anders ausgedrückt und entgegen aller Behauptungen und Meldungen, wir stellen an den Schulen 1.000 Stellen über Bedarf zur Verfügung, um den Unterricht dort noch zu verbessern. – Das ist die richtige und die wahre Aussage, meine Damen und Herren.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Das haben wir vor der Wahl gesagt, und das lösen wir jetzt nach der Wahl auch ein.

Es ist schon am Beispiel der Schulen erkennbar, es gibt keinen personellen Kahlschlag. Was wir vorhaben, ist eine sozial verträgliche Verkleinerung der Landesverwaltung mit Augenmaß und Gespür für die Menschen, die für das Land arbeiten. Deren Arbeit – auch das möchte ich betonen – respektieren und achten wir außerordentlich. Aber wir kommen nicht umhin, alle Aufgaben unserer Verwaltung auf den Prüfstand zu stellen. Eine Gesellschaft, in der deutlich mehr ältere Menschen leben, die nicht mehr im Arbeitsleben stehen, eine Gesellschaft, die tendenziell zahlenmäßig kleiner wird, muss auch hinsichtlich ihrer Dienstleistungs- und Verwaltungsfunktion diesen Weg mit beschreiten.

Meine Damen und Herren, selbstverständlich werden wir über die Einsparungen im Personalbereich das Gespräch mit den Gewerkschaften, mit dem Deutschen Beamtenbund und mit den Personal- und Betriebsräten der betroffenen Behörden und Landesbetriebe suchen. Das Ziel meiner Regierung ist es, die nötigen Schritte im Konsens mit den Vertreterinnen und Vertretern der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und der Beamtinnen und Beamten zu gehen. Ich will aber auch deutlich machen, es ist Aufgabe der Koalitionspartner gewesen, die Schritte, die man gehen will, klar zu benennen und die Größenordnungen vorzugeben, um nicht Führungslosigkeit und Zufallsergebnisse, sondern eine klare politische Vorgabe an die Spitze der Erörterungen in der Breite zu stellen. Alles in allem sind wir sicher, durch unsere im Koalitionsvertrag bereits konkret verabredeten Konsoli

dierungsmaßnahmen lassen sich etwa zwei Drittel der bis zum Ende dieser Legislaturperiode erforderlichen Einsparungen realisieren. Über das verbleibende Drittel wird ergänzend im Lichte der aktuellen Steuerentwicklung im Zuge der jeweiligen Haushaltsaufstellung entschieden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, einer der großen Gerechtigkeitsvorgaben ist es, gleiche Chancen für Frauen und Männer in der Gesellschaft sicherzustellen. In den letzten 40 Jahren ist die Gesellschaft in der Frage der Geschlechtergerechtigkeit unbestreitbar vorangekommen. Die vollständige Gleichberechtigung von Frauen und Männern aber ist ebenso unbestreitbar noch immer nicht erreicht. Deswegen werden wir einen Masterplan erstellen, der die bestehenden Benachteiligungen der Frauen aufzeigt und der aufzeigt, was zu tun ist. Eines der frauenpolitischen Ziele meiner Regierung ist es, dass Frauen eine eigenständige Existenzsicherung aufbauen können. Die immer noch bestehende Benachteiligung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt wollen wir konsequent abbauen.

Auf Bundesebene wird sich Rheinland-Pfalz für verbindliche Maßnahmen zur Überwindung der ungleichen Bezahlung von Frauen und Männern einsetzen. Die Unternehmen und die Schulen im Land werden wir stärker dafür zu gewinnen suchen, technische Berufe für junge Damen attraktiver zu machen.

Besonders wichtig ist es uns, dass Eltern nach einer Familienphase leichter in den Beruf zurückkehren können, wenn sie dies wünschen. Frauen müssen stärker als bisher am Arbeitsmarkt teilhaben können. Das beinhaltet eine bessere Anerkennung der Pflegezeiten bei der Rente, die Beseitigung der Entgeltungleichheit zwischen Frauen und Männern und eine bessere Bezahlung der sozialen Berufe, in denen noch überwiegend Frauen tätig sind.

Das rheinland-pfälzische Interventionsprojekt „Gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen“ wird flächendeckend fortgeführt und weiterentwickelt. Wir sehen auch die Notwendigkeit für mehr frauenspezifische Beratung. Deshalb haben wir vor, die bestehende Beratungsstellenlandschaft zu überprüfen und bei Bedarf auszubauen.

Die Zahl von Frauen in Führungspositionen des Landes steigern wir weiter; begonnen haben wir schon im Kabinett damit.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Rosenbauer, CDU: Die nächste Änderung kommt noch!)

Dafür werden wir das Mentoring-Programm „Mehr Frauen an die Spitze“ fortsetzen. Das Landesgleichstellungsgesetz aus dem Jahr 1997 wollen wir novellieren. Gender Budgeting, wie es dieses Haus beschlossen hat, wird ab dem Herbst 2012/2013 stufenweise als haushaltspolitisches Instrument eingeführt, um die Voraussetzungen für eine geschlechtergerechte Verteilung der Finanzen im Haushalt zu schaffen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, demokratische Teilhabe ist – ich sagte dies einleitend – ein entscheidendes Element unserer Demokratie; denn unsere Demokratie lebt vom Engagement und der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Die entscheidende Frage aber ist, wie ernst wir die Förderung des Engagements nehmen. Das bürgerschaftliche Engagement zu fördern und die Bürgerbeteiligung zu stärken, habe ich mir zu einem persönlichen Anliegen gemacht. Vieles ist bereits erreicht. Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler in Rheinland-Pfalz haben einen besseren Versicherungsschutz. Mit dem 2007 eingeführten Kompetenznachweis wird geleistetes Engagement honoriert. Das kann bei der Bewerbung um einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz hilfreich sein. Der 2008 erstmals ausgeschriebene „Brücken-Preis“ stellt die gesellschaftlichen Integrationspotentiale des bürgerschaftlichen Engagements in den Mittelpunkt. Ich bin stolz darauf, dass Rheinland-Pfalz gemeinsam mit Baden-Württemberg und Niedersachsen den Spitzenplatz im Engagement der Bürgerinnen und Bürger belegt.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Die Betreuung der ehrenamtlich Tätigen, die Beratungs- und Unterstützungsangebote für das Ehrenamt und die Begleitung der bürgerschaftlichen Beteiligung werden wir künftig in der Staatskanzlei zusammenfassen. Ich möchte damit das Signal geben: Bürgerschaftliches Engagement und ehrenamtliche Tätigkeiten haben in meiner Regierung und für mich persönlich einen herausragenden Stellenwert. Das gilt für die gesamte Regierung; denn ohne die vielen Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, wäre unser Land weniger lebens- und liebenswert.

2011, also dieses Jahr, ist das Europäische Jahr der Freiwilligentätigkeit. Wir nutzen es, um unsere Kultur der Anerkennung für das freiwillige Engagement weiterzuentwickeln. Zentraler Höhepunkt ist der landesweite Ehrenamtstag am 21. August. Er wird in Simmern auf dem schönen Hunsrück stattfinden.

(Bracht, CDU: Bravo!)

Ich lade Sie schon jetzt herzlich ein, dort Tausende ehrenamtlich tätige Bürgerinnen und Bürger aus Kulturinitiativen und Sozialeinrichtungen, aus Sportvereinen und Jugendtreffs, kirchlichen und gewerkschaftlichen Organisationen, Unternehmerorganisationen, Rettungsdiensten, den Feuerwehren, dem Katastrophenschutz und vielen Hilfsdiensten und Hilfsorganisationen zu treffen. Dort hinzugehen – lassen Sie mich das sagen – ist, wie ich finde, „Ehrensache“, um eine Sendung des SWR zu nennen.

Eines unserer Ziele ist es, mehr junge Menschen für das Gemeinwesen zu begeistern. Dazu gehört: Die Jugendlichen können sicher sein, dass ihre Meinungen, ihre Bedürfnisse und ihre Zukunftswünsche ernst genommen werden. Das möchten wir dokumentieren, indem wir uns bei Wahlen im Land gerne dem Votum der jungen Bürgerinnen und Bürger stellen wollen. Die neue Regierung setzt sich dafür ein, das Wahlalter bei Kommunal- und Landtagswahlen auf 16 zu senken. Für die erforderliche

verfassungsändernde Mehrheit im Landtag werden wir uns intensiv einsetzen und dafür bei der CDU-Fraktion werben.

Auch wollen wir uns auf der Bundesebene für eine Grundgesetzänderung einsetzen, um Bürgerinnen und Bürgern aus EU-Ländern das Recht zu geben, bei Landtagswahlen mit abzustimmen. Um länger in Deutschland lebenden Ausländerinnen und Ausländern das kommunale Wahlrecht zu ermöglichen, werden wir ebenfalls eine Initiative zur Änderung des Grundgesetzes starten.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wer Politik erfolgreich im Sinne der Bürgerinnen und Bürger gestalten will, kann dies nur in Dialog und Austausch tun. Gerade über raumplanerische Großprojekte muss daher frühzeitig, umfassend und fortlaufend informiert werden. In allen Entwicklungs- und Planungsphasen wollen wir eine echte Beteiligung gewährleisten. Den Weg dahin werden wir gemeinsam mit allen demokratischen Parteien suchen und hoffentlich gehen.

Ich begrüße, dass die Koalitionsfraktionen eine EnqueteKommission einsetzen wollen, die bis Ende 2012 die verschiedenen Möglichkeiten der aktiven Bürgerbeteiligung, auch unter Einschluss der neuen elektronischen Kommunikationsmedien, nicht nur untersuchen, sondern stärken will. Die Koalitionsfraktionen laden die CDU dazu ein, hierzu gemeinsam mit uns die Initiative zu ergreifen. Noch in dieser Legislaturperiode wollen wir prüfen, wie die Quoren für die verschiedenen Formen der Bürgerentscheide gesenkt werden können. Die gleichberechtigte Teilhabe von Migrantinnen und Migranten in allen gesellschaftlichen Bereichen ist Ziel unserer Integrationspolitik. Wir setzen uns dafür ein, dass mehr Migrantinnen und Migranten im öffentlichen Dienst arbeiten. Die Optionspflicht, also die Verpflichtung, bei der Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft die Geburtsstaatsbürgerschaft abzulegen, lehnen wir ab. Wir fordern deren Abschaffung.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)