Lassen Sie uns also gemeinsam dafür sorgen, dass sich der Bedarf und die Nachfrage im Bereich der Pflegekräfte und der Kräfte in den Gesundheitsberufen in den nächsten Jahren wieder angleichen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es auch möglich, über das Image dieser Berufsgruppen Erfolge zu erzielen.
Wir müssen auch versuchen – man darf diesen Aspekt nicht verkennen –, im Bereich der Vergütung zu kleinen Verbesserungen zu kommen; denn allein über den guten Willen funktioniert das nicht. Viele Pflegekräfte befinden sich, wenn sie Familie haben, in einer schwierigen Situation. Das trägt auch zu einer gewissen Abwanderung bei.
Wir als SPD-Fraktion halten diese Initiative für notwendig. Wir fordern die Landesregierung auf, ihre entsprechenden Bemühungen umzusetzen und zu verstärken.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dröscher hat es eben schon erwähnt: Am 29. September hat, organisiert durch das Ministerium, die Veranstaltung „Branchenmonitoring und Gutachten für Gesundheitsfachberufe in Rheinland-Pfalz“ stattgefunden. Ich bekam diese Einladung leider erst zwei Tage vorher. Frau Staatssekretärin Kraege war so freundlich und hat dieses Missgeschick aufgeklärt. Das war ein Versehen, es steckt sicherlich keine Absicht dahinter. Ich habe die Unterlagen anschließend noch bekommen, weil ich so kurzfristig nicht umdisponieren konnte.
Die Zahlen, die man im aktuellen Branchenmonitoring liest, machen klar, dass wir künftig bei den Assistenzberufen, vor allem in der Pflege, ähnlich wie bei den Ärzten, große Probleme bekommen werden. Ich bin froh, dass das in diesem Fall früh erkannt wird und man weiß, was uns bevorsteht. Wir alle werden älter und können in eine Situation kommen, in der wir Pflege brauchen.
Die Gesundheitsfachberufe sind genauso wichtig wie der ärztliche Beruf. Das sage ich als Arzt ausdrücklich. In dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD wird erwähnt, dass alle im Medizinbetrieb auf Augenhöhe arbeiten sollen. Dem kann ich nur zustimmen. Für mich bedeutet allerdings „auf Augenhöhe arbeiten“, dass man Teamgeist hat und gemeinsam arbeitet. Die ärztliche Gesamtverantwortung für einen Patienten kann man leider nicht delegieren. Das muss so bleiben. So interpretiere ich aus meiner Sicht „auf Augenhöhe“ in diesem Zusammenhang.
Wenn man sich die Zahlen konkret anschaut, sieht man, dass wir bei den Pflegekräften einen starken aktuellen Mangel haben, der seit 2005 dramatisch zugenommen hat.
Beim Assistenzpersonal stellt sich die Situation heterogener dar. Wir haben Probleme bei den pharmazeutischtechnischen Assistenten und den medizinisch-technischen Assistenten im radiologischen Bereich. Auch dort wird es künftig Mangellagen geben.
Interessanterweise gibt es keine Mangelerscheinungen bei den Rettungsdienstmitarbeitern. Ich glaube, das hängt, trotz mäßiger Bezahlung, damit zusammen, dass es Männer und Frauen sind, die besonders hoch motiviert sind, sonst würden sie diesen Beruf nicht ergreifen.
Wieder etwas anderes ist es bei den therapeutischen Gesundheitsberufen, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten usw. Da haben wir einen akuten Mangel, vor allem im Bereich der Physiotherapie und der Logopädie. Das wird leider nach den Zahlen, die wir vorliegen haben, wohl auch künftig so bleiben.
Meine Damen und Herren, neben der Demografie – das beschreiben Sie in Ihrem Antrag – geht es auch um die Rahmenbedingungen bei den Gesundheitsfachberufen. Was sind die Rahmenbedingungen? Das wird mir zurzeit in dem Antrag noch etwas zu wenig konkret angesprochen.
Das sind zum einen bestimmt die Arbeitszeiten. Wir müssen hier an Schicht- und Nachtdienst denken, an die besonderen psychischen Belastungen im Umgang mit schwer kranken Menschen und den Druck, der entsteht. Dieser Druck entsteht aber auch durch einen zu geringen Personalschlüssel, unabhängig von nicht besetzten freien Stellen.
Ein weiteres Beispiel ist die Bezahlung. Das will ich an zwei Beispielen einmal ganz praktisch verdeutlichen: Das eine ist die Ausbildung. Zum Glück gibt es in den Pflegeberufen eine Ausbildungsvergütung. Das ist aber nicht in allen Gesundheitsfachberufen der Fall. Physiotherapeuten, Logopäden und Ergotherapeuten
genau – müssen Ausbildungsgeld zahlen. Eine Ergotherapieauszubildende zahlt derzeit 430 Euro im Monat Ausbildungsgeld. Dann kommt unter Umständen, wenn man aus dem ländlichen Raum kommt, noch die Unterkunft außerhalb dazu. Dann kommt man sehr schnell auf 1.000 Euro, die eine Familie aufbringen muss. Wer kann das denn als normalverdienender Mensch? Da ist Handlungsbedarf gegeben. Da müssen wir etwas verbessern, nicht nur in Rheinland-Pfalz.
Ich will ein weiteres Beispiel nennen: Das ist die Bezahlung im Beruf. Es ist völlig klar, warum so wenige Männer in der Krankenpflege arbeiten, wenn man davon eine Familie ernähren will. Ich habe mich dieser Tage mit einem 27-jährigen Krankenpfleger unterhalten. Er hat mir erzählt, dass er 1.700 Euro netto in der Psychiatrie verdiene. Mit eingerechnet ist eine Gefahrenzulage.
Eine junge Rettungsassistentin von 25 Jahren mit einer 46-Stunden-Woche verdient 1.200 Euro netto. Wenn man diese Zahlen sieht, muss man sich nicht wundern, dass es so schwierig ist, bestimmte Bereiche zu besetzen.
Uns selbst ist nicht ganz klar, was Sie mit dem Antrag bezwecken wollen, außer vielleicht Lob für die Landesregierung; denn es ist selbstverständlich, dass man in der Gesundheitspolitik handelt und vernünftig handelt, Frau Ministerin. Eine gute gesundheitliche Versorgung ist wichtig. Das dürfte jedem klar sein.
Ich will konkret zwei Forderungspunkte aus Ihrem Antrag aufgreifen. Das eine sind die Arbeitsbedingungen. Ich habe es vorhin schon angesprochen. Arbeitsverdichtung und fehlende Stellenbesetzungen sind ein Teufelskreis, der sich fortsetzt. Burn-out in Pflegeberufen ist ansteigend. Wir müssen uns fragen, ob die vorhandenen Stellenpläne überhaupt ausreichend sind.
Den zweiten Punkt, den ich noch kurz erwähnen will, sind die Aufzählungen: Vor-/Nach-/Weiterqualifizierung/ Umschulung. Gerade die Umschulung will ich erwähnen. Frau Dreyer, ich würde mir wünschen, dass es in Erfüllung geht, dass man Menschen, die nicht in Arbeit sind, in Pflegeberufe umschulen könnte. Aber das muss freiwillig erfolgen. Gerade in diesem sensiblen Bereich Druck auszuüben, wird nicht zum Nutzen der Patienten sein. Jemand, der gezwungen wird, Krankenpfleger zu werden, wird das nicht mit Herzblut machen.
Zum Schluss will ich noch einmal konkret auf die Forderungen im Antrag eingehen. Ich finde es schon interessant, dass die beiden Regierungsparteien Forderungen an die Landesregierung stellen, auf diesen Fachkräftemangel zu reagieren und Lösungsansätze zu entwickeln.
Dazu bedarf es unserer Ansicht nach keines Extraantrags, auch wenn Herr Pörksen das anders sieht. Hier muss aus den eben genannten Gründen gehandelt werden. Das ist konkret und pragmatisch.
Wenn auch im Grunde nichts Falsches im Antrag steht, so werden wir uns bei der Abstimmung enthalten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Kollege Dr. Enders! Ich kann Ihnen in einigen Punkten, die Sie erwähnt haben, zustimmen. Das ist richtig so. Allerdings müssen wir beide als Ärzte eine Diagnose für dieses kranke System stellen.
Wenn wir wirklich eine nachhaltige Lösung auf diesem Gebiet erreichen wollen, müssen wir eine vernünftige Pflegereform auf den Weg bringen, die sowohl auf der Einnahmeseite eine solide finanzielle Basis schafft, auf der anderen Seite aber auch in gesellschaftlicher Hinsicht dafür sorgt, dass das Pflegebild den Wert einge
räumt bekommt, den es wirklich verdient hat; denn die Arbeit in der Pflege stellt einen der härtesten Berufe dar, die es überhaupt gibt.
Ich habe selbst während meines Studiums insgesamt ein Jahr in der Pflege gearbeitet. Man muss um 05:00 Uhr morgens einen Schlaganfallpatienten, ihn oder sie, der übergewichtig ist, ganz allein waschen, in den Rollstuhl setzen und rund um die Uhr versorgen. Das ist eine ganz harte Arbeit. Deshalb verstehe ich dieses Signal auf Bundesebene auch nicht, dass die Bundeskanzlerin gesagt hat, Menschen mit Hartz IV sollten mobilisiert und für die Pflege einberufen werden.
Auch die Betreuung der Demenzpatienten benötigt hoch professionelle Mitarbeiter. Das kann man nicht mit HartzIV-Empfängern geregelt bekommen.
Aber auch die Pflege an sich braucht hoch professionelle Mitarbeiter, die gut ausgebildet sind, eine gute Honorierung und die Möglichkeit, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen.
Wenn wir wirklich auf diesem Gebiet nachhaltige Lösungen herbeiführen wollen, müssen wir dafür sorgen, dass auf Bundesebene zum einen ein Präventionsgesetz, zum anderen aber auch eine solide Pflegereform auf den Weg gebracht wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der medizinische Fortschritt ist ein Segen. – Keiner kann sich seines Todes mehr sicher sein, sagte einmal der deutsche Schriftsteller Hermann Kestin. – Das will heißen, dass wir alle alt werden, aber auch pflegebedürftig.