Protocol of the Session on October 19, 2011

Das Landesinformationsfreiheitsgesetz wurde vor knapp zweieinhalb Jahren in diesem Landtag schon einmal besprochen. 2008 wurde es von allen Fraktionen mit großer Mehrheit beschlossen. Ich glaube, SPD und CDU hatten zugestimmt, und die FDP hatte sich damals enthalten. Wir fanden es damals richtig, da es bereits seit 2006 auf Bundesebene ein Informationsfreiheitsgesetz gibt. Vor dem Hintergrund war es im Sinne dieses Hohen Hauses, dass wir dieses Gesetz einbringen sollten. Es ist – wie gesagt – auch eingebracht worden.

Wir halten dieses Gesetz nach wie vor für richtig. Es ist eine gute Möglichkeit für Bürgerinnen und Bürger, sich zu informieren. Es ist eine gute Möglichkeit für Bürgerinnen und Bürger, vielleicht den einen oder anderen Verwaltungsweg nachzuverfolgen, die eine oder andere Verwaltungsentscheidung mitzuverfolgen. Vor diesem Hintergrund ist es nach wie vor richtig, dass es dieses Informationsfreiheitsgesetz gibt.

Es ist dann am 1. Februar 2009 in Kraft getreten. Dann gab es – Diskussionen will ich nicht sagen – eine Bilanz, die der damalige Innenminister Karl Peter Bruch gezo

gen hat. Das war am 29. Januar 2010. Da hat er nach einem Jahr eine Bilanz gezogen. Er hat gesagt, dass bisher etwa 140 Anträge, die sich speziell auf das Landesinformationsfreiheitsgesetz begründet haben, gestellt wurden. Im Jahr 2010 waren es so um die 200 Anträge, also eine durchaus überschaubare Größe an Anträgen.

Wir hatten damals bei der Einsetzung, bei der Debatte, als wir das Gesetz erstmalig verabschiedet hatten, ein Stück weit gedacht, es gäbe mehr Anträge. Wir hatten damit gerechnet, dass es etwa 500 bis 1.000 im Jahr gibt. Das ist offensichtlich aktuell nicht der Fall.

Jedem Bürger steht das Recht zu, sich zu informieren. Man muss auch keine Bürger zwingen, sich zu informieren.

Vor diesem Hintergrund ist das vielleicht eine positive Geschichte.

Der ehemalige Innenminister hatte auch noch gesagt, 90 % aller Anträge, die speziell auf Informationszugang gestellt worden sind, wurden positiv beschieden. Nur in 10 % dieser Fälle wurden Gebühren erhoben. Auch das ist ein wichtiger Punkt, den man in der Replik auf dieses Gesetz anführen muss. Es wurde ebenfalls über die verabschiedete Gebührenordnung diskutiert. Da hatte man Angst, dass die Bürgerinnen und Bürger vielleicht mit zu hohen Kosten belastet werden. Wir haben damals aber gesagt, wenn es um umfangreiche Informationen geht, zu denen man vielleicht auch sehr lange recherchieren muss, ist es völlig richtig, dass man dafür eventuell eine kleine Gebühr erhebt. Das, was der damalige Innenminister bilanziert hat, ist aber völlig richtig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, jetzt liegt uns eine Änderung zum Informationsfreiheitsgesetz vor. Da fragt man sich schon, weshalb es eine Änderung schon nach zweieinhalb Jahren gibt, obwohl der damalige Innenminister Karl Peter Bruch gesagt hat, alles sei in Ordnung; alles sei wunderbar. Dann lassen wir es doch dabei. Dann ist doch alles wunderbar und schön.

(Beifall der CDU)

Dann muss man einmal einen Blick darauf werfen, was in dem Gesetzentwurf steht. In ihm steht – darauf bezieht er sich überwiegend –, dass ein Landesbeauftragter für die Informationsfreiheit eingesetzt werden soll. Dieser Beauftragte soll an den Landesbeauftragten für den Datenschutz angegliedert werden.

Jetzt muss ich zurückgehen und mir die Plenardebatte und die Diskussion über das Gesetz im Jahr 2008 ansehen. In den Debatten haben wir bewusst gesagt, dass wir auf einen Informationsfreiheitsbeauftragten verzichten. Es gab sogar Leute, die ganz bewusst gesagt haben – ich zitiere –: „Mit dieser Entscheidung möchten wir gleichzeitig (…) dem Beauftragtenwesen nicht einen weiteren Beauftragten hinzufügen.“ Das hat Herr Kollege Pörksen gesagt. Dem ist nichts hinzuzufügen.

(Beifall der CDU – Baldauf, CDU: Guter Mann! Ein hervorragender Mann!)

Herr Pörksen, ich kann Ihnen nur recht geben. Das war richtig und ist auch heute noch richtig. Wir haben uns damals sehr gute Gedanken darüber gemacht, weshalb das so gewesen ist. Das ist einvernehmlich geschehen, und das war überhaupt kein großer Streitpunkt. Ich fand, das war eine gute Entscheidung, weil nicht die Schaffung eines Beauftragten immer unbedingt der Weisheit letzter Schluss ist.

Eines will ich auch noch deutlich sagen: Wenn ich mir das Änderungsgesetz und die Pressemitteilung insbesondere der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ansehe, wundere ich mich schon. – Herr Köbler spricht von keinen Kosten. Keine Kosten? Ich weiß nicht, ob Sie sich einmal das Gesetz angesehen haben, das eine Kostenfolgenabschätzung enthält. Darin steht ganz deutlich, die Bereitstellung zusätzlicher Stellen ist erforderlich, und die Sachmittel sind auch entsprechend anzupassen. Im Koalitionsvertrag steht, dass dort zwei neue Stellen geschaffen werden sollen. Sind das keine Kosten, meine sehr geehrten Damen und Herren?

(Beifall der CDU – Dr. Weiland, CDU: Alles vom Himmel! – Baldauf, CDU: Das macht Herr Pörksen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, von Schuldenbremse ist wieder einmal nicht die Rede. Hier wird Geld ausgegeben, aber die Puppenbühne für die Polizei soll gestrichen werden.

(Starker Beifall der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es findet heute die erste Lesung zu dem Änderungsgesetz statt. Wir werden den Gesetzentwurf im Ausschuss intensiv beraten.

Ich empfehle aber heute schon – das gilt insbesondere für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –, sich einmal § 15 anzusehen. Was steht in § 15? Die Überschrift lautet „Evaluierung und Bericht“.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Ich sagte, das gilt insbesondere für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Lieber Herr Pörksen, ich hoffe, dass Sie das kennen, weil Sie das damals mit beschlossen haben.

In § 15 steht – Frau Präsidentin, ich darf zitieren –: „Die Landesregierung überprüft unter Mitwirkung der kommunalen Spitzenverbände die Auswirkungen dieses Gesetzes und berichtet“ – keine Kann-, sondern eine Soll-Vorschrift – „drei Jahre nach seinem Inkrafttreten dem Landtag.“ Ich hatte zu Beginn gesagt, das Gesetz ist noch nicht einmal drei Jahre alt, sondern es ist gerade einmal zweieinhalb Jahre alt. Weshalb wartet man nicht zumindest die Evaluierung und den Bericht ab? Dann kann man darüber neu sprechen. Wenn Sie dann noch weitere Dinge einbringen wollen, wie eine Absenkung der Hürden, könnte man das auch aufnehmen.

Wir können doch nicht nur deshalb, weil Sie meinen, alle Dinge aus dem Koalitionsvertrag erfüllen zu müssen und Stellen und Kosten zu schaffen, entsprechende Ände

rungen vornehmen. Das werden wir so nicht mitmachen. Wir werden das intensiv im Ausschuss beraten und sind sehr gespannt, ob uns da die Landesregierung genaue Zahlen an die Hand geben wird.

Herzlichen Dank.

(Starker Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Kollege Pörksen das Wort.

(Dr. Weiland, CDU: Herr Pörksen hat es jetzt schwer!)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kenne Herrn Lammert schon länger. Ich bin erstaunt, wie er aus sich herausgekommen ist.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Typisch ist für ihn, dass er auch noch auf die Polizei zurückgreifen musste. Anscheinend waren die Argumente, die er aus dem Gesetzentwurf herausholen konnte, nicht ausreichend, um seinen Ausbruch an Emotionen tatsächlich untermauern zu können.

Herr Kollege Lammert, wenn Sie sagen, wir hätten das in der Koalition vereinbart und würden das jetzt umsetzen, muss ich Sie fragen: Was denn sonst? Was machen Sie in Berlin? – Das Gegenteil machen Sie in Berlin. Da machen wir gerade nicht.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wir beraten, legen vor und beschließen. Ist das nicht der richtigere Weg, statt sich zu streiten, wie man das jeden Tag in den Zeitungen lesen kann?

(Zuruf von der CDU)

Keine Angst, zu meinem Zitat komme ich noch.

Sie brauchen auch keine Angst zu haben, dass wir den Bürger zwingen wollen. Ich meine nicht, dass der Datenschutzbeauftragte und demnächst auch Informationsfreiheitsbeauftragte die Aufgabe zugewiesen bekommt, eine Ordnungswidrigkeit festzustellen und Bürger zu zwingen, Akten einzusehen.

Vermisst habe ich von Ihrer Seite aus den Hinweis auf die Geschichte Nürburgring. Der war in Ihrer Presseerklärung enthalten. Da konnten viele Ihrer Kollegen viele Akten lesen. Es sei einmal dahingestellt, ob das immer so ersprießlich war.

Lassen Sie mich aber einige Sätze zum Gesetzentwurf und dem Ursprungsgesetz sagen, das völlig zu Recht im nächsten Jahr evaluiert werden soll. Die Evaluation soll

dann auch im Rahmen der Enquete-Kommission zum Gegenstand der Diskussion gemacht werden. Das ist eine vollkommen richtige Vorgehensweise. Da werden wir über die Fragen sprechen, die Frau Schellhammer angesprochen hat.

Vorläufer zu diesem Gesetz war ein Antrag der GRÜNEN aus der 14. Wahlperiode, der aus NordrheinWestfalen abgeschrieben worden ist. Der eine oder andere wird sich daran noch erinnern. Damals haben wir gesagt, wir wollen das nicht, sondern wir wollen eine bundeseinheitliche Regelung. Herr Kollege Lammert, Sie haben diese bundeseinheitliche Regelung angesprochen, die 2006 kam. Daraufhin haben wir ein Gesetz verabschiedet, das nach meiner Ansicht sehr gut ist und das in sehr enger Abstimmung mit dem Datenschutzbeauftragten erarbeitet wurde.

Herr Kollege, Sie sind erst nachher aufgesprungen. Ich will auch sagen, weshalb das der Fall war. Es gab damals – das ist besonders interessant – eine Intervention insbesondere der Industrie- und Handelskammern. Wer saß bei mir im Büro und hat gesagt, ihr könnt doch nicht die Akten der IHK dem Bürger zur Verfügung stellen? Wer war das? – Das war Herr Podzun. Erinnern Sie sich an Herrn Podzun? – Ich kann mich noch sehr gut an Herrn Podzun erinnern.

Nachdem wir gesagt haben, wir nehmen die Einrichtungen heraus, die eine Selbstverwaltung haben, haben Sie gesagt, wir machen mit. Die FDP hat sich dann bei der Abstimmung der Stimme enthalten. Wir wollen schon ein bisschen bei der Wahrheit bleiben und nicht so tun, als ob Sie die Vorreiter bei diesem Informationsfreiheitsgesetz waren.

Ich komme zu einem zweiten Punkt. Natürlich ist damals die Frage diskutiert worden – auch zwischen Edgar Wagner, dem Landesbeauftragten für den Datenschutz, und mir –, ob der Datenschutzbeauftragte gleichzeitig der Beauftragte für diesen Bereich sein sollte. Wir waren dazu unterschiedlicher Auffassung.

Sie können nachlesen, dass Herr Wagner in der Anhörung zu dieser Frage sehr umfangreich Stellung genommen hat. Ich war damals der Auffassung, dass es nicht unbedingt vernünftig ist, wenn der Datenschutzbeauftragte, der die Daten eines Einzelnen schützen soll, gleichzeitig im Hinblick auf das Recht eines anderen, meine Daten einsehen zu können, als Schiedsstelle fungieren soll.

Darüber haben wir lange diskutiert. Wir als SPD-Fraktion haben dann gesagt, wir machen das nicht, weil das Gesetz selbst schon von vielen Ängsten begleitet worden ist. Es bestand die Angst, die Querulanten würden mehr Rechte bekommen. Es bestanden auch viele Bedenken aus den Kommunen, dass sie ihre Bürokratie lahmgelegt bekommen, usw. Deshalb haben wir gesagt, um ein möglichst breites Stimmungsbild zu erhalten, verzichten wir auf einen Informationsfreiheitsbeauftragten. Damals hat Herr Wagner in der Anhörung gesagt, das könne man so machen. Das wird unterschiedlich gehandhabt. Es gibt Länder, die haben den Ombudsmann als Informationsfreiheitsbeauftragten eingesetzt.

Wir haben gesagt, der Rechtsweg ist grundsätzlich frei. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, sich an den Bürgerbeauftragten zu wenden.

Die Zeit bleibt nicht stehen, außer bei der CDU.

(Dr. Konrad, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da gibt es einen Rückschritt!)

Wir haben in den Koalitionsverhandlungen darüber gesprochen, dass sich auch in dem Bereich der Informationsfreiheit eine Weiterentwicklung in der Gesellschaft ergeben hat. Sie wissen doch alle, dass wir es in den letzten Jahren mit erheblichen Veränderungen zu tun gehabt haben und in Zukunft noch haben werden, die auf der einen Seite das Misstrauen gegen Bürokratie erhöhen, gleichzeitig aber das Interesse an Inhalten ausgeweitet haben.