Protocol of the Session on October 19, 2011

Ich meine nur, dass man vernünftig weiterreden kann.

(Brede-Hoffmann, SPD: Wie unsensibel!)

Frau Brede-Hofmann, Sie reizen. Ich bin ja bei der Wahl; deswegen sage ich Ihnen das auch.

(Ramsauer, SPD: Bei der Wahrheit bleiben!)

Denn die Luftfahrtbehörde des Landes hat gegen die geplante Luftraumänderung mit den neuen Flugrouten im Oktober 2010 keine Einwände erhoben und damit den Weg für eine Erweiterung des Luftraums frei gemacht.

(Pörksen, SPD: Sie wissen doch genau, wie es war! Sie Schwindler! Sie schwindeln ja wie Frau Klöckner!)

Einer entsprechenden Genehmigung der neuen Routen stand nun nichts mehr im Wege. So ist es auch in einem Schreiben der Deutschen Flugsicherung an die damalige Staatssekretärin Julia Klöckner vom 21. März dieses Jahres zu lesen.

(Schmitt, SPD: Sie hat sich vor jeden Flieger geschmissen! – Zuruf der Abg. Klöckner, CDU)

Der Bau der Nordwest-Landebahn war auch nur aufgrund der Vorschriften des Fluglärmgesetzes möglich, da dieses lediglich Entschädigungen regelt und Einzelschallereignisse, die krank machen, nicht berücksichtigt. Die Flugrouten zum Ausbau des Frankfurter Flughafens wurden vom Bundesamt für Flugsicherung auf Antrag der Deutschen Flugsicherung mit Rechtsverordnung festgelegt. Hiergegen kann man keine Rechtsmittel einlegen, was meines Erachtens Artikel 19 Abs. 4 GG widerspricht, in dem es heißt – ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten –: „Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen.“ Hier muss dringend auch im Interesse des Rechtsfriedens Abhilfe geschaffen werden.

Rheinland-Pfalz hat dem Fluglärmgesetz zugestimmt. Am 16. Februar 2007 erklärte die damalige Umweltministerin Conrad im Bundesrat:

„Rheinland-Pfalz stimmt dem Gesetz zu. Das Gesetz ist ein Interessenausgleich zwischen den Schutzbedürfnissen der Allgemeinheit und wirtschaftlicher Notwendigkeit.“

(Bracht, CDU: Hört, hört!)

„Leistungsfähige Flughäfen in Deutschland sind im Hinblick auf die Entwicklung der Wirtschaft und den Erhalt

und Ausbau der Arbeitsplätze wichtig. Dem Schutzbedürfnis der Allgemeinheit trägt das neue Gesetz Rechnung.“

(Klöckner, CDU: Wer war das?)

Das war die Erklärung der damaligen Umweltministerin im Bundesrat. Mittlerweile sehen die neue Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen ein, dass die damalige Zustimmung ein großer Fehler war.

(Ministerpräsident Kurt Beck: Das stimmt natürlich nicht! Unglaublich! – Zurufe von der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es kann nicht sein, dass man gegen die Genehmigung eines Carports des Nachbarn Klage erheben kann, nicht aber gegen die Festlegung von Flugrouten, die Millionen Menschen in ihrer Lebensqualität beeinträchtigen oder gar krank machen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden in den nächsten Monaten in den Ausschüssen und im Plenum über die Verlärmung ganzer Regionen unseres Landes und darüber, wie wir unsere Bürgerinnen und Bürger vor gesundheitlichen Schäden durch Lärm schützen können, reden müssen. Ich denke bei der Diskussion über die Inbetriebnahme der Landebahn Nordwest heute natürlich auch an die Menschen, die unmenschlichem Bahnlärm ausgesetzt sind.

(Glocke des Präsidenten)

Hier meine ich nicht nur die Menschen im Mittelrheintal, die vom Zuglärm massiv betroffen sind. Nach Fertigstellung des Überwerfungsbauwerks in Mainz z. B. fahren Züge in 13 m Höhe.

Herr Reichel, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich bin sofort fertig. – Ich hoffe, dass uns in den weiteren Diskussionen die Umgebungslärmrichtlinie der EU weiterhelfen wird, und ich weiß und möchte feststellen, dass der kommende Freitag kein guter Tag für die Menschen in Mainz und Rheinhessen ist.

Herr Reichel, wenn man im Parlament zum Schluss kommen soll, dann ist das ernst gemeint!

Der letzte Satz: Um dies auch nach außen deutlich zu machen, werden wir uns an der Demonstration am kommenden Samstag beteiligen.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Hüttner.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, wir stehen unmittelbar vor intensiven Veränderungen, was den Fluglärm betrifft. Ich bin überzeugt davon, dass wir schreckliche Szenarien dergestalt erleben werden, dass wir unglaublich viel Lärm mehr bekommen und viele Menschen gesundheitliche Probleme bekommen werden. Die Nerven werden blank liegen, und ich glaube auch, dass es in vielen Fällen zur Wertminderung der Häuser kommen wird. – Das werden die Auswirkungen sein.

Dabei geht es nicht gegen den Flughafen oder die Nordwest-Landebahn im Allgemeinen, sondern es geht letztlich um die Art und Weise, wie das Ganze vonstattengegangen ist, und um all das, was ignoriert wurde und mit dem man durchaus verträgliche Lösungen hätte finden können.

Wenn wir gerade über verträgliche Lösungen reden: Wir waren einmal weiter, und wir hatten den Versuch eines gemeinsamen Antrags unternommen. Es ist in der Presse sehr gut aufgenommen worden, dass wir genau auf diesem Weg gemeinsam für die Bürger standen. Und dann geben Sie wegen eines einzigen Satzes, wie Herr Köbler gesagt hat, wegen einer Fluchtwegesituation, die Gemeinsamkeiten auf und nehmen alles, was wir für die Bürger hätten tun können, weg. Ich kann das nicht verstehen.

(Beifall der SPD)

Stattdessen reden wir nicht nach vorn, sondern alte Kamellen werden wieder hervorgeholt. Wir müssten uns doch jetzt mit den Problemen beschäftigen, vor denen wir insbesondere stehen, wenn wir die Auswirkungen der Nordwest-Landebahn sehen.

An dieser Stelle möchte ich nur noch auf zwei Argumente eingehen. Wir haben den Antrag „Fluglärm“ ja später noch auf der Tagesordnung.

Erstens haben wir die „wunderbare“ Südumfliegung bekommen, zu der es Alternativen gäbe. Diese werden aber von der DFS missachtet. – Übrigens könnte man sich die Frage stellen: Warum kommen die DFS oder das Bundesamt für Flugsicherung nicht einmal hierher und hören sich an, was das für die Menschen, die wir vertreten, bedeutet?

Das wird genauso ignoriert wie die Möglichkeiten, die zu der Frage, wie man fliegen könnte, erarbeitet wurden. – Bei dieser Südumfliegung taucht eines auf – das muss an dieser Stelle deutlich erwähnt werden –: Wir in Rheinland-Pfalz werden belastet, und Hessen, insbesondere

der Bereich, in dem der frühere Ministerpräsident Koch seinen Wohnsitz hat und seinen Wahlkreis hatte, wird entlastet.

(Brede-Hoffmann, SPD: Genau!)

Das ist nicht zu verstehen. Ein solches Scharmützel kann man sich nicht vorstellen, und dann wird noch vorgeschoben, dass es um die Sicherung der großen Sache geht.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Das Zweite ist das Anflugverfahren aus Richtung Osten. Wir haben jetzt die Situation, dass eine Verlagerung in die Breite und in die Länge entstanden ist. Mittlerweile drehen die Flieger hinter Bad Kreuznach oder hinter Bingen ein.

(Pörksen, SPD: Schöne Sauerei!)

Sie werden immer tiefer abgesenkt und fliegen nur noch auf 3.500 Fuß. Dass damit zusätzlich ein Problem am Flughafen bei Langenlonsheim entsteht, interessiert auch niemanden. Die Sportflieger müssen noch einmal tiefer gehen und belasten so an anderer Stelle Menschen, die von den großen Fliegern nicht belästigt werden.

Man muss schauen, wie sich die Situation auf anderen Flughäfen innerhalb Europas oder anderer Länder dieser Welt darstellt.

Wenn Sie mit Piloten sprechen, dann sagen sie ausdrücklich, es gibt ausreichend Flugverfahren, wie sie andere Landungen fliegen könnten, ob es ein kontinuierlicher Sinkflug, ein über die Kurve hereingedrehter Flug, eine Veränderung des Gleitwinkels oder der Rückenwindkomponente ist. Es gibt jede Menge Versionen, die angewandt werden könnten und auf anderen Flughäfen auch angewandt werden.

Genauso wie es um den Südstart geht, wird alles ignoriert, was die Bürgerinnen und Bürger in Rheinland-Pfalz belastet. Da ist es unsäglich, was in Hessen passiert. Auf das, was Herr Minister Posch gemacht hat, gehe ich gleich noch einmal ein.

Es wird dann auch noch Revision gegen ein Nachtflugverbot eingelegt. Es werden die Menschen dafür bestraft, dass ein Wirtschaftsunternehmen expandieren will.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Lärm, Gesundheitsschädigungen und vieles mehr in dieser Richtung werden die Auswirkungen sein, wenn die DFS und das Bundesamt für Flugsicherung nicht doch noch zu einer anderen Auffassung kommen und diese unsägliche Revision zurückgenommen wird.

Diese Appelle richte ich jetzt, und die werde ich später noch einmal richten.

Das muss getan werden, damit wir die Menschen schützen und die Menschen so leben können, wie sie es verdient haben zu leben.