Warum sollen wir denn auch 6 Milliarden Euro jährlich für Öl und Gas ausgeben, das aus Krisenregionen der Welt importiert wird, und damit auch zur Destabilisierung dieser Regionen beitragen? Warum belassen wir nicht diese Wertschöpfung in unseren Städten und Gemeinden und steigern die örtlichen Einnahmen durch eigene Energieerzeugung? Das macht uns wirtschaftlich unabhängiger, krisenresistenter, und so wird aus Klimapolitik auch Friedenspolitik.
Allein für 2012 gehen wir in Rheinland-Pfalz für unseren Mittelstand von direkten Wertschöpfungseffekten durch Erneuerbare-Energien-Unternehmen von 875 Millionen Euro und indirekten Effekten von 440 Millionen Euro aus. Dazu kommen noch 80 Millionen Euro durch Exportaktivitäten. Wir landen also bei rund 1,4 Milliarden Euro.
Entschuldigen Sie bitte. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist ein Grundgeräuschpegel hier im Raum. Ich würde Sie doch bitten, die Gespräche draußen in der Lobby zu führen. Dann hat die Frau Ministerin wieder das Wort.
Vielen Dank. – Ich war bei den Wertschöpfungseffekten und dass wir 1,4 Milliarden Euro direkte und indirekte Wertschöpfung durch Erneuerbare-Energien-Unternehmen haben.
Ich will aber noch weitermachen; denn es gibt natürlich auch die Wertschöpfung durch Mehrinvestitionen für die energetische Gebäudesanierung. Bei einer jährlichen Sanierungsquote von nur 1 % entspräche dies 417 Millionen Euro jährlich. Bei einer gewünschten Sanierungsquote von 3 % wären wir dann bei weiteren 1,2 Milliarden Euro Wertschöpfung in der Region.
Die Investition in die energetische Gebäudesanierung ist auch eine Investition in unser Handwerk. Deswegen noch
eine Anmerkung: Die erhöhten Anforderungen der EnEV sind ein weiterer wichtiger Schritt zu einem klimaneutralen Gebäudebestand. Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass geringere energetische Standards für günstigeren Wohnraum langfristig sorgen. Verhältnismäßig geringe einmalige Kosteneinsparungen beim Bau stünden dauerhaft höheren Energiekosten und CO2-Emissionen gegenüber. Das ist ein schlechtes Geschäft, sowohl für die Bewohner als auch für das Klima.
Bleiben wir also bei den wirtschaftlichen Aspekt des Klimaschutzes. Nachhaltiges Wirtschaften nützt den Unternehmen. Wer Material, Energie, Wasser und Abfall einspart, reduziert Kosten und steigert seine Wettbewerbsfähigkeit.
Klimaschutz ist ein Innovationstreiber. Die Landesregierung hat mit ihrer Innovationsstrategie einen Rahmen zur Stärkung von Innovationen mit einem Fokus auf die mittelständischen Unternehmen geschaffen.
Wir haben fünf aufeinander abgestimmte Handlungsfelder identifiziert, mit denen wir die komplette Innovationskette von der Wissenschaft hin bis zur Wirtschaft abdecken und unterstützen können. Dabei bilden sowohl die Energie- und Umwelttechnik, die Ressourceneffizienz als auch Werkstoff-, Material- und Oberflächentechnik neben smarten IT-Systemen zentrale Potenzialbereiche.
Wir wollen in Rheinland-Pfalz, dass unsere Unternehmen auch mit Klimaschutzprodukten, -verfahren und -dienstleistungen gutes Geld verdienen. Unsere Unternehmen sollen First Mover sein. Sie sollen sich den Wettbewerbsvorsprung sichern können.
Unsere Unternehmen sind innovativ, gerade in Sachen nachhaltiges ressourcen- und klimaschonendes Wirtschaften. Denken Sie dabei an unsere größte Branche, die Chemische Industrie. Sie ist eine der Schlüsselbranchen überhaupt, wenn es darum geht, nachhaltige ressourcenschonende und klimafreundliche Produkte zu entwickeln.
Im bundesweiten Vergleich gehört Rheinland-Pfalz zur Spitzengruppe beim Ausbau verschiedener Technologien, auch der hocheffizienten Kraft-Wärme-Kopplung. Das bundesweite Ausbauziel für den Anteil von KWK an der Stromerzeugung von 25 % bis zum Jahr 2020 wird in Rheinland-Pfalz bereits seit Längerem weit übertroffen, wobei wir nämlich bei fast 42 % liegen. Wirkungsgrade von 85 % sind in diesem Zusammenhang keine Seltenheit.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Aufgabe von Wirtschaftspolitik, so wie ich sie verstehe, ist auch, dafür Sorge zu tragen, dass solche vorbildlichen Investitionen unsere Unternehmen nicht unrentabel werden lassen, weil in Berlin oder Brüssel die Rahmenbedingungen gerade geändert werden. Mit der Mainzer Eigenstromerklärung ist es uns im vergangenen Jahr gelungen, gemeinsam mit namhaften Unternehmen unseres Landes bei der Novellierung des EEG beim Bund entscheidenden Einfluss auszuüben.
Jetzt gilt es, die Wettbewerbsfähigkeit der Bestandsanlagen auch noch nach 2016 sicherzustellen. Hierzu haben wir – also mein Haus, die Unternehmensvertreter und die Sozialpartner, wie es in Rheinland-Pfalz üblich ist – alle
zusammen wieder einen entsprechenden starken Vorstoß am vergangenen Montag, gemeint ist der 9. November 2015, bei der EU-Kommission in Brüssel unternommen. Die Unternehmen sind hier an unserer Seite.
Das zeigt nicht nur das Beispiel zur KWK. Der Dialog mit der Wirtschaft, der zielorientierte produktive Dialog, hat sich auch beim Klimaschutzkonzept gezeigt; denn wir haben es in einem breiten Dialog mit allen gesellschaftlichen Gruppen und gerade auch mit den Vertreterinnen und Vertretern der rheinland-pfälzischen Wirtschaft entwickelt. Es gab Diskussionsforen und natürlich den Klimaschutzbeirat, der das auch eingehend diskutiert hat.
Dialog bedeutet übrigens nicht, immer in jeder Detailfrage auch einer Meinung zu sein. Nein, Dialog bedeutet für mich, unterschiedliche Positionen klar ansprechen zu können und sich weiterzuentwickeln, gemeinsam auf diesem starken Weg.
Das tun wir, auch in der Umwelttechnik. Umwelttechnik made in Germany genießt einen weltweit hervorragenden Ruf und hat heute einen Anteil am Weltmarkt von ca. 15 %. Das ist eine starke Ziffer, nur für Deutschland. Die Nachfrage nach Green German Engineering ist immens.
Ein positives Beispiel, das ich nennen möchte, ist ein Projekt unseres Nutzfahrzeugclusters. Gerade in diesen Tagen liegt mir natürlich auch die Mobilität am Herzen. Unter dem Dach des Commercial Vehicle Clusters in Kaiserslautern wurden in den vergangenen Jahren Innovationsprojekte zur CO2-Reduzierung durchgeführt. Ich sage ganz deutlich: So etwas geht auch mit aller Kraft mal eben in einem halben Jahr.
Eines dieser Projekte, das in einem halben Jahr entwickelt wurde, hat die Einsatzmöglichkeiten von Müllfahrzeugen mit umweltfreundlichen Antriebssystemen untersucht. Diese Fahrzeuge bieten großes Potenzial für den kommunalen Klimaschutz. In Rheinland-Pfalz gehört es nun auch auf die Straße, rollt hier, ist damit bei der Einsparung von CO2 Vorbild für andere und hat die 40 %-Marke in der Einsparung überschritten.
Nach einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung Roland Berger wurden im Jahr 2012 im Bereich der Umwelttechnik von rheinland-pfälzischen Unternehmen Umsätze von rund 13 Milliarden Euro generiert. Das entspricht rund 11 % der Wirtschaftsleistung von Rheinland-Pfalz. Nach den jüngsten Daten des Statistischen Landesamtes wächst dieser Sektor in Rheinland-Pfalz mit 11 % gegenüber 7 % im Bund. Somit liegen wir im Bundesranking auf Platz 2, also ganz vorne.
Etwa 60 % des rheinland-pfälzischen Branchenumsatzes wird in den Leitmärkten erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Kreislaufwirtschaft erzielt. Genau das sind die Leitmärkte, auf denen primär Lösungen für den Klimaschutz gesucht und gefunden werden.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, deswegen ist es wichtig, wenn wir hier schon stark sind, getreu dem
Motto „Stärken weiter stärken“ zu handeln. Wir haben uns im Land mit dem Umweltnetzwerk Ecoliance gemeinsam mit den Unternehmen eine leistungsfähige Plattform und einen zentralen Ansprechpartner für die Unternehmen der Umweltbranche geschaffen. Damit gehören wir zu den Pionieren deutschlandweit.
Wir haben uns bewusst dafür entschieden, ein Unternehmensnetzwerk in dieser Zukunftsbranche zu unterstützen; denn – das ist in Rheinland-Pfalz üblich und berücksichtigt die Prägung – die Gesamtwirtschaft ist stark mittelständisch geprägt. Mit der Ecoliance Rheinland-Pfalz haben wir eine Plattform, auf der rheinland-pfälzische Unternehmen die richtigen Verbundpartner finden, um schlüsselfertige Komplettlösungen anbieten zu können. Genau das ist heute auf internationalen Märkten gefordert.
Mit der Ecoliance Rheinland-Pfalz eröffnen wir unseren Unternehmen die Möglichkeit, leichter an Projekten auf Zukunftsmärkten zu partizipieren. Das wollen wir auch in der Zukunft, nämlich wirtschaftlich stark bleiben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenden wir uns noch einmal den Kosten der Entwicklung neuer Innovationen zu. Wenn wir aus unserer Haltung, die ich eben beschrieben habe, handeln wollen, müssen wir dafür auch Geld in die Hand nehmen.
Auch mit der neuen EFRE-Förderperiode setzen wir bewusste Anreize für den Klimaschutz. Das operationelle Programm von Rheinland-Pfalz steht für ein nachhaltiges qualitatives, umweltfreundliches Wachstum. Dabei wird ein besonderer Schwerpunkt auf den Klimaschutz und die Energiewende gelegt. 25 % der EFRE-Mittel für RheinlandPfalz fließen für die Förderung zur Verringerung von CO2Emissionen in alle Bereiche der Wirtschaft.
Klimaschutz heißt auch, Unternehmen auf ihrem Weg zu einer energie- und ressourceneffizienten und damit klimafreundlichen und nachhaltigen Produktion finanziell zu unterstützen. Deshalb legt diese Landesregierung ein neues Förderprogramm auf, mit dem wir mittelständischen Unternehmen Zuschüsse für Investitionen in Energie- und Ressourceneffizienz gewähren. Bis 2020 stehen hierfür 19 Millionen Euro zur Verfügung.
Auch mit dem Programm „EffCheck“ haben wir seit 2007 ein Programm, mit dem Beratungsleistungen gefördert und konkrete Investitionen im Bereich der Energie- und Ressourceneffizienz vorgeschlagen werden.
Wir hatten bisher noch keine Möglichkeit, Unternehmen bei den notwendigen Investitionen zu unterstützen. Diese Lücke schließen wir jetzt durch das neue, eben geschilderte Landesprogramm von 2016 an.
Ein weiterer Punkt: Wir gestalten in Rheinland-Pfalz eine überaus erfolgreiche Außenwirtschaftsförderung. Die hohe Exportquote unserer Wirtschaft ist dafür der beste Beleg. In den vergangenen Jahren hat die Landesregierung in der Außenwirtschaftsförderung bewusst auch neue Wege eingeschlagen, die dem Klima ebenso wie der Wirtschaft in Rheinland-Pfalz helfen.
strommanagement am Umweltcampus Birkenfeld, das IfaS, im Auftrag meines Hauses dem mexikanischen Bundesstaat Aguascalientes dabei, einen Energiemasterplan zu erstellen. In Xiamen, unserer chinesischen Partnerregion Fujian, oder in Qingdao gibt es eine Zusammenarbeit zum grünen Bauen. Dort wird eine Kooperation zwischen der eben genannten Plattform Ecoliance Rheinland-Pfalz und dem Pendant auf chinesischer Seite „Econet China“ organisiert.
Das sind nur zwei konkrete Beispiele, die zeigen, wie wir die erfolgreichen rheinland-pfälzischen Unternehmen auf den Auslandsmärkten begleiten. Das ist dann, wenn Sie so wollen, auch ein globaler Aspekt rheinland-pfälzischer Klimapolitik.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, wir helfen nicht nur Unternehmen, die wirtschaftliches Potenzial in einer effektiven Klimaschutzpolitik suchen und erschließen wollen, sondern wir setzen auch bei der Gestaltung der Infrastruktur neue klimafreundliche Akzente. Das gilt natürlich für den Aufbau einer zukunftsfähigen Energieinfrastruktur, um zum Beispiel die Energieeffizienz und die Nachhaltigkeit der Energieversorgung zu verbessern.
Das Kommunale-Netze-Projekt in der Eifel ist an dieser Stelle beispielgebend. Hier werden notwendige Erneuerungen von Leitungen so ausgeführt, dass die Infrastruktur für die Energiewende direkt kosteneffizient mit verlegt wird. Das Land unterstützt dieses Projekt mit 25 Millionen Euro.
Daneben unterstützen wir Energieeffizienzmaßnahmen in öffentlichen Gebäuden und Infrastrukturen, wenn diese auf kommunalen Strategien zum Klimaschutz aufbauen.
Wir gehen noch bewusst weiter. Im Gegensatz zur bisherigen Praxis bei der Förderung von Gewerbegebieten wird jetzt zusätzlich der Nachhaltigkeitsgedanke berücksichtigt. Neu ist auch, dass die Projektträger Möglichkeiten der unternehmensübergreifenden Kaskaden- und Koppelnutzung von Energie- und Stoffströmen prüfen müssen. Wir haben also auch hier unser Förderinstrumentarium so angepasst, dass wir optimale Bedingungen schaffen, damit RheinlandPfalz seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Landesregierung hat die Herausforderung angenommen. Wir handeln heute für morgen. Wir handeln für unsere Kinder und Enkel. Wir handeln für ein lebenswertes Rheinland-Pfalz von morgen. Wir handeln so, dass wir die Unternehmen im Land befähigen, ihren Beitrag zu leisten, wenn es darum geht, die Auswirkungen des Klimawandels zu begrenzen und ihre Verantwortung ernst zu nehmen.
Wir öffnen mit unserer Politik neue Märkte, eröffnen neue Chancen und neue wirtschaftliche Perspektiven. Wir tun das in Verantwortung für die kommenden Generationen, wir tun das in Verantwortung für unser Land, und wir tun das in dem Bewusstsein, dass unser Handeln nicht an den Grenzen unser Heimat endet. Wir nehmen auch die Regionen und ihre Menschen in den Blick, denen wir zu oft zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt haben. Wir sollten es tun, bevor sie bei uns vor der Tür stehen.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! In immer kürzeren Abständen auftretende Starkregenfälle, Hoch- und Niedrigwasser von Rhein und Mosel, heftigste Stürme, abgedeckte Dächer, wie zuletzt in FinkenbachGersweiler und Freimersheim, beunruhigen uns alle. Frau Ministerin Lemke hat zu Recht darauf hingewiesen, wie eng eine aktive Klimaschutzpolitik und die Energiepolitik miteinander zusammenhängen.
Meine Damen und Herren, die Energieversorgung zuverlässig zu sichern, sie wirtschaftlich, sozial und umweltverträglich zu gestalten, ist eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts.