Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben! – Wer stimmt dagegen? – Stimmenthaltungen? – Das ist auch hier nicht der Fall. Damit ist der Gesetzentwurf einstimmig angenommen.
Landesgesetz zur Stärkung der inklusiven Kompetenz und der Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften (IKFWBLehrG) Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 16/5283 – Zweite Beratung
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Durch Beschluss des Landtages vom 23. Juli 2015 ist der Gesetzentwurf an den Ausschuss für Bildung – federführend – und an den Rechtsausschuss überwiesen worden.
Der Ausschuss für Bildung hat den Gesetzentwurf dreimal, nämlich in seiner 37. Sitzung am 10. September 2015, in seiner 38. Sitzung am 8. Oktober 2015 und in seiner 39. Sitzung am 3. November 2015, beraten. In der 38. Sitzung am 8. Oktober 2015 hat der Ausschuss für Bildung ein Anhörverfahren durchgeführt.
Der Rechtsausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 49. Sitzung am 5. November 2015 beraten. Der Gesetzentwurf wurde mit den Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU im Ausschuss angenommen.
Für die CDU-Fraktion hat die Abgeordnete Frau Schneid das Wort. Wir haben eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gerne nehme ich in der zweiten Beratung zum Gesetzentwurf noch einmal aus Sicht der CDU Stellung. Ich beziehe mich auch auf die stattgefundene Anhörung.
Wir erachten dieses Gesetz als nicht zielführend. Das geplante Gesetz zur Stärkung der inklusiven Kompetenz und der Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte wird weder den besonderen Anforderungen der Inklusion noch den aktuellen Erfordernissen in der Lehrerbildung gerecht. Sowohl der Philologenverband als auch der Verband Reale Bildung haben sich in der Anhörung diesbezüglich ganz klar positioniert.
Sogar die GEW macht in ihrer schriftlichen Stellungnahme deutlich, dass dieses Gesetzesvorhaben eher demotivierend als zukunftsweisend wirkt. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten zwei Stellen aus dieser Stellungnahme: „Prinzipiell begrüßt die GEW das Anliegen des Gesetzentwurfes, die drei Phasen der Lehrkräfteausbildung (...) in den Blick zu nehmen und Standards zu definieren, die ein inklusives Unterrichten ermöglichen sollen. Allerdings kann dies nicht kostenneutral erfolgen oder durch ,Umschichtungen innerhalb des Systems‘ (...) erreicht werden.“
Das zweite Zitat: „Die GEW hält ein Gesetzesvorhaben im Grundsatz für verfehlt, das auf der einen Seite die Lehrkräfte zunehmend belastet, ohne ihnen in irgendeiner Form Entlastungsmöglichkeiten zu bieten, und sie auf der anderen Seite einer zunehmenden Gängelung (...) durch Schulleitungen als auch durch Elternschaft aussetzt.“ Bei so viel Kritik kann man wahrlich nicht von einem gelungenen Gesetzentwurf sprechen.
Lassen Sie mich kurz für die CDU zusammenfassen: Ziel des Gesetzes soll sein, die Lehrkräfte zu befähigen, inklusiven Unterricht zu halten. Inklusionsrelevante Aspekte in
die bestehenden Ausbildungsstrukturen zu integrieren und Fortbildungen in diesem Bereich anzubieten, ist durchaus sinnvoll.
Wir möchten aber deutlich feststellen, dass Fortbildungen eine Lehrkraft des allgemeinbildenden Bereiches niemals dazu befähigen können, die Aufgaben von Förderschullehrern zu übernehmen. Inklusiver Unterricht geht nur mit Förderschullehrkräften. Je nachdem, welche Unterstützung das einzelne Kind braucht, braucht man natürlich auch Integrationshelfer, pädagogische Fachkräfte, Pflegekräfte, Schulsozialarbeit und Schulpsychologen. All das haben wir vor Ort relativ wenig.
Dass Lehrkräfte in multiprofessionellen Teams zusammenarbeiten, versteht sich eigentlich von selbst, setzt aber voraus, dass man an den Schulen auch multiprofessionelle Teams hat. Momentan ist es aber an den Schwerpunktschulen eher so, dass um Förderschulkräfte und Förderschulstundenzuweisungen gerungen werden muss, von den anderen Förderkräften ganz zu schweigen. Hier besteht unseres Erachtens erst einmal großer Nachholbedarf.
Wenn es uns mit der Inklusion wirklich wichtig ist, müssen wir die Ressourcen dafür zur Verfügung stellen. Ich erinnere dabei gerne an die vielen Diskussionen generell zur Inklusion. Wir haben immer eine ausreichende Finanzierung und Bereitstellung der Ressourcen gefordert, damit Inklusion gelingen kann. Jetzt machen Sie in diesem Gesetz genau den gleichen Fehler wieder, nämlich hohe Anforderungen und eine unzureichende Finanzierung.
Um es noch einmal ganz deutlich zu machen: Das Pädagogische Landesinstitut hat allgemein ein Budget für Fortund Weiterbildung zur Verfügung. Dieses wird durch die Gesetzesvorlage nicht aufgestockt. Es muss vielmehr eine Verschiebung der Schwerpunkte innerhalb der Lehrerfortund -weiterbildung geben.
Jeder weiß, die Herausforderungen für unsere Lehrer sind groß: eine sich verändernde Schülerschaft, Kinder mit und ohne Beeinträchtigungen, Nichtmuttersprachler, Lernschwache, Hochbegabte und nicht zuletzt Flüchtlingskinder. – Wir ringen doch momentan um schnelle Sprachvermittlung. Wir brauchen schnell und viele Lehrkräfte mit der Qualifizierung Deutsch als Zweitsprache.
Jetzt kommt das Gesetz, und jetzt haben wir zum einen die vorgesehene verpflichtende Fortbildung für neu ernannte Schulleiterinnen und Schulleiter, die laut Ministerium zu Mehrkosten führt. Wir haben weiterhin die angestrebten Fortbildungen im Bereich für die inklusive Kompetenz. Wir haben daneben die „ganz normalen“ Fortbildungen, sei es fachlich, pädagogisch oder schulartbezogen, und, was ich eben schon angesprochen habe, wir haben auch die Qualifizierung im Sprachvermittlungsbereich. Das alles mit dem gleichen Budget, mit den gleichen Ressourcen: Das kann nicht gehen.
Was dann noch hinzukommt: Auch im Bereich der Weiterbildungen gibt es einen Mangel, der vor Ort bekannt wird. Ich gebe einmal ein Beispiel: unsere berufsbildenden
Schulen. – Laut einer Kleinen Anfrage vom März 2014 werden Weiterbildungen zum Erwerb von Qualifikationen wie Unterrichtserlaubnis, Unterrichtsbefugnis und Lehrbefähigung in den Berufsfeldern Elektro, Metall und Mechatronik vom Pädagogischen Landesinstitut gar nicht angeboten.
Hier wäre doch auch einmal ein Schwerpunkt zu setzen; denn hier kann ich dann Quereinsteiger akquirieren, die wir in den berufsbildenden Schulen ganz dringend brauchen.
Ich fasse zusammen: Es ist prinzipiell gut, einen Schwerpunkt neben Studium und dem Vorbereitungsdienst auf die Fort- und Weiterbildung unserer Lehrkräfte zu legen, aber man muss sich eben fragen lassen, wie wichtig dieser dritte Schwerpunkt ist, wenn man das Budget gedeckelt hat oder innerhalb des Systems umschichten muss.
Unseres Erachtens ist dieser Gesetzentwurf unnötig. Er beinhaltet eine Vermischung zweier wirklich wichtiger Themen, also zum einen die Inklusion und zum anderen den Fort- und Weiterbildungsbereich. Beide Themenbereiche sind bereits in Verwaltungsvorschriften und Gesetzen geregelt. Deshalb stimmen wir der Gesetzesvorlage nicht zu.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wir verabschieden heute das Gesetz zur Stärkung der inklusiven Kompetenz und der Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften und gehen damit einen neuen Schritt. Erstmals erhält die Lehrerbildung in allen drei Phasen, im Studium, im Vorbereitungsdienst und in der Fortund Weiterbildung, Gesetzesrang. Das ist uns ein wirklich wichtiges Anliegen; denn wir brauchen hervorragend qualifizierte Lehrkräfte, um einen hervorragenden Unterricht zu gestalten, und wir brauchen gute Rahmenbedingungen in unseren Schulen. Das Gesetz leistet dazu einen wichtigen Beitrag.
Anknüpfend an die Schulgesetzänderung zur Inklusion betont das Gesetz den qualitativen Aspekt der Qualifizierung unserer Lehrkräfte mit Basiskompetenzen für den inklusiven Unterricht. Es geht um Basiskompetenzen.
Die gesamtgesellschaftliche Aufgabe der Inklusion in den Vordergrund zu rücken, bedeutet deshalb aber nicht, andere nötige Qualifizierungen, etwa die der Fortbildung zu Unterricht von Deutsch als Zweitsprache oder die fachgebundene Fortbildung, zu vernachlässigen. Gemäß des Leistungsauftrags des Pädagogischen Landesinstituts wird hier abgestimmt gearbeitet. In der Anhörung wurde durch Frau Dr. Pikowsky bestätigt, dass das Pädagogische Lan
Es gilt, der Forderung vieler Lehrkräfte nach mehr Unterstützung beim Thema Inklusion nachzukommen und die drei Phasen der Lehrerbildung im Punkt pädagogische und didaktische Basisqualifikation für den gemeinsamen Unterricht von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Behinderungen besser zu verzahnen.
Liebe Frau Schneid, das Gesetz ist nicht dazu da, Förderschullehrkräfte zu ersetzen oder aus Regelschullehrkräften Förderschullehrkräfte zu machen.
Natürlich wird mit dem Gesetz die Fortbildung insgesamt verbindlicher, etwa bei der Fortbildungsplanung oder auch bei der Wahl von geeigneten Fortbildungsmöglichkeiten. Die Rolle der Schulleitungen wird mit dem Gesetz gestärkt. Fortbildung rückt mehr in den Fokus für die Personalentwicklung einer Schule und die Qualitätssicherung der schulischen Weiterentwicklung. Junge Lehrkräfte sollen gerade in der Einstiegsphase in den Beruf besonders begleitet und gestärkt werden.
Selbstverständlich haben wir die Anhörung ausgewertet und uns Gedanken darüber gemacht, wie wir dem einen oder anderen Punkt Rechnung tragen können. Mit unserem Änderungsantrag nehmen wir einen Aspekt auf, der in der Anhörung eine besondere Rolle gespielt hat, nämlich bei der Zahl der Fortbildungstage stellen wir den Status quo wieder her. Auch künftig können Lehrkräfte – wie bisher auch – nach Entscheidung der Schulleitungen bis zu zehn Fortbildungstage in Anspruch nehmen.
Dass Fortbildung möglichst in der unterrichtsfreien Zeit erfolgen soll, ist nicht etwa neu, sondern das ist heute schon gelebte Praxis. Wir wissen alle, dass das vielfach so gemacht wird, weil es möglich ist. Wir wissen aber auch, dass es vielfach nicht möglich ist. Hier hat sich ein gesunder Pragmatismus entwickelt, der sicher auch in der Zukunft so durchführbar sein wird. Auch das ist in der Anhörung deutlich geworden.
Wir wollen mit diesem Gesetz zum einen den Anspruch der Lehrkräfte auf Fortbildung stärken, aber zum anderen auch den Möglichkeiten der Schulleitungen, Fortbildung aus Mitteln zur Qualitätsentwicklung einer Schule zu finanzieren und als Personalentwicklungsinstrument zu nutzen, Rechnung tragen.