Protocol of the Session on October 6, 2015

Der Generalsekretär – einmal muss er in der Rede vorkommen – hat mir dann widersprochen und hat gesagt: Herr Schweitzer irrt; es handelt sich nicht um eine Steuer, sondern es handelt sich um Gebühren.

(Heiterkeit bei der SPD)

Ich habe gedacht, das wird die Eltern trösten, wenn sie demnächst, so es am Ende nicht zu verhindern ist, Gebühren zahlen müssen.

Einen Punkt finde ich besonders aufschlussreich. Sie haben angefangen mit 80 Millionen Euro, weil das stark klang, haben uns dann erzählt, dass Sie das nur für die Reichsten der Reichen holen. Kein Statistisches Landesamt in diesem Land wird Ihnen so viele Einkommensmillionäre mit Kleinkindern zeigen können, dass Sie das wirklich von den Reichsten der Reichen holen können. Da haben Sie selbst angefangen nachzudenken. So haben Sie jüngst gesagt: 80 Millionen Euro vielleicht doch nicht. Lass uns mal bei der Hälfte, 40 bis 50 Millionen Euro anfangen.

Dann haben Sie gesagt: Das holen wir nur freiwillig aus den Kindertagesstätten. Das dürfen die Kindertagesstätten und ihre Träger selbst entscheiden. Was bedeutet das, liebe Kolleginnen und Kollegen? Es ist ein spannender Punkt. Was Sie vorhaben, das ist, quartiersbezogene soziale Unterschiede zu kreieren und bei den Kindern damit anzufangen. Was Sie vorhaben, ist Milieuschutz für die Latte-Macchiato-Generation.

(Kathrin Anklam-Trapp, SPD: So ist es!)

Wir sagen: Alle Kinder sind uns gleich viel wert. Wir wollen alle Kinder mit unserer Kindergartenpolitik positiv treffen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt ist es so: In Ihrer Rede ist es schon gar nicht mehr vorgekommen.

(Carsten Pörksen, SPD: Kommt noch!)

Sie wissen, ich bin ein bescheidener Mensch, aber so selbstbewusst bin ich doch und sage: So weit haben wir es hier schon gebracht, dass Sie sich nicht mehr trauen, es offen zu sagen. Aber Sie haben es immer noch vor. Wir werden den Menschen sagen: Passt auf, Vorsicht an der Bahnsteigkante! Wenn ihr zu fahrlässig seid und lasst die rankommen, dann werdet ihr zahlen müssen für das, was vorher für alle gleichermaßen da war. Die Klöckner-Steuer wird kommen, auch wenn sie sie heute verschämt verheimlicht hat.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben auch nichts mehr zum Landeselterngeld oder Landesfamiliengeld gesagt.

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Mit den Begrifflichkeiten sind Sie auch durcheinanderge

kommen. Also, es gab das Betreuungsgeld, das mit Recht gescheitert ist. Wir sagen: Die Menschen, die davon profitiert haben, brauchen Bestandssicherheit. Aber wir brauchen die Mittel des Bundes, um kluge Infrastruktur auszubauen, damit alle Kinder etwas davon haben. Außer Frau Klöckner ist nur noch der Seehofer-Horst der Meinung, dass das eine gute Idee ist.

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Ich will Ihnen sagen, liebe Frau Klöckner, es ist in diesen Tagen gewesen, als Ihre Forderung an die Öffentlichkeit gekommen ist, als Sie sozusagen einen kreativen Drang hatten.

(Zuruf der Abg. Julia Klöckner, CDU)

Sie haben neben der Einführung eines bayerischen Landesfamilien- oder Elterngeldes – wie auch immer – auch noch Sonderwirtschaftszonen für Rheinland-Pfalz gefordert. Das war dann ein gutes Wochenende, das Sie mit Ihrem Laptop zu Hause hatten.

(Heiterkeit der SPD)

Wissen Sie was, liebe Frau Klöckner, wer mit dieser sehr überheblichen Attitude heute auf die Landesregierung und meine Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN herabschaut, aber sich immer wieder, wenn er nicht von seinen 17 Presssprechern zurückgehalten wird, zwischen Pjöngjang und Wildbad Kreuth verirrt, der sollte hier ein bisschen bescheidener auftreten.

(Anhaltend Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir werden weder Sonderwirtschaftszonen wie in Nordkorea noch eine bayerische Familienpolitik bei uns haben, sondern wir machen in Rheinland-Pfalz mit Rot-Grün einfach weiter vernünftige Politik.

(Zuruf der Abg. Julia Klöckner, CDU)

Davon haben die Menschen am meisten, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Wie das ist mit den Kindertagesstätten? Wir müssen wirklich gut aufpassen, dass man den jungen Eltern, die für ihr Lebensmodell gute Infrastruktur, gute Kindergärten brauchen, nicht vorwirft, dass sie ihre Kinder abschieben oder nicht so wertschätzen wie die Kinder, die zu Hause bleiben.

(Kathrin Anklam-Trapp, SPD: Ja!)

Wer es sich überhaupt zutraut, Familien und Lebensmodelle auseinanderzudividieren,

(Zuruf der Abg. Julia Klöckner, CDU)

liebe Frau Kollegin Klöckner, der wird auch mit uns weiter

hin in einer politischen Auseinandersetzung sein.

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Es gab auch die Frage: Brauchen wir andere Öffnungszeiten in unseren Kindergärten? Man muss darüber nachdenken, ob man tatsächlich bereit ist, die Erfordernisse des Arbeitsmarkts immer stärker in die Familien durchsickern zu lassen. Ich bin da selbst völlig ohne Hurra. Aber objektive Notwendigkeiten zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie anzuerkennen und dann auch über angepasste Öffnungszeiten bei Kindertagesstätten nachzudenken, ist gut.

Liebe Frau Kollegin Klöckner, Sie haben das dann mit dem – wie ich finde – sehr verkürzten Begriff der 24-StundenKita versucht zu desavouieren, wie es denn so schlimm sei, wenn die Kinder nicht das heimische Nest haben, sondern so lange im Kindergarten bleiben müssen. Liebe Frau Kollegin, auch da ist es mit der Glaubwürdigkeit nicht weit her.

Mir ist dieser Tage ein Artikel in die Hände gefallen. Da waren Sie in Bad Breisig, haben dort den Kindergarten besucht und wollten sich dort mit den Kinder fotografieren lassen. Jetzt hat aber Ihr Terminplan nicht zu den Öffnungszeiten des Kindergartens gepasst.

(Kathrin Anklam-Trapp, SPD: Nein!)

Sie haben dann die Eltern bitten lassen, zu einem Fototermin mit Frau Klöckner im September die Kindergartenöffnungszeiten zu erweitern.

(Julia Klöckner, CDU: Stimmt überhaupt nicht! Absolut falsch! Es war der Hort!)

Das hat für einige Reaktionen gesorgt.

Liebe Frau Klöckner, ich bin ganz bei Ihnen, man muss sich genau überlegen, ob man Kindergartenöffnungszeiten erweitert. Es gibt gute Gründe, und es gibt schlechte Gründe. Ich habe Ihnen gerade einen Grund vorgetragen.

(Anhaltend Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Julia Klöckner, CDU: Sie sind schlecht informiert! – Hans-Josef Bracht, CDU: Vorher besser informieren!)

Noch ein paar Bemerkungen zum Bildungs- und Wissenschaftsland Rheinland-Pfalz. Wir verbessern die strukturelle Unterrichtsversorgung weiter. 1.200 Lehrerinnen und Lehrer werden eingestellt, 430 mehr als zunächst vorgesehen. Die Umsetzung des Abbaupfads bei den Lehrerstellen, die sogenannte demografische Rendite, ist auch für das kommende Jahr ausgesetzt. Ja, das ist so, und es ist gut so, weil die demografische Entwicklung – wir spüren es doch – sich gerade verändert, und vieles von dem, was wir noch vor Jahren geglaubt haben, was uns kluge Bevölkerungswissenschaftler gegen manchmal satte Honorare aufgeschrieben haben, verkehrt sich gerade, weil das Leben dann doch anders ist, als mancher im Elfenbeinturm – mit Verlaub, liebe Frau Wissenschaftsministerin – sich manchmal vorstellt. Darum ist es klug, dass

wir es flexibel handhaben und dafür sorgen, dass wir viele Lehrerinnen und Lehrer für kleiner werdende Klassen und vielleicht auch für sich verändernde Klassen in unseren Schulen und Bildungseinrichtungen haben.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch die Mittel für die Inklusion steigen deutlich an. Das ist eine Aufgabe, die nicht weggeht, bloß weil wir jetzt vor allem über Flüchtlinge und Flüchtlingspolitik diskutieren, sondern sie ist da. Auch die Menschen und ihre Familien, die betroffen sind, wollen, dass wir weiterhin sorgsam damit umgehen, nicht nach Quoten, sondern nach einer vernünftigen Austarierung zwischen Möglichkeiten und Akzeptanzen. Nur dann wird man auch erfolgreich sein.

Für Wissenschaft und Forschung werden ebenfalls weiterhin hohe Mittelaufwendungen realisiert. 25 Millionen Euro zusätzlich fließen, wie zugesagt, jetzt in die Grundausstattung der Hochschulen und finanzieren dort über 200 neue Dauerstellen. Von den gut 100 Millionen Euro, die dem Sondervermögen „Wissen schafft Zukunft“ zugeführt werden, habe ich schon gesprochen.

Mit den Hochschulen stärken wir die Innovationskraft des Landes durch wissenschaftliche Ausbildung und Forschung. Wir arbeiten für ein innovationsfreundliches und innovationsstarkes Land, weil nur das die Grundlage ist für guten wirtschaftlichen Erfolg, der auch morgen noch da ist.

Ich freue mich sehr, dass wir in Rheinland-Pfalz inzwischen richtig gut sind, was den Wissenstransfer zwischen den Instituten, den Hochschulen und der regionalen Wirtschaft angeht, und wir im Bereich der Clusterbildung unter Einbezug der Hochschulen inzwischen vorbildlich sind für ganz Deutschland.

Meine Damen und Herren, wir werden im Bereich der Infrastruktur und der Mobilität starke Schwerpunkte setzen. Das Volumen des Landesstraßenprogramms wird von 75 Millionen Euro auf gut 87 Millionen Euro für 2016 erweitert. Lassen Sie mich etwas tun, was man mir womöglich irgendwann als unvorsichtig auslegen wird, aber ich stehe hier als Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in diesem Landtag. Ich sage: Das fängt in 2016 an, und wir dürfen nicht nachlassen, auch in der Perspektive einer ganzen Wahlperiode nicht, damit wir nachhaltige Effekte im Bereich des Erhalts haben, liebe Kolleginnen und Kollegen.