Protocol of the Session on October 5, 2015

(Starker Beifall der SPD, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Dr. Rahim Schmidt, fraktionslos – Alexander Licht, CDU: Andere würden da sagen, nur weniger Schulden machen!)

Herr Licht, auch für Sie zur Erläuterung, auch weiterhin eine sehr interessante Rede. Ich bitte Sie also noch um etwas Geduld.

Nun zur Einnahmeseite:

Die bereinigten Gesamteinnahmen im neuen Haushalt betragen 15,4 Milliarden Euro. Sie steigen um 4,6 %. Darin ist der Sondereffekt der Vereinnahmung des Vermögens der Stiftung „Rheinland-Pfalz für Innovation“ in Höhe von 91 Millionen Euro enthalten, die wir zur Erfüllung der Stiftungssatzung in vollem Umfang an das Sondervermögen „Wissen schafft Zukunft“ durchreichen. Bereinigt um diesen

Sondereffekt steigen die Einnahmen um 4 %. Rund 80 % der Einnahmen erzielen wir durch Steuereinnahmen. Diese haben wir auf der Basis der Steuerschätzung vom Mai 2015 veranschlagt. Die Bundesregierung geht in ihrer Frühjahrsprojektion davon aus, dass sich die 2014 begonnene Konjunkturerholung in 2015 auf ein reales Wachstum von 1,8 % beschleunigt. Und sie geht davon aus, dass sich dieses kräftige Wachstum in 2016 auf diesem Niveau fortsetzt. Diese positive Einschätzung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, die der Steuerschätzung vom Mai zugrunde liegt, hat die Bundesregierung auch vor dem Hintergrund neuer weltwirtschaftlicher Turbulenzen aktuell bestätigt.

Die Auswirkungen der Steuersenkungen bei der Einkommensteuer sind in der Veranschlagung bereits berücksichtigt. Bei der Lohn- und Einkommensteuer werden 2015 und 2016 die Grund- und Kinderfreibeträge angehoben und die sogenannte kalte Progression abgebaut. Zudem wird das Kindergeld erhöht. Diese Steuererleichterungen, von denen die rheinland-pfälzischen Bürgerinnen und Bürger mit rund 250 Millionen Euro profitieren, verursachen beim Land im nächsten Jahr 104 Millionen Euro Mindereinnahmen. Die Erhöhung der Umsatzsteuereinnahmen im Zusammenhang mit den jüngsten Ergebnissen des Flüchtlingsgipfels vom 24. September konnte noch nicht eingeplant werden. Ich schlage Ihnen daher an dieser Stelle vor, die heute absehbaren Umsatzsteuermehreinnahmen im parlamentarischen Verfahren noch zu berücksichtigen. Wir sollten zusätzlich aus meiner Sicht – so mein Vorschlag – die Ergebnisse der in der ersten Novemberwoche stattfindenden Steuerschätzung berücksichtigen.

Ohne Berücksichtigung der jüngsten Veränderungen steigen die veranschlagten Steuereinnahmen um 460 Millionen Euro auf 12,3 Milliarden Euro. Damit liegen sie um 28 Millionen Euro knapp über den strukturellen Steuereinnahmen, also den Steuereinnahmen, die in der konjunkturellen Normallage zu erwarten sind. Diese 28 Millionen Euro positive Konjunkturabweichung werden bei der Berechnung des strukturellen Saldos neutralisiert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch an dieser Stelle wird deutlich, der strukturelle Saldo ist der objektive und schärfere Beurteilungsmaßstab; denn konjunkturbedingte Mehreinnahmen werden nicht berücksichtigt. Reine Gutwetterkonsolidierung funktioniert mit dem strukturellen Saldo nicht.

Nun zur Ausgabenseite:

Die Gesamtausgaben im neuen Haushalt belaufen sich auf 15,9 Milliarden Euro. Die Ausgabensteigerungsrate von 0,1 % ist, wie bereits angemerkt, durch die Reform des rheinland-pfälzischen Pensionsfonds unterzeichnet. Ohne diesen Sondereffekt geben wir 499 Millionen Euro oder 3,2 % mehr aus als im Vorjahr. Ich darf in Erinnerung rufen, die Mehreinnahmen belaufen sich auf 685 Millionen Euro. Der Einnahmezuwachs ist also um 186 Millionen Euro höher als der Ausgabenzuwachs. Die Nettokreditaufnahme – ebenfalls bereinigt um den Sondereffekt Pensionsfonds – sinkt gegenüber dem Vorjahr um die gleiche Größenordnung, nämlich um 194 Millionen Euro.

Die Mehrausgaben von 499 Millionen Euro gehen in erster Linie an die Kommunen. Deren Einnahmen aus dem

Landeshaushalt steigen in 2016 alleine um 290 Millionen Euro gegenüber dem Nachtrag 2015. Dabei muss man sich vor Augen halten, dass wir die Zahlungen an die Kommunen im Nachtrag 2015 bereits um 221 Millionen Euro gegenüber 2014 angehoben haben. Für Personal waren insgesamt 232 Millionen Euro mehr zu veranschlagen. Darin stecken alleine Mehraufwendungen von 127 Millionen Euro für die stark steigende Zahl der Pensionärinnen und Pensionäre. Es verbeiben 105 Millionen Euro, die weitestgehend für die Tarif- und Besoldungserhöhung benötigt werden. Die Zahlungen an Kommunen, die Gehalts- und Besoldungsanpassungen für die Beamtinnen und Beamten sowie der Anstieg der Versorgungsausgaben erklären zusammengenommen mit 522 Millionen Euro Mehrbedarf bereits mehr als den gesamten Ausgabenzuwachs.

Um 99 Millionen Euro konnten die Ansätze für Zinsausgaben reduziert werden. 15 Millionen Euro davon sind übrigens auf die bislang schnellere Konsolidierung zurückzuführen. Der Rest ergibt sich aufgrund des günstigen Zinsniveaus. Aber auch ohne niedrigere Zinsen wäre die Neuverschuldung um mehr als 100 Millionen Euro abgesenkt worden.

Ohne weitere Einsparungen wäre ein solches Ergebnis nicht möglich gewesen. Die in der letzten Finanzplanung für den Haushalt 2016 vorgesehenen Konsolidierungen wurden vollumfänglich erbracht.

Bei der Aufstellung eines Haushalts sind immer gegenläufige Ziele miteinander in Einklang zu bringen. Man muss sich entscheiden, ob man eine Ausgabe tätigen will oder darauf verzichtet. Das Vorrecht der Opposition ist es dagegen – das konnten wir in diesen Tagen wieder lesen –, Forderungen zu stellen, die Konsequenzen ihrer Forderungen aber nicht in einem Haushalt zusammengestellt vorlegen zu müssen. Ich habe überlegt, ob ich auf den – wie die Zahlen zeigen – unhaltbaren Vorwurf, uns fehle der Wille zum Sparen, überhaupt in dieser Rede eingehen soll. Unhaltbar alleine schon deshalb, weil wir durch unsere konsequente schrittweise Konsolidierung seit 2011 das Gegenteil bereits bewiesen haben.

(Beifall der SPD, des Bündnis 90/Die GRÜNEN und des Abg. Dr. Dr. Rahim Schmidt, fraktionslos)

Seien wir einmal ehrlich: Es hat nicht an Protest gegen jede einzelne Konsolidierungsmaßnahme gefehlt, aber an zumindest partieller Unterstützung beim Sparen durch die Opposition schon.

(Beifall der SPD, des Bündnis 90/Die GRÜNEN und des Abg. Dr. Dr. Rahim Schmidt, fraktionslos)

Nun zu der neuesten Forderung der Opposition, dass wir den Haushaltsausgleich auch schon 2016 realisieren sollten: Hätten wir das Tarifergebnis nicht für die Beamtinnen und Beamten übernommen, hätten wir uns aus der Verantwortung bei der Bewältigung der steigenden Flüchtlingszahlen gestohlen, den Kommunen und dem Bund die alleinige Verantwortung zugeschoben, hätten wir die Zahlungen im kommunalen Finanzausgleich nicht um 176 Millionen Euro angehoben, und hätten wir

(Christian Baldauf, CDU: Hätten wir den Nürburgring nicht! Hätten wir das Schlosshotel nicht!)

auf die höheren Schülerzahlen nicht reagiert, ja, dann läge die Nettokreditaufnahme im Haushalt 2016 bei der schwarzen Null.

(Dr. Adolf Weiland, CDU: Hätten wir die Landesregierung nicht!)

Allerdings wäre dann Sparen reiner Selbstzweck. Das Sparen würde zulasten vieler Menschen gehen. Es hätte unmittelbar Auswirkungen auf das Leben der Menschen,

(Christian Baldauf, CDU: Wie bei der Schwangerenkonfliktberatung!)

und Zukunftsaufgaben könnten wir nur noch unzureichend bewältigen. Wir haben uns bewusst gegen eine solche Alternative entschieden.

(Beifall der SPD, des Bündnis 90/Die GRÜNEN und des Abg. Dr. Dr. Rahim Schmidt, fraktionslos)

Wir haben gespart und in diesem Haushalt wichtige Schwerpunkte gesetzt. Wir konsolidieren den Haushalt planmäßig weiter. Wir investieren in Bildung und Infrastruktur.

(Christian Baldauf, CDU: Ja, genau!)

Wir haben die Finanzierung der Flüchtlingsaufnahme sichergestellt, und wir verbessern die Finanzausstattung der Kommunen weiter.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte Ihnen nun einige Schwerpunkte kurz vorstellen. In den Ausschussberatungen werden wir sicher Gelegenheit haben, uns intensiver mit den einzelnen Aufgabenbereichen auseinanderzusetzen.

Lassen Sie mich zunächst zu den Kommunen kommen. Mehr als 30 % der Landesausgaben in diesem Haushalt fließen an die rheinland-pfälzischen Kommunen. Insgesamt sind es rund 5 Milliarden Euro, darunter als größter Block der kommunale Finanzausgleich sowie Bundeszahlungen zum Beispiel für die Grundsicherung im Alter oder die Kosten der Unterkunft.

Die Zahlungen an die Kommunen entwickeln sich sehr dynamisch. 2016 steigen sie um 6 % oder 290 Millionen Euro. Dies macht, denke ich, eines deutlich: Wir lassen unsere Kommunen nicht im Regen stehen. Lebensqualität und der Großteil der öffentlichen Infrastruktur werden vor Ort von den Kommunen bereitgestellt. Sozialleistungen werden in hohem Maße von den Kommunen organisiert. Gute Landespolitik geht nicht gegen, sondern immer nur mit den Kommunen.

Land und Kommunen sitzen in einem Boot. Dafür steht diese Landesregierung auch ganz aktuell.

(Alexander Licht, CDU: Deshalb klagen die auch! Darum klagen die auch, weil die so zufrieden sind!)

Deshalb haben wir das Konnexitätsgebot. Deshalb helfen wir hoch verschuldeten Kommunen mit dem Kommunalen Entschuldungsfonds, der das Land 2016 79 Millionen Euro kostet. Wir sparen nicht, indem wir Belastungen verschieben,

(Unruhe bei der CDU)

und wir konsolidieren den Landeshaushalt nicht auf Gemeindekosten.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Alexander Licht, CDU: Wissen Sie auch, warum die klagen?)

Wir sehen die Belastungen, die die Kommunen zu schultern haben, und wir haben in diesem Haushalt adäquat reagiert. Herr Licht, auf Ihre Vorschläge bin ich sehr gespannt.

Wir vertreten im Übrigen die Interessen unserer Kommunen engagiert und erfolgreich auch beim Bund.

(Alexander Schweitzer, SPD: So ist das! Im Gegensatz zu euch!)

Das kommunale Investitionsprogramm ist eines der jüngsten Beispiele. Vor zwei Wochen haben wir den Nachtrag 2015 verabschiedet. Auch dieser war geprägt von weiteren Verbesserungen für die Kommunen. Dort haben wir das Sondervermögen KI 3.0 gegründet und mit 32 Millionen Euro Landesgeld dotiert. Zusammen mit den Bundesmitteln werden in den nächsten vier Jahren 285 Millionen Euro Investitionshilfen an finanzschwache Kommunen ausgezahlt werden.

(Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut!)

Aber – das muss eine Finanzministerin auch offen ansprechen – es gehört auch die vom Landesverfassungsgericht angemahnte Eigenanstrengung der Kommunen dazu, ihre kommunalen Finanzen in Ordnung zu bringen.

Alleine 2,6 Milliarden Euro betragen die Zahlungen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs. Herr Kommunalminister, gegenüber 2013, also innerhalb von drei Jahren, stiegen die Mittel des kommunalen Finanzausgleichs um 600 Millionen Euro oder 30 %.

(Christian Baldauf, CDU: Nürburgring!)

Gegenüber 2015 steigt der kommunale Finanzausgleich um 176 Millionen Euro oder 7,3 %. Die seitens der Landesregierung gemachte Zusage, die Finanzausgleichsmasse von 2013 bis 2016 um 490 Millionen Euro zu erhöhen, ist mit diesem Haushaltsentwurf umgesetzt. Das Verhältnis von allgemeinen Zuweisungen zu Zweckzuweisungen wird sich mit dem Haushalt 2016 weiter verbessern. Fast 70 % der Finanzausgleichsmasse fließen in die allgemeinen Zuweisungen.

Nun noch etwas für die Fachleute: Die verstetigten Mittel, die die Kommunen aus dem Stabilisierungsfonds erhalten, übersteigen 2016 die Mittel, die sie ohne jede Verstetigung bekommen hätten. Die Finanzreserve beim Stabilisierungs

fonds wird ab 2016 zugunsten der Kommunen abgebaut. Der Stabilisierungsfonds funktioniert.

(Beifall der SPD, des Bündnis 90/Die GRÜNEN und des Abg. Dr. Dr. Rahim Schmidt, fraktionslos)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, gebührenfreie Bildung bleibt unser Markenzeichen. Wir fördern die Kindertagesbetreuung bewusst gebührenfrei, weil wir wissen, dass gute und frühere Förderung effektiv für gerechte Chancen aller Kinder sorgt. Mit vielen neuen RheinlandPfälzerinnen und Rheinland-Pfälzern aus Syrien und anderen Krisengebieten nimmt die Bedeutung frühkindlicher Bildung nochmals zu und bestärkt uns in unserem Ansatz.